Gerlinde Kaltenbrunner

Gerlinde Kaltenbrunner

Gerlinde Kaltenbrunner (* 13. Dezember 1970 in Kirchdorf an der Krems, Oberösterreich) ist eine österreichische Bergsteigerin und eine der besten Höhenbergsteigerinnen der Welt. Mit dem Erreichen des Gipfels des K2 am 23. August 2011 ist sie die dritte Frau, die alle 14 Achttausender bestiegen hat, und die erste, der das ohne zusätzlich mitgeführten Sauerstoff gelang. Sie ist mit Ralf Dujmovits verheiratet, der als erster Deutscher alle Achttausender bestieg, und wohnt in Bühl am Rande des Schwarzwalds.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Dhaulagiri
Broad Peak vom Concordiaplatz aus gesehen
K2 mit der Nordkante als Aufstiegsroute

Kaltenbrunner ist eine ausgebildete Krankenschwester, lebt jedoch seit ihrer Besteigung des Nanga Parbat im Jahre 2003 ausschließlich vom Bergsteigen. Im Alter von dreizehn Jahren begann sie mit dem Felsklettern.

1994, als sie dreiundzwanzig war, erreichte sie den 8.027 m hohen Vorgipfel des Broad Peak und damit erstmals einen Gipfel über 8.000 Meter. 1998 stand sie auf dem Gipfel des Cho Oyu (8.188 m), 2000 am Zentralgipfel des Shishapangma (8.027 m), 2001 am Makalu (8.463 m) und 2002 am Manaslu (8.163 m). Die Besteigung des Kangchendzönga musste sie 2003 wegen starker Stürme abbrechen, bestieg aber noch im selben Jahr den Nanga Parbat (8.125 m). Im darauf folgenden Jahr bezwang sie die Annapurna (8.091 m) und den Gasherbrum I (8.080 m). 2005, nachdem sie im Frühjahr als Erste den Shishapangma über eine Süd-Nord-Überschreitung (Aufstieg von Süden, Abstieg über den „Normalweg“ auf die Nordseite) bestiegen hatte, brach sie ihren ersten Aufstieg zum Mount Everest wegen einer Erkrankung ihres Kletterpartners ab, stand aber wenig später am Gipfel des Gasherbrum II (8.034 m). Im zweiten Versuch nach 2003 bestieg sie 2006 den Kangchendzönga (8.586 m). Die Besteigung des Lhotse wenige Tage später musste sie abbrechen, ebenso wie zwei Ansätze zum Dhaulagiri im Mai 2007. Beim ersten Versuch entging sie nur knapp einer Katastrophe, als sie von einem Schneebrett erfasst und unter der Lawine begraben wurde. Sie überlebte dank einer Luftblase, und es gelang ihr, sich selbst aus den Schneemassen auszugraben. Ein Kamerad konnte sich ebenfalls selbst befreien, während die spanischen Bergsteiger Santiago Sagaste und Ricardo Valencia, die an gleicher Stelle biwakierten, ums Leben kamen.[1] Im Juli stand sie auf dem Hauptgipfel des Broad Peak (8.051 m) auf ihrem zehnten Achttausender.[2] Kurz darauf versuchte sie erstmals zum K2 aufzusteigen, der als schwierigster aller Achttausender gilt. Der Aufstieg scheiterte aber an den schlechten Wetterbedingungen.

Im Sommer 2007 heiratete Kaltenbrunner Ralf Dujmovits, den sie 2004 kennengelernt hatte und der seitdem ihr Bergpartner ist. 2008 erreichte sie den Gipfel des Dhaulagiri (8.167 m). Nach einem weiteren Versuch am Lhotse wenig später, den Kaltenbrunner und Dujmovits wegen der Gefahr von Erfrierungen abbrachen, erreichte sie im Mai 2009 dessen Gipfel (8.516 m). Zwei weitere Aufstiege zum K2 im August scheiterten. 2010 bestieg sie mit dem Mount Everest (8.848 m) den höchsten Achttausender. Das letzte Stück zum Gipfel bewältigte sie allein, Dujmovits musste wegen einer Erkältung vorzeitig absteigen. Die Besteigung des K2 zwei Monate später brach sie ab. Dujmovits war abgestiegen, weil ihm das Steinschlagrisiko zu groß war und er selbst den Berg bereits früher bestiegen hatte. Als am 6. August 2010 ihr verbliebener Kamerad Fredrik Ericsson abstürzte und dabei ums Leben kam, kehrte sie um.[3][4] Im Oktober 2010 bestieg sie die Carstensz-Pyramide (4.884 m), den höchsten Berg Ozeaniens. Am 15. Juni 2011 brachen Kaltenbrunner und Dujmovits nach Bischkek (Kirgisistan) auf, um im Rahmen der International K2 North Pillar Expedition 2011 die Besteigung des K2 über die Nordseite zu versuchen.[5] Am 23. August 2011 erreichte sie im Rahmen dieser Expedition um 18:18 Uhr Ortszeit den Gipfel des K2. Nach ihr erreichten die weiteren Expeditionsmitglieder Dariusz Załuski, Maksut Schumajew und Wassili Piwzow den Gipfel, während Dujmovits wegen der nach seiner Einschätzung zu hohen Lawinengefahr zusammen mit einem weiteren Teilnehmer die Besteigung abgebrochen hatte und in das Lager I und von da in das durch Steinschlag zerstörte Basislager zurückgekehrt war, von wo aus er die Rückkehrer am Vormittag des 25. August in Empfang nehmen konnte. Damit hat Kaltenbrunner als erste Frau alle Achttausender ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen.[6][7]

Gerlinde Kaltenbrunner gehört zu den erfolgreichsten Höhenbergsteigerinnen[8] und war jahrelang neben Edurne Pasaban und Nives Meroi auf dem Weg, die erste Frau zu werden, die alle Berge über achttausend Meter bestiegen hat. Später reihte sich noch die Südkoreanerin Oh Eun-Sun mit ein. Selbst sieht sie ihren Beruf, das Extrembergsteigen, allerdings nicht als Wettbewerb: „Wenn es mir nur um den Rekord ginge, hätte ich überall die leichteste Route genommen […] Ich lege keinen Wert darauf, die Erste zu sein“[9] Die Südkoreanerin Eun-Sun[10] und die Spanierin Pasaban bestiegen im April bzw. Mai 2010 noch vor Kaltenbrunner jeweils ihren vierzehnten Achttausender, benutzten dabei allerdings zusätzlich in Flaschen mitgeführten Sauerstoff, was unter einigen Alpinisten als unsauberer Stil gilt, weil die Sauerstoffsättigung auf einem Achttausender damit etwa dem eines Berges von 6.500 Metern Höhe entspricht[11] Kaltenbrunners Ziel war, alle Achttausender ohne Sauerstoffflasche zu bezwingen. Auch Nives Meroi klettert auf diese Weise.[12]

Expeditionen an Achttausendern

Nr. Datum Berg Höhe (m) Route Anmerkung
1994 Broad Peak
Vorgipfel
000000000008030.00000000008.030
000000000000001.00000000001 6. Mai 1998 Cho Oyu 000000000008188.00000000008.188
7. Mai 2000 Shishapangma
Zentralgipfel
000000000008008.00000000008.008
000000000000002.00000000002 14. Mai 2001 Makalu 000000000008485.00000000008.485
000000000000003.00000000003 10. Mai 2002 Manaslu 000000000008163.00000000008.163
Mai 2003 Kangchendzönga Nordflanke Abbruch auf 7200 Metern wegen starker Stürme
000000000000004.00000000004 20. Juni 2003 Nanga Parbat 000000000008125.00000000008.125 Diamirflanke, Kinshofer-Route
000000000000005.00000000005 28. Mai 2004 Annapurna 000000000008091.00000000008.091 Franzosen-Route
000000000000006.00000000006 25. Juli 2004 Gasherbrum I 000000000008080.00000000008.080 Japanercouloir
000000000000007.00000000007 7. Mai 2005 Shishapangma 000000000008027.00000000008.027 Südwand Erste Süd-Nord-Überschreitung
2005 Mount Everest Versuch des Hornbein Couloir Abbruch auf 7650 Metern wegen eines Hirnödems von Partner Hirotaka Takeuchi
000000000000008.00000000008 21. Juli 2005 Gasherbrum II 000000000008034.00000000008.034 Südwest-Sporn
000000000000009.00000000009 14. Mai 2006 Kangchendzönga 000000000008586.00000000008.586 Südflanke
26. Mai 2006 Lhotse Umkehr auf 8400 Metern
Mai 2007 Dhaulagiri 1. Abbruch wegen Höhenkrankheit von Partnerin Lucie Oršulová, 2. Abbruch wegen Lawinen-Verschüttung
000000000000010.000000000010 12. Juli 2007 Broad Peak 000000000008051.00000000008.051
Juli 2007 K2 Cesen-Route Zwei Besteigungsversuche wegen ungünstiger Wetterbedingungen gescheitert.
000000000000011.000000000011 1. Mai 2008 Dhaulagiri 000000000008167.00000000008.167
28. Mai 2008 Lhotse Besteigung auf ca. 8150 Metern abgebrochen, Gefahr von Erfrierungen und Erkrankung von Partner Ralf Dujmovits
000000000000012.000000000012 20. Mai 2009 Lhotse 000000000008516.00000000008.516
4. August 2009 K2 Cesen-Route 1. Besteigungsversuch auf Höhe des Flaschenhalses (>8000m) abgebrochen; 2. Besteigungsversuch am 4. August wegen Schwimmschnees abgebrochen ( circa 8200m)
000000000000013.000000000013 24. Mai 2010 Mount Everest 000000000008848.00000000008.848 Odell-Route
27. Juli 2010 K2 Cesen-Route 1. Besteigungsversuch auf 7300 m Höhe (Lager IV) aufgrund von Triebschnee und starkem Wind aufgegeben; 2. Besteigungsversuch am 6. August nach Absturz ihres Begleiters Fredrik Ericsson auf 8300 m Höhe, kurz unterhalb des Gipfels, abgebrochen.
000000000000014.000000000014 23. August 2011 K2 000000000008611.00000000008.611 Nordseite Besteigung großteils über den Nordwestgrat

Zitat

„Bergsteigen ist der absolute Mittelpunkt in meinem Leben. Wenn ich auf einen Berg hinaufkann, bin ich glücklich.“

Gerlinde Kaltenbrunner [13]

Publikation

  • Ganz bei mir – Leidenschaft Achttausender. Malik, München 2009, ISBN 978-3-89029-332-5 (In Zusammenarbeit mit Karin Steinbach)

Filme

  • Bergpassion – Eine Frau ganz oben. 2006, Regie: Victor Grandits. Dokumentarfilm über Gerlinde Kaltenbrunner.
  • Gipfelsturm der Frauen. 2009, Regie: Franz Fuchs. Dokumentarfilm über den ersten Versuch am K2 im Jahr 2009.
  • Gerlinde Kaltenbrunner – Wettlauf über den Wolken. 2010, Regie: Victor Grandits. ARD/BR
  • Gerlinde Kaltenbrunner und der Wettlauf in eisigen Höhen In: Bergauf-Bergab Bergsteigermagazin, BR, 21. Oktober 2010 (br-online.de)

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Presse: Nepal: Alpinistin Gerlinde Kaltenbrunner entging Lawinentod. 15. Mai 2007
  2. ORF: Kaltenbrunner bezwang zehnten Achttausender. 12. April 2007
  3. ORF: Versuch endete mit Tragödie. 6. August 2010
  4. Detlef Hacke & Gerhard Pfeil: Bergsteigen: „Der Tod wird ausgeblendet“. In: Spiegel Online. 23. August 2010 (Interview)
  5. ORF: Kaltenbrunner will es wieder wissen. 16. Juni 2011
  6. Fritz Neumüller: Kaltenbrunner bezwingt den K2. In: Kurier. 23. August 2011
  7. Stephan Orth: Kaltenbrunner und der K2: Triumph am Schicksalsberg. In: Spiegel Online. 24. August 2011
  8. 8000ers.com/Eberhard Jurgalski: Statistiken zu den Besteigungen der 8000er
  9. Karin Steinbach Tarnutzer: „Ich lege keinen Wert darauf, die Erste zu sein.“. In: Neue Zürcher Zeitung. 20. November 2009 (Interview)
  10. Der Standard: Oh Eun-sun über alle Berge. 28. April 2010
  11. Reinhold Messners oftmaliger Partner Hans Kammerlander, der selbst auf 13 Achttausendern stand: „Ihre [Oh Eun-Suns] Unternehmung hat überhaupt nichts Sportliches an sich. Auf einen Achttausender mithilfe von Sauerstoffflaschen zu steigen ist in etwa so, wie den Giro d’Italia mit einem Moped statt einem Rennrad in Angriff zu nehmen.“
  12. Augsburger Allgemeine: Tragischer Unfall: Kaltenbrunners Kamerad stürzt in den Tod. 6. August 2010
  13. Kurz-Bio auf bergfieber.de
  14. Der Standard: Präsident Fischer im Dienste des Sports, 29. September 2011

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