Gerhard Roßbach

Gerhard Roßbach

Gerhard Roßbach (* 28. Februar 1893 in Kehrberg/Pommern; † 30. August 1967 in Hamburg) war ein deutscher Freikorpsführer und politischer Aktivist.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Roßbach wurde 1913 königlich preußischer Leutnant im 8. Westpreußischen Infanterie-Regiment Nr. 175, mit dem er am Ersten Weltkrieg teilnahm. Nach dem Waffenstillstand von Compiègne 1918 stellte der inzwischen zum Oberleutnant beförderte Roßbach im November 1918 in Graudenz eine Freiwilligen-Maschinengewehr-Kompanie auf, die mit Grenzsicherungsaufgaben betraut war.

Im Januar 1919 wurde diese Einheit im Rahmen des Grenzschutz Ost in die Sturmabteilung Roßbach umbenannt, die als Jägerbataillon 37 im Anfang 1919 in die Vorläufige Reichswehr übernommen wurde.

Im Oktober 1919 marschierte Roßbach mit seiner Einheit von etwa 1000 Mann über die gesperrte Grenze bei Tilsit über Litauen nach Lettland. Dort konnte er noch den Rückzug der Baltikum-Freikorps aus Thorensberg bei Riga decken. Am 12. Dezember 1919 mussten die Truppen in das eigene Hoheitsgebiet zurückkehren.

Der befehlswidrige Entschluss, mit seiner Einheit ins Baltikum zu ziehen, führte zum Ausschluss des Freikorps aus der Vorläufigen Reichswehr wegen Meuterei. Anfang 1920 wurde die Sturmabteilung Roßbach offiziell aufgelöst, bestand aber im Untergrund in sogenannten „Arbeitsgemeinschaften“ in Pommern und Mecklenburg fort und nahm als Freiwilligen-Regiment Schlesien an den Kämpfen in Oberschlesien teil. Dabei wurde die Truppe von Roßbach durch Lieferungen durch die Reichswehr inoffiziell unterstützt. Auch am Kapp-Putsch 1920 beteiligte sich seine Truppe. Diese „Bewährung“ führte dazu, dass Roßbach auch an der Niederschlagung des Ruhraufstands mitwirken durfte.

Im Mai 1920 wurde seine Truppe in Güstrow aufgelöst. Die Männer seiner Einheit wurden aber in den als „Selbstschutzformation“ gegründeten Pommerschen Landbund aufgenommen. Bei der Auflösung dieser Formation im November 1921 erfolgte dann die Gründung verschiedener Nachfolgeorganisationen wie des „Vereins für Wanderfahrten“, der „Nationalen Sparvereinigung“ und des „Vereins für landwirtschaftliche Berufsbildung“.

Gleichzeitig baute Roßbach in der ganzen Republik ein Netzwerk auf, das bis zu 8000 Angehörige umfasste. Besonders straff organisierten sich seine Leute Ende 1921 in Oberschlesien in Wach- und Schließgesellschaften. In Berlin-Wannsee, Otte-Ehrich-Straße 10, betrieb er ein „Auskunftsbüro“ mit einer Nebenstelle in der Bayreuther Straße 13.

Der scharfe politische Gegensatz Roßbachs zur demokratisch-parlamentarischen Republik führt zu seiner Verhaftung unter dem Gesetz zum Schutze der Republik am 11. November 1922, er wurde jedoch kurz darauf wieder frei gelassen. Seine Tarnorganisationen wurden für aufgelöst erklärt. Am 19. November 1922 wollte Roßbach eine Ortsgruppe der NSDAP, deren Mitglied er inzwischen war, in Berlin gründen. Da die NSDAP aber am 15. November verboten wurde, gründete er als Ersatz die Großdeutsche Arbeiterpartei (GAP), die sich aber schon am 20. Januar 1923 per Vorstandsbeschluss wieder auflöste, um sich am 10. Februar 1923 der Deutschvölkischen Freiheitspartei anzuschließen.

Roßbach wurde damit gleichzeitig von der Polizei bekämpft, während Reichswehrstellen ihn umwarben.

Am 17. Februar 1923 wurde Roßbach, als er in Altona auftrat, erneut verhaftet, einen Tag später aber schon wieder entlassen. Um weiteren Verfolgungen zu entgehen, begab er sich nach München. Im November 1923 versuchte Roßbach, die Infanterie-Schule in München zur Beteiligung am Hitler-Ludendorff-Putsch zu überreden. Nach seiner Teilnahme an dem gescheiterten Hitlerputsch floh er ins Exil nach Österreich,[1] wo er sich von Hitler abwandte und 1925 gemeinsam mit Werner Lass die Schilljugend, eine Wehrjugendbewegung, gründete. 1926 rief er den Bund Ekkehard ins Leben. 1927 startete er zudem die Sport- und Richtschule am Plauer See in Mecklenburg.

Im Jahre 1933 wurde er zum Ausbildungsinspekteur im Reichsluftschutzbund ernannt. Im Juni 1934 wurde er im Rahmen des Röhm-Putsches für kurze Zeit verhaftet. Roßbach besaß enge Kontakte zu Ernst Röhm und Edmund Heines. Am 30. Juni 1934 wurde seine Wohnung durchsucht, wobei zahlreiche homoerotische Photographien beschlagnahmt wurden.[2] Vor die Alternative gestellt, sich zu erschießen oder sich amtlich für tot erklären zu lassen, entschied er sich nach eigenen Angaben unter neuem Namen eine Anstellung bei der Iduna-Germania-Versicherung anzunehmen.[3] Seine Tätigkeit im Versicherungswesen setzte er bis zum Kriegsende fort. Nach dem Kriege betätigte er sich in Bayreuth im Umkreis der Familie Wagner und beteiligte sich an der Organisation der Festspiele. 1949 gehörte er zu den Mitbegründern der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth.[4]

1950 veröffentlicht er seine Autobiographie Mein Weg durch die Zeit.

Literatur

  • Gerhard Rossbach: Mein Weg durch die Zeit. Erinnerungen und Bekenntnisse, Weilburg - Lahn 1950
  • Ernst Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2003
  • Emil Julius Gumbel, Verschwörer, Frankfurt am Main 1984
  • Hannsjoachim W. Koch: Der deutsche Bürgerkrieg. Eine Geschichte der deutschen und österreichischen Freikorps 1918-1923. Ullstein, Frankfurt 1978, ISBN 3-550-07379-8.
  • Lexikon zur Parteiengeschichte, Band 2, Leipzig 1984
  • Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. Metropol, Berlin 2004, ISBN 3-936411-06-9.
  • Dominique Venner: Söldner ohne Sold. Die deutschen Freikorps 1918-1923. Bastei Lübbe, Berlin 1978, ISBN 3-404-00858-8 (Taschenbuch).
  • Bernhard Sauer: Gerhard Roßbach - Hitlers Vertreter für Berlin. Zur Frühgeschichte des Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 50. Jahrgang 2002, Heft 1, S. 5-21.(Pdf, 3,8 Mbyte)
  • Bernhard Sauer: "Auf nach Oberschlesien" – Die Kämpfe der deutschen Freikorps 1921 in Oberschlesien und den anderen ehemaligen deutschen Ostprovinzen In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 58. Jahrgang 2010, Heft 4, S. 297-320.(Pdf, 7,6 Mbyte)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2007, S. 509, ISBN 978-3-596-16048-8.
  2. Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann Seite 593
  3. Gerhard Roßbach, Mein Weg durch die Zeit, Weilburg (Lahn) 1950, Seite 216
  4. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 499, ISBN 3-10-039326-0.

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