Gerda Henkel Stiftung

Gerda Henkel Stiftung

Die Gerda Henkel Stiftung fördert seit ihrer Gründung im Jahr 1976 Forschungen auf dem Gebiet der Historischen Geisteswissenschaften. In über 30 Jahren Stiftungstätigkeit konnten weltweit knapp 6.000 Forschungsvorhaben mit zusammen etwa 100 Millionen Euro unterstützt werden. Die Kernbereiche der Fördertätigkeit – Unterstützung von Forschungsprojekten sowie Vergabe von Promotions- und Forschungsstipendien – sind in den letzten Jahren durch neue Initiativen erweitert worden, mit denen die Stiftung weitere Akzente in der Wissenschaftsförderung setzt. Dazu gehören der 2006 erstmals ausgeschriebene, mit 100.000 Euro dotierte internationale Gerda Henkel Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen in den von der Stiftung geförderten Disziplinen, das 2010 gestartete Wissenschaftsportal L.I.S.A. sowie die Sonderprogramme „Zentralasien“ und „Islam“.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Die Gerda Henkel Stiftung wurde im Juni 1976 von Lisa Maskell zum Gedenken an ihre Mutter Gerda Henkel als gemeinnützige Stiftung des Privaten Rechts mit Sitz in Düsseldorf errichtet. Lisa Maskell (1914–1998) war eine Enkelin des Fabrikanten Fritz Henkel, der 1876 in Aachen die Firma Henkel & Cie. Gründete. 1878 wurde das Unternehmen nach Düsseldorf verlegt, dem heutigen Stammsitz der Henkel AG & Co. KGaA.

Wissenschaftsförderung

Ausschließlicher Stiftungszweck ist die Förderung der Wissenschaft. Die Disziplinen Archäologie, Geschichte, Kunstgeschichte, Historische Islamwissenschaften, Rechtsgeschichte sowie Ur- und Frühgeschichte stehen im Zentrum der Fördertätigkeit. Für Vorhaben, die ihrer methodischen Ansätze und wissenschaftlichen Inhalte wegen besondere Ergebnisse erwarten lassen, gewährt die Gerda Henkel Stiftung Promotions- und Forschungsstipendien sowie Personal-, Reisebeihilfe- und Sachmittel. Sie unterstützt weiterhin die Drucklegung von Forschungserbnissen aus zuvor geförderten Projekten mit Zuschüssen.

Allein im Jahr 2010 hat die Stiftung Mittel in Höhe von rund sieben Millionen Euro für die Förderung wissenschaftlicher Projekte bereitgestellt. Eingereicht wurden über 1.300 Anträge mit einem Volumen von 44,4 Millionen Euro. Kuratorium und Vorstand haben davon für 333 Vorhaben Fördermittel bewilligt.

Die Stiftung ist international tätig. In Kooperation mit renommierten Universitäten vergibt sie mehrere Fellowships in Großbritannien und den USA: Partner sind das Institute for Advanced Study in Princeton, die Brown University in Providence, die Stanford University in Stanford, und das Queen’s College der britischen Universität Oxford. Dem Deutschen Historischen Institut London stellt die Stiftung Fördermittel zur Vergabe einer Gastprofessur zur Verfügung. Wissenschaftsjournalisten können sich im Rahmen des etablierten Reuters Foundation Programme um einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt als Gerda Henkel Fellow am Green Templeton College der Universität Oxford bewerben. Ein 2004 eingerichtetes Sonderprogramm richtet sich an Forscherinnen und Forscher, die sich mit der Geschichte der Region Zentralasien befassen. 2010 hat die Stiftung mit M4HUMAN (Mobility for experienced researchers in historical humanities including Islamic studies) ein neues internationales Stipendienprogramm aufgelegt, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern längere Forschungsaufenthalt im Ausland ermöglicht. Die Europäische Kommission unterstützt das Programm mit Mitteln aus dem 7. EU-Forschungsrahmenprogramm und dessen Marie Curie-Maßnahmen.

Für wissenschaftliche Projekte, die nicht ausschließlich historisch ausgerichtet sind, hat die Gerda Henkel Stiftung im Jahr 2008 das Forschungsfeld Konfliktforschung in ihre Fördertätigkeit aufgenommen. 2009 schrieb sie zudem erstmals den Förderschwerpunkt „Islam, moderner Nationalstaat und transnationale Bewegungen“ aus. Angesprochen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Entstehung politischer Bewegungen in der islamischen Welt auf nationaler und/oder transnationaler Ebene untersuchen und diese Untersuchung mit aktuellen Entwicklungen verbinden möchten.

Organe und Gremien

Kuratorium

Wissenschaftlicher Beirat

Vorstand

  • Michael Hanssler, Vorsitzender
  • Angela Kühnen

Beispiele für die Fördertätigkeit

  • Wiederlesbarmachung altägyptischer Wandmalerei in der Grabkammer des Neferhotep (Theben, Ägypten): Neferhotep war oberster Schreiber des Schöpfergottes Amun und verstarb in der Regierungszeit des Pharaos Eje um 1320 v. Chr. Sein Felsengrab nahe dem Tal der Könige ist reich mit Wandmalereien, farbigen Reliefs und Figuren dekoriert. Ein Team von Restauratorinnen verfolgt das Ziel, ausgewählte Texte und Darstellungen von starken Verschmutzungen zu reinigen und wieder sichtbar zu machen.
  • Ausgrabungen in der Zitadelle von Anuradhapura (Sri Lanka): Anuradhapura, die alte Hauptstadt der ceylonesischen Könige, gehört zu den größten antiken Ruinen weltweit. Ziel eines archäologischen Forschungsprojekts ist es, zu klären, ab wann genau Anuradhapura eine städtische Funktion innehatte und wann der Ort zum Zentrum einer Hochkultur mit Phänomenen wie Schrift und entwickeltem Entwässerungssystem wurde.
  • Zeitzeugen des „Hamburger Feuersturms“ und ihre Familien : Der Begriff „Hamburger Feuersturm“ steht für den Luftangriff auf Hamburg im Sommer 1943. Ein Team aus Historikern und Psychoanalytikern untersucht am Beispiel der Überlebenden und der nachfolgenden Generationen die Frage, inwieweit Kriegserlebnisse zu langfristigen Traumatisierungen führen und wie diese individuell, familiär und gesellschaftlich verarbeitet werden.
  • Die Neue Sachlichkeit in Dresden: In dem an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden durchgeführten Forschungsprojekt geht es um die Malerei der Neuen Sachlichkeit und des Verismus der 1920er Jahre in Dresden. Diese facettenreiche Kunstströmung wird erstmals in ihrer Gesamtheit erschlossen und mit anderen Zentren realistischer Malerei in der Weimarer Republik verglichen. Die Ergebnisse gehen in eine Ausstellung ein, die seit Oktober 2011 in Dresden zu sehen ist.
  • Forschungsstelle Entartete Kunst: Die Forschungsstelle „Entartete Kunst“ (Berlin/Hamburg) beschäftigt sich mit den Auswirkungen der nationalsozialistischen Kunstpolitik, insbesondere der Beschlagnahme moderner Kunstwerke in deutschen Museen durch die Nationalsozialisten im Jahr 1937. Untersucht werden das Schicksal der Künstler, die Strategien der Museumsleiter, die Rolle der Kunsthändler sowie die Wege der Kunstwerke bis zu ihrem heutigen Standort.
  • Arbeiten am Mentsun Lhakhang Felshöhlentempel, Nepal: Bei dem mit Wandmalereien und Lehmstuckstatuen aus frühbuddhistischer Zeit ausgestatteten Tempel Mentsun Lhakhang handelt es sich um die bisher älteste buddhistische Höhlentempelstätte Nepals. Ziel eines Forschungsprojekts ist es, das eingebrochene Dach wieder instand zu setzen und die durch Regen und Schnee beschädigten, in Nepal einzigartigen Wandmalereien zu restaurieren.
  • Xiongnu-Fürstengräber in Noin-Ula, Mongolei: Der Friedhof von Noin-Ula in der nördlichen Mongolei ist ein bedeutendes Zeugnis der Sepulkralkultur der Xiongnu, der frühen asiatischen Hunnen. Die bis zu 18 Meter tiefen Grabschächte bieten reichhaltige Funde, vor allem seltenes organisches Material. Ein Team russischer Archäologen erforscht mit modernsten Methoden eines der letzten großen Fürstengräber.
  • Ausgrabungen in Kalapodi, Griechenland: Ein Team des Deutschen Archäologischen Instituts Athen erforscht das Heiligtum von Kalapodi, das eine für das griechische Festland einzigartige kontinuierliche Abfolge von Kultbauten von der archaischen bis zur spätmykenischen Epoche aufweist. Die übereinander liegenden Bauten geben Aufschluss über die Entstehungsgeschichte des griechischen Tempels und beleuchten Religion und Kult der „Dunklen Jahrhunderte“.

Gerda Henkel Vorlesungen

Die seit 1981 von der Stiftung jährlich im Wechsel mit der Verleihung des Gerda Henkel Preises angebotenen Gerda Henkel Vorlesungen bieten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Gelegenheit, Forschungsergebnisse vorzustellen und sich mit Kollegen und einer interessierten Öffentlichkeit auszutauschen. Die Vorträge werden in einer eigenen Reihe der Stiftung im Rhema Verlag, Münster, publiziert.

Zuletzt veröffentlicht wurde:

Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung

Eine mit dem Verlag C.H. Beck aus München entwickelte Publikationsreihe – die Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung – versammelt bedeutende Monographien aus den von der Stiftung geförderten Feldern. Ziel der Reihe ist es, ausgewiesenen Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, grundlegende Erkenntnisse aus dem Bereich der Historischen Geisteswissenschaften einer interessierten Öffentlichkeit näher zu bringen. Die Stiftung unterstreicht damit ihr Anliegen, herausragende geisteswissenschaftliche Forschungsleistungen zu fördern – in diesem Fall in Form eines Buches, das höchsten Ansprüchen genügt und eine große Leserschaft findet.

Gerda Henkel Preis

Seit 2006 verleiht die Gerda Henkel Stiftung in zweijährigem Turnus den internationalen Gerda Henkel Preis. Mit einem Preisgeld von 100.000 Euro gehört die Auszeichnung nicht nur zu den hoch dotierten Wissenschaftspreisen, sondern auch zu den wenigen, die sich speziell an herausragende Beiträge auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften richten.

Vorsitzende der Jury

Preisträger

L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung

Im Jahr 2010 richtete die Stiftung ein eigenes Internetportal ein: L.I.S.A. – Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung informiert in Text, Bild und Ton fächerübergreifend über Themen aus dem Bereich der Historischen Geisteswissenschaften und lädt zur Diskussion über Forschung ein.

Weblinks


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