Georges-Henri Denys Arcand

Georges-Henri Denys Arcand
Denys Arcand

Georges-Henri Denys Arcand (* 25. Juni 1941 in Deschambault, Québec, Kanada) ist ein Filmregisseur, Drehbuchautor und Produzent. Zu internationalem Ruhm gelangte Arcand 1986 mit seinem Spielfilm Der Untergang des amerikanischen Imperiums und 2003 mit dem Oscar-prämierten Film Die Invasion der Barbaren. Er hat jedoch auch zahlreiche bedeutende Dokumentarfilme gedreht.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Arcand wuchs in einem katholischen Elternhaus in einem Dorf 25 Meilen südwestlich von Québec auf. Er besuchte neun Jahre lang eine Jesuiten-Schule. Als Teenager zog er mit seinen Eltern nach Montréal. Er studierte Geschichte an der Universität von Montréal, wandte sich aber schon während seiner Studienzeit dem Film zu. Seine Freunde und er fuhren alle paar Monate nach New York City, um sich dort europäische Filme anzusehen, die in Québec nicht gezeigt wurden. Québec war vor der sogenannten Stillen Revolution eine kulturell ziemlich isolierte, vom katholischen Klerus dominierte Gegend.

1963 wurde er Mitglied des National Film Board of Canada und drehte dort verschiedene Dokumentarfilme. Sein langer Film über die Textilindustrie On est au coton (We work in Cotton) (1970) zeigte die Ausbeutung der Textilarbeiter und wurde in Kanada für fünf Jahre verboten. Arcand arbeitete auch für Fernsehserien. Insbesondere schrieb er das Drehbuch für ein historisches Werk, das sich kritisch mit dem früheren Premierminister Maurice Duplessis auseinandersetzte.

Während der frühen siebziger Jahre produzierte Arcand eine Reihe von Spielfilmen und kehrte dann zum Dokumentarfilm zurück. Er arbeitete nicht mehr für das Fernsehen. Sein Dokumentarfilm Le Comfort et l'indifférence (Der Komfort und die Gleichgültigkeit) stellt die Situation nach dem Referendum von 1980, das die Anhänger einer Unabhängigkeit Québecs verloren hatten, dar. Zu diesen Anhängern hatte auch die Mehrheit der Cineasten Québecs gehört.

Arcand schrieb das Drehbuch und führte Regie bei Der Untergang des amerikanischen Imperiums (Le Déclin de l'empire américain). Der Film war die bis dahin kommerziell erfolgreichste Produktion in der Geschichte des kanadischen Kinos und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, etwa 1986 einen FIPRESCI-Preis in Cannes und 1987 eine Nominierung für einen Oscar als bester fremdsprachiger Film. Thema des Films ist ein Treffen von Intellektuellen mittleren Alters, die sich hauptsächlich über ihr Sexualleben unterhalten. Dargestellt werden die beiden Hauptrollen von Pierre Curzi und Rémy Girard.

Auch Jesus von Montreal (Jésus de Montréal) wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem zweimal bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1989. 1990 wurde der Film für einen Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert.

Arcands erster auf englisch produzierter Film war 1993 Liebe und andere Grausamkeiten (Love and Human Remains). Er basiert auf einem Theaterstück von Brad Fraser, Unidentified Human Remains and the true Nature of love. "Der Film führt uns zu einer Gruppe von sieben Jugendlichen, die von den Wechselfällen des Lebens in einer nordamerikanischen Großstadt, in der die Gewalt herrscht, relativ 'gebeutelt' sind. Diese missbrauchten jungen Leute wissen nicht, was aus ihnen werden soll, aber sie kämpfen mit der verzweifelten Energie der Generation-X-Kinder, der nicht Angenommenen, die keinen Platz in der Gesellschaft der Älteren finden können. Sie suchen verzweifelt nach Liebe, Freundschaft, oder nur nach menschlichen Kontakten, wobei der Sex nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die sexuelle Unentschlossenheit, die einige Figuren auszeichnet, fügt sich in das Gesamtbild einer Generation ein, die sich als Opfer von Regierungen, Eltern und Erziehungsinstanzen fühlt. Die einen oder anderen warten auf bessere Zeiten und leben von irgendwelchen Unterstützungen und Tricks. Die Perspektive einer unsicheren und unwahrscheinlichen Zukunft führt zu einem demoralisierenden Zynismus. Selbst die Sexualität, die einen kurzfristig Ersatz bieten könnte, kann der Flut der Frustrationen keinen Einhalt gebieten. 'Ich will mehr als nur Sex', sagt Candy worauf der begeisterte Zapper David antwortet: 'Gott hat das Fernsehen dafür erfunden'.

Mit "Stardom", einer Auseinandersetzung mit dem Fernsehen, wurde im Jahr 2000 das Toronto International Film Festival eröffnet.

Arcand arbeitete zwei Jahre an dem Skript für Die Invasion der Barbaren (Les invasions barbares), der 2003 herauskam. Rémy Girard spielte die Hauptrolle eines Kranken, der auf sein Leben zurückblickt und von seinen Freunden Abschied nimmt. Der Film gewann 2004 den Oscar als bester fremdsprachiger Film, und Arcand erhielt eine Nominierung für das beste Originaldrehbuch. Beim Filmfestival in Cannes erhielt er 2003 den Preis für das beste Drehbuch. 2004 gewann Denys Arcand französische Césars für den besten Film, die beste Regie und das beste Drehbuch und drei Auszeichnungen bei den kanadischen Jutra Awards. Sein nächstes Filmprojekt L'Âge des ténèbres (2007) mit Diane Kruger, Rufus Wainwright und Emma de Caunes wurde ebenfalls als offizieller kanadischer Beitrag für die Nominierung um den besten nichtenglischsprachigen Film bei der Oscar-Verleihung 2008 ausgewählt.[1] Der Film, dessen englischsprachiger Titel Days of Darkness lautet, handelt von einem Zivildienstleistenden (gespielt von Marc Labrèche) der der Realität als Held in imaginären Abenteuern entflieht.

Denys Arcand errang bisher insgesamt sechs kanadische Genie Awards für seine Filme.

Insgesamt fällt auf, dass Arcands international erfolgreiche Filme zu seinen politisch harmlosesten zählen. Manche Kritiker haben ihm eine Anpassung an den bourgeoisen Publikumsgeschmack vorgeworfen.

Arcand ist zum zweiten mal verheiratet und hat keine Kinder. Im Alter von 55 Jahren adoptierte er ein verwaistes Baby aus China. 1988 wurde er zum Offizier des Order of Canada ernannt und 2005 zum Companion befördert. 1990 nahm ihn die französische Regierung in die Ehrenlegion auf. Von seiner eigenen Provinz wurde ihm im Jahr 2000 deren höchste Auszeichnung, der Titel des Knight of the Ordre national du Québec zuteil. Im Februar 2004 erhielt Arcand einer der höchsten französischen Auszeichnungen, indem er in den Ordre des Arts et des Lettres aufgenommen wurde.

Filmografie, Regisseur

  • 1962: Seul ou avec d'autres
  • 1963: Champlain

Kritischer Dokumentarfilm über Samuel de Champlain, den Gründer der Stadt Québec.

  • 1964: les Montréalistes
  • 1967: Volleyball
  • 1967: Parcs atlantiques
  • 1967: Montréal, un jour d'été
  • 1972: Québec: Duplessis et après…
  • 1972: la Maudite Galette
  • 1973: Réjeanne Padovani
  • 1974: Gina
  • 1975: la Lutte des travailleurs d'hôpitaux
  • 1976: On est au coton (Freigabe)

Der Film wurde vom September 1968 bis Februar 1970 gedreht, engl. als "Cotton Mill: Treadmill "

Filmografie, Drehbuch

Schauspieler

  • 1989: Jesus von Montreal
  • 1992: Léolo
  • 2004: Die Invasion der Barbaren

Bibliografie

  • Michel Coulombe, Denys Arcand. La vraie nature du cinéaste, (entretiens), Montréal: Boréal 1993
  • André Loiselle, Brian McIllroy (éd.), Auteur/Provocateur. The Films of Denys Arcand, Westport: Praeger 1995
  • Denis Bachand, "Die Jugend eines Pioniers. Denys Arcand und seine Filme" in: Michel Larouche, Jürgen E. Müller, Quebec und das Kino. Die Entwicklung eines Abenteuers, Münster: Nodus 2002, S. 189-203
  • Reinhold Zwick: Entmythologisierung versus Imitatio Jesu. Thematisierungen des Evangeliums in Denys Arcands Film „Jesus von Montreal“ , in: Communicatio Socialis, 23.Jg., Nr.2 (1990), 17-47.

Einzelnachweise

  1. Oscar welcoming foreign contenders. In: Daily Variety, 21. September 2007, News, S. 4

Weblinks



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