George Washington (1909)

George Washington (1909)
Die George Washington kurz nach Stapellauf (1909)
Die George Washington in Diensten der United States Navy (1918)

Die George Washington war ein Passagierschiff des Norddeutschen Lloyd.

Die George Washington war mit 25.570 BRT eines der größten deutschen Passagierschiffe vor dem Ersten Weltkrieg. Das Dampfschiff wurde den Vulkan-Werken am Tag des 50jährigen Jubiläums des Norddeutschen Lloyd am 20. Februar 1907 in Auftrag gegeben und lief am 1. November 1908 in der Stettiner Vulcan-Werft vom Stapel. Die Jungfernfahrt begann am 12. Juni 1909 in Bremerhaven und endete am 25. Juli 1909 im Hafen von New York.

Die 213 m lange und 23,83 m breite George Washington konnte 2679 Passagiere (darunter 568 Passagiere in der 1. Klasse, 433 Passagiere in der 2. Klasse, 452 Passagiere in der 3. Klasse und 1226 Passagiere 4. Klasse auf dem Zwischendeck) an Bord nehmen und fuhr bis in den Ersten Weltkrieg hinein die Strecke Bremerhaven–New York. Am 3. August 1914 wurde der Dampfer im Hafen von New York interniert. Während des Krieges diente das Schiff als amerikanischer Truppentransporter. Das Schiff fuhr nach dem Krieg für die United States Lines. Im Jahr 1951 wurde die George Washington abgewrackt.

Innerhalb des Lloyd gehörte die George Washington zur „Bremen-Klasse“ und wurde als „Doppelschrauben-Salonpostdampfer“ bezeichnet. Im Gegensatz dazu standen die „Doppelschrauben-Schnelldampfer“ (z. B. Kaiser Wilhelm der Große), mit denen der Lloyd das Zeitalter der Vierschornsteindampfer eingeläutet hatte. Der Unterschied zwischen diesen beiden Klassen, welche allesamt die Route Bremerhaven-New York bedienten, lag hauptsächlich in der Reisegeschwindigkeit und in der Ladekapazität. Luxus und Service hingegen waren sehr ähnlich. Außerdem besaß der Lloyd noch die Dampfer der Feldherren-Klasse, welche neben den Transatlantikfahrten auch Ostasien und Australien ansteuerten.

Die Salondampfer benötigten zwei bis drei Tage länger über den Atlantik als die Schnelldampfer, wollten dafür aber ein höheres Maß an Bequemlichkeit und Ruhe bieten. Zudem hatte man Wert auf eine vergrößerte Ladekapazität gelegt.

Wie die Schnelldampfer, fanden auch die Salonpostdampfer ihr Publikum und besaßen die Gunst des internationalen Publikums.

Inhaltsverzeichnis

Einrichtung

Kabine der 1. Klasse mit Butzenfensterscheiben
Treppenhaus
Wintergarten und Gesellschaftssalon
Kinderzimmer

Das Schiff war voll elektrifiziert. Abends konnten die Passagiere auf den elektrisch beleuchteten Promenadendecks flanieren. Hervorgehoben wurde in Prospekten spezielle Windschutzvorrichtungen an Deck, die der Leiter der Passageabteilung des Norddeutschen Lloyd, Direktor von Helmolt, erfunden hatte.

Im Gegensatz zur neobarocken Pracht der Schnelldampfer zeigte die Gestaltung der Räume bereits die aufkommende wesentlich schlichtere Eleganz, wie sie beispielsweise die Wiener Werkstätten pflegte. In den Salons, welche mit wertvollen Konzertflügeln ausgestattet waren, hatte man Gemälde namhafter Künstler aufgehängt. Zudem gab es unter anderem reichhaltige Schiffsbibliotheken und Gesellschaftszimmer wie den Rauchsalon.

Die luxuriöseste Art auf der George Washington zu reisen, bestand darin, eines der Kaiserzimmer zu buchen. Diese besaßen Wohn-, Frühstücks-, Schlaf- und Badezimmer. Wie bei alle Kabinen der Ersten Klasse gehörten eisernen Bettstellen, Schlafsofas, Kleiderschränken, Waschtischen, Kommoden und kleine Tische zur Einrichtung. Jede Kabine der Erster Klasse war zudem mit einer elektrischer Klingelanlage und einem Ventilator versehen. Die zusätzlich vorhandenen Schlafsofas und Kinderbetten wurden nur im Bedarfsfall eingesetzt. Die zweitteuersten Zimmer, waren die Luxuskabinen, welche aus Schlaf- und Badezimmer bestanden, danach folgten die Kabinen Erster Klasse, die wie die Zimmer der Zweiten Klasse aus einem Schlafraum bestanden. Die dort Reisenden mussten sich reichlich vorhandene, aber separierte Badezimmer mit anderen Reisenden teilen. Von Klasse zu Klasse unterschieden sich die Einrichtungen im Aufwand der Gestaltung und Ausstattung. Jede Klasse besaß neben streng getrennten Aufenthalts- und Speisesälen, die auch die damalige Klassengesellschaft widerspiegelten, jeweils eigene Küchen und Stewards mit sehr hohen Standards.

Die billigste Art zu Reisen, welche zumeist von Auswanderern genutzt wurde, bestand darin einen Platz im Zwischendeck zu erwerben. Dort wurde in Massenunterkünften und Schlafsälen gelebt.

Wie auf jedem Dampfer des Lloyd fuhr auch auf der George Washington ein approbierter Arzt mit, der alle Patienten ohne Entgelt versorgte.

Aus der Sicht von 1910

Der Schiffsmaschinenbau-Ingenieur Harald Nehbel widmet der George Washington einen reich bebilderten populärwissenschaftlichen Artikel in der Zeitschrift Deutscher Hausschatz 1910[1]. Zunächst differenziert er im modernen Dampfschiffbau zwischen Geschwindigkeit und Luxus. Englische Schnelldampfer hätten den deutschen den Geschwindigkeitsrekord abgenommen und den begehrten Hochseepreis das blaue Band des Ozeans erhalten. Das sei nicht weiter schlimm, meint Nehbel, denn die aktuellen Geschwindigkeitszuwächse würden durch einen extremen Kohleverbrauch erkauft:

„So kommt es, daß die letzten 1,5 Knoten unserer großen Schnelldampfer fast ebensoviel Kohlen erfordern wie die ersten 15 Knoten, und ferner folgt hieraus, daß ein sehr großer Teil des Schiffsraumes von den gewaltigen Kesseln, Maschinen und den enormen Kohlenmengen eingenommen wird. Überdies hat die Steigerung der Geschwindigkeit nur dann einen Zweck, wenn dadurch so viel Zeit gewonnen wird, daß die Passagiere einen vollen Tag früher, also wieder am Tage, an ihrem Ziele ankommen. Jedenfalls wird es von den Passagieren der Lloyd-Schnelldampfer sehr angenehm empfunden, daß, wenn die Dampfer am Dienstag im Laufe des Tages in New York eintreffen, sie sogleich an Land gehen können, während Dampfer, die spät abends oder nachts ankommen, erst am anderen Morgen ihre Passagiere ausschiffen können.“

Harald Nehbel: Der neue Riesendampfer „George Washington“[2]

Nehbel zählt das in der George Washington verbaute Material auf: 14.500 Tonnen Stahl, 460 Tonnen Eisen, 750 Tonnen Nieten und Schrauben, 100 m3 Teakholz, 2100 m3 Oregon- und Pitchpineholz, 1.200 m3 Fichtenholz. Um die Superlative anzureichern, listet er auch die Besatzung bis ins Detail auf. So besteht etwa das Küchenpersonal aus „1 Oberkoch, 9 zweiten und 8 dritten Köchen, 4 Dampfköchen, 4 Konditoren, 6 Bäckern, 20 Aufwäschern, 4 Schlächtern und 2 israelischen Köchen“. Zur Luxusausstattung des Schiffs gehören „elektrische Lichtbäder“ und „Dunkelkammern für Amateurphotographen“. 4200 elektrische Lampen sorgen für künstliches Licht, zwei Destillierapparate erzeugen täglich ja 20.000 Süßwasser aus Meerwasser. Wenn man den 220,18 m langen Dampfer senkrecht stellte, wäre er fast doppelt so hoch wie das 33-stöckige Park Row-Hochhaus am Broadway in New York City. Den Kölner Dom würde das Schiff um 63 m überragen.

Varia

Auf diesem Schiff überquerte vom 21. bis zum 29. August 1909 Sigmund Freud den Atlantik zu seinem einzigen Amerika-Besuch, der sehr zur Verbreitung der Psychoanalyse in den USA beitragen sollte. Freud schrieb damals in einem Brief an seine Familie: „Das Schiff ist herrlich. Unterbringung, Verpflegung übersteigen alle Erwartungen. Von der Überfüllung, die wir bei 2400 Personen gefürchtet merkt man nichts […]. Die Kajüte ist klein, aber ungemein elegant u komplet.“[3]

Kapitäne

Nr. Name Lebensdaten Borddienst Bemerkung
Charles August Polack (* 29. Januar 1860 in Grimma; † 17. November 1934 in Bremerhaven[4] [5]) bis Mai 1913 Polack erhielt im Jahr 1900 sein Kapitänspatent und war Schiffsführer Aachen, Werra, König Albert, Prinzess Irene, Kaiser Wilhelm der Große,[6] bevor er die Schiffsführung auf der George Washington übernahm. 1913 wechselte er auf die Kronprinzessin Cecilie[7]

Die Doppelschrauben-Salonpostdampfer der „Bremen-Klasse“ des NDL vor 1914

Einzelnachweise

  1. Deutscher Hausschatz, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 36. Jahrgang, Heft 1, 1910
  2. Deutscher Hausschatz, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 36. Jahrgang, Heft 1, 1910, Seite 13 ff
  3. Sigmund Freud: Unser Herz zeigt nach dem Süden. Reisebriefe 1895–1923. 2. Auflage, Berlin 2002, S. 281
  4. The New York Times vom 17. Dezember 1934, S. 19.
  5. Hartmut Bickelmann: Bremerhavener Persönlichkeiten aus vier Jahrhunderten. Ein biographisches Lexikon. Stadtarchiv Bremerhaven, 2003, ISBN 3923851251, S. 248.
  6. Reinhold Thiel: Die Geschichte des Norddeutschen Lloyd 1857–1970, Band 3, Verlag H.M. Hauschild, 2004, ISBN 3-89757-166-8, S. 128
  7. The New York Times vom 15. März 1914, S. 4

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