George Blake (Geheimagent)

George Blake (Geheimagent)

George Blake (* 11. November 1922 in Rotterdam als Georg Behar) ist ein ehemaliger britischer Geheimagent, der als Doppelagent auch für die Sowjetunion als Spion tätig war.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Blake wurde als Georg Behar in Rotterdam als Sohn eines niederländisch-ägyptischen Paares jüdischer Herkunft geboren, das im niederländischen Widerstand aktiv war, und arbeitete schließlich auch für den SOE, einem Zweig des britischen Geheimdienstes, der sich mit verdeckten Aktionen beschäftigte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er durch den MI6 rekrutiert und warb Agenten für den britischen Geheimdienst im von der Sowjetunion während des Kalten Kriegs dominierten Osteuropa an.

Später entsandte ihn der MI6 nach Korea, wo er sich 1950 in der britischen Botschaft in Seoul befand. Nach seinen späteren Aussagen brachten bereits die unmittelbare Nähe des Krieges und die an der Zivilbevölkerung begangenen Grausamkeiten sein Weltbild ins Wanken und ließen ihn zu der Überzeugung gelangen, dass er sich auf der falschen Seite befand. Als der Süden während des Koreakrieges vom Militär der Volksrepublik Koreas überrannt wurde, geriet er in nordkoreanische Gefangenschaft. Drei Jahre verbrachte er in Nordkorea, die ihn zum überzeugten Kommunisten werden ließen. Von einigen wurde das als Gehirnwäsche aufgefasst, obwohl er darauf bestand, freiwillig zum Kommunismus konvertiert zu sein. Nach seiner Freilassung durch die Nordkoreaner wirkte er völlig gesund. London entsandte ihn als Doppelagent nach Berlin, wo er tatsächlich als Dreifachagent tätig war. Er verriet hunderte Details von MI6-Agenten und die Identität der von ihm selbst in Osteuropa angeworbenen Agenten sowie den geheimen Tunnel von Westberlin zu einem unterirdischen Telefonknoten auf ostdeutscher Seite an die Sowjets.

1959 wurde Blake durch den polnischen Überläufer Michał Goleniewski entlarvt. 1961 wurde er von einem Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu 42 Jahren Haft verurteilt, was von einigen Zeitungen als ein Jahr Haft für jeden der infolge seiner Informationen getöteten Agenten interpretiert wurde. Es war allerdings nach dem zu 45 Jahren verurteilten Bombenattentäter Nezar Hindawi die zweitlängste jemals von einem britischen Gericht verhängte Freiheitsstrafe.

Ausbruch aus dem Gefängnis und Flucht aus England

Als Blake nach fünf Jahren Haft klar wurde, dass er keine Chance auf einen Agentenaustausch bekommen würde, bemühte er sich um eine Ausbruchsmöglichkeit aus dem Gefängnis Wormwood Scrubs, die ihm dann durch die Hilfe von Pat Pottle, Michael Randle und Sean Bourke schließlich auch gelang. Pottle und Randle waren Aktivisten gegen die britische Atombewaffnung, die in Wormwood Scrubs Haftstrafen abgesessen hatten. Pottle sah das Urteil für Blakes Verrat von 42 Jahren nach eigenen Aussagen ohne Sympathie als eine überzogene "Todesstrafe" an. Bourke war ein IRA-Aktivist, der ebenfalls in Wormwood Scrubs eine Haftstrafe verbüßt hatte.

Es gelang Pottle zur Vorbereitung von Blakes Ausbruch, ein Handsprechfunkgerät in das Gefängnis zu schmuggeln. Über ein so modernes Hightech-Gerät verfügten damals weder Polizei noch Gefängnisverwaltung. Unbemerkt von seinen Wärtern verständigte sich Blake mit seinen Befreiern auf seiner Pritsche liegend, passte an einem verregneten Sonntag eine Gelegenheit ab, an der seine Mithäftlinge zusammen mit den Wärtern an einer Filmvorführung teilnahmen, kletterte unbemerkt aus einem Fenster und wartete mit dem Handsprechfunkgerät an diesem dunstig-regnerischen Tag an der Mauer, bis Pottle ihm von der Außenseite eine selbstgebastelte, mit Stricknadeln verstärkte Strickleiter über die 7 Meter hohe Außenmauer warf. Nachdem Blake auf die Mauer geklettert war, sprang er von dort herab, wobei er sich am Gesicht und Handgelenk verletzte. Pottle fuhr den zeitweilig fast bewusstlosen Blake mit einem Auto zu einem Versteck, von wo er ihn zu einem Arzt brachte, der ihn versorgte.

Randle transportierte ihn dann mit seiner Familie in einem Campingbus versteckt nachts über eine Fähre nach Belgien und weiter bis an die innerdeutsche Grenze, wo sich Blake allein in die DDR absetzte. Angeblich befand sich sein früherer sowjetischer Führungsoffizier rein zufällig ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt dort. Blake gelangte in die Sowjetunion, ließ sich von seiner Frau, mit der er zusammen drei Kinder gezeugt hatte, scheiden und begann ein neues Leben.

1990 publizierte Blake eine Autobiographie mit dem Titel "No Other Choice" (keine andere Wahl). Sein britischer Verleger hatte ihm bereits 60.000 Pfund Sterling bezahlt, bevor ihn die Regierung daran hinderte, von weiterem Verkauf zu profitieren.

Blake lebt noch heute in Moskau von einer KGB-Pension und bleibt ein bekennender Kommunist. Da nach wie vor ein Haftbefehl in Großbritannien gegen ihn besteht, würde er bei einer Rückkehr nach Großbritannien verhaftet und müsste seine Reststrafe absitzen. Er bestreitet, ein Verräter zu sein und besteht darauf, sich niemals als Brite gefühlt zu haben: "Um zu betrügen, muss man sich erst einmal dazugehörig fühlen. Ich habe niemals mich dazugehörig gefühlt."

siehe auch: Anthony Blunt, Kim Philby, Guy Burgess, Donald Maclean, John Cairncross, Melita Norwood, Profumo-Affäre

Literatur

  • George Blake: Keine andere Wahl (Ed. q, 1995, ISBN 3-86124-284-2, deutsch)
  • George Blake: No Other Choice (1990, english)
  • Sean Bourke : Der Ausbruch (1972, ISBN 3455005357, deutsch)
  • Sean Bourke : The Springing of George Blake (Cassell, London, 1970, ISBN 0304935905, english)
  • Michael Randle, Pat Pottle : The Blake Escape: How we Freed George Blake - and Why (Harrap, London, 1989, ISBN 0245547819, english)

Weblinks


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