Georg von Peuerbach

Georg von Peuerbach
Georg von Peuerbach: Theoricarum novarum planetarum testus, Paris 1515

Georg von Peuerbach (eigentlich Georg Aunpekh, auch Johann Purbach) (* 30. Mai 1423 in Peuerbach in Oberösterreich; † 8. April 1461 in Wien) war Astronom an der Wiener Universität und Wegbereiter des kopernikanischen Weltbilds. Er baute innovative Messinstrumente und gilt als erster Univ.Professor für Astronomie.

Georg von Peuerbach stand am Anfang der naturwissenschaftlichen Revolution des 16. Jahrhunderts, das mit dem neuen Weltsystem des Nicolaus Copernicus und Keplers seinen Abschluss fand. Im 15. Jahrhundert wurde die Planetenbewegung nach Ptolemäus intensiv diskutiert. Dies war einerseits notwendig, nachdem das Sonnenjahr sich immer weiter vom Julianischen Kalender entfernte, andererseits waren genauere „Sternbücher“ für die Schiffsnavigation notwendig. Damals lebte die beobachtende Astronomie wieder auf, die Peuerbach verkörpert.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er kam 1446 zum Studium nach Wien (1448 Baccalar).[1] 1448 bis 1451 hielt er sich in Italien bei Nikolaus Cusanus auf. Er traf auch die berühmten Mathematiker und Astronomen Giovanni Bianchini und Toscanelli. Er wurde Hofastronom von König Ladislaus von Ungarn (später arbeitete er für Friedrich III.)

1453 wurde er Magister artium und Nachfolger von Johannes von Gmunden an der Wiener Universität. Peuerbach erkannte die Mängel am Ptolemäischen System und begann zunächst eine Überarbeitung der ptolemäischen Hauptschrift Almagest, die damals als allgemeines Lehrwerk galt. Im Gegensatz zu Sacrobosco begann er eine Neuübersetzung des griechischen Originals und nicht der arabischen Übersetzung. 1460 kam der päpstliche Gesandte Kardinal Basilius Bessarion nach Wien. Er beauftragte Peuerbach mit einer Erläuterung des Almagest. Mit seinem Schüler Regiomontanus begann er die Epitome zum Almagest zu schreiben, die dieser nach seinem frühen Tod vollendete. Daraus resultierte eine neue Planetentheorie, die Nicolaus Copernicus als Ausgangspunkt diente.

Gemeinsam mit Regiomontanus führte er Messungen von Okkultationen von Planeten durch den Mond (zum Beispiel Bedeckung des Jupiters durch den Mond am 9. August 1451) und Mondfinsternissen aus, um die astronomischen Tafelwerke zu überprüfen. Am 3. September 1457 beobachteten sie eine Mondfinsternis in Melk. Zur Bestimmung der Zeit vermaßen sie die Höhe des Sterns Alkione. Zur Kontrolle der 1459 berechneten Finsternistafeln „Tabulae eclipsium“[2] beobachteten sie die Mondfinsternisse im Jahr 1460. Am 27. Dezember 1460 verwandten sie den Stern Alramech zur Zeitbestimmung und fanden, dass die Finsternis etwa 5 Minuten später als errechnet auftrat, eine gute Übereinstimmung.

Die Planetenörter wichen von den Berechnungen ab. Peuerbach begann, Korrekturterme für die Alfonsinischen Tafeln zu erarbeiten, doch konnte er die Arbeit nicht zu Ende führen. Um 1510 nahm Johannes Engel die Arbeit wieder auf und verwandte sie in seinem Almanach novum atque correctum. Die Korrekturterme könnten aus einer Planetentheorie des syrischen Astronomen Ibn al-Shatir (1304–1375) abgeleitet sein, obwohl der Übertragungsweg unbekannt ist. Nicolaus Copernicus, der Engels Almanache kannte, verwendet in seinem Commentariolus ebenfalls ein mathematisches Planetenmodell, das demjenigen des Ibn al-Shatir entspricht.
1456 erschien der Halleysche Komet und alle Astrologen veröffentlichten Schriften mit Vorhersagen kommenden Unheils, darunter auch Peuerbach. Jedoch enthielt seine Schrift einen kurzen nicht beachteten Absatz, in dem er aus seinen Beobachtungen am 9. und 13. Juni versuchte, Größe und Entfernung des Kometen abzuschätzen. Er hielt Kometen in der Tradition Aristoteles nicht für Himmelskörper, sondern für meteorologische Erscheinungen in der Hochatmosphäre. Seine sehr groben Abschätzungen bestätigten diese Annahme, doch hatte vor ihm anscheinend noch niemand versucht, den Abstand zu messen. Auch von Toscanelli sind Aufzeichnungen überliefert.

Seine entsprechenden Vorlesungen über die Planetenbewegungen, die jedoch noch auf der ptolemäischen Lehre beruhten, wurden so berühmt, dass sie ab 1472 häufig unter dem Titel Theoricae novae Planetarum (Bild) gedruckt wurden. Die Erstausgabe erfolgte 1472 in der eigens zum Zweck der Verbreitung astronomischer Werke von seinem Schüler Regiomontanus und Bernard Walther in Nürnberg gegründeten Offizin. Die Schriften wurden – zusammen mit Sacroboscos Sphaera – in ganz Europa zu einem klassischen Lehrbuch des 16. Jahrhundert bis in die frühe Neuzeit.

Sonnenuhr von Peuerbach an der Südseite des Wiener Stephansdoms

Peuerbach beschäftigte sich auch mit astronomischen Beobachtungen und dem Bau von astronomischen Instrumenten. Er stellte Instrumente zur Ermittlung der wahren Neu- und Vollmonde her, am bedeutendsten sind die Erfindungen der Ring- und der Klappsonnenuhr. Damit hatte er die Form der Sonnenuhr bis ins 18. Jahrhundert hinein bestimmt. Für den Stephansdom konstruierte er 1451 die vertikale Sonnenuhr am südlichen Strebepfeiler des Chors (darunter ist ein kleines Weihwasserbecken von 1506). Außerdem konstruierte er noch ein Instrument zu Höhenmessung, das Quadratum geometricum.

Schließlich ist sein Werk zur Arithmetik erhalten. Peuerbach berechnete Sinustabellen und vereinfachte damit die Nutzung von Astrolabien und Quadranten, da so aus den gemessenen Abschnitten direkt die Winkel abzulesen waren.[3] Ferner gab er astronomische Jahrbücher heraus, und seine Finsternistafeln Tabulae eclipsium erfuhren zahlreiche Neuauflagen.

Peurbach gehört aber auch zu den Wegbereitern des Humanismus in Mitteleuropa. Diese neuen Ideen kamen mit Aeneas Silvio Piccolomini (dem späteren Papst Pius II.) nach Wien, der von 1443 bis 1455 Sekretär in der Reichskanzlei war. In dieser Zeit hielt er vielbeachtete Vorträge über die Dichter der Antike. Seit 1451 lasen die Magister der Universität über römische Dichter, darunter auch Peurbach über die Aeneis des Vergil und Juvenal.

In Linz gibt es das Georg-von-Peuerbach-Gymnasium. Der Asteroid (9119) Georgpeuerbach und der Mondkrater Purbach wurde nach Georg von Peuerbach benannt.

Literatur

  • Ernst Zinner, Leben und Wirken des Joh. Müller von Königsberg, genannt Regiomontanus, 2., vom Verf. verb. und erw. Aufl., Osnabrück, 1968
  • F. Samhaber: Der Kaiser und sein Astronom. 1999
  • F. Samhaber: Höhepunkte mittelalterlicher Astronomie. 2000
  • G. Wolfschmidt (Hrsg.): Nicolaus Copernicus, Revolutionär wider Willen. 1994
  • J. Dobrzycki und R.L. Kremer: Peurbach and Maragha Astronomy? The Ephemerides of Johannes Angelus and Their Implications. In: Journal for the History of Astronomy. 27. 1996, S. 187–237
  • Günther: Peurbach, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 25, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 559–561.
  • Hermann Haupt: Peu(e)rbach (auch Purbach), Georg von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 281 f. (Onlinefassung).
  • Der die Sterne liebte. Hgg. von Helmuth Grössing, Wien, Erasmus 2000.

Einzelbelege

  1. Die Daten zu seinem Studium (sowie seinen Geburtstag) bei Paul Uiblein: Die Wiener Universität, ihre Magister und Studenten zur Zeit Regiomontans, in: Günther Hamann (Hg.): Regiomontanus-Studien, ÖAW: Wien 1980, S.393-432, dort 398.
  2. Georg Tannstetter fügte 1514 seiner Ausgabe dieser Finsternistafeln auch eine Geschichte der Wiener Mathematiker und Astronomen bei: Viri mathematici. Diese wertvolle Quelle zu Leben und Schriften von Peuerbach ist hg. und übersetzt in Franz Graf-Stuhlhofer: Humanismus zwischen Hof und Universität. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts. Wien 1996, S.156-171 (über Peuerbach S.158f).
  3. Ralf Kern: Wissenschaftliche Instrumente in ihrer Zeit. Band 1: Vom Astrolab zum mathematischen Besteck. Köln, 2010. S. 107.

Weblinks

Digitalisate

Online-Ausgaben bei der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden:


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