Georg Michael Welzel

Georg Michael Welzel

Georg Michael Welzel (* 1944 in Cottbus; † 2. März 1974 in Tarragona) war ein DDR-Flüchtling und eines der letzten Opfer der Todesstrafe in Spanien.

Er wurde unter dem Namen Heinz Ches in der Haftanstalt von Tarragona hingerichtet. Etwa zeitgleich fand in Barcelona die Hinrichtung des Anarchisten Puig Antich statt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Zwischen 1964 und 1970 wurde Welzel dreimal wegen versuchter Republikflucht festgenommen. Praktisch die gesamte Zeit von 1964 bis 1972 verbrachte er in Gefängnissen der DDR. Nachdem er in die Bundesrepublik ausgereist war, besorgte er sich einen falschen Reisepass auf den Namen Klaus Hermann Rudolf Sackman, mit dem er im September 1972 über Frankreich und Port Bou nach Spanien reiste. Seine Familie blieb in der DDR.

Ereignisse in Spanien

Am 13. Dezember 1972 schoss er im Hafen von Barcelona auf einen Angehörigen der Guardia Civil, der dabei schwer verletzt wurde. Am 19. Dezember 1972 betrat ein Beamter der Guardia Civil ein Café in Tarragona, in dem Welzel saß. Welzel erschoss ihn ohne Vorwarnung mit einem gestohlenen Gewehr. Beim Verhör gab er zu, geschossen zu haben, bestritt aber jede Tötungsabsicht.

Bei den Vernehmungen behauptete Welzel, Heinz Ches (andere Schreibweise: Chez) zu heißen, und im Jahr 1939 in Stettin geboren zu sein. Warum er seine Identität verschleierte, bleibt unklar. Interpol meldete zwar an die spanischen Behörden die wahre Identität Welzels, allerdings nahm die spanische Gerichtsbarkeit die Information entweder nicht zur Kenntnis oder ignorierte sie. Vermutungen gehen dahin, dass er entweder Druck der DDR-Behörden auf seine Familie befürchtete, oder sich seiner Tat schämte. Auch die Spanier hatten kein Interesse an der Veröffentlichung der wahren Identität, möglicherweise weil diplomatische Verwicklungen mit der Bundesrepublik Deutschland befürchtet wurden. Im Verfahren selbst vertrat ihn ein junger Verteidiger, dem der Fall in einer Bar angedient wurde. Niemand legte Berufung gegen das am 6. September 1973 verhängte Todesurteil ein. Die Hinrichtung dauerte länger als gewöhnlich, da der Henker den Umgang mit der Garrotte nicht beherrschte. Vom Beginn der Hinrichtung bis zum Eintritt des Todes benötigte der Henker mehrere Versuche, die insgesamt eine halbe Stunde andauerten.

Zu dem Hintergrund der Hinrichtung gibt es folgende Vermutung: Nachdem die ETA Francos designierten Nachfolger Luis Carrero Blanco ermordet hatte, wollte das Regime ein Exempel statuieren. Der Anarchist Puig Antich sollte deshalb hingerichtet werden. Um den Fall allerdings nicht nur als politischen Prozess erscheinen zu lassen, sollte ebenfalls ein „gewöhnlicher Krimineller“ getötet werden. Die Tatsache, dass er offiziell weder Freunde noch Angehörige hatte, und aus einem Land kam, zu dem das franquistische Spanien keine diplomatischen Beziehungen unterhielt, erleichterten das Vorgehen.

Spätere Ereignisse

Welzel hinterließ drei Kinder, die erst nach der Wende von seinem Schicksal erfuhren.

Im Jahre 1977 nahm sich die Theatergruppe Els Joglars unter Regisseur Albert Boadella des Falles in dem Stück 'La Torna' an. Das Stück wurde nach 40 Aufführungen abgesetzt und vier Mitglieder der Gruppe von einem Militärgericht wegen Beleidigung des Militärs zu zwei Jahren Haft verurteilt. Boadella selbst gelang eine spektakuläre Flucht aus dem Hospital Clínico in Barcelona und er ging ins französische Exil.

2004 erschien ein spanischer Dokumentarfilm über Welzels Geschichte: La muerte de nadie (dt.: Der Tod von niemanden) von Joan Dolç.

Im Jahre 2005 inszenierte Albert Boadella erneut sein Stück von 1977 in einer überarbeiteten Version mit Schauspielstudenten unter dem Titel 'La Torna de La Torna'.

2006 sendete der Deutschlandfunk ein Feature über Georg Michael Welzel im Rahmen der Sendereihe Studiozeit: "Ermordet durch Francos Garotte - Das Schicksal des DDR-Flüchtlings Georg Welzel" von Ute Steinbicker und Hans-Jürgen Schmitt.

Literatur

  • Juan Eslava: Henker und Folterer
  • Raul Riebenbauer: El silencio de Georg. RBA Ediciones, Barcelona, 2005. ISBN 84-7871-265-8.

Weblinks


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