Genossenschaftsbank

Genossenschaftsbank
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Genossenschaftsbanken sind Kreditinstitute, die in der Rechtsform einer Genossenschaft oder Aktiengesellschaft geführt werden und einer genossenschaftlichen Bankengruppe angehören.

International arbeiten sie in der in Brüssel niedergelassenen Internationalen Volksbankenvereinigung (CIBP) zusammen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Genossenschaftsbanken sind in Deutschland in der Regel Banken in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Die Ansätze der Genossenschaftsbanken gehen auf die Grundsätze der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung von Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Diese beiden gründeten unabhängig voneinander die ersten Kreditgenossenschaften. Während Volksbanken vorwiegend in städtischen Bereichen entstanden, wurden in ländlichen Gebieten Raiffeisenbanken gegründet. Die erste Gründung einer Genossenschaftsbank erfolgte 1864 als „Heddesdorfer Darlehnskassenverein“, der heute als erste Genossenschaft im Raiffeisenschen Sinne gilt.[1] Heute noch haben die meisten Genossenschaftsbanken in ihrem Namen Volksbank („Voba“), Raiffeisenbank („Raiba“), Raiffeisenkasse („Raika“) oder Volks- und Raiffeisenbank (VR-Bank beziehungsweise RV-Bank). Raiffeisenbanken besitzen teilweise heute noch neben dem klassischen Bankgeschäft auch in geringem Umfang einen warenwirtschaftlichen Betrieb. So firmierten Ende 2008 von den 1.197 Genossenschaftsbanken 480 als Volksbank, 409 als Raiffeisenbank und 167 als Volks- und Raiffeisenbank beziehungsweise VR-Bank. Darüber hinaus gibt es noch einige Genossenschaftsbanken unter den Bezeichnungen Spar- und Darlehenskasse (nämlich 10) beziehungsweise Sparda-Bank (12), Genossenschaftsbank (8) sowie Spar- und Kreditbank (ebenfalls 10). Insbesondere in Großstädten existieren auch Genossenschaftsbanken, die den Ortsnamen besonders herausstellen, so die Hamburger Volksbank, die Kölner Bank, die Münchner Bank, die Aachener Bank, die Wiesbadener Volksbank, die Augusta-Bank Augsburg oder die Bank 1 Saar. Schließlich gibt es noch einige andere Genossenschaftsbanken (69) wie zum Beispiel die GLS Gemeinschaftsbank, die Deutsche Apotheker- und Ärztebank und die PSD Banken.

Stand der Genossenschaftsbanken in Deutschland

Geschäftsstelle der Volksbank Lübbecker Land eG in Alswede
Geschäftsstelle der Raiffeisen Spar+Kreditbank eG in Schnaittach
Geschäftsstelle der Volksbank Mittelhessen in Naunheim

Die deutschen Kreditinstitute können heute in drei Gruppen eingeteilt werden: öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, private Geschäftsbanken und Genossenschaftsbanken. Die Stärke der Genossenschaftsbanken liegt vor allem in ihrer flächendeckenden Struktur. Über die Marktanteile der Genossenschaftsbanken liegen sehr unterschiedliche Angaben vor; oftmals ist der Marktanteil eine Frage der Betrachtungsweise. 2005 hatten Genossenschaftsbanken demnach bei Girokonten zwar einen Marktanteil von circa 24 %, während sie gemessen an der Bilanzsumme einschließlich ihrer Spitzeninstitute dagegen auf circa 18 % kamen.

Ende 2010 gab es in Deutschland 1.138 Genossenschaftsbanken mit einer addierten Bilanzsumme von 707 Mrd. Euro ohne, beziehungsweise 1.017 Mrd. Euro mit Spitzeninstituten[2], circa 30 Millionen Kunden, 16,7 Millionen Mitgliedern und über 13.500 Zweigstellen in ganz Deutschland. Die größte regionale Genossenschaftsbank in Deutschland ist die Berliner Volksbank eG mit einer Bilanzsumme (2010) von 9,2 Mrd. Euro.

Auf regionaler Ebene werden die Anteile der Genossenschaftsbanken von ihren jeweiligen Mitgliedern gehalten. Die Genossenschaftsbanken ihrerseits halten zu großen Teilen die Anteile der beiden genossenschaftlichen Zentralbanken DZ Bank AG und WGZ-Bank AG. Die genossenschaftlichen Zentralbanken erbringen zentrale Servicefunktionen für die Genossenschaftsbanken und sind darüber hinaus national und begrenzt international als Geschäftsbank aktiv.

Genossenschaftsbanken in Deutschland sind in Regional- und Spartenverbänden (Sparda und PSD-Banken) organisiert, die neben der Betreuung und Unterstützung der jeweiligen regionalen Bank (zum Beispiel durch Beratungstöchter oder Bildungsangebote) ebenso die Prüfung gemäß Kreditwesengesetz sicherstellen.

IT-Infrastruktur

Die IT-Landschaft der deutschen Genossenschaftsbanken wird von drei Unternehmen samt Töchtern betreut, die ihrerseits ebenfalls in den genossenschaftlichen Finanzverbund integriert sind:

  • GAD eG in Münster betreut ca. 440 VR-Institute in Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, (tlw.) Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, (tlw.) Thüringen, die Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG, die KD-Bank und die GLS-Bank.
  • Fiducia IT AG in Karlsruhe betreut ca. 709 Genossenschaftsbanken in Baden-Württemberg, Berlin, Bayern, Hessen, (tlw.) Rheinland-Pfalz, Sachsen, Saarland und (tlw.) Thüringen, die norisbank, die Gruppe der PSD Banken sowie ca. 50 Privatbanken.
  • Die Sparda-Banken haben ein eigenes Rechenzentrum, die Sparda-Datenverarbeitung eG (SDV).

Geschäftsanteile

Der Grundgedanke besteht gemäß § 1 des Genossenschaftsgesetzes in der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs. Die Genossenschaftsbanken werden von 16 Millionen Mitgliedern getragen[3].

Der Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Genossenschaftsbank setzt meist voraus, dass man Kunde dieser Bank ist. Bei manchen Geno-Banken können Geschäftsanteile ebenso von Nicht-Kunden erworben werden. Entsprechendes ist in der jeweiligen Satzung festgelegt.

Erwerb der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft gilt mit folgenden Bedingungen als erworben: Beitrittserklärung, Zulassung durch den Vorstand, Einzahlung des Guthabens und Ausstellung einer Urkunde.

Höhe des Geschäftsguthabens

Die Höhe eines Geschäftsanteils (in Euro), sowie die maximal zu zeichnende Anzahl (Stück) dieser Anteile ist in der Satzung der Genossenschaft geregelt. Damit soll klargestellt werden, dass es sich beim Geschäftsguthaben nicht um eine Art Geldanlage, sondern eine Bindung des Mitglieds an die Genossenschaft handelt. Diese Grenze ist je nach Bank unterschiedlich, jedoch relativ niedrig (zum Beispiel 100 bis 1.000 €). Geschäftsanteile können sowohl natürliche als auch juristische Personen erwerben. Im Gegensatz zu einer Aktiengesellschaft hat jedes Mitglied unabhängig von der Höhe seines Geschäftsguthabens nur eine einzige Stimme.

Dividende

Die Höhe der Dividende ist abhängig vom Jahresüberschuss beziehungsweise vom Bilanzgewinn und wird durch die General- beziehungsweise Vertreterversammlung genehmigt. Meist ist die Dividende über dem aktuellen Zinsniveau, um die Anteile attraktiv zu gestalten.

Pflichten der Mitglieder

Im Falle der Insolvenz der Bank haftet der Anteilseigner nicht nur mit seinem Geschäftsguthaben (auch mit noch nicht aufgezahlten Anteilen), sondern eventuell auch mit einer je nach Satzung festgelegten Haftungssumme. Man nennt das Nachschusspflicht.

Kündigung/Tod

Die Kündigungsfrist für Geschäftsguthaben ist in der Satzung der Genossenschaftsbank geregelt. Eine weitläufige Formulierung lautet: „Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres zu kündigen; die Kündigung muss schriftlich erklärt werden und der Genossenschaft mindestens drei Monate (oder zum Beispiel sechs Monate) vor Schluss eines Geschäftsjahres zugehen.“ Das dann zum Jahresende entstandene „Auseinandersetzungsguthaben“ wird, nach Feststellung (also Genehmigung) des Jahresabschlusses durch die General- oder Vertreterversammlung, ausgezahlt. Mit dem Tod geht die Mitgliedschaft auf die Erben über und endet mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Ausgezahlt wird dabei in der Regel nur das ursprüngliche Geschäftsguthaben, nicht der Anteil am aktuellen Eigenkapital der Bank.

Ausschluss

Der Ausschluss eines Mitgliedes ist in der Satzung geregelt. In der Regel kann dieser nur erfolgen, wenn das Mitglied gegen die Satzung verstoßen hat, unrichtige Angaben über seine finanziellen Verhältnisse gemacht hat oder zahlungsunfähig geworden ist. Nach § 68 Abs. 1 Satz 2 GenG können Mitglieder aus einer Kreditgenossenschaft ausgeschlossen werden, wenn diese gleichzeitig Mitglied in einer anderen Kreditgenossenschaft sind.

Genossenschaftsbanken in Europa

Deutschland

  • Aktiengesellschaften und GmbHs der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken
  • Genossenschaften und Stiftungen der Genossenschaftliche FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken
    • GLS Gemeinschaftsbank eG (Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken)
    • Deutscher Genossenschafts-Verlag eG (Medien-, Handels- und Systemhaus)[4]
    • Münchener Hypothekenbank eG (Hypothekenbank)
    • GAD eG, Münster (Rechenzentrum für den nord- und westdeutschen Raum)
    • STIFTUNG GIZ • Genossenschaftshistorisches Informationszentrum (Archiv- und Sammlungsnetzwerk zur Genossenschaftsgeschichte)

Finnland

  • Pohjola Bank (vormals OKO Bank)

Frankreich

Italien

  • ICCREA Holding

Südtirol

Luxemburg

  • Banque Raiffeisen

Niederlande

Österreich

In Österreich unterscheidet man die Genossenschaftsbanken nach dem System Raiffeisen beziehungsweise dem System Schulze-Delitzsch.

Portugal

Schweiz

Spanien

  • Banco Cooperativo Español

Verbände

Deutschland

Regionalverbände

Besonderes

Kleinste Bank Deutschlands

Die Raiffeisenbank Gammesfeld

Die Raiffeisenbank im hohenlohischen Gammesfeld ist eine der kleinsten Banken Deutschlands gemessen an der Bilanzsumme. Fritz Vogt war 40 Jahre lang ihr einziger Angestellter. Er bezeichnet sich als Genossenschaftler – nicht als Bankdirektor. 1984 entzog ihm das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen die Bankerlaubnis, weil jede Bank zum Zweck gegenseitiger Kontrolle einen zweiten hauptamtlichen Geschäftsführer brauche (Vieraugen-Prinzip). Da die für diesen aufzuwendenden Personal-Kosten die Erträge der Bank zu Lasten der Kunden unnötig schmälern würden, klagte Vogt. Nach sechs Jahren bekam er Recht, da die Anstellung eines nebenamtlichen zweiten Geschäftsführers genügt. Die liebevoll „Rebellenbank“ genannte Raiffeisenbank betreut ausschließlich ortsansässige Kunden.[5] Seit Anfang 2008 ist Fritz Vogt, Geburts-Jahrgang 1930, im Ruhestand. Seine Bank besteht weiter, unter dem neuen Geschäftsführer Peter Breiter.[6]

Die kleinste Bank Deutschlands ist die 1905 gegründete Raiffeisenbank eG in Struvenhütten, mit einer Bilanzsumme von circa 12,3 Mio. Euro.[7]

Gründung einer Genossenschaftsbank durch Unternehmen

Aufgrund der Kreditkrise 2008/2009 arbeitet eine Gruppe aus Finanzexperten und Industrievertretern in Frankreich daran, eine neue Bank für die Wirtschaft unter dem Namen Corporate Funding Association (CFA) zu gründen. Dabei sollen 40 Unternehmen aus Frankreich und Deutschland eine Genossenschaft bilden. Die beteiligten Unternehmen sollen leichter Kredite erhalten.[8]

Quellenangaben

  1. Erste Kreditgenossenschaft im Sinne Raiffeisens
  2. Konsolidierte Bilanz der genossenschaftlichen FinanzGruppe – Stand: 15. März 2011
  3. Volksbanken und Raiffeisenbanken erreichen die Marke von 16 Millionen Mitgliedern – Stand: Mai 2007
  4. Webseite Genossenschaftsverlag
  5. Quelle unter anderem: Gammesfeld lässt die Kasse im Dorf WELT ONLINE vom 20. Januar 2008
  6. 40 Jahre Einsamkeit Handelsblatt.com vom 2. Januar 2008
  7. Liste der Genossenschaftsbanken in Deutschland – Stand 31. Dezember 2009
  8. Handelsblatt - Refinanzierung - Firmenchefs bauen an eigener Bank vom 17. November 2009

Literatur

Weblinks


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