Gefährliche Abfälle

Gefährliche Abfälle

Gefährliche Abfälle (englisch: hazardous wastes) ist innerhalb der Europäischen Union der heute gebrauchte juristische Fachterminus für Abfallstoffe, die Gefährlichkeitsmerkmale aufweisen und somit eine potentielle Gefahr für die Gesundheit und/oder der Umwelt darstellen. In der Umgangssprache gibt es dafür die Begriffe Giftmüll, Sondermüll oder auch Sonderabfall.

Inhaltsverzeichnis

Entsorgung

Ungeachtet seiner Gefährlichkeit kann Sonderabfall einem Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren zugeführt werden. Für einige gefährliche Stoffe (z. B. PCB) gilt ab einer festgelegten Konzentration jedoch der Vorrang der Beseitigung, sodass eine Verwertung ausgeschlossen ist. Zu den gefährlichen Abfällen zählen z. B. verbrauchte Lösemittel, Säuren, Laugen, Lackschlämme, Altpestizide, teilweise Krankenhausabfälle, Laborchemikalien, Filterstäube und Stoffe mit Schwermetallverunreinigungen.

Der Begriff Giftmüll oder Sonderabfall existiert im Abfallrecht nicht. Derartige Abfälle wurden bis zum 14. Juli 2006 im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz als besonders überwachungsbedürftige Abfälle (§ 41 KrW-/AbfG) bezeichnet. Im Zuge der Harmonisierung mit dem europäischen Recht wurde das KrW-/AbfG jedoch zum 15. Juli 2006 noch einmal überarbeitet, so dass der Begriff seit dem 1. Februar 2007 gefährlicher Abfall lautet. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass an die Entsorgung dieser Abfälle hohe Anforderungen an die technischen Anlagen, die angewendeten Verfahren und die Dokumentation über den Verbleib der gefährlichen Abfälle gestellt werden. Sonderabfall unterliegt obligatorisch der gesetzlichen Nachweispflicht. Das bedeutet, dass Sonderabfall nur nach vorheriger behördlicher Genehmigung vom Abfallerzeuger zu einer zugelassenen Verwertungs- oder Beseitigungsanlage transportiert werden darf, und dass die zuständigen Behörden des Abfallerzeugers wie des Entsorgers über Zeitpunkt und Menge des verbrachten Sonderabfalls unterrichtet werden müssen. Diese Abfallnachweisführung für gefährliche Abfälle erfolgt seit dem 1. April 2010 mit dem gesetzlich vorgeschriebenen elektronischen Abfallnachweisverfahren (eANV) nach der deutschen Nachweisverordnung (Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen)

Der Begriff „Gefährliche Abfälle“ selber entstammt der EU-Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle. Ausgewiesen werden die gefährlichen Abfälle im Europäischen Abfallverzeichnis der EU. Dieses enthält 839 Abfallarten, von denen 405 als gefährlich deklariert wurden.

Problematisch und strafrechtlich relevant ist, wenn giftiger Abfall nicht der ordnungsgemäßen Sonderabfallentsorgung zugeführt, sondern zur angeblichen Handelsware umdeklariert und exportiert oder mit großen Mengen von normalem Abfall oder Erde vermischt und anschließend als Hausmüll, Erdaushub oder ungiftiger Industrieabfall entsorgt wird.

Das Basler Übereinkommen regelt die Kontrolle der grenzüberschreitenden Beförderung und Entsorgung von gefährlichen Abfällen. Die rechtswidrige Entsorgung und den verbotenen Handel mit gefährlichen Abfällen haben internationale Gremien wie G8, EU, Interpol und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen als Umweltkriminalität anerkannt.[1]

Skandale

Während in den westlichen Ländern in der Regel ein sicherer Umgang mit gefährlichem Abfall vorherrscht, kommt es in Entwicklungsländern, teilweise durch Ausnutzung von Gesetzeslücken durch ausländische Firmen, immer wieder zu Skandalen. Allgemein wurden im Laufe der achtziger Jahre gefährliche Abfallreststoffe in die dritte Welt exportiert, oft ohne das Wissen des Empfängers um deren Gefahren. Dies wurde 1989 mit der Basler Konvention reglementiert, jedoch haben wichtige Entwicklungsländer noch nicht unterzeichnet. Ebenso werden ausgediente Computerteile in die dritte Welt exportiert, anstatt sie fachgerecht zu entsorgen. In den Zielländern wird von vielen Müllsammlern versucht, aus diesen Abfällen Wertstoffe (vor allem Metalle) mit primitivsten Mitteln zu gewinnen. Dabei kommt es zu Schadstofffreisetzungen, da oft die Kunststoffteile durch verbrennen vom Metall getrennt werden. In der Umgebung solcher Deponien kommt es daher zu Krankheiten und zu starken Umweltschäden.

Die Umweltorganisation Greenpeace deckte im Mai 1992 die Verschiebung von 2000 Tonnen Altpestiziden aus Deutschland nach Rumänien auf. Erst im März 1993 begann unter dem damaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer eine Rückholaktion, um die Abfälle in Deutschland der Entsorgung zuzuführen.

Ein weiterer Skandal ereignet sich in Albanien mit Pflanzenschutzmitteln aus DDR-Produktion, die Lindan, Trizilin und Falisan (quecksilberhaltige Saatgutbeize) enthielten (siehe Weblinks).

Der Transport von ausgedienten Schiffen nach Asien zur Verschrottung kann ebenfalls als Export von gefährlichen Abfällen angesehen werden, da die Schiffe gefährliche Stoffe wie Asbest, zinnorganische Verbindungen (Tributylzinn), schwermetallhaltige Farben und Altöle enthalten. Die Schiffe werden in Ländern wie Indien am Strand ohne Schutzvorkehrungen unsachgemäß zerlegt, wobei die giftigen Stoffe freigesetzt werden und in die Umwelt gelangen.

In den westdeutschen Medien war vor der Wiedervereinigung oft von der Deponie Schönberg (heute Deponie Ihlenberg) die Rede, die die DDR zum größten Importeur für gefährliche Abfälle in Europas machte.

Einzelnachweise

  1. Banks, D., Davies, C., Gosling, J., Newman, J., Rice, M., Wadley, J., Walravens, F. (2008): Environmental Crime. A threat to our future. Environmental Investigation Agency pdf

Literatur

  • Walter Leidinger, Joachim Beyer: Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Methoden der Sonderabfallverbrennung. Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung 17(2), S. 59–63 (2005), ISSN 0934-3504

Weblinks

Siehe auch


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