Garamanten

Garamanten

Die Garamanten waren ein im Fessan ansässiges antikes Volk der Berber. Sie besiedelten spätestens seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. das Innere Libyens im heutigen Fessan um die Hauptorte Zinchecra und Garama (Djerma nördlich von Murzuk). Durch die Pferdezucht und die Nutzung von Streitwagen konnten sie die umliegenden Völker unterwerfen. Von den Garamanten existieren auch Felszeichnungen in der Sahara.

Inhaltsverzeichnis

Transsaharahandel

Die Garamanten beherrschten den frühen Transsaharahandel zwischen der Mittelmeerküste Libyens und dem Tschadsee. Gehandelt wurden vor allem Elfenbein, Häute, Edelsteine, Salze und wilde Tiere für den Bedarf der römischen Zirkusse gegen Luxuswaren. Inwieweit die Garamanten auch mit Sklaven handelten, ist in der Altertumswissenschaft umstritten. Gesichert ist aber, dass Gefangene aus ihrem Volk in den römischen Städten, etwa in Leptis Magna, als Beute von Löwen etc. in der Arena endeten, wie Mosaikdarstellungen aus Nordafrika zeigen. Der Handel lief zunächst über die griechische Kolonie Kyrene, nach der Eroberung des Gebietes durch die Römer über die Stadt Leptis Magna. Herodot berichtet von der Reise einiger Berber vom Stamm der Nasamonen von der Cyrenaika durch die Sahara bis ins Land der Schwarzen (wohl in die Gebiete des Niger). Nichts aber deutet darauf hin, dass man darin den Beweis für einen regelmäßigen Karawanenhandel mit dem Sudan sehen kann. Die früher häufig vertretene Theorie, die Garamanten hätten den Handel mit Hilfe ihrer Streitwagen betrieben, wird heute weitgehend abgelehnt, da die Wagen nicht für lange Strecken und auch nicht für den Transport von Handelswaren geeignet waren.

Als südlichste Stadt des Garamantengebietes gilt heute Ghat.

Felszeichnungen und Schrift

Garamantische Steingravuren südöstlich Ubari, Libyen

Im ehemaligen Siedlungsgebiet der Garamenten sind an geschützten Felswänden und in Höhlungen Felszeichnungen und Schriftzeichen in der Tifinagh-Schrift erhalten. Diese Schrift wird auch heute noch von den Berbern und Tuareg verwendet und ist höchstwahrscheinlich aus dem libyschen bzw. dem phönizischen Alphabet entstanden.

Geschichte

Im 1. Jahrhundert v. Chr. kam es zu Kämpfen mit den Römern, welche unter Prokonsul Lucius Cornelius Balbus Minor in die Sahara vordrangen und die Hauptstadt Garama zerstörten (20–19 v. Chr.). Zwar kam es in der Folgezeit weiter zu vereinzelten Kämpfen, doch wurde die militärische Überlegenheit der Römer am Ende des 1. Jahrhunderts anerkannt. Die von dem britischen Orientalisten Edward W. Bovill (1892-1966) und dem französischen Völkerkundler Henri Lhote (1903–1991) vorgetragene These, die Römer hätten sich bei ihrem großen Vorstoß gegen die Garamanten im Jahre 69 n. Chr. erstmals der Dromedare als Reittiere bedient, ist zwar verführerisch, aber historisch unbewiesen. Dies gilt auch für Lhotes Theorie, die Römer seien unter dem Kommando des Proconsul Gaius Valerius Festus dank der Kamele bis an den Niger am Südrand der Sahara vorgestoßen. Auch wenn die Nachrichten mit dem Niedergang des Römischen Reichs nachlassen, scheint das Reich der Garamanten noch bis ins 7. Jahrhundert existiert zu haben. Gegen Ende der 60er Jahre des 6. Jahrhundert n. Chr. nahmen die Garamanten den christlichen Glauben an.[1][2] Die Garamanten fielen erst den Vorstößen der muslimischen Araber in den Fessan zum Opfer und in der ersten Hälfte des 7. Jahrhundert n. Chr. wurde während der arabischen Invasion der letzte Herrscher von Garama abgesetzt.

Die Zerstörung Garamas durch die Römer wird inzwischen als fraglich angesehen. Man geht davon aus, dass Abkommen zwischen den Rivalen getroffen wurden. Der Niedergang des Reiches wurde durch den Verfall des Römischen Reiches eingeläutet, durch den Wegfall des wichtigsten Handelspartners. Das Ende der Städte wird dem unverhältnismäßigem Wasserverbrauch und dem daraus folgenden Mangel an Wasser zugeschoben.[3]

Nachfahren

Die Tuareg der zentralen Sahara sollen Nachfahren der Garamanten sein. Der deutsche Afrikaforscher Dr. Heinrich Barth (1821–1865) und sein französischer Kollege Henri Duveyrier (1840–1892) entdeckten und beschrieben als erste Europäer die archäologischen Überreste des Garamantenreiches. Auf Grund von Erzählungen der einheimischen Tuareg begab sich Barth im Jahr 1850 allein in das südlibysche Idinen-Massiv, das im Volksmund „Burg der Geister“ hieß und voll von geheimnisvollen Bauwerken sein sollte. Die Hoffnung, Spuren der untergegangenen Kultur zu finden, erfüllte sich nicht, aber der Forscher hätte in der zerklüfteten Einöde beinahe das Leben gelassen. Ein Tuaregkrieger, der die Geister offenbar nicht fürchtete, rettete den Christen vor dem Tod durch Verdursten.

Einzelnachweise

  1. Iohannes Biclarensis anno III Iustini Imp I. (zum Jahre 569 n. Chr.), in: Monumenta Germaniae historiae auctores antiqui, Bd. 11..
  2. Franz Altheim: Christliche Garamanten und Blemyer, in: Ders. / Ruth Stiehl (Hrsg.): Christentum am Roten Meer. Zweiter Band, Berlin & New York u. a. 1973, S. 322-332 (hier: S. 329)
  3. Schliemanns Erben: Das Geheimnis der Wüstenkönige, die Garamanten

Literatur

  • Robin Law: The Garamantes and trans-Saharan trade in classical times. In: Journal of African History 8, 1967, ISSN 0021-8537, S. 181–200.
  • Henri Lhote: A la découverte des fresques du Tassili. Arthaud, Paris 1958, (Collection signes des temps 3).
  • Henri Lhote: Chameau et dromadaire en Afrique du Nord et au Sahara. Recherche sur leurs origines. Office National des Approvisionnements et des Services Agricoles, Algier 1987, ISBN 2-85809-140-4.
  • Théodore Monod: L' émeraude des Garamantes. Souvenirs d'un Saharien. Actes Sud, Paris 1992, ISBN 2-86869-825-5, (Aventure).
  • Erwin M. Ruprechtsberger: Die Garamanten. Geschichte und Kultur eines libyschen Volkes in der Sahara. von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-1544-9, (Zaberns Bildbände zur Archäologie), (Sonderhefte der Antiken Welt).
  • John T. Swanson: The Myth of Trans-Saharan Trade during the Roman Era. In: The International Journal of African Historical Studies 8, 1975, ISSN 0361-7882, S. 582–600.
  • Joachim Willeitner: Libyen, Syrtebogen, Fezzan und die Kyrenaika. Dumont, Köln 2001, ISBN 3-7701-4876-2, (DuMont Kunst-Reiseführer).

Weblinks


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