Fürstentum Hildesheim

Fürstentum Hildesheim

Das Hochstift Hildesheim bzw. das Fürstbistum Hildesheim oder auch das Fürstentum Hildesheim war der weltliche Besitz des Bistums Hildesheim. Das Hochstift gehörte zum Niedersächsischen Reichskreis. Sein Territorium umfasste im Norden die Hildesheimer Börde mit der Stadt Peine und reichte bis südlich von Hannover. Westlich von Hildesheim erstreckte es sich bis ins Leinebergland mit den Städten Elze, Gronau und Alfeld. Im Südwesten lagen Freden und Lamspringe noch innerhalb seiner Grenzen sowie der westliche Ambergau mit der zentralen Stadt Bockenem und dem südlichen Amtssitz Bilderlahe. Im Osten waren das Innerstetal mit Baddeckenstedt und Ringelheim bis an den Harzrand unmittelbar vor den Mauern der Freien Reichstadt Goslar sowie das nordwestliche Harzvorland um Liebenburg bis hin zur Oker mit Ohrum im Nordosten, mit Schladen und Vienenburg Bestandteil des Fürstbistums. Zudem gehörte auch das Gebiet rund um Dassel am Solling als größere Exklave dazu. Das Fürstentum Hildesheim war somit kleiner als das geistliche Bistum Hildesheim.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Karte des Fürstentums Hildesheim um 1643

Das Bistum Hildesheim wurde 815 durch Ludwig den Frommen gegründert. Dabei bildete der sächsische Gau Astfala das Kerngebiet der Diözese.[1] In der Folgezeit konnte es Grundbesitz an der Mosel, im Odenwald und in der Grafschaft Harzgau erwerben. 1310 kam noch die Grafschaft Dassel hinzu.

Am 15. August 1235 erreichte Bischof Conrad II. auf dem Reichstag zu Mainz die offizielle Anerkennung als souveränes Fürstentum.

Bei der Schlacht von Dinklar am 3. September 1367 siegte der Hildesheimer Bischof Gerhard über Herzog Magnus von Braunschweig, nachdem die Braunschweiger plündernd in das Hochstift eingefallen waren.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts geriet das Hochstift in Konflikte mit Teilen des Hildesheimer Stiftsadels sowie dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg. Dies führte 1519 zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, zur sogenannten Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523). Sie endete mit dem Quedlinburger Rezess vom 13. Mai 1523. Dieser Vertrag schrieb die militärischen Erfolge der Welfen auf hildesheimischem Territorium fest. Für das Hochstift Hildesheim bedeutete der Vertrag den bitteren Verlust des Großen Stifts und die künftige Bescheidung auf das sogenannte Kleine Stift. Die bis zur Stiftsfehde aus 22 Ämtern bestehende bischöfliche Landesherrschaft beschränkte sich nunmehr auf die Ämter Steuerwald, Marienburg und Peine sowie die Städte Peine und Hildesheim, das aber in seiner weitgehenden Selbständigkeit dem besonderen Schutz des Herzogs Erich von Calenberg unterstellt wurde. Ferner gehörte dazu noch die Dompropstei mit einigen wenigen Dörfern nördlich Hildesheims, wie Borsum, Harsum, Achtum und Algermissen. Das Amt Peine war zudem seit 1522 in Pfandbesitz der Stadt Hildesheim gekommen, in dem es die folgenden achtzig Jahre verbleiben sollte. Die Welfen konnten auf Kosten des Stifts ihre Territorien vergrößern. Das Hochstift Hildesheim aber, auf ein Viertel seines ursprünglichen Territoriums reduziert, hatte aufgehört, ein eigenständiger Machtfaktor unter den norddeutschen Landesherrschaften zu sein.[2]

Kleines und Großes Stift Hildesheim (1643)
Das Hochstift 1648 (nach der Wiederherstellung)
Das Hochstift um 1500 (vor der Stiftsfehde)

Die Hildesheimer Bischöfe Baltasar Merklin (1528–1531) und Valentin von Tetleben (1537–1551) suchten das Hochstift Hildesheim nicht auf. Dies begünstigte die Ausbreitung der lutherischen Glaubenslehre im Kleinen Stift. 1542 schloss sich die Stadt Hildesheim der Reformation an. Bürgerrechte erhielt fortan nur noch, wer sich zur lutherischen Konfession bekannte.[3]

Im Amt Steuerwald führte Adolf von Holstein, der das Amt in Pfandbesitz hatte, 1556 die lutherische Lehre ein. Unter Fürstbischof Ernst von Bayern (1573–1612) setzte im zwischenzeitlich eingelösten Amt die Rekatholisierung ein. In vielen Orten widersetzte sich die Bevölkerung zunächst, einige Orte wie z. B. Kemme und Schellerten blieben letztlich lutherisch.

1643 wurde die Streitigkeiten zwischen dem Stift Hildesheim und den Herzögen zu Braunschweig und Lüneburg beigelegt.[4] Das Große Stift fiel zurück ans Fürstbistum Hildesheim. Rund 90 % der Untertanen des katholischen Fürstbischofs von Hildesheim waren fortan lutherischer Religion. Den Bischöfen gelang es aufgrund des Normaljahres (Westfälischer Friede) nicht, dieses Verhältnis nennenswert zu ändern. Die sogenannten Stiftsdörfer (Algermissen, Bettmar, Borsum, Detfurth, Diekholzen, Dinklar, Förste, Giesen, Harsum, Ottbergen u. a.) blieben dagegen mehrheitlich katholisch. (siehe hier)

1802 verlor das Fürstbistum seine Souveränität an Preußen, dem es bis 1807 angehörte. In der napoleonischen Zeit zwischen 1807 und 1813 gehörte es zum Königreich Westfalen. Das Land Hildesheim war zu dieser Zeit der Distrikt Hildesheim mit 16 Cantonen im Département Oker.[5] 1813 wurde es dem Königreich Hannover zugeschlagen, welches wiederum 1866 von Preußen annektiert wurde. Seit 1946 gehört das Gebiet des alten Stiftes zu Niedersachsen.

Wappen des Fürstentum Hildesheim

Blasonierung [6]: Das Wappen des Fürstentum Hildesheim ist gespalten von Rot und Gold. Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Helmdecken ein von rot und gold gespaltener Spitzhut, oben mit goldenem Knopf zwei Straußenfedern in rot-gold. Der gleichfarbige Hutstulp besteckt mit zwei Fahnen an goldenen stahlbespitzten Spieße, von der ab das rechte gold-rot, das linke rot-golden gespalten.

Das Bistum Hildesheim führte das Wappen seit Bischof Heinrich (1310–1318) auf Siegeln. Hier aber vorn Gold und hinten Rot. Der Hutstulp rot-gold gespalten.

Im königliche Staatswappen von 1804 wurde Fürstentum Hildesheim dem Rang nach hinter Herzogtum Cleve, dem Titel nach hinter Nürnberg eingestellt. Die adlige Reihenfolge stimmte mit der Rangstellung von Nürnberg nicht überein. Aber auch die Darstellung dort mit in Gold-Rot gespaltener Schild ist auf den Fehler des Siegelstechers zurückzuführen. Das vordere (rechts) Feld ist in Silber ins Wappen gekommen und ist mit dem von Fürstentum Halberstadt gleich.

Nach der Kabinettsorder vom 16. August 1875 fand im königlichen preußischen großen Wappen es dann hinter Fürstentum Osnabrück seinen Platz. Von Rot und Gold in die Länge geteilt.

Quellenangaben

  1. Franz Anton Blum(1805): Geschichte des Fürstenthums Hildesheim, Wolfenbüttel, S. 72 ff.
  2. Dr. Herbert Reyer, Historische Dokumente aus dem Stadtarchiv (Folge 61), in: Aus der Heimat – Heimatbeilage der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vom 5. Januar 2002
  3. Christian Plath, Konfessionskampf und fremde Besatzung, Stadt und Hochstift Hildesheim im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges (ca. 1580–1660), Stadt Hildesheim, Stadtarchiv, 2005
  4. Johann Christian Lüning, Das Teutsche Reichsarchiv, Tom. V, Leipzig, 1713
  5. J.H. Gebauer (1950): Die Stadt Hildesheim – Ein Abriß ihrer Geschichte, Hildesheim, S. 124
  6. Landes- und Wappenkunde der brandenburgisch-preußischen Monarchie, Maximilian Gritzner, Berlin, 1894

Siehe auch

Weblinks


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