Fünf-Gulden-Männer

Fünf-Gulden-Männer

Als Fünf-Gulden-Männer bezeichnete man die ab der cisleithanischen Wahlreform von 1882 in der dritten Kurie zugelassenen männlichen Wahlberechtigten der österreichischen Reichshälfte der Donaumonarchie.

Mit der Herabsetzung des Steuerzensus von 10 Gulden auf fünf unter dem Ministerpräsidenten Graf Eduard Taaffe erlangten 1882 (für den Reichsrat) bzw. 1885 (auf kommunaler Ebene in Wien) breite Schichten des unteren Mittelstandes, kleine Händler (Greißler), Handwerker und Gewerbetreibende das Wahlrecht. Sie stellten die Basis und die Kerntruppen für die neu gegründete Christlichsoziale Partei Karl Luegers, der sich sehr für die Senkung des Zensus eingesetzt hatte[1]. Die antindustrielle, antikapitalistische und antisemitische Einstellung dieser von zum Teil übermächtiger Konkurrenz bedrohten Modernisierungsverlierer prägte danach auf lange Zeit die Ideologie der von Lueger gegründeten Partei, und Karl Lueger bediente als begabter Demagoge die Bedürfnisse und Ängste seiner sprichwörtlich gewordenen Fünf-Gulden-Männer.

Es kam allerdings, dem Zug der Zeit entsprechend, zu weiteren Wahlrechtserweiterungen. Durch das cisleithanische Wahlreformgesetz vom 14. Juli 1896 wurde unter Ministerpräsident Graf Kasimir Felix Badeni der Mindestzensus auf vier Gulden gesenkt, und eine neue, allgemeine Kurie ohne Zensus eingeführt. 1907 kam es sogar zu den ersten Reichsratswahlen mit allgemeinem gleichen Männer-Wahlrecht. Dies hätte, auf Wiener Gemeindeebene nachvollzogen, das Ende der Dominanz der Christlichsozialen im Wiener Gemeinderat bedeutet. Aus diesem Grund verzögerten Lueger und seine Nachfolger eine entsprechende kommunale Wahlreform bis zum Ende der Donaumonarchie.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Ilse Reiter: Gustav Harpner (1864-1924): vom Anarchistenverteidiger zum Anwalt der Republik, Wien, 2008 S. 23

Literatur

  • Karl Ucakar:Demokratie und Wahlrecht in Österreich - Zur Entwicklung von politischer Partizipation und staatlicher Legitimationspolitik, (Habilschrift) Wien 1985

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eduard Taafe — Eduard Graf Taaffe Eduard Graf Taaffe (* 24. Februar 1833 in Wien; † 29. November 1895 in Ellischau, Böhmen) war österreichischer Staatsmann, konservativer Sozialreformer sowie Landespräsident in Salzburg, Oberösterreich und Tirol. Seine Familie… …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard von Taaffe — Eduard Graf Taaffe Eduard Graf Taaffe (* 24. Februar 1833 in Wien; † 29. November 1895 in Ellischau, Böhmen) war österreichischer Staatsmann, konservativer Sozialreformer sowie Landespräsident in Salzburg, Oberösterreich und Tirol. Seine Familie… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte Wiens — Das alte Wappen Wiens von 1465 bis 1925 mit kaiserlichem Doppeladler Die Geschichte Wiens, der Hauptstadt Österreichs, beginnt vor etwa 4000 Jahren. Wegen ihrer Lage am Donaustrom zwischen den Ausläufern der Voralpen (Wienerwald) und der… …   Deutsch Wikipedia

  • Eduard Taaffe — Eduard Graf Taaffe Eduard Graf Taaffe (* 24. Februar 1833 in Wien; † 29. November 1895 in Ellischau, Böhmen) war ein österreichischer Staatsmann, konservativer Sozialreformer, Ministerpräsident Cisleithaniens, mehrfach Minister, sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Lueger — (um 1900) Karl Lueger [luˈeːɡər] (* 24. Oktober 1844 in Wieden (heute Wien); † 10. März 1910 in Wien) war ein österreichischer Politiker und Wiener Bürgermeister …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Seitz — Seitz (links) zusammen mit dem Berliner Oberbürgermeister Böß …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Stadt Burgkunstadt — Burgkunstadt mit der historischen Häuserzeile am Marktplatz und dem Schustermuseum; oben im Hintergrund das Rathaus Das oberfränkische Burgkunstadt wurde wahrscheinlich im 8. Jahrhundert von den Slawen gegründet. Erstmals urkundlich erwähnt wurde …   Deutsch Wikipedia

  • Oeffingen — ist ein Dorf nordöstlich von Stuttgart und liegt vor der Einmündung der Rems in den Neckar. Es hat knapp 7000 Einwohner und ist zusammen mit seinem Nachbardorf Schmiden Teil der Stadt Fellbach. Es liegt in einem der fruchtbarsten Lößgebiete… …   Deutsch Wikipedia

  • Fürstpropstei Berchtesgaden — Wappen des „Landes Berchtesgaden“ ab 17. Jahrhundert bis 1803, dem die Fürstpröpste jeweils ihr Wappen als Mittelschild anfügten. Das erstmals im Jahr 1102 urkundlich erwähnte Klosterstift Berchtesgaden (berthercatmen) im äußersten Südosten… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichsrat (Österreich) — Der Reichsrat war von 1861 an das Parlament des Kaisertums Österreich und von 1867 bis 1918 das Parlament der cisleithanischen Reichshälfte der nunmehrigen Doppelmonarchie Österreich Ungarn. Er bestand aus zwei Kammern, dem Herrenhaus und dem… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”