Futurologie

Futurologie

Die Futurologie (lateinisch futurumZukunft“ und -logie) ist die „systematische und kritische wissenschaftliche Untersuchung von Fragen möglicher zukünftiger Entwicklungen“ [1] Der Begriff Futurologie wurde 1943 von Ossip K. Flechtheim eingeführt. Flechtheim selbst sieht in der Futurologie eine Synthese aus Ideologie und Utopie[2] und räumt ein, dass in dem Begriff nicht der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit steckt.[3]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Begriff Futurologie wurde 1943 von Ossip K. Flechtheim eingeführt. Die Zukunftsforschung ist im Wesentlichen in den USA entstanden, hauptsächlich nach dem Zweiten Weltkrieg. In Europa war Frankreich das Pionierland, mit Autoren wie Bertrand de Jouvenel und Jean Fourastié sowie mit der staatlichen „Planification“ und der Association Futuribles. Wie im Englischen sich mittlerweile der Begriff der "Futures Studies" (siehe Wikipedia-Artikel zu Futures Studies) durchgesetzt hat, wird auch im Deutschen vorwiegend der Begriff der Zukunftsforschung für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit möglichen, wahrscheinlichen und wünschbaren Zukunftsbildern statt des Begriffs der Futurologie genutzt (vgl. zur Diskussion u.a. Popp/ Schüll 2008).

Definition

Rolf Kreibich (2000) schreibt: „Die Zukunftsforschung unterliegt in Abgrenzung zu zahlreichen pseudowissenschaftlichen Tätigkeiten wie ‚Trendforschung‘, ‚Prophetie‘ oder ‚Science Fiction‘ grundsätzlich allen Qualitätskriterien, die in der Wissenschaft an gute Erkenntnisstrategien und leistungsfähige Modelle gestellt werden: Relevanz, logische Konsistenz, Einfachheit, Überprüfbarkeit, terminologische Klarheit, Angabe der Reichweite, Explikation der Prämissen und der Randbedingungen, Transparenz, praktische Handhabbarkeit u. a.“

Zukunftsmodell

Zukunftsmodell nach Pillkahn

Die Beschäftigung mit der Zukunft erfordert eine strenge Unterscheidung zwischen tatsächlichem Wissen, Glaube, Vermutung und Spekulation. Die Darstellung verdeutlicht das. Schon Platon und Kant bemühten sich um Differenzierung (Liniengleichnis). Nur die wenigsten Dinge der Zukunft sind absolutes Wissen (z. B. Naturgesetze). Leider werden oftmals in Diskussionen und Thesenpapieren Vermutungen als Wissen dargestellt. Eine neutrale Differenzierung nach dem Wissensspektrum des Zukunftsmodells macht den Wissenstand zum Thema transparent und bewusst.

Die andere Achse stellt das Spektrum der Veränderung dar und verdeutlicht, dass sich die Zukunft nicht linear aus dem Heute entwickelt. Das Spektrum beginnt mit dem konstanten Bereich über die Veränderungen mit steigender Veränderungsdynamik bis hin zum Chaos.

In diesem Zukunftsraum ergeben sich bestimmte Bereiche (z. B. die Trends), die mit speziellen Methoden im Sinne der Zukunftsforschung untersucht werden können. Das Modell zeigt, dass mit Trends nur ein kleiner Teil im Zukunftsraum abgedeckt wird, auch wenn Trends oftmals die wohl populärsten Zukunftsinstrumente sind. So wie die Gegenwart durch reichlich Widersprüche gekennzeichnet ist, so wird es auch in Zukunft nicht ganz widerspruchsfrei zugehen – was durch die Widersprüche manifestiert wird. Ein ganz wesentliches Element sind die Neuerungen. Man kann heute nicht wissen, was wir in Zukunft wissen werden, aber man kann es in die Überlegungen mit aufnehmen. Es wird irgendetwas geben, was wir heute noch nicht wissen, so wie zu Bismarcks Zeiten auch niemand etwas vom Internet gewusst hat.

Methoden

Futurologen

Auswahl von Menschen, die sich wissenschaftlich mit der Zukunft befassten und befassen

Zitate

  • „Kein Volk gibt es, wie ich sehe, mag es noch so fein und gebildet, noch so roh und unwissend sein, das nicht der Ansicht wäre, die Zukunft könne gedeutet und von gewissen Leuten erkannt und vorhergesagt werden.“ (Cicero[4])
  • „Zukunftsforschung ist eine Wissenschaft, die zumindest für Wesen mit begrenztem Verstand nie still stehen wird.“ (Heißler[5])

Literatur

  • Bertrand de Jouvenel: Die Kunst der Vorausschau. 1967.
  • Hans-Peter Dürr, Rolf Kreibich (Hrsg.): Zukunftsforschung im Spannungsfeld von Visionen und Alltagshandeln. IZT, Berlin 2004, ISBN 3-929173-64-6.
  • Ossip K. Flechtheim: Futurologie. Der Kampf um die Zukunft. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1971.
  • Herman Kahn, Anthony J. Wiener: Ihr werdet es erleben. Molden, Wien 1967.
  • Rolf Kreibich: Zukunftsforschung. IZT, Berlin 2006 (online, PDF).
  • Dennis Meadows: Die Grenzen des Wachstums. DVA, Stuttgart 1972.
  • Ulf Pillkahn: Trends und Szenarien als Werkzeuge der Strategieentwicklung. Publicis, Erlangen 2007, ISBN 978-3-89578-286-2.
  • Reinhold Popp, Elmar Schüll: Zukunftsforschung und -gestaltung, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis. Springer, Berlin/ Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-78563-7.
  • Ernst R. Sandvoss: Space Philosophy: Philosophie im Zeitalter der Raumfahrt. Marixverlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-86539-151-3.
  • Gereon Uerz: ÜberMorgen. Zukunftsvorstellungen als Elemente der gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2006, ISBN 3-7705-4305-X.
  • Rainer Waterkamp: Futurologie und Zukunftsplanung. Forschungsergebnisse und Ansätze öffentlicher Planung, Stuttgart (Kohlhammer) 1970.

Fachzeitschriften

  • Bibliographie prospective
  • Blickpunkt Zukunft
  • Forecasting
  • Future Survey
  • Futures Research Quarterly
  • Futures: The Journal of Forecasting and Planning
  • Futuresco
  • Futuribles
  • Futurics
  • International Review of Strategic Management
  • Long Range Planning
  • proZukunft
  • Strategic Management Journal
  • swissfuture Magazin für Zukunftsmonitoring
  • Technological Forecasting & Social Change
  • The Futurist
  • The International Journal of Forecasting
  • The Journal of Business Strategy
  • WFSF Bulletin
  • World Futures
  • Zukünfte
  • Zukunftsforschung

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Futurologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

  1. Futurologie. Definition in Wissen.de.
  2. Flechtheim: Futurologie, S. 307.
  3. Flechtheim: Futurologie, S. 233.
  4. Marcus Tullius Cicero, Von der Weissagung - De divinatione, Übersetzt, eingeleitet und erläutert von Raphael Kühner, München, 1962, S. 15.
  5. Reinhart Heißler, David Lewis’ Mögliche Welten, Tectum, Marburg, 2010, S. 139.

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