Fugu-Plan

Fugu-Plan

Der Fugu-Plan (jap. 河豚計画, Fugu keikaku) war eine Idee des Japanischen Kaiserreichs zur Aufnahme jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland während der dreißiger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts.

Es sollte allerdings keine reine Wohltätigkeitsmaßnahme sein. Man wollte das Potential der jüdischen Intellektuellen für den ökonomischen, technologischen und wissenschaftlichen Aufschwung des japanischen Imperiums nutzen sowie möglicherweise Kontakte zu wohlhabenden jüdischen Geschäftsleuten in der westlichen Welt schaffen. Der Plan wurde offiziell nie von Japan in großem Maßstab durchgeführt und wurde nach der Unterzeichnung des Dreimächtepakts 1940 vollkommen unrealistisch, da man Deutschland nicht provozieren und die Allianz nicht aufs Spiel setzen wollte.[1]

Initiatoren dieses Plans waren die Offiziere Inuzuka Koreshige und Yasue Norihiro. Sie hatten während ihrer Teilnahme im Russischen Bürgerkrieg von den so genannten Protokollen von Zion gehört und waren fasziniert von der angeblichen Macht der jüdischen Kreise. Diese Offiziere lasen zusammen mit anderen Kollegen und Geschäftsleuten viele weitere antisemitische Publikationen und galten später in Japan ironischerweise als Spezialisten für das Judentum. Es reifte der Gedanke, eine jüdische Niederlassung auf japanischem Boden zu gründen. Anfang der dreißiger Jahre wurde der Fugu-Plan zum ersten Mal ernsthaft von der japanischen Regierung in Erwägung gezogen, als man die Invasion der Mandschurei durchführte. Dort gab es schon eine nennenswerte jüdische Population, und die Japaner fragten sich, inwiefern man vielleicht neue jüdische Siedler anlocken könnte, um das neu eroberte Gebiet auszubauen. Diese Erwägungen wurden aber fallengelassen, als Repressionen der Kaiserlich Japanischen Armee gegen die jüdischen Bewohner in Harbin bekannt wurden. Eine Kooperation dieser Menschen mit den Japanern für die nächsten Jahre war somit ausgeschlossen.

1938 gab es eine wichtige Konferenz mit japanischen Ministern und den Befürwortern des Fugu-Plans. Angesichts der Novemberpogrome sah man die Zeit gekommen, etwas zu unternehmen, allerdings wollte man auch nicht die wachsenden Beziehungen zu Deutschland in Gefahr bringen. Die Konferenz endete somit ohne eindeutiges Ergebnis. Es wurde lediglich entschieden, dass sämtliche in Japan ankommenden jüdischen Flüchtlinge in Kobe angesiedelt werden sollten. Diese Flüchtlinge wurden später nach dem Überfall auf Pearl Harbor nach Shanghai übergesiedelt und auf Drängen der mit Japan verbündeten Deutschen im Shanghaier Ghetto eingeschlossen.

Der Deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt brachte neue Schwierigkeiten für den Transit von Juden nach Japan. In dem seit Sommer 1940 von der Sowjetunion besetzt gehaltenen Litauen stellte der japanische Konsul Sugihara Chiune ohne offizielle Erlaubnis der japanischen Regierung Transit-Visa an jüdische Flüchtlinge aus. Diese Leute konnten anschließend nach Wladiwostok reisen und sich nach Tsuruga einschiffen, sofern sie ein Ausreisevisum von der Sowjetunion erhalten hatten. Offiziell hätten diese Flüchtlinge von Japan aus weiterreisen müssen, aber Tausende Juden konnten sich ohne Probleme in Kobe niederlassen. Als Deutschland 1941 den Überfall auf die Sowjetunion startete, gab es keinen Schiffsverkehr zwischen Japan und der Sowjetunion mehr, so dass der Flüchtlingsstrom vom sibirischen Festland zum Erliegen kam. Dies war auch der letzte inoffizielle Höhepunkt des Fugu-Planes. Ab 1942 wurden per Regierungsbeschluss jegliche Bemühungen in dieser Richtung untersagt, um die Allianz mit den anderen Achsenmächten nicht zu gefährden.

Einzelnachweise

  1. Marvin Tokaye, Mary Swartz: Fugu Plan: The Untold Story of the Japanese and the Jews During World War Two. Diane Pub Co, Juli 1979, ISBN 0756751012.

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