Fruchtwasser

Fruchtwasser

Fruchtwasser nennt man die vom Amnion (Fruchtblase) gebildete klare, wässrige Körperflüssigkeit, mit der die Amnionhöhle gefüllt ist. Das Fruchtwasser gehört ebenso wie das Amnion zum eigenen Gewebe der Leibesfrucht, nicht zum mütterlichen Gewebe.

In der 4. Schwangerschaftswoche umgibt es den menschlichen Embryo bereits vollständig und verhindert damit Verwachsungen desselben mit dem Amnion. Später dient es auch als „Schutzkissen“, das Stöße abzufangen hilft, und es ermöglicht dem wachsenden Fetus Bewegungen. Eine vierte Funktion übernimmt es in der Eröffnungsphase der Geburt, indem es – bei intakter Fruchtblase – die Weitung des Gebärmutterhalskanals gleichsam als ein hydrostatischer Keil unterstützt.

Die Fruchtwassermenge wird bei jeder Vorsorgeuntersuchung der Schwangeren überprüft: In der 10. Schwangerschaftswoche sind üblicherweise etwa 30 Milliliter (ml) Fruchtwasser vorhanden, in der 20. an die 350 ml, in der 30. bis 34. Woche etwa 1000 ml, zur Geburt etwa 800 ml. Eine Vermehrung des Fruchtwassers auf 1500–2000 ml wird als Polyhydramnion bezeichnet (Therapie: Amniondrainage), eine Verminderung auf weniger als 200–500 ml als Oligoamnion oder Oligohydramnion (Therapie: Amnioninfusion).

Die Amnionflüssigkeit wird alle drei Stunden vollständig erneuert, wobei der Fetus am Ende der Schwangerschaft davon ca. die Hälfte, also 400 ml, trinkt. Dieser Anteil wird großteils vom fetalen Darm resorbiert und zum Teil über den plazentaren Kreislauf in die mütterliche Blutbahn abgegeben. Der Urin, den der Fetus in das Fruchtwasser entleert, ist aufgrund ebendieser Ausscheidungsfunktion der Plazenta nur wenig konzentriert, für die Entwicklung des Feten aber von entscheidender Bedeutung, da er mengenmäßig den größten Anteil an der Produktion des Fruchtwassers hat: Wird aufgrund beispielsweise einer Fehlbildung im fetalen Urogenitaltrakt zu wenig Urin produziert, stellt dies den Beginn der sogenannten Oligohydramnion-Sequenz (früher: Potter-Sequenz) dar: die Fruchtblase enthält zu wenig Fruchtwasser, was zu Fehlbildungen des Schädels und Gesichts, verschobenen Hüften, Fehlbildungen der Füße (z. B. Bildung von Klumpfüßen) und einer Hypoplasie (Unterentwicklung) der Lungen führt.

Umgekehrt kommt es zur Ausbildung eines Polyhydramnions, wenn infolge einer Behinderung der fetalen Magen-Darm-Passage wie z. B. einer Ösophagusatresie der Fetus unzureichend trinkt, die Urinproduktion aber aufgrund der ungestörten plazentaren Versorgung nicht vermindert ist.

Verschiedene Erbkrankheiten und chromosomal bedingte Besonderheiten lassen sich durch Pränataldiagnostik, z. B. mittels einer Amniozentese und einer nachfolgenden Fruchtwasseruntersuchung, nachweisen. Eine unübliche Menge an Fruchtwasser kann als sonografischer Softmarker für bestimmte Besonderheiten gelten.

Bei einem Übertritt einer größeren Menge Fruchtwasser in den mütterlichen Kreislauf kann es zu einer Fruchtwasserembolie kommen, einer seltenen, aber dramatischen geburtshilflichen Notfallsituation.

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