Fronleichnamskirche (Aachen)

Fronleichnamskirche (Aachen)
St. Fronleichnam, Aachen, Turm

Die Aachener St. Fronleichnams-Kirche ist die einzige katholische Pfarrkirche im Ostteil der Stadt Aachen und ist der bekannteste und zugleich best dokumentierte Kirchenbau von Rudolf Schwarz. Die zur „Pfarrgemeinde St. Josef und Fronleichnam“ gehörende Josefskirche ist seit Januar 2006 Grabeskirche.

Inhaltsverzeichnis

Bauwerk

Das Kirchengebäude besteht aus einem mit sehr flachem Satteldach gedeckten weißen Quader (Hauptschiff) und einem 40m hohen, abgesetzten Glockenturm mit quadratischem Querschnitt. Im Inneren sind ausschließlich die Farben weiß und schwarz verwendet: die völlig weiß verputzten Seitenwände sowie die bar jeden Schmucks gestaltete, weiße Altarwand kontrastieren mit dem Schwarz des Marmor von Altar und Fußboden sowie mit dem dunklen Gestühl. Die im oberen Bereich der Langseiten angebrachten bzw. im Altarbereich übereinander angelegten kleinen Fenster sind ebenfalls farblos.

An der nordöstlichen Langseite schließt sich ein niedriges Seitenschiff als Beicht- und Kreuzwegkapelle an.

Entstehungsgeschichte

Aufgrund der stetig wachsenden St-Josef-Gemeinde im Aachener (Arbeiter-) Ostviertel wurde im Jahre 1929 von dem zuständigen Pfarrer der Bau einer zweiten Kirche in die Wege geleitet. Mit der Planung beauftragte er den Architekten Rudolf Schwarz, der sich als Direktor der Kunstgewerbeschule sowie durch Entwürfe anlässlich des Wettbewerbs zur Aachener Heilig-Geist-Kirche empfohlen hatte.

Die von Schwarz vorgelegten Entwürfe wurden zunächst weder vom Kölner Generalvikariat noch von der städtischen Baubehörde genehmigt. Jedoch durch die Unterstützung des Kunstbeirats der Stadt wurde im März 1930 die Baugenehmigung erteilt. Der glückliche Umstand, dass die ablehnend agierende Kölner Kirchenbehörde die Verantwortung bei dem gerade erst gegründeten Aachener Bistum wähnte, half Tatsachen zu schaffen: Richtfest war im August 1930, und bereits am 21. Dezember 1930 wurde die Kirche eingeweiht.

Als Mitarbeiter standen Schwarz seine Mitarbeiter, die Architekten Hans Schwippert und Johannes Krahn, zur Seite.

Ausstattung

St. Fronleichnam, Aachen, Innenraum

Die Ausstattung oblag der von Schwarz propagierten „Werkgemeinschaft“ aus Lehrern und Schülern der Kunstgewerbeschule Aachen:

  • Anton Schickel: Monstranz
  • Fritz Schwerdt: Elfenbeinkruzifixus (Altarkreuz), Altarleuchter, zwei Ewiglichtleuchter, Kelch mit dem Bergkristallnodus, Email-Rahmen des Brustbilds der heiligen Theresia von Lisieux
  • Hans Schwippert: Gestühl, Brustbild der heiligen Theresia von Lisieux (im Seitenschiff), Orgelprospekt
  • Wilhelm Rupprecht: Kreuzwegstationen und Gemälde der Muttergottes (im Seitenschiff), Messgewänder
  • Walter Ditsch: Elfenbeinkorpus
  • Anton Wendling: Messgewänder und Kirchenfahnen
  • Von Schwarz selber stammen die Entwürfe zu Altar, Kanzel, Taufstein und den hängenden Soffitten
St. Fronleichnam, Aachen, Chor, Altar


Als Tabernakel verwendete Schwarz einen schmucklosen Metallkasten, da ihm das kleine Elfenbeinkruzifixus zur „Bezeichnung des Raumes“ ausreichend schien. Nicht zur Ausführung gelangten die farbigen Fensterentwürfe von Anton Wendling. Nach Jahren des Provisoriums wurden 1953 Weißglasfenster nach Entwürfen von Ludwig Schaffrath realisiert.

In der Folge gelang es Rudolf Schwarz (und nach seinem Tod seiner Witwe, der Architektin Maria Schwarz), sich zumeist erfolgreich gegen jegliche Veränderungen am Bau oder in der Ausstattung zu wehren. So konnte die Gemeinde nur wenige Veränderungen umsetzen, wie z.B. die Errichtung eines Zelebrationsaltars (gemäß Zweitem Vatikanischen Konzil) sowie die Neugestaltung des Tabernakels durch Fritz Schwerdt und Hubertus Förster im Jahre 1958.

Bedeutung

Die Aachener St. Fronleichnams-Kirche war Rudolf Schwarz’ erste konkret erbaute Kirche. In ihr hatte er - zusammen mit den Schülern und Lehrern der Kunstgewerbeschule Aachen - seine Vorstellungen eines modernen Gotteshauses umsetzen können. Geradezu revolutionär waren „der konsequente Einsatz des Werkstoffs Beton, die Gestaltung aus geometrischen Körpern ohne jedes Ornament (und) die Erhebung des Gebäudes selbst zum … Bild…“[1]. Sie ist einer der unumstrittenen Meilensteine modernen Kirchenbaus.

Literatur

  • Deutscher Werkbund: Die Form – Zeitschrift für gestaltende Arbeit. 5. Jahrgang, Heft 21/22. Reckendorf, Berlin 1930.
  • Adam C. Oellers und Sylvia Böhmer: Maßvoll sein heißt sinnvoll ordnen. Rudolf Schwarz und Albert Renger-Patzsch. Museen der Stadt Aachen, Aachen 1997. ISBN 3-929203-17-0.
  • August Brecher: Eine junge Pfarre im Aachener Ostviertel – Die Pfarre St. Fronleichnam 1930-1996. einhard verlag, Aachen 1997. ISBN 3-930701-26-X.

Weblinks

Quellen

  1. Ulrich Schäfer: Die Pfarrkirche St. Fronleichnam in Aachen. Deutscher Kunstverlag, München 2007. ISBN 978-3-422-02063-4.

50.7744256.11491111111117Koordinaten: 50° 46′ 28″ N, 6° 6′ 54″ O


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Fronleichnamskirche — Fronleichnamskirchen oder Corpus Christi Kirchen sind dem Festgeheimnis von Fronleichnam, der leibhaften Gegenwart Christi in der eucharistischen Brotsgestalt, gewidmet. Inhaltsverzeichnis 1 Deutschland 2 Polen 3 Slowenien …   Deutsch Wikipedia

  • Kunstgewerbeschule Aachen — Die Kunstgewerbeschule Aachen war eine ursprünglich als „Zeichen und Kunstgewerbeschule“ gegründete gewerbliche Schule, die ab 1927 unter ihrem Leiter Rudolf Schwarz überregionale Bedeutung erlangte. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1.1 Leitung… …   Deutsch Wikipedia

  • Werkkunstschule Aachen — Die Kunstgewerbeschule Aachen war eine ursprünglich als „Zeichen und Kunstgewerbeschule“ gegründete gewerbliche Schule, die ab 1927 unter ihrem Leiter Rudolf Schwarz überregionale Bedeutung erlangte. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1.1 Leitung… …   Deutsch Wikipedia

  • St. Fronleichnam (Aachen) — St. Fronleichnam, Aachen, Turm Die Aachener Kirche St. Fronleichnam ist die einzige katholische Pfarrkirche im Ostteil der Stadt Aachen und der bekannteste und zugleich best dokumentierte Kirchenbau von Rudolf Schwarz. Die zur „Pfarrgemeinde St.… …   Deutsch Wikipedia

  • St. Johann Aachen-Burtscheid — Ansicht vom Abteiplatz Die Pfarrkirche St. Johann Baptist in Burtscheid (heute Aachen Burtscheid) ist eine Johannes dem Täufer geweihte katholische Kirche und frühere Abteikirche. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Schwerdt — (* 2. Juni 1901 in Pforzheim; † 19. Mai 1970 in Aachen) war ein deutscher Kirchengoldschmied. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke (Auswahl) 3 Ausstellungen (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Corpus-Christi-Kirche — Dem Hochfest Fronleichnam bzw. der leibhaften Gegenwart Christi in der eucharistischen Brotsgestalt sind folgende Kirchenbauten gewidmet: in Deutschland Fronleichnamskirche in Aachen Fronleichnamskirche in Bochum Laer Corpus Christi Kirche in… …   Deutsch Wikipedia

  • Emil Steffan — Emil Steffan, häufige Schreibweise: Emil Steffann, (* 31. Januar 1899 in Bethel; † 23. Juli 1968 in Bonn) war ein Kirchen Architekt. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 1926 1939 1.2 1940 1944 1.3 1944 bis zum T …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Krahn — (* 17. Mai 1908 in Mainz; † 17. Oktober 1974 in Orselina) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Bauten (Auswahl) 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Rupprecht (Glasmaler) — Wilhelm Rupprecht (* 15. Mai 1886 in Stadtprozelten; † 31. Juli 1963 in Fürstenfeldbruck) war ein deutscher Maler und Glasmaler. Leben Fenster in der Abtei Maria Laach Wilhelm Rupprec …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”