Fritz Schaudinn

Fritz Schaudinn
Fritz Schaudinn

Fritz Richard Schaudinn (auch: Friedrich Schaudinn; * 19. September 1871 in Röseningken (damals Ostpreußen); † 22. Juni 1906 in Hamburg) war ein deutscher Zoologe. Er entdeckte zusammen mit Erich Hoffmann 1905 am Berliner Klinikum Charité den Syphilis-Erreger Spirochaeta pallida (auch bekannt als Treponema pallidum).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schaudinn besuchte die Gymnasien in Insterburg und Gumbinnen. Seine Absicht, an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin Philologie zu studieren, gab er nach einem Jahr auf und wandte sich den Naturwissenschaften, besonders der Zoologie zu. Bereits während seines Studiums befasste Schaudinn sich auf Anregung Franz Eilhard Schulzes vor allem mit der Erforschung von Protozoen. Seine Dissertationsschrift behandelt die Fortpflanzung der Foraminiferen. Im März 1894 wurde er bei Schulze zum Dr. rer. nat. promoviert und im Oktober zum Assistenten am Zoologischen Institut der Berliner Universität ernannt.

Nach seiner Habilitation 1898 unternahm Schaudinn mit Fritz Römer eine wissenschaftliche Expedition in das Nördliche Eismeer mit dem zu diesem Zweck gecharterten Fischdampfer Helgoland. Die Helgolandexpedition war von ihrem Leiter Theodor Lerner zunächst als Jagdausflug geplant worden, bekam durch die Teilnahme der beiden Zoologen aber einen wissenschaftlichen Charakter. Es gelang, Spitzbergen zu umrunden und König-Karl-Land zu erreichen. Die reiche zoologische Ausbeute gab Anlass zur Herausgabe der Fauna Arctica, einer zusammenfassenden Darstellung der gesamten arktischen Tierwelt.

1901 wurde er vom Kaiserlichen Gesundheitsamt als Leiter der Malariaforschungsstation Rovigno (Istrien) bestimmt. In dieser Zeit wurde im Deutschen Reich die Erforschung von Tropenkrankheiten vorangetrieben, um die Bemühungen um ein eigenes Kolonialreich zu unterstützen. Während dieser Zeit bestätigte er die Arbeit von Sir Ronald Ross und Giovanni Battista Grassi in der Malariaforschung. Der Zusammenhang zwischen Insektenstichen und Malaria war bereits bekannt und Schaudinn schien erstmals den genauen Prozess des Malariabefalls von Blutkörperchen unter dem Mikroskop nachzuweisen. Obwohl seine Beobachtungen jedoch nicht richtig waren, wurden sie dank Schaudinns großem internationalen Ansehens fast 30 Jahre lang akzeptiert und konnten erst 1931 durch James und Tate berichtigt werden. Unter seiner Leitung wurde auch erstmals eine Malaria-Bekämpfungskampagne in einem größeren Seuchengebiet durch gezielte Behandlung der Einwohner erprobt.

1904 kehrte er nach Berlin zurück, um das Institut für Protistenkunde am Kaiserlichen Gesundheitsamt zu leiten. 1905 wurde dem inzwischen äußerst angesehenen Wissenschaftler der Auftrag erteilt, die Befunde des Zoologen John Siegel, wie Schaudinn ein Schüler Schulzes, zu überprüfen, der berichtete, als Erreger der Syphilis eine flagellierte Protozoe ausgemacht zu haben, die er Cytorhyctes luis nannte. Ähnliche Erreger hatte er bereits für die Pocken, die Maul- und Klauenseuche und den Scharlach beschrieben.[1] In Zusammenarbeit mit dem Berliner Hautarzt Erich Hoffmann entdeckte Schaudinn am 3. März 1905[2] den wirklichen Erreger nach wenigen Tagen intensiver Arbeit am Mikroskop. Medizinische Fachkreise in Deutschland schenkten seinen Ergebnissen zunächst jedoch keinen Glauben, unter anderem, weil zahlreiche Mediziner den Zoologen Schaudinn nicht akzeptierten. Im Ausland setzten sich die Erkenntnisse jedoch schnell durch und wurden mehrfach bestätigt.

Darüber hinaus stellte Schaudinn fest, dass Entamoeba histolytica der Erreger der Amöbenruhr ist, und erforschte ferner auch die nichtschädliche Darmflora.

Kurz vor seinem frühen Tod gab er seine Stellung im Kaiserlichen Gesundheitsamt auf und wechselte im April 1906 an das Hamburger Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten.

Die von Schaudinn 1902 gegründete Zeitschrift Archiv für Protistenkunde erscheint noch heute, inzwischen unter dem Titel Protist im Elsevier-Verlag. Aus Anlass ihres 100jährigen Bestehens wurde 2002 der mit 2.000 US-Dollar dotierte Fritz-Schaudinn-Preis gestiftet, der seitdem alle zwei Jahre für die beste in Protist publizierte Originalarbeit vergeben wird. Seit 1955 verleiht die Deutsche Dermatologische Gesellschaft die Schaudinn-Hoffmann-Plakette an hervorragende Ärzte und Wissenschaftler, die sich um die Erforschung, Behandlung und Bekämpfung von infektiösen Erkrankungen der Haut und der angrenzenden Schleimhäute, vor allem der Geschlechtskrankheiten, besonders verdient gemacht haben.[3]

Schaudinn wurde 1903 mit dem Tiedemann-Preis der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ausgezeichnet. 1905 wurde er mit dem Offizierskreuz zum Franz-Joseph-Orden dekoriert. Er war korrespondierendes Mitglied oder Ehrenmitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften.

Fritz Schaudinn ist auf dem Luisenfriedhof II in Berlin-Charlottenburg in einem Ehrengrab des Landes Berlin bestattet.

Schriften (Auswahl)

  • Fritz Schaudinn: Über den Dimorphismus der Foraminiferen. In: Sitzber. d. Ges. naturf. Freunde, Berlin 1895. S. 87–97.
  • Fritz Römer und Fritz Schaudinn (Hrsg.): Fauna Arctica. Eine Zusammenstellung der arktischen Tierformen mit besonderer Berücksichtigung des Spitzbergen-Gebietes auf Grund der Ergebnisse der Deutschen Expedition in das nördliche Eismeer im Jahre 1898. Gustav Fischer, Jena 1900
  • Fritz Richard Schaudinn und Erich Hoffmann: Vorläufiger Bericht über das Vorkommen von Spirochaeten in syphilitischen Krankheitsprodukten und bei Papillomen, Springer, Berlin 1905

Quellen

  • Stanislaus von Prowazek: Fritz Richard Schaudinn. In: Fritz Schaudinns Arbeiten herausgegeben mit Unterstützung der Hamburgischen wissenschaftlichen Stiftung, Verlag von Leopold Voss, Hamburg und Leipzig 1911, S. V–XII.
  • Hans Günter Schlegel: Schaudinn, Fritz Richard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, S. 587 f.

Einzelnachweise

  1. P.K. Kohl und I. Winzer: 100 Jahre Entdeckung der Spirochaeta pallida. In: Hautarzt 56, 2005, S. 112–115.
  2. Ärzte Woche 23/2005: Amors vergifteter Pfeil, abgerufen am 2. März 2009
  3. Website der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, abgerufen am 27. Juni 2010

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