Freizeitpädagogik

Freizeitpädagogik

Die Freizeitpädagogik beschreibt die pädagogische Arbeit in und über die Freizeit. Sie gilt als Unterkategorie der Sozialpädagogik. Der deutsche Freizeitpädagoge Wolfgang Nahrstedt ist jedoch der Ansicht, dass sie verselbstständigt und als eigene pädagogische Disziplin anerkannt werden sollte.

Es gibt noch keine wirklich einheitliche Theorie der Freizeitpädagogik. Ihre wichtigsten Theoretiker sind in Deutschland Franz Pöggeler, Wolfgang Nahrstedt und Horst Opaschowski sowie in Österreich Peter Zellmann und Reinhold Popp.

Inhaltsverzeichnis

Zielgruppe, Methodik und Didaktik

Die Zielgruppe der Freizeitpädagögik ist altersmäßig uneinheitlich. Sie erstreckt sich von schulpflichtigen Kindern bis hin zu Menschen, die das Arbeitsleben hinter sich gelassen haben. Die einzige wirkliche Gemeinsamkeit der Zielgruppe ist, dass sie Freizeit als einen selbstbestimmten/selbst zu bestimmenden Lebensbereich in Abgrenzung von Ausbildungs- und Arbeitswelt erfährt. Kinder im Vorschulalter sind die einzige auszunehmende Bevölkerungsgruppe.

Dementsprechend ist das methodische Rüstzeug der Freizeitpädagogik sehr vielschichtig. Sie macht dabei auch Anleihen bei den Methoden der Erlebnispädagogik, der Spielpädagogik oder auch der Medienpädagogik.

Ein schärferes Profil gewinnt die Freizeitpädagogik durch ihre Didaktik. Hier steht Freizeit in ihrer Bedeutung für den ganzen Menschen im Vordergrund. Eine Pädagogik, die dem klassischen Anspruch des „sich selbst überflüssig Machens” gerecht werden soll, darf sich natürlich nicht in rudimentären Methodengerüsten erschöpfen, wie sie in der Tourismus-Branche verkürzt durch Einsatz von „Animateuren” als reine Kundenbindungsmechanismen benutzt werden.

Die Balance zwischen den Bedürfnissen der Unterhaltung und Erholung vom Arbeitsalltag einerseits und dem Erwerb menschlich und (zunehmend) beruflich förderlicher Kompetenzen steht im Mittelpunkt der aktuellen didaktischen Diskussion. Zunehmend rückt auch die Realität einer langfristigen Beschäftigungslosigkeit und somit das Fehlen des notwendigen Gegenpols zur Freizeit in das Blickfeld. Auch wenn man heute wieder weit von den emanzipatorischen Ansprüchen der 60er und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts abgerückt ist, bleibt die notwendige Selbstdefinition des Einzelnen über seine Freizeit und deren Inhalte handlungsweisender Kerngedanke der Freizeitpädagogik.

Geschichte und Entwicklung

Die Freizeitpädagogik hat ihre Wurzeln in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Erste Erwähnung findet der Begriff bei Fritz Klatt in programmatischen Schriften (1927) und in seinem Buch Freizeitgestaltung (1929), das auf dem Erfahrungshintergrund von Freizeitmaßnahmen mit jungen, berufstätigen Erwachsenen entstand. Zu der Zeit entstanden auch Ansätze einer - sich zunehmend selbständigenden - „außerschulischen Jugendarbeit”, die sich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr von der reinen „Verbandsarbeit“ in Jugendverbänden, -vereinen und -gruppen weg zur „offenen Jugendarbeit” entwickelte. Durch die Geldgeber, vorwiegend öffentliche Stellen und Behörden, wurde oft auch ein sozialpädagogischer Auftrag erteilt. Pädagogische Anliegen mit reiner Freizeitbetreuung zu verbinden wurde die Aufgabe der Leiter und Betreuer der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen.

In den 90er Jahren erlebte die Freizeitpädagogik eine massive Ausweitung ihres Einsatzgebietes auf die Tourismusbranche. Outdoor-Sportarten erforderten das Vermitteln von Kenntnissen durch spielerische und erlebnisorientierte Methoden, gemeinschaftliche Erfahrungen sollten besprochen und aufgearbeitet werden. Gleichzeitig gewannen freizeitpädagogische Ansätze immer mehr Bedeutung in weiteren Bereichen der Sozialpädagogik durch verstärkte Einbeziehung von Erwachsenen in Lern- und Bildungsprogramme.

Der Wandel im Verständnis von Freizeit seit Beginn des 20. Jahrhunderts zwingt auch die Freizeitpädagogik zu Neudefinition und Neuorientierung. So hat die im März 1978 innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft gegründete Kommission „Freizeitpädagogik” im März 1998 eine Umbenennung der Sektion „Freizeitpädagogik” in „Pädagogische Freizeitforschung” beschlossen. Damit einher geht eine zunehmende Akademisierung des gesamten Begriffsfeldes. Nach Opaschowski behauptet die Pädagogische Freizeitforschung auch weiterhin einen Anspruch auf eine disziplinäre Selbständigkeit.

Aus- und Weiterbildung

Wesentliche Impulse für die Aus- und Weiterbildung von Freizeitbetreuern zu Freizeitpädagogen gingen von der „Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung“ aus, speziell auf den Gebieten Kulturpädagogik, Spiel- und Medienpädagogik.

Österreich

1974 wurde in Wien die Wiener JugendleiterInnenschule (jls) - aus der das "Institut für Freizeitpädagogik" (ifp) entstanden ist - über Finanzierung des Landesjugendreferates auf Initiative der verbandlichen Jugendorganisationen eingerichtet. Seine Aufgabe umfasst die Grund-, Fort- und Weiterbildung (z.B. Grundkurs für Jugendarbeit, Aufbaulehrgang Jugendarbeit, Lehrgang für Onlineberatung, Lehrgang für Suchtprävention in der Jugendarbeit, offenes Seminarprogramm, Weiterbildung der Nachmittagsbetreuer etc.) der Wiener Jugendarbeiter (z.B. Mitarbeiter der offenen, verbandlichen und mobilen Jugendarbeit). Außerdem betreibt das ifp eine Fachbibliothek mit dem Schwerpunkt Freizeitpädagogik. Beim Grundkurs für Jugendarbeit, sowie beim Aufbaulehrgang Jugendarbeit kooperiert das ifp mit dem FH-Campus Wien.

An der „Pädagogischen Akademie des Bundes in Niederösterreich“ in Baden bei Wien wird ein zwei Semester umfassender Akademielehrgang angeboten. Zielgruppe sind vor allem Lehrer, die bereits eine pädagogische Ausbildung haben, aber sich wegen der schwierigen Arbeitsmarktlage für Lehrer als Freizeitbetreuer weiterbilden wollen. Anstellungen im Tourismusbereich werden in Aussicht gestellt.

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