Freistrahlturbine

Freistrahlturbine
Pelton-Turbine im Kartell-Kraftwerk in St. Anton am Arlberg
Montage einer Pelton-Turbine im Kraftwerk Walchensee
Schnittzeichnung einer Pelton-Turbine mit sechs Düsen
Verschleiß an einer ausrangierten Peltonturbine vom Kraftwerk Barrage d'Émosson

Die Pelton-Turbine ist eine so genannte Freistrahlturbine für Wasserkraftwerke. Sie wurde im Jahr 1879 von dem amerikanischen Ingenieur Lester Pelton konstruiert (Patent 1880).

Dieser Turbinentyp nutzt die Bewegungsenergie (kinetische Energie) des Wassers. Diese kinetische Energie entsteht aus der Umwandlung von potentieller Energie des Wassers, welches aus einem höhergelegenen Stausee strömt. Nach Toricelli, unter Anwendung des Energieerhaltungssatz, erreicht das aus der Düse austretende Wasser an der Turbine damit eine Geschwindigkeit von c=\sqrt{2 g h}

Pelton nutzte für die Konstruktion seiner Turbine das von dem deutschen Arzt und Physiker Johann Andreas von Segner wieder entdeckte Reaktionsprinzip, welcher darauf basierend im Jahre 1750 das erste Reaktionswasserrad (Segnersches Wasserrad) gebaut hatte. Vor dieser Zeit wurde das Prinzip der Freistrahlturbine in horizontalen Wasserrädern aus Holz verwirklicht (Mühlen), allerdings mit geringem Wirkungsgrad.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Bei der Pelton-Turbine strömt das Wasser in einem Strahl mit sehr hoher Geschwindigkeit aus einer oder mehreren Düsen auf die Schaufeln des Laufrades. Vor der Düse (in Strömungsrichtung gesehen) herrscht ein hoher Druck (bis 200 bar), im Strahl selbst herrscht normaler Atmosphärendruck.

Die Anzahl der Düsen richtet sich nach der Durchsatzmenge, wobei eine Düse ca. 10 m³/s verarbeiten kann. Liegt die Durchsatzmenge höher, so muss die Düsenanzahl erhöht werden, allerdings sind bei horizontaler Wellenlage nur zwei Düsen technisch sinnvoll, weil bei höherer Düsenzahl das Abwasser auf das Laufrad zurückfallen würde. Ist eine höhere Durchsatzmenge notwendig, so wird ein zweites Laufrad auf dieselbe Welle aufgebracht oder die gesamte Turbine wird mit vertikaler Achse gebaut. In diesem Fall werden regulär vier Düsen eingesetzt, aber es wurden schon Pelton-Turbinen mit sechs Düsen ausgeliefert (Fa. Escher Wyss, Ravensburg).

Die Umfangsgeschwindigkeit des Schaufelkreises sollte genau der Hälfte der Geschwindigkeit des Wasserstrahls entsprechen. Der Durchmesser der Turbine richtet sich nach der Generatordrehzahl und dem verfügbaren Wasserdruck bzw. der Geschwindigkeit des Wasserstrahls. Da das Wasser in den Schaufeln um fast 180 Grad abgelenkt wird, gibt es nahezu seine komplette Energie an die Schaufeln ab. Ähnlich einem Drehmomentwandler eines Automatikgetriebes wird dabei das Drehmoment verdoppelt.

Jedes der bis zu 40 Schaufelblätter ist in zwei Halbschaufeln geteilt, so genannte Becher. In der Mitte dieser Halbschaufeln trifft der Wasserstrahl aus den Düsen tangential auf. Die Becher haben die Funktion, das Wasser in die entgegengesetzte Richtung umzuleiten, damit die kinetische Energie besser ausgenutzt werden kann. Dies war die Innovation von Pelton. Die Mittelschneide ist bei der Erstinbetriebnahme nahezu messerscharf und ein Becher würde schnell vom auftretenden Wasserdruck zerstört, falls keine Mittelschneide zur Strahlteilung und -lenkung eingesetzt würde. Bei einer Fallhöhe von 1000 Metern kann der Wasserstrahl dabei eine Geschwindigkeit von nahezu 500 km/h erreichen. Die größte realisierte Aufprallgeschwindigkeit beträgt ca. 185 m/s; bei diesem Wert wird verständlich, dass die Mittelschneide in jedem Becher unverzichtbar ist. Die Pelton-Turbine verbraucht je nach Bauart und Fallhöhe zwischen 20 und 8000 Liter Wasser pro Sekunde. Sie hat eine sehr hohe Drehzahl: bis 3000 Umdrehungen pro Minute. Ihr Wirkungsgrad liegt zwischen 85 % und 90 %, wobei sie, auch wenn sie nicht unter Volllast läuft, noch gute Leistungen erbringt. Eine der größten zur Zeit realisierten Fallhöhen beträgt 1773 m, bei einer Durchsatzmenge von 6 m³/s (gebaut von Fa. Voith, Heidenheim, Anlage Reißeck-Kreuzeck, Kärnten). Sie wurde im Jahre 2000 noch übertroffen von der Anlage Bieudron, Wallis. Dort befinden sich drei fünfdüsige Peltonturbinen, die 400 MW bei einer Rekordfallhöhe von 1883 m leisten. Aus demselben Speichersee, dem Lac de Dix, bezieht auch das ältere Kraftwerk Chandoline Triebwasser, das mit fünf Peltonturbinen bei einer Fallhöhe von 1748 m ebenfalls zu den Rekordanlagen gehört. Nicht unerwähnt bleiben als Meilenstein beim Bau von Hochdruckkraftwerken sollte das Kraftwerk Silz im Inntal. Es besteht aus zwei vertikalachsigen Maschinensätzen, mit je einer sechsdüsigen Pelton-Freistrahlturbine und einem vollständig wassergekühlten Generator. Die Wasserstrahlen treffen mit einer Geschwindigkeit von ca. 500 km/h über sechs Düsen mit einer Kraft von 350.000 N (35 t) 50-mal pro Sekunde auf die Turbinenschaufeln. Die Fallhöhe beträgt hier 1258 m. In Naturns, Südtirol, gibt es ein Kraftwerk mit drei Peltonturbinen (180 MW) mit einer Fallhöhe von 1150 m.

Einsatzbereiche

Sie wird auf Grund ihrer Charakteristika vorwiegend in Wasserkraftwerken mit sehr hohen Fallhöhen (bis 2000 m) bei vergleichsweise geringen Wassermengen, insbesondere in Speicherkraftwerken im Hochgebirge, eingesetzt.

Der größte Nachteil ist die Verschleißanfälligkeit der Pelton-Turbine, wenn im Gebirge das Wasser einen hohen Anteil an Schwemmpartikeln (Sand, usw.) hat. Das führt zu einer starken Abnutzung der Schaufeln.

Überdies kann die Pelton-Turbine im Gegensatz zur Francis-Turbine nicht als Pumpe betrieben werden.

Messtechnik

In der Durchflussmessung wird ein auf einer Peltonturbine basierende Geberprinzip als hochgenauer Durchflussmesser verwendet wobei nicht nur geringe Volumenströme von Medien wie Treibstoffen, destilliertem Wasser oder heißen Fetten gemessen werden, sondern auch hohe Durchflüsse, wie man sie normalerweise in Kraftwerken findet. Mit Grenztemperaturen von 135 °C und Nenndrücken bis 345 bar erfüllen diese Peltonrad-Geber fast alle industriellen Anforderungen.

Siehe auch

Weblinks


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