Freiheitsberaubung

Freiheitsberaubung

Die Freiheitsberaubung ist in Deutschland eine Straftat nach § 239 Strafgesetzbuch. Das geschützte Rechtsgut ist die Freiheit der Person (Fortbewegungsfreiheit).

Inhaltsverzeichnis

Tatbestand

Geschützt wird allein das Opfer, das in der Lage ist, über seinen Aufenthaltsort frei zu bestimmen. Somit scheiden Kleinstkinder und ohnmächtige Personen aus. Schlafende Personen hingegen sind mit inbegriffen. Von § 239 wird nämlich nicht nur die tatsächliche, sondern auch die potentielle Fortbewegungsfreiheit geschützt. Mögliche Opfer sind zudem auch Menschen mit kognitiver oder körperlicher Behinderung. Zur Bestimmung, ob das Opfer seiner Freiheit beraubt wurde, ist allein die objektive Lage ausschlaggebend, die (subjektive) Vermutung, eingeschlossen oder in seiner Freiheit beschränkt worden zu sein, reicht nicht aus. Des Weiteren ist ein ganz kurzzeitiges Festhalten[1], bspw. während eines Kampfes, nicht ausreichend, um einen Eingriff in die Bewegungsfreiheit des Opfers anzunehmen.

Tathandlung ist gewöhnlicherweise das Einsperren oder Festhalten. Das Merkmal der Dauer ist bereits verwirklicht, wenn die Freiheitsberaubung nur vorübergehend war. Auch das Festbinden, wie es bei einer sogenannten Fixierung in der Medizin oder Krankenpflege praktiziert wird, kann ohne richterliche Anordnung den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllen. Eine Freiheitsberaubung kann auch dann vorliegen, wenn auf Grund einer absichtlichen Falschaussage vor Gericht ein Angeklagter zu Unrecht zu einer Haftstrafe verurteilt wird.[2]

Der Tatbestand muss vorsätzlich verwirklicht werden, die fahrlässige Begehung ist nicht strafbar.

Deliktsstruktur

Das Delikt ist in seiner Grundform ein Vergehen mit einer Strafandrohung bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Seit 1998 ist in Deutschland auch der Versuch strafbar.[3]

Mit Absatz 3 Nr. 1 ist eine Qualifikation eingeführt, die bei einer Freiheitsberaubung, die länger als eine Woche dauert, ein erhöhtes Strafmaß von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Diese Qualifikation ist ein Verbrechen. Anders liegt es bei Absatz 3 Nr. 2, der eine Erfolgsqualifikation darstellt, auf den § 18 anwendbar ist. Hierbei ist zu beachten, dass hinsichtlich der Todesfolge mindestens Fahrlässigkeit vorliegen muss. Mit der Einführung der Versuchsstrafbarkeit gem. § 239 II ist die Streitfrage um Strafbarkeit der Freiheitsberaubung als Erfolgsqualifizierter Versuch beigelegt worden, so dass diese Grundsätze übertragbar sind, ebenso wie die Rücktrittsproblematik.

Als erfolgsqualifizierte Variante sieht die Vorschrift in Absatz 4 die Freiheitsberaubung mit Todesfolge als Tötungsdelikt im weiteren Sinne vor, deren Strafandrohung nicht unter drei Jahren Freiheitsstrafe (maximal: 15 Jahre vgl. § 38) liegt.

Verhältnis zu anderen Delikten

Die Freiheitsberaubung ist ein eigenständiges Delikt, das nicht durch die Nötigung verdrängt wird. Bei Delikten, die notwendigerweise zugleich eine Freiheitsberaubung beinhalten (Fälle der Vergewaltigung, des erpresserischen Menschenraubs und der Geiselnahme oder bei den Raubdelikten) tritt die Freiheitsberaubung strafrechtlich in den Hintergrund. Sie wird dann nicht mehr als eigenes Delikt angeklagt und bestraft.

Strafbarkeit in Österreich

In Österreich ist das vergleichbare Delikt die Freiheitsentziehung nach § 99 Strafgesetzbuch. Dort ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren angedroht. Falls die Freiheitsentziehung länger als einen Monat anhält, sind ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe angedroht.

Bekannte Fälle von Freiheitsberaubung

  • Entführung von Natascha Kampusch
  • Josef Fritzl
  • „Maria K.“: Ein 24-jähriges Mädchen wurde neun Jahre in Wien von ihren Adoptiveltern in einer Holzkiste im unbeheizten Abstellraum gefangen gehalten. Sie wurde 1996 befreit.[4]
  • Eine Linzer Juristin hielt ihre drei Töchter damals im Alter von 6, 10 und 13 Jahren 7 Jahre hindurch in Dreck und Dunkelheit in einer Reihenhaussiedlung bis Februar 2007 gefangen. Die Mädchen erfanden eine eigene Sprache und spielten mit Mäusen. Die Jugendämter, die trotz Hinweisen auf unentschuldigtes Fernbleiben von der Schule die Wohnung der Mutter nie aufsuchten, wurden stark kritisiert.[5]
  • Niigata-Kindesentführung - mehr als neun Jahre dauernde Entführung eines japanischen Mädchens
  • Entführung von Steven Stayner und Timmy White – mehr als sieben Jahre dauernde Entführung eines US-amerikanischen Jungen

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Thomas Fischer, 55. Auflage, § 239, Rn 6.
  2. Mann saß fünf Jahre zu Unrecht im Gefängnis, SPIEGEL online, 5. Juli 2011, Zugriff: 5. Juli 2011
  3. § 239 StGB (Deutschland)
  4. In Austria, no one can hear you scream, theaustralian.news.com.au, 30. April 2008, Zugriff: 2. Mai 2008
  5. Eine Juristin aus Linz hat ihre Kinder 7 Jahre lang eingesperrt, wireltern.eu, 12. Februar 2007, Zugriff: 3. Mai 2008
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