Freiheit

Freiheit

Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines handelnden Subjekts.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsbestimmungen und Unterscheidungen

Im Verlaufe der Ideengeschichte wurden unterschiedliche Bestimmungen des Begriffs Freiheit und seiner Entsprechungen in anderen Sprachen vorgeschlagen.

Positive und negative Freiheit

In Sozialphilosophie, politischer Philosophie und teilweise auch bei Debatten über Willensfreiheit wird oft wie folgt unterschieden[1]

  • Negative Freiheit (Freiheit von etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem keine von anderen Menschen ausgehenden Zwänge ein Verhalten erschweren oder verhindern.
  • Positive Freiheit (Freiheit zu etwas) bezeichnet einen Zustand, in dem die Möglichkeit der passiven Freiheit auch tatsächlich genutzt werden kann oder nach noch weitergehender Auffassung einen Zustand, in dem die Möglichkeit tatsächlich genutzt wird.

Ein Beispiel für negative Freiheit ist es, dass jemand seine Meinung frei äußern darf, ohne dass er beispielsweise durch Zensur von anderen gehindert wird. Positive Freiheit würde in diesem Beispiel bedeuten, dass auch die Kommunikationsmittel und der Zugang zu den Medien zur Verfügung stehen oder nach weitergehender Auffassung, dass die jeweilige Meinung auch tatsächlich geäußert wird.

Eine solche Unterscheidung geht mindestens zurück bis auf Immanuel Kant (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Immanuel Kant: AA IV, 446–447[2]). In den 1950er und 1960er Jahren hat Isaiah Berlin diese Unterscheidung verteidigt, als eine Unterscheidung zweier konkurrierender Interpretationen ein und desselben politischen Ideals interpretiert und weiter ausgearbeitet.[3]

Den klassischen philosophischen Gesellschaftstheorien liegt die Idee der negativen Freiheit zugrunde. Positive Freiheit hingegen wird auch unter dem Begriff der Freiheitsgrade diskutiert. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich bestehende Freiheit in der Form der negativen Freiheit graduell sehr unterschiedliche Wirkungen haben kann, je nachdem welche tatsächlichen Optionen in Form materieller Voraussetzungen zur Verfügung stehen.

Weitere Unterscheidungen

Individuelle und kollektive Freiheit
Freiheiten von Individuen (z.B. Meinungsfreiheit und die Freiheit eines Kollektivs (z.B. eines Landes von einer Besatzungsmacht).
Innere und äußere Freiheit
Während äußere Freiheit eine soziale Größe ist und rechtliche, soziale und politische Umstände umfasst, beschreibt innere Freiheit einen Zustand[4], in dem der Mensch seine eigenen „inneren“ ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Anlagen nutzt und dabei auch von inneren Zwängen wie Trieben, Erwartungen, Gewohnheiten, Rollenmustern, Konventionen, Moralvorstellungen u. Ä. frei ist und stattdessen rational auswählt (Souveränität). Als Schlüssel zur inneren Freiheit versteht man heute vor allem Erziehung und Bildung. [5]
Persönliche Freiheit, souveräne Freiheit und bürgerliche Freiheit
persönliche (negative) Freiheit bedeutet, dass jemand nicht unter Zwang steht, in seinen Handlungen nicht durch andere eingeschränkt oder bestimmt ist; souveräne (positive) Freiheit heißt, nach freiem Willen handeln und somit über sich selbst und über andere Macht ausüben zu können; mit bürgerlicher Freiheit ist die Teilhabe an gesellschaftlich-politischer Macht gemeint.[6]
Qualitative und quantitative Freiheit
Claus Dierksmeier schlägt als Fortentwicklung[7] des Begriffs der Meliorationsgesellschaft[8] neue Unterscheidung vor [9]. Diese Unterscheidung findet in liberalen Kreisen zunehmend Beachtung[10]. Unter quantitativer Freiheit werden Freiheitsgrade verstanden, die zwar als Wahloptionen zur Verfügung stehen, deren praktische Wahl aber keinem begründeten philosophisch-moralischen Urteil unterzogen wird. Im Gegensatz zur quantitativen Freiheit ist eine qualitative Freiheit diejenige, die nach einem philosophisch-moralischen Werturteil sinnvollerweise gewählt werden kann oder soll. In einem überspitzten Beispiel ist die Quantität der Freiheit, einen gesunden Menschen mit Malaria zu infizieren oder einen infizierten Menschen zu heilen jeweils gleich groß. Es geht jedes Mal um die eine Entscheidung, ob jemand Malaria haben soll oder nicht. Qualitativ ist allerdings die Option, einen gesunden Menschen zu infizieren bedeutungs- oder wertlos, wohingegen die Möglichkeit, einen infizierten Menschen zu heilen ein erheblicher qualitativer Freiheitsgewinn darstellt. Der Grund liegt darin, dass nur das Heilen, nicht die Körperverletzung, eine philosophisch-moralisch zu billigende Handlungsoption darstellt. Die Stärke dieser modernen Unterscheidung besteht darin, dass sie sich von der Idee einer quasi wissenschaftlich messbaren Freiheitsquantität löst und diese ersetzt durch eine im demokratisch-öffentlichen Diskurs immer wieder aktuell zu findende Bewertung von bestimmten Optionen und Freiheitsgraden.

Willensfreiheit und Handlungsfreiheit

Flagge der Sons of Liberty
Hauptartikel: Freier Wille

Willensfreiheit beschreibt die Fähigkeit des Menschen, willentlich zu handeln. Wahlfreiheit beschreibt die Möglichkeit zur freien Entscheidung zwischen mehreren Handlungsmöglichkeiten. Hingegen wird Handlungsfreiheit generell verstanden als die Abwesenheit äußerer Zwänge und Bindungen. Diese können naturhafter Art, etwa in Form körperlicher Behinderung, sein oder aufgrund von Normen und Konventionen ihren Ursprung in der Gesellschaft haben. Handlungsfreiheit besteht, wenn man tun kann, wozu man sich entschlossen hat. In diesem Fall liegt bereits ein bestimmter Wille vor und es geht darum, ob die konkrete Situation seine Realisierung gestattet.

Gegenbegriffe zu Willensfreiheit sind Heteronomie und Determination. Heteronomie bezeichnet dabei einen Zustand, in welchem äußere Wirkungen eine freie Entscheidung verhindern. Determination umschreibt hingegen grundsätzlich nur die naturwissenschaftliche Bedingtheit, also den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung als grundlegendes naturwissenschaftliches Prinzip. Es gehört zu den klassischen philosophischen Streitfragen, ob eine unterstellte durchgehende Determination sämtlicher Ereignisse in der Welt, also letztlich auch der menschlichen Willensbildung, als Beleg für die Heteronomie des Menschen - jedenfalls aus der gedachten Warte eines allwissenden Betrachters - anzusehen ist.

Überwiegend wird in der Philosophie streng zwischen Heteronomie einerseits und Determination andererseits unterschieden, wohingegen eine Reihe von Naturwissenschaftlern, aktuell insbesondere aus dem Gebiet der Hirnforschung, Determination und Heteronomie als Synonyme, jedenfalls eng miteinander verwandte Begriffe verwenden.

In der deterministischen Philosophie wird eine Entscheidung, die nicht durch äußere Zwänge, sondern durch eine innere Verbindung (Gedanken, Überlegungen, Beurteilungen, Wertungen) zur entscheidenden Person mit ihren zu einem bestimmten Zeitpunkt feststehenden Persönlichkeitsmerkmalen bestimmt, also determiniert wird, regelmäßig als freie Entscheidung verstanden. Die Freiheit der Person besteht dann gerade darin, dass eine Entscheidung statt durch äußere Zwänge durch innere Persönlichkeitsmerkmale bedingt ist. Freiheit bezeichnet somit keine absolute Unbedingtheit, sondern lediglich eine Unbedingtheit von äußeren Zwängen. Eine absolute Unbedingtheit würde nach dieser Lesart die Verknüpfung einer Entscheidung mit der sie treffenden Person auflösen, weil auch die feststehenden Persönlichkeitsmerkmale nicht mehr Bedingung der Entscheidung wären. Die Persönlichkeit würde in der unbedingten Freiheit durch bloße Zufälligkeit ersetzt. Damit verlöre aber die Person die Herrschaft über den eigenen Willen und somit letztlich die Freiheit zur Entscheidung. An die Stelle der Person träte der bloße Zufall. Nach dieser Lesart ist Freiheit ohne Determination ausgeschlossen. Heteronomie und Freiheit sind danach zwei Arten der Determination, nämlich die äußere bzw. die innere Determination von Entscheidungen einer Person.[11]

Begriffsgeschichte

Antike und Christentum

Das Wahrzeichen der Attischen Demokratie, die Akropolis in Athen, im Sonnenuntergang

Für die griechisch-römische Antike war Freiheit kein Gut für alle Menschen, sondern ein Privileg der Gebildeten und der Oberschichten, denen die unfreien Sklaven und unterworfenen fremden Völker gegenüberstanden. Lediglich die Stoa entwickelte ein sehr weitgehendes Verständnis von Freiheit, das aber eher philosophisch und auf den Einzelnen bezogen war - nicht politisch. Freiheit war vor allem individuelle Freiheit von den Zwängen der Welt. Gleichwohl stellt die Entwicklung der Demokratie im klassischen Athen einen großen kulturellen Bruch und Meilenstein der Freiheitsentwicklung dar.

Demgegenüber hat das Volk Israel sehr früh die Befreiung aus Sklaverei und fremder Oberherrschaft zu einem auch politischen Thema gemacht. Wenn im Pessachfest der Befreiung aus Ägypten gedacht wurde, dann steckte darin sowohl eine Kritik an aller ungezügelten Machtausübung als auch immer die grundsätzliche Anerkennung der Freiheit als eines politischen Grundrechtes für alle Angehörigen des Volkes.

Das junge Christentum hat die Vorstellungen des Judentums zum Thema Freiheit zwar übernommen, aber eschatologisiert, d. h. zu einer Kategorie der „zukünftigen Welt“ gemacht. Der Begriff Freiheit (Eleutheria) beschreibt im Neuen Testament vor allem eine religiöse Qualität. Angesichts der bevorstehenden Parusie (Wiederkehr) ihres auferstandenen Herrn Jesus Christus schien jede politische Veränderung der Welt zunächst sinnlos. Es ging jetzt eher darum, im stoisch-hellenistischen Sinne „innerlich“ frei zu werden von den Zwängen der untergehenden Welt. Der Apostel Paulus hat das stoische Freiheitsverständnis aufgreifend christlich formuliert, der Christ sei im religiösen Sinne frei von Gesetz, Sünde und Tod (Römerbrief, Kapitel 6–8). In diesem "inneren" Sinne ist auch der Satz aus dem Galaterbrief des Paulus zu verstehen, dass alle Menschen in Christus gleich und damit frei seien (Gal 3, 26–28): "Für die Freiheit hat uns Christus befreit, darum … lasst euch nicht wieder unter ein Joch der Knechtschaft bringen". (Gal 5,1)

Da wahre Freiheit nur im Glauben an Jesus Christus zu finden sei (vgl. Joh 8, 32, 8,34 und 8,36), riet Paulus christlichen Sklaven, sich nicht gegen (christliche) Herren zur Wehr zu setzen (I Kor. 7, 21-24). [12] Im Philemonbrief bat Paulus allerdings einen christlichen Sklavenhalter, seinen ebenfalls christlichen Sklaven Onesimus in die Freiheit zu entlassen (Phlm 11).

Mittelalter

Wie schon im Altertum standen auch im Mittelalter große Teile der Bevölkerung als Sklaven oder Leibeigene im Eigentum anderer Menschen. Eigentümer waren entsprechend dem hohen Arbeitsaufkommen in der Landwirtschaft zumeist große Landbesitzer und somit regelmäßig Aristokraten. Von dieser sozialen Wirklichkeit ausgehend wurde Freiheit somit entweder als die Freiheit von einem Herren verstanden, also die Abwesenheit von Sklaverei/Leibeigenschaft oder als Freiheit des Herren, als die Freiheit, Sklaven/Leibeigene besitzen zu können. Bereits im Mittelalter entwickelten sich verschiedene Vorstellungen davon, wessen Freiheiten wie weit gehen könnten. Zentrales Dokument ist die Magna Carta Libertatum.

Von Martin Luther stammt an der Grenze zwischen ausgehendem Mittelalter und Neuzeit die Denkschrift Von der Freiheit eines Christenmenschen, die dem Christen eine Stellung zwischen Knecht und Herrn zuweist: In Christus sind alle Menschen frei, aber diese Freiheit ist durch die Liebe bzw. die Verantwortung für den Mitmenschen gebunden. Friedrich Schiller ließ die Idee der Freiheit auch in seinen Werken über Freiheitskämpfer des ausgehenden Mittelalters, wie zum Beispiel Wilhelm Tell und Die Räuber zu Worte kommen.

Aufklärung

John Locke
Immanuel Kant
John Stuart Mill

Der Freiheitsbegriff, der dem heutigen Verständnis zugrunde liegt, wurde im Zeitalter der Aufklärung entwickelt.

John Locke postulierte Leben, Freiheit und Eigentum als unveräußerliche Rechte des Bürgers. In Two Treatises of Government (1690) erklärt er den Naturzustand für den „Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint – ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein.“

Der Franzose Voltaire prägte mit seinem Ausspruch das Prinzip der Meinungsfreiheit:

„Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt.“

Nach dem kantschen Freiheitsbegriff ist Freiheit nur durch Vernunft möglich. Ohne Vernunft folgt der Mensch einem Tier gleich seinen Trieben. Kraft der Vernunft aber ist der Mensch in der Lage, das Gute zu erkennen und sein eigenes Verhalten dementsprechend pflichtgemäß auszurichten (siehe: kategorischer Imperativ). Da nach Kant nur der sich bewusst pflichtgemäß, also moralisch verhaltende Mensch frei ist, sind „freies Handeln“ und „moralisches Handeln“ bei Kant ebenso Synonyme wie der freie Wille und der gute Wille.

„Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem gleichem Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (das ist diesem Rechte des Andern) nicht Abbruch tut.“

Immanuel Kant

In seiner bekanntesten Schrift „On Liberty“ (dt.: „Über die Freiheit“) setzt der britische Philosoph und Nationalökonom John Stuart Mill das Limit,

„dass der einzige Grund, aus dem die Menschheit, einzeln oder vereint, sich in die Handlungsfreiheit eines ihrer Mitglieder einzumischen befugt ist: sich selbst zu schützen. Dass der einzige Zweck, um dessentwillen man Zwang gegen den Willen eines Mitglieds einer zivilisierten Gesellschaft rechtmäßig ausüben darf: die Schädigung anderer zu verhüten.“

Das Mill-Limit gilt noch heute, besonders in angloamerikanischen Ländern, als Grundlage des Liberalismus.

Die Aufklärung beinhaltet einen intellektuellen Aspekt, nämlich die Befreiung von hergekommenen Dogmen und Vorurteilen. Laut Kant bedeutet dies den „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“.

Der politische Aspekt verlangt die Befreiung der Menschen aus der vormodernen Gesellschaftsstruktur. Er zielt vor allem ab auf eine Trennung von Staat und Kirche, eine Begrenzung des Staates durch Grundrechte, eine Kontrolle der Staatsgewalt durch Gewaltenteilung und die Ablösung der Legitimierung der Staatsgewalt durch das Gottesgnadentum durch eine Rückbindung an die Interessen der einzelnen Menschen letztlich durch Demokratie.

Weitere Wegbereiter

System der natürlichen Freiheit: Das einfache System der natürlichen Freiheit ist eine von Adam Smith vorgeschlagene gesellschaftliche Ordnung („obvious and simple system of natural liberty“). Seine Theorien über die unsichtbare Hand des Marktes („invisible hand“) gelten als geistige Grundlage der freien Marktwirtschaft.

„Freiheit der Rede, Freiheit Gott auf eigene Weise zu verehren, Freiheit von Not als eine Form internationaler wirtschaftlicher Verständigung, globale Abrüstung.“

  • Rosa Luxemburg als engagierte Propagandistin eines pazifistischen Kommunismus wandte sich damit bewusst gegen das Freiheitsverständnis der Mehrheit der Menschen ihrer Zeit. Gerade aus der SPD heraus wurde den Kommunisten vorgeworfen, sie würden die gerade erst errungene parlamentarische Freiheit negieren, wenn sie einen kommunisitschen Umsturz forderten, der gerade nicht von einer zahlenmäßigen Mehrheit der Menschen in Deutschland gewünscht oder getragen wurde. Rosa Luxemburg war aus dieser sozialdemokratischen Sicht als Gegnerin der Freiheit letztlich auch eine Gegnerin der Sozialdemokratie. Diese Kritik basierte also darauf, dass Rosa Luxemburg ihre kommunistichen Forderungen bewusst gegen die legitimierte Position einer demokratischen Mehrheit stellte. Um sich und ihre kommunistichen Mitstreiter gegen diesen treffenden Vorwurf zu verteidigen, formulierte Rosa Luxemburg das berühmte Zitat, mit dem sie ihr Recht auch aus einer Minderheit Forderungen aufzustellen, als Minderheitenfreiheitsrecht proklamierte. Die logische Auflösung dieses sprachlich pointierten Konflikts im Sinne der von beiden Seiten berufenen Freiheit besteht in einer Differenzierung. Das Meinungsäußerungsrecht ist ein Individualrecht und damit ein Freiheitsrecht gerade auch für Minderheiten. Insofern beansprucht Rosa Luxemburg zu Recht Freiheit gerade auch für die oft als Freiheitsgegner auftretenden Kommunisten. Umgekehrt ist die politische Revolution, zu der die Kommunisten und gerade auch Rosa Luxemburg oft aufgerufen haben, ein gesamtgesellschaftlicher Vorgang, der entweder über elementare Menschenrechte oder über das Demokratieprinzip gerechtfertigt werden muss.
  • Hegel hat „Freiheit“ beschrieben als eine Phase ohne Zwang (insoweit etwa entsprechend dem Begriff negativer Freiheit), aber unter Einsicht in die Notwendigkeit. Die von Hegel geforderte Einsicht in die Notwendigkeit bedeutet nicht die Unterordnung unter eine fremd definierte, insbesondere obrigkeitsstaatliche Notwendigkeit, die man nur einzusehen brauche. Die geforderte Einsicht in die Notwendigkeit hat eine innere und eine äußere Perspektive. Die innere Perspektive besagt, dass Freiheit nicht bedeutet, als Person naturwissenschaftlich undeterminiert zu sein, sondern sich über die Art der Determiniertheit bewusst zu werden. Je mehr ein Mensch versteht, wie er selbst denkt und handelt, letztlich funktioniert, umso eher kann er sich von den ungewünschten Arten der Determiniertheit befreien und die gewünschten dann aufgrund einer freien Entscheidung besthenen lassen. In dieser inneren Perspektive ähnelt Hegel den Deterministen, für welche die Determiniertheit des Menschen nicht Grenze sondern Voraussetzung von Freiheit ist.

Es gibt bei Hegel aber auch die viel kritisierte und gerade von autoritären Regimen oft missbrauchte äußere Perspektive, wonach die Beschränktheit der weltlichen Möglichkeiten keine Freiheitseinschränkung darstelle. Vielmehr seien die weltlichen Notwendigkeiten gegeben und die Freiheit entfalte sich von vornherein nur innerhalb dieser Gegebenheiten. In dieser äußeren Perspektive ähnelt Hegels Ansatz demjenigen der Existenzialisten, auch wenn diese gerade das geistige Überwinden der Gegebenheiten als Ausdruck der Freiheit verstehen.

  • Nach der Definition von Friedrich Hayek ist Freiheit ein „Zustand, in dem ein Mensch nicht dem willkürlichen Zwang durch den Willen eines anderen oder anderer unterworfen ist“. Karl Popper wandte sich in seinem Werk Die offene Gesellschaft und ihre Feinde gegen jede Form von Totalitarismus und setze dem das Modell der offenen Gesellschaft entgegen. Ralf Dahrendorf entwarf in Versuchungen der Unfreiheit das Konzept eines auf Freiheit beruhenden eigenständigen zielbewussten Denkens.
  • Niklas Luhmann weist mit Bezug auf die freie Marktwirtschaft auf einen Zusammenhang zwischen Freiheit und Wahrnehmung hin: Freiheit könne auch verstanden werden „als Unerkennbarkeit der Ursache von Freiheitseinschränkungen“.[13]
  • Im Existenzialismus gilt der Mensch als unbedingt frei. Zugespitzt formulierten Jean-Paul Sartre und Albert Camus getrennt voneinander, der Mensch sei zur Freiheit verdammt. Diese Auffassung basiert darauf, dass hindernde Umstände als gegeben angesehen werden, so dass ihnen keine freiheitsbegrenzende Qualität zukommt. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Hindernisse als natürlich, gesellschaftlich oder durch Naturgesetze bedingt ansieht. Beispielhaft wird ein Berg nur dann als Hindernis anzusehen sein, wenn der Mensch zuvor die freie Durchfahrt als Normalzustand definiert, was aber nicht der Fall bzw. nur eine menschliche Setzung sei. Genauso könne ein Mensch, der in einem Turm eingesperrt ist, immer noch frei seinen Ausbruch planen, selbst wenn er damit scheitert, weil das Scheitern nicht die Freiheit begrenzt, sondern Teil der menschlichen Existenz und somit seiner Freiheit sei. Das Besondere an der menschlichen Freiheit bestehe darin, dass er die Wahl habe, sich gedanklich in die Umstände zu fügen oder über diese im Rahmen der stets begrenzten menschlichen Möglichkeiten hinwegzuschreiten. Da sich niemand, auch der Gefangene im Turm nicht, in letzter Konsequenz mit den gegebenen Umnständen abfinden muss, bleibt der Mensch frei. Freiheit bedeutet dann aber notwendiger Weise, an den gegebenen Umständen, mit denen sich der Mensch gerade nicht abzufinden bereit ist, zu leiden.

Freiheit als Prinzip der konstitutionellen Gesellschaftsordnung

Politische und zivile Freiheit auf der Welt, basierend auf einer jährlichen Studie von Freedom House (2011) / Grün = frei, Gelb = teilweise frei, Lila = unfrei

Die häufigste Verwendung findet der Freiheitsbegriff heute im Bereich der politischen Freiheit. Diese umschreibt die Möglichkeit des Bürgers, sich am demokratischen Diskurs zu beteiligen und seine Interessen in demokratischer Weise in den allgemeinen Willensbildungsprozess einzubringen. Politische Freiheit umfasst die politischen Grundrechte und deren sowohl individuelle als auch kollektive Wahrnehmung wie bei freien Wahlen.

Die Verfasstheit der westlichen Länder wird auch als freiheitliche demokratische Grundordnung bezeichnet. Diese meint, dass das gesamte Staatswesen, insbesondere die Staatsmacht, auf die politische Freiheit der Staatsbürger zurückgeführt wird. Darüber hinaus steht die freiheitliche demokratische Grundordnung für eine Gesellschaft, in der bestimmte Freiheiten, wie das Recht auf Leben oder die Freiheit vor Sklaverei, auch freiwillig unter Privaten nicht aufgegeben werden können.

Im Kern wird die freiheitliche demokratische Grundordnung durch Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit, Demokratie sowie Marktwirtschaft gewährleistet. Zur Verwirklichung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird vielfach auch die Schaffung einer Zivilgesellschaft oder noch weitergehend einer Bürgergesellschaft gefordert.

Die Legitimität der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird klassischerweise auf zwei Weisen begründet, entweder als Prinzip, welches das Gute im Menschen fördert oder als Prinzip, welches das Gute im Menschen anerkennt und voraussetzt. Während Ersteres der angloamerikanischen Schule zugeordnet wird, gilt Letzteres als kontinentaleuropäisch. Trotz dieser Zuordnung stellt heute kein politisches System eine Reinform einer dieser Schulen dar.

Zurückgehend auf Adam Smith setzt die Freiheit als Ordnungsprinzip gerade keinen Altruismus der zu befreienden Menschen voraus. Der Bäcker soll seine Brötchen nicht aus Altruismus zur Verfügung stellen, sondern aus egoistischem Gewinnstreben heraus. Dieses Gewinnstreben soll nun dazu führen, dass sich der Bäcker darum bemüht, sich optimal auf die an ihn herangetragenen Bedürfnisse seiner Kunden / potenziellen Kunden anzupassen. Freiheit als gesellschaftliches Ordnungsprinzip soll demnach ein gutes Verhalten unabhängig von der moralischen Integrität der beteiligten Personen befördern. Auf Dauer sollen so positive Verhaltensweisen verstetigt und die allgemeine Moral befördert werden.

Die kontinentaleuropäische Sichtweise betont hingegen, dass Freiheiten auch zu Lasten Dritter missbraucht werden können. Trotzdem gesteht auch diese Schule dem Individuum weitreichende Freiheitsrechte zu. Dies wird damit begründet, dass der Mensch im Kern gut sei und er deshalb zugestandene Freiheiten regelmäßig zum Guten gebrauchen wird. Allerdings hat der Staat hier anders als nach der angloamerikanischen Sichtweise die Aufgabe, über die Folgen der Freiheitsanwendung zu wachen, schädliche Freiheitsanwendungen zu unterbinden und unerwünschte Folgen des Freiheitsgebrauches abzumildern oder zu beseitigen.

Die Stärke des angloamerikanischen Ansatzes besteht darin, dass empirische Beispiele für Freiheitsmissbrauch nicht zu einer Negierung des Prinzips der Freiheit führen. Dieser theoretischen Stärke entspricht die Rolle der USA als freiheitlicher Garantiemacht im 20. Jahrhundert.

Die Stärke des kontinentaleuropäischen Ansatzes besteht hingegen darin, dass trotz des liberalen Grundansatzes Missstände nicht nur der Selbstregulation, sondern auch einem aktiven staatlichen Eingreifen und somit oftmals einer rascheren Behebung zugänglich sind. Dieser theoretischen Stärke entsprechen die soziale Absicherung, ein engerer marktwirtschaftlicher Ordnungsrahmen und die vergleichsweise höheren Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit der kontinentaleuropäischen Länder.

Freiheit als Prinzip der Wirtschaftsordnung

Wirtschaftliche Freiheit auf der Welt basierend auf einer jährlichen Studie der Heritage Foundation (2010)

Wenn wirtschaftliche Freiheit das einer Wirtschaftsordnung zugrundeliegende Prinzip ist, wird jene als freie Marktwirtschaft bezeichnet. In einer Marktwirtschaft treffen Angebot und Nachfrage grundsätzlich ohne staatliche Lenkung „frei“ aufeinander. Als steuerndes Element für die Entwicklung von Angebot und Nachfrage wirkt der Preis, welcher sich seinerseits entsprechend dem bestehenden Angebot und der bestehenden Nachfrage bildet. Merkmale der freien Marktwirtschaft sind Privateigentum, Vertragsfreiheit, Gewerbefreiheit, Konsumentenfreiheit, freie Berufswahl, freier Marktzugang und freier Wettbewerb.

Der Marktfreiheit des Marktteilnehmers entspricht in der freien Marktwirtschaft seine Verantwortlichkeit. Verantwortlichkeit bedeutet, dass dem Marktteilnehmer einerseits im Erfolgsfall der aus der Handlung entstehende Gewinn als persönlicher Profit und andererseits im Falle des Misserfolgs die Haftung für die durch das freie Verhalten verursachten Schäden zugeordnet werden.

Gerade im Bereich der Marktfreiheit wird erkennbar, dass einmal bestehende Freiheit kein Zustand ist, der sich ohne Weiteres selbst erhält. So können in einem freien Markt im Sinne völliger staatlicher Zurückhaltung, Unternehmen aus dem freien Wettbewerb heraus auch nach einer marktbeherrschenden Stellung bis hin zu einem Monopol streben. Ziel einer solchen marktbeherrschenden Stellung ist es regelmäßig, den freien Markt im Sinne von Wettbewerb zum Zwecke der Gewinnmaximierung zu begrenzen oder sogar auszuschalten. Kernelement der Sozialen Marktwirtschaft ist daher der Schutz des Marktes vor seinen eigenen Ergebnissen insbesondere durch staatliches Kartellrecht. Außerdem gehört es zur sozialen Marktwirtschaft, dass der Staat dort regulativ eingreift, wo einem freiem Marktverhalten im Falle des Misserfolgs keine ausreichende Haftung gegenüber stünde.

Grundrechte als garantierte Freiheit

Bürger demokratisch verfasster Staaten genießen regelmäßig verfassungsmäßig garantierte Freiheit in Form von Grundrechten (dazu auch Bürgerrechte, Menschenrechte). Die Grundrechte garantieren einen Kernbereich der Persönlichkeit, in welche der Staat nicht eingreifen darf und der auch zwischen privaten Personen regelmäßig zu achten und zu respektieren ist. Neben einigen Gleichheitsrechten werden durch Grundrechte vor allem Freiheitsrechte gewährleistet.

Wesentliche Grundfreiheiten sind die allgemeine Handlungsfreiheit, die allgemeine Vertragsfreiheit, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die Religionsfreiheit, dieser nahe auch die Freiheit der Weltanschauung und des Gewissens, die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit, die Kunstfreiheit, die Wissenschaftsfreiheit, die Koalitionsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, das Post- und Fernmeldegeheimnis sowie die informationelle Selbstbestimmung, die allgemeine Freizügigkeit, die Berufsfreiheit, der Eigentumsschutz einschließlich der Testierfreiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Asylrecht.

Kraft der Grundrechte erhält der Einzelne gegenüber der staatlichen Gemeinschaft eine eigenständige Position zugewiesen, die er rechtsstaatlich durchsetzen kann und kraft derer er prinzipiell in die Lage versetzt sein soll, über sein Leben selbst zu bestimmen, dieses nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und sich hierbei auch mit anderen zu verbinden, um so maßgeblichen Einfluss auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zu nehmen.

Rechtlich ist das Konzept der Grundrechte über den von den meisten Staaten der Welt ratifizierten Pakt für bürgerliche und politische Rechte weltweit anerkannt; die tatsächliche Umsetzung ist allerdings bei Weitem nicht durchgehend gewährleistet und auch in demokratisch entwickelten Staaten nie vollständig gesichert.

Freiheit und andere Werte

Deklaration der Menschenrechte

Individuelle Freiheit als Wert der Selbstbestimmung steht in einem natürlichen Zusammenhang und Spannungsverhältnis zu anderen Werten.

Dieses Verhältnis wurde bereits in der Französischen Revolution durch die Forderungs-Trias von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ umschrieben.

Während sich dort die Gleichheit auf die Gleichheit vor dem Gesetz bezog, wurde später und wird heute in der allgemeinen Debatte eine (als gerecht empfundene) größere materielle Gleichheit als zentraler Grundwert genannt. Dabei ist es wichtig zu unterscheiden, ob man von „Gleichheit der Regeln“ oder „Gleichheit der Ergebnisse“ ausgeht.

Im Zuge der Diskussion um Maßnahmen gegen den Terrorismus wird in jüngster Zeit das klassische Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit wieder intensiv öffentlich problematisiert.

Während liberale Kräfte regelmäßig anderen Werten als der individuellen Freiheit nur dienende Funktion zuschreiben, ihnen also nur insoweit Wertcharakter zumessen, als sie zur Verwirklichung individueller Freiheit hilfreich sind, fordern andere Geistesströmungen regelmäßig einen Ausgleich zwischen den verschiedenen, insbesondere den oben genannten, Werten. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass ein Weniger an individueller Freiheit um ein Mehr an anderen Werten bewusst in Kauf genommen wird.

„Kein Losungswort ist seit dem Jahre 1500 so viel mißbraucht worden wie das Wort „Freiheit“: in der Zeit der Reformation, der Französischen Revolution, des Liberalismus Europas und Amerikas, in den Schlagzeilen der Sowjetzone. Es gab dem natürlichen Bedürfnis des Menschen Ausdruck, in seiner Existenz als Individuum zu tun, was ihm gefällt. Es war das Schlagwort des Kampfes von Individuen gegen eine bindende, einengende Gruppe, gegen eine Familie, einen Stand oder im Kampf einer sozialen Schicht gegen eine zwingende höhere Gemeinschaft. Aber es wurde seltener deutlich – wohl allerdings bei Kant, Fichte, Chamberlain, Jaspers -, daß es keine absolute Freiheit gibt, sondern nur ein Gleichgewicht zwischen Freiheit und Bindung. Für das Leben eines Individuums ist die Freiheit der Bewegung ebenso notwendig wie die Bindung an ein Elternhaus. Die Freiheit der persönlichen Schöpfung im Denken, Fühlen und Gestalten ist ebenso wichtig wie die Bindung dieser Vorgänge an eine Gemeinschaft, die mitwirkt und durch ihren Widerhall mitgestaltet. Von diesem Gleichgewicht, von dieser lebensnotwendigen Polarität müssen wir ausgehen, der Polarität zwischen Bewegungsfreiheit und Ortsgebundenheit, Denkfreiheit und Denkausrichtung durch die Gemeinschaft, zwischen Individuum und Genossenschaft, zwischen schöpferischer Freiheit des Gestaltens und den Formen der Tradition, zwischen der Willkür des Handelns der Individuen oder der Gruppen und dem Widerhall, dem Miterleben durch die höhere Gemeinschaft. Die Existenz des Menschen umfaßt beide Pole; sein Leben entzündet sich durch die Energien, die von dem einen Pol zum anderen strömen: Freiheit und Gebundenheit.“

Gottwalt Christian Hirsch, 1965

Konzepte der politischen Ideologien

„D-Day Europe“ am 6. Juni 1944 - Beginn der Befreiung Europas von Faschismus und deutscher Besatzung

Freiheit gehört zu den wichtigsten, komplexesten und folgenreichsten politisch-philosophischen Begriffen der Neuzeit. Da kaum eine soziale, politische oder moralphilosophische Strömung darauf verzichten kann, sich allgemein zur Freiheit zu bekennen, setzen die unterschiedlichen Zielsetzungen unterschiedlich definierte Freiheitsbegriffe und unterschiedliche Einordnungen des Freiheitsbegriffes voraus.

Der Liberalismus betont besonders die individuelle Freiheit. Klassische Themenfelder des Liberalismus sind daher Menschenrechte, die in Form von verfassungsmäßigen Grundrechten gefordert und verteidigt werden. Kollektive Freiheit wird im Liberalismus regelmäßig auch auf das Individuum zurückgeführt und findet ihren Ursprung in der Vertragsfreiheit. Er setzt die Freiheit somit in Gegensatz zum Kollektivismus. Damit wird etwa auch der ökonomische Liberalismus begründet.

Der Anarchismus beklagt einen Mangel an Freiheit aufgrund bestehender Macht- und Herrschaftsstrukturen. Er lehnt jedwede Herrschaftsform, also auch solche, die demokratisch oder wohlfahrtsorientiert begründet sind, kategorisch ab. Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, die im Anarchismus erstrebt werden, sollen Freiheit gerade ohne herrschaftsgebundenen Ordnungsrahmen ermöglichen.

Der klassische Konservatismus sieht die menschliche Freiheit durch menschliche Determiniertheit, Moral, und durch höhere Mächte (etwa: Gott) beschränkt. Einzelne moderne Ausprägungen des Konservativismus halten hingegen oftmals gerade an traditionellen liberalen Grundüberzeugungen fest, sodass sich im Bereich des modernen Konservativismus ein weites Spektrum zwischen Freiheitsbefürwortung und Freiheitsskeptizismus entwickelt hat. Insbesondere werden hierbei von den einzelnen Strömungen unterschiedliche Gewichtungen der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität aus konservativer Sicht vorgenommen.

Der Sozialismus und Kommunismus strebt die Freiheit der Arbeiterklasse von den Mechanismen und Folgen, vor allem Ausbeutung und Unterdrückung, der kapitalistischen Produktionsweise an. Marx sah in der kapitalistischen Produktionsweise die Ersetzung persönlicher Freiheiten durch die Freiheit des Handels, der Tauschwert tritt an die Stelle der persönlichen Würde.[14] „Erst wenn der wirkliche individuelle Mensch den abstrakten Staatsbürger in sich zurücknimmt und als individueller Mensch in seinem empirischen Leben, in seiner individuellen Arbeit, in seinen individuellen Verhältnissen Gattungswesen geworden ist, erst wenn der Mensch seine „forces propres“ als gesellschaftliche Kräfte erkannt und organisiert hat und daher die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in der Gestalt der politischen Kraft von sich trennt, erst dann ist die menschliche Emanzipation vollbracht.“[15] Der Marxsche Grundsatz, dass die „freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die Entwicklung aller“ ist[16], erfuhr in den realsozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas oftmals sein Gegenteil. Freiheiten wurden dann gewährt, wenn sie den Diskurs des vorgegebenen politisch-gesellschaftlichen Systems nicht verließen.

Der Nationalismus kennt vor allem die Freiheit des eigenen Volkes, etwa von Fremdherrschaft oder als Selbstbestimmungsrecht der Völker.

Im Totalitarismus (dazu Faschismus, Nationalsozialismus, Stalinismus, Dschamahiriyya) hat sich das Individuum dem Volksganzen oder dem Willen des „Führers“ unterzuordnen.

Bestimmung von Grenzen der Freiheit

Hubert Maurer: Odysseus und Circe - Odysseus als Archetyp eines freien Menschen

Ausgehend vom Mill-Limit, wonach der Freiheitsgebrauch dort zu limitieren ist, wo eine Schädigung Dritter erfolgt, stellt sich die theoretische Frage, wie diese Grenze zu bestimmen ist.[17] Nicht jede Schädigung reicht aus, um eine Freiheitsbeschränkung zu rechtfertigen. Die Schädigung muss wiederum drei Kriterien erfüllen, um eine Einschränkung des zugrundeliegenden Freiheitsgebrauchs zu rechtfertigen. Erstens muss die Schädigung über eine gewisse Lästigkeitsgrenze hinausgehen, zweitens darf es für die Schädigung keine überwiegenden rechtfertigenden Gründe geben und drittens muss die Schädigung auch mit einer die konkrete Einschränkung rechtfertigenden ausreichenden Wahrscheinlichkeit eintreten.

Würde bereits jede Lästigkeit als Schädigung ausreichen, wären selbst einfache Freiheitsbetätigungen nicht mehr möglich, weil sich quasi an jedem Verhalten jemand anderes stören kann, selbst am leise gesprochenen höflichen, aber vernehmbaren Wort, an einem Spaziergang auf freiem Feld oder daran, eine bestimmte Kleidung öffentlich sichtbar zu tragen. Eine Schädigung kann in diesem Sinne daher nur dort angenommen werden, wo ein anderer Mensch in einer erheblichen Weise in seinem eigenen Freiheitsgebrauch gestört wird.

Zudem ist der Nutzen, den ein konkreter Freiheitsgebrauch verspricht, bei der Frage, ob ein hiergegen gerichteter Einschränkungsanspruch gerechtfertigt ist, angemessen zu berücksichtigen. So kann es als angemessener, nicht einzuschränkender Freiheitsgebrauch angesehen werden, etwa einen Flughafen mit entsprechenden akustischen Lärmemissionen zu betreiben, obwohl eine gleichgroße und gleichregelmäßige Lärmemission an selber Stelle für private Feste unzulässig wäre. Der Unterschied besteht darin, dass ein Flughafenbetrieb zwar die Freiheit Dritter vor störendem Lärm genauso beeinträchtigt wie ständige private Großfeste, der öffentliche Nutzen des Flughafenbetriebs aber so hoch eingeschätzt werden kann, dass auch ein erhöhtes Maß an Störung möglicher Weise keine Freiheitseinschränkung in Form eines Flugverbots rechtfertigt.

Schließlich erfordert eine Freiheitseinschränkung, dass die befürchtete Schädigung mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eintritt. Grundsätzlich ergibt sich aus der Chaostheorie, dass jedes menschliche Verhalten auch eine unüberschaubare Kausalkette in Bewegung setzen kann, die ihrerseits auch unerwünschte Freiheitsbeschränkungen Dritter auszulösen vermag. Damit eine Einschränkung der Freiheit gerechtfertigt ist, muss die Freiheitseinschränkung beim Dritten nicht als sicheres Ereignis gelten, wohl aber so wahrscheinlich sein, dass schon die Möglichkeit dieses Eintritts nicht zu rechtfertigen ist. Ob ein Verhalten zu beschränken ist, hängt somit insbesondere auch von der Wahrscheinlichkeit ab, mit der ein Verhalten genau diese Schädigung auslöst.

Ohne die genannten drei Ergänzungen zum Mill-Limit (Erheblichkeit, fehlende Rechtfertigung, Wahrscheinlichkeit) wäre freies menschliches Verhalten theoretisch nie zulässig. Umgekehrt sind alle drei Ergänzungen von normativen Setzungen abhängig. Welche Verletzungen als erheblich angesehen werden, welcher Nutzen oder potenzielle Nutzen als Rechtfertigung ausreichen soll und wie viel Risiko akzeptabel ist, bzw. umgekehrt, ab welcher Realisierungswahrscheinlichkeit ein schadensgeneigtes Verhalten gerade nicht mehr hingenommen werden soll, wird in verschiedenen Zeiten von verschiedenen Gesellschaften unterschiedlich zu beantworten sein. Es spielen hierbei sowohl die allgemeine Risikoneigung einer Gesellschaft, die subjektiv-emotionale Einschätzung bestimmter Risiken, die Gewöhnung an gewissen Gefährdungssituationen und die normative Beurteilung bestimmter Schutzgüter bzw. bestimmter rechtfertigender Nutzen eine Rolle.

Die normativen Setzungen für die Rechtfertigung von Freiheitseinschränkungen können somit nicht abstrakt-absolut definiert werden, sondern müssen konkret im Einzelfall bestimmt werden. Diese Bestimmung unterliegt in Demokratien wiederum bestimmten Verfahren. Das theoretische Problem der Bestimmung von Freiheitsgrenzen durch demokratische Verfahren besteht darin, dass individuelle Freiheit nach dem Mill-Limit gerade aus sich heraus schützenswert ist und also nicht abhängig von einer Gewährung durch eine demokratische Mehrheit sein soll. Die Begründungspflicht verbleibt somit auch bei demokratischer Legitimation bei denjenigen, die einen bestimmten Freiheitsgebrauch einschränken wollen.

Diese Sichtweise hat sich in der Verfassungswirklichkeit der westlichen Demokratien weitgehend durchgesetzt und dazu geführt, dass auch Mehrheitsentscheidungen einer an den Freiheitsrechten ausgerichteten (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit unterworfen sind.

Siehe auch: Supreme Court und EuGH

Zitate

„Die Freiheit ist das einzige Gut, welches sich durch Nichtgebrauch abnützt.“

Voltaire

„Ich bin nicht Eurer Meinung, aber ich werde darum kämpfen, dass Ihr Euch ausdrücken könnt.“

Voltaire

„Freiheit ist immer Freiheit der anders Denkenden, sich zu äußern.“

Rosa Luxemburg

„Für die Freiheit hat uns Christus befreit, darum … lasst euch nicht wieder unter ein Joch der Knechtschaft bringen “

Paulus

„Freiheit ist wie die Luft zum Atmen“

François Mitterrand

Indizes

Indizes für Freiheit in der Welt 2011

Diese Liste weist Organisationen aus, welche in regelmäßigen Zeitabständen die eingerückt angegebenen Indizes zu unterschiedlichen Aspekten und Bereichen von Freiheit ermitteln und veröffentlichen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Wikiquote: Freiheit – Zitate

Einzelnachweise

  1. Ian Carter: Positive and Negative Liberty, in: Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben).
  2. Kant, Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1900ff, AA IV, 446–447 / Weischedel 7, 81.
  3. In: Isaiah Berlin: Freiheit. Vier Versuche. 1958, ISBN 3-596-16860-0.
  4. oder den Prozess hin zu diesem UZstand = den Prozess der Befreiung
  5. Wilhelm von Humboldt: Rechenschaftsbericht an den König. 1809. In: A. Flitner, K. Giel (Hrsg.): Wilhelm von Humboldt. Werke in fünf Bänden. Darmstadt/Stuttgart 1960–81, Bd. IV, S. 218.
  6. Orlando Patterson: Freiheit, Sklaverei und die moderne Konstruktion der Rechte. In: Hans Joas, Klaus Wiegand [eds.]: Die kulturellen Werte Europas. Frankfurt a. M. 2005, ISBN 978-3-596-16402-8.
  7. Qualitative oder quantitative Freiheit?, in Rechtsphilosophische Hefte XII / 2007, 107-119.
  8. Sir Ralf Dahrendorf: Die Zukunft der Freiheit. In: Die ZEIT, 03/1975, Hamburg, 10. Januar 197.
  9. Claus Dierksmeier, Michael Pirson: The Modern Corporation and the Idea of Freedom. In: Philosophy & Management, Vol. 9.3 / 2010.
  10. Philipp Rösler, Christian Lindner: Freiheit: gefühlt - gedacht - gelebt, liberale Beiträge zu einer Wertediskussion. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009. ISBN 978-3-531-16387-1.
  11. Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit, 9. Auflage, Frankfurt am Main 2009.
  12. Vgl. Henneke Gülzow, Christentum und Sklaverei in dern ersten drei Jahrhunderten, Bonn 1969, S. 177ff.
  13. Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, S. 113.
  14. Marx-Engels-Werke (MEW) 4, S. 465
  15. Marx-Engels-Werke (MEW) 1, S. 370
  16. Marx-Engels-Werke (MEW) 4, S. 482
  17. Josef Isensee, Paul Kirchhof: Handbuch des Staatsrechts. Heidelberg, laufende Loseblattsammlung.

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