Freies Assoziieren

Freies Assoziieren

Die Freie Assoziation ist eine Methode der psychoanalytischen Therapie Sigmund Freuds. Der Patient soll in der Therapie seinen Einfällen (Assoziationen) zu Personen, Ereignissen, Dingen oder Symbolen völlig freien Lauf lassen, ohne seine Äußerungen zu zensieren, auch wenn sie ihm als unpassend, unangenehm, sittenwidrig, unsinnig oder unwichtig erscheinen. In Kombination mit der Traumdeutung wurde diese „Grundregel“ der psychoanalytischen Therapie zum wesentlichen Grundpfeiler der klassischen Psychoanalyse.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Die Entdeckung des Freien Assoziierens geht auf eine Beobachtung Freuds zurück, die er im Zuge der Behandlung einer nervösen Patientin machte. Er erkannte Zusammenhänge zwischen den ihm zunächst unverständlich und verwirrt anmutenden Phantasien der Patientin und ihrer Krankheitsproblematik. Nach und nach erprobt und erweitert, ließ sich das Freie Assoziieren schließlich methodisch anwenden.

Hinter der Bedeutung des Freien Assoziierens steht die Theorie Freuds, dass ein großer Teil dessen, was ein Mensch denkt, sagt, tut und empfindet, durch das Unbewusste bestimmt ist. Unbewusste Regungen, z.B. verdrängte oder abgewehrte Gefühle oder Triebe, unterliegen im Alltag gewöhnlich einer „Zensur“ durch Ich und Über-Ich, die in der Regel ein zweifaches Ziel hat:

  • die Konfrontation mit verdrängten, z.B. schmerzhaften und traumatischen oder das Selbstwertgefühl bedrohenden Gefühlen zu vermeiden
  • und mögliche Konflikte mit den sittlichen und normativen Ansprüchen der sozialen Umgebung zu verhüten, die viele Regungen der Lebenstriebe bzw. des (Es) nicht duldet.

Gedanken und Gefühle, die die psychische Stabilität bedrohen könnten, sowie anderweitig 'gefährliche', z.B. sozial sanktionierte Regungen (wie Aggressionen und sexuelle Wünsche), werden so unter Verschluss gehalten. Sie bleiben entweder ganz unbewusst (und kommen dann manchmal als Fehlleistung oder als neurotisches Symptom wieder zum Vorschein), oder sie sind zwar bewusst, aber werden nur als innere Phantasien zugelassen, ohne vor Anderen ausgesprochen zu werden.

Beim Freien Assoziieren wird diese Kontrolle oder Zensur durch eine bewusste Gegenentscheidung des Ichs zumindest tendenziell aufgehoben, was der Erkenntnis des Unbewussten, die das Zentrum der psychoanalytischen Therapie bildet, zugute kommen soll. Andere klassische Methoden der Psychoanalyse, Zugang zum Unbewussten zu erlangen, sind die Traumdeutung oder auch die Analyse von Fehlleistungen.

Praxis in der Psychoanalyse

Zu Beginn jeder Analyse wird – ausdrücklich oder stillschweigend – zwischen Analytiker und Analysand ein „Arbeitsvertrag“ in Form einer „Grundregel“ vereinbart, die beinhaltet, dass der Analysand seine Assoziationen vorbehaltlos und ohne bewusste Zensur zur Sprache bringen soll.

Um dann möglichst gut frei assoziieren zu können, sollte gewährleistet sein, dass der Patient sich so entspannt und unbeeinflusst von seiner Umgebung wie möglich dem Assoziieren widmen kann. Hierzu dient das mittlerweile klassisch gewordene, aber nicht zwingend notwendige ‚Setting‘ der Psychoanalyse: Der Patient liegt auf einer Couch, ohne Blickkontakt zu dem meist hinter ihm sitzenden Analytiker zu haben, wodurch sich der Patient unbeobachtet fühlen soll. Auch setzt die liegende, dem Schlafen nachempfundene Position die Muskelspannung des Körpers herab und kann durch ihre entspannende Wirkung das Entstehen tranceähnlicher Zustände sowie insbesondere das Entstehen „innerer Bilder“ fördern. Freud selbst beschrieb dieses Setting einmal folgendermaßen:

„Nachdem es sich der Patient auf der Couch bequem gemacht hat, nimmt der Arzt hinter ihm ungesehen Platz: 'Bitte teilen Sie mir mit, was Sie von sich wissen, eröffnete er die erste Analysestunde, sagen Sie alles, was ihnen durch den Sinn geht. Benehmen Sie sich so, wie zum Beispiel ein Reisender, der am Fensterplatz eines Eisenbahnwaggons sitzt und den ihm inneren Eindruck beschreibt, wie sich vor seinen Blicken die Aussicht verändert.'“[1]

Die Hauptbedingung für Freies Assoziieren, das letztlich immer auf einer bewussten Willensentscheidung des Sprechenden basiert, ist jedoch innerhalb einer psychoanalytischen Therapie vor allem eine von Vertrauen geprägte Beziehung zwischen Analytiker und Analysand.

Freies Assoziieren außerhalb der Psychoanalyse

Die Methode des Freien Assoziierens ist auch in nicht-therapeutischen Zusammenhängen verbreitet: So etwa als Teil des Ideenfindungspozesses im Brainstorming und damit als wichtiger Bestandteil von Kreativität, als „offene Frage“ in Interviews, in der Marktforschung[2], als Diagnoseinstrument der Psychiatrie (vgl. Rorschachtest) oder als bloßes Unterhaltungsspiel (vgl. z.B. Kippbild).

Die französischen Surrealisten entwickelten, angeregt durch Freuds Schriften, das automatische Schreiben als künstlerische Technik und nutzten die spontane Notation von Einfällen als Mittel zur Inspiration und Selbsterkenntnis.

Literatur

  • Sigmund Freud: Schriften zur Behandlungstechnik, Studienausgabe-Ergänzungsband, Frankfurt a.M.: Fischer 1975

Zitatnachweise

  1. Zit. nach wwww.freud-institut.com. Originalquelle?
  2. Vgl. als Beispiel: [1].

Weblinks


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