Freda Meissner-Blau

Freda Meissner-Blau
Freda Meissner-Blau (2009)

Freda Meissner-Blau (* 11. März 1927 in Dresden) ist eine österreichische Politikerin und gilt als Galionsfigur der österreichischen Ökologiebewegung. Sie war die erste Parteivorsitzende der österreichischen Grünen.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit – Eltern – Schule

Freda Meissner wurde am 11. März 1927 als jüngstes von vier Kindern in Dresden geboren, ihre Mutter kam aus einer wohlhabenden Industriellenfamilie. Ihr Vater Ferdinand Meissner-Hohenmeiss, der einem altösterreichischen Offiziersgeschlecht entstammte, war Nationalökonom und Journalist. Er schrieb Artikel gegen das Nazi-Regime, wurde daraufhin als „Volksschädling“ gebrandmarkt und emigrierte 1939 nach Großbritannien. Um der drohenden Sippenhaft zu entgehen, wurde die Ehe geschieden, die Familie zog um nach Reichenberg in Böhmen. In Reichenberg setzte Freda Meissner-Blau den in Wien begonnenen Mittelschulbesuch fort. Mit 17 Jahren entschloss sie sich zur Übersiedlung nach Dresden, wo sie die Bombardierung der Stadt aus nächster Nähe miterlebte. Diese Erfahrungen ließen sie den Entschluss fassen, sich mit ganzer Kraft für das friedliche Zusammenleben der Menschen einzusetzen. 1947 ging sie zurück nach Wien. Mit einem Kriegsmaturazeugnis begann sie Publizistik und Journalistik zu studieren und nebenher für die amerikanische Besatzungsmacht zu arbeiten. Im gleichen Jahr reiste sie nach Großbritannien, um ihren Vater zu besuchen, absolvierte dort eine Krankenschwesternausbildung und inskribierte sich schließlich in Frankfurt am Main in Medizin. In Frankfurt lernte sie Georges de Pawloff kennen, der für die französische Besatzungsmacht arbeitete. Es kam 1953 zur Heirat.

Weltreisen – die Globetrotterin

Die nächste Station der Globetrotterin war Zentralafrika, im damaligen Belgisch-Kongo arbeiteten sie und ihr Mann für eine deutsche Firma. 1954 wurde dort ihr erstes Kind, Ted Oliver, geboren. Ein weiteres einschneidendes Erlebnis stellte für sie während ihres dreijährigen Aufenthaltes in Belgisch-Kongo der blutige Kampf der einheimischen Bevölkerung gegen die ausbeuterische Kolonialherrschaft dar. Ihre späteres Engagement für die sogenannte „Dritte Welt“ und, damit einhergehend, ihr Kampf für eine gerechtere Weltordnung wurzelt in den prägenden Erlebnissen dieser Zeit.

Durch eine berufliche Veränderung kehrte Meissner-Blau schließlich nach Paris zurück und wurde Mitarbeiterin im social science department der UNESCO. Nebenbei übersetzte sie Angebote französischer Konzerne zum Thema Errichtung von Kernkraftwerken. Das veranlasste sie dazu, sich näher mit der zivilen Atomkraftnutzung zu beschäftigen, wodurch sie zu einer Atomkraftgegnerin wurde. Zeitgleich begann sie, sich auch mit Umweltfragen auseinanderzusetzen, dadurch wuchs sie allmählich in die Rolle einer Vorkämpferin für die Ökologiebewegung.

1962 übersiedelte sie abermals mit ihrer Familie, diesmal zurück nach Wien. Ihr Ehemann arbeitete zu der Zeit bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien. Sie wurde zur Generalsekretärin des kurz zuvor gegründeten Instituts für höhere Studien (IHS) bestellt (1962–1968). Ab 1967 war sie unter Direktor Ernst Florian Winter tätig. Namen wie Anton Pelinka, Traudl Brandstaller, Peter Gerlich, Helmut Kramer und viele andere legen für die hervorragende Vermittlung des Faches Politikwissenschaft Zeugnis ab. 1963 wurden ihre Zwillinge Nicolas und Aleksandra geboren.

Im Jahr 1968 übersiedelte sie wieder zurück nach Paris, wo sie sich mit den wichtigsten Anliegen der Studentenrevolten, dem Kampf gegen die autoritären Strukturen und Hierarchien, dem Kampf für mehr Demokratie und für Frauenrechte, identifizierte. Ihre Ehe zerbrach an politischen Meinungsverschiedenheiten. 1970 heiratete sie Paul Blau. Blau war journalistisch tätig und engagierte sich in der Gewerkschaftsbewegung. Von 1967 bis 1970 war er Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung. Ihr politisches und ökologisches Engagement, ihre Ideen und Ziele stimmten nahezu perfekt überein.

Rückkehr nach Wien

1972 kehrten die beiden nach Wien zurück, Meissner-Blau wurde Bildungsreferentin der ÖMV, hielt Fortbildungsseminare für junge Arbeiterinnen und Arbeiter und kam so in Kontakt mit sozialdemokratischen Politikerinnen und Politikern und trat schließlich der SPÖ bei. Das zunehmende Umweltbewusstsein und damit einhergehende Thematisierung des Themas durch die Medien ließ eine recht breite Bewegung für Umweltschutz und gegen Atomenergie in Europa entstehen. Auch in Österreich bildete sich eine Front gegen die Atomvorhaben der damaligen Regierung. Freda Meissner-Blau gehörte damals zu den Vordenkerinnen und Sprecherinnen der umweltpolitischen Widerstandsbewegung(en). Durch eine Volksabstimmung am 5. November 1978 wurde die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf verhindert und die Ökologiebewegung Österreichs verzeichnete einen ermutigenden Erfolg. Im Jahr 1984 beim Kampf um die Hainburger Au war Meissner-Blau abermals eine der wichtigsten Mitstreiterinnen. Verhandlungen mit der Regierung, an denen auch Meissner-Blau teilnahm, schienen zuerst erfolglos, durch den entschlossenen Kampf und direkte Aktionen musste die Regierung den Kraftwerksbau jedoch ad acta legen.

Politische Karriere

Nach den Erfolgen in Zwentendorf und Hainburg wurde Meissner-Blau zunehmend bekannter und ließ sich von Freundinnen, Freunden sowie politischen Weggefährtinnen und Weggefährten dazu überreden, sich im Frühjahr 1986 als Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin für die „Grünbewegung“ aufstellen zu lassen. Hauptgrund war das Antreten des rechtsextremen FP-Politikers Otto Scrinzi. Sie unterlag jedoch im ersten Wahlgang mit 5,5 Prozent Kurt Waldheim (49,6 %) und Kurt Steyrer (43,7 %). Nach heftigen Grabenkämpfen zwischen konservativen und emanzipatorischen Gruppierungen innerhalb der Ökologiebewegung entstand 1986 die Partei die GRÜNE Alternative. Meissner-Blau trat als Spitzenkandidatin zur Nationalratswahl 1986 an, erreichte 4,8 Prozent und ein Grundmandat in Niederösterreich und zog dadurch mit sieben Männern aus ihrer Partei ins Parlament ein. Trotz ihrer Forderung einer geschlechterparitätischen Aufteilung kam es zu keiner ausgeglichen Verteilung der Geschlechter innerhalb des grünen Parlamentsklubs. Meissner-Blau wurde dennoch Klubobfrau. Nachdem sich die Fraktion 1988 konsolidiert hatte, legte sie am 6. Dezember 1988 ihr Mandat nieder. Der Erfolg der „Grünen“ in Österreich ist mit als ihr Verdienst zu würdigen.

Unter dem Vorsitz von Meissner-Blau und Gerhard Oberschlick fand im Juni 1995 das 1. Internationale Menschenrechtstribunal, in dem die Republik Österreich der Verletzung der Menschenrechte Homo-, Bi- und Transsexueller Menschen schuldig befunden wurde, in Wien statt.[1]

Nach dem Ausscheiden aus der Politik arbeitete Meissner-Blau für internationale Gremien, war als Schriftstellerin tätig und hielt viele Vorträge. Vor einigen Jahren musste sie sich einer Herztransplantation unterziehen. Ihr Ehemann Paul Blau starb am 27. Oktober 2005.

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Gerhard Oberschlick: Appell des 'Internationalen Menschenrechts-Tribunals' gegen die Diskriminierung von Homosexuellen und Transsexuellen in den Medien. In: Database on legal information relevant to the audiovisual sector in Europe IRIS Merlin. The Audiovisual Law Information Wizard 1995-7:12/36 [1]

Literatur

  • Greta Henning: Der patriarchale Diskurs der Freda Meissner-Blau und ‚fa‘: f a wie: für alle: ihres- und seinesgleichen. In: Die Grüne F Abyss. Internationale polylinguale Zeitschrift für Grüne Kultur/Politik. Nr.2/1989, S. 31ff.

Weblinks

 Commons: Freda Meissner-Blau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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