Franzobel

Franzobel

Franzobel (* 1. März 1967 in Vöcklabruck, Oberösterreich; eigentlich Franz Stefan Griebl) ist ein österreichischer Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franzobel ist der Sohn eines Chemiearbeiters. Er absolvierte die Höhere Technische Lehranstalt für Maschinenbau in Vöcklabruck und studierte von 1986 bis 1994 in Wien Germanistik und Geschichte. Nebenbei war er als Komparse am Wiener Burgtheater tätig.[1] Das Studium schloss er mit einer Diplomarbeit über Visuelle Poesie ab.[2] Seit 1989 ist er als freier Schriftsteller tätig. Er lebt in Wien, Pichlwang und Buenos Aires.

In einem Standard-Interview 2004 erklärte Franzobel, dass es zahlreiche Legenden über die Herkunft seines Künstlernamens gebe. Gemäß einer stamme der Name von einer Fußballübertragung im Fernsehen (Frankreich gegen Belgien), bei der ihm die Bildmarke "FRAN 2:0 BEL" ins Auge stach, die er als "Franzobel" las.[3] In einem anderen Interview mit dem Kurier aus dem Jahr 2007 erklärte er, der Name sei eine Kombination aus dem Vornamen seines Vaters, Franz, und dem Geburtsnamen seiner Mutter, Zobl.[4]

Franzobel hat einen Sohn, geb. 1998, mit der bildenden Künstlerin Carla Degenhardt. Im April 2010 wurde er ein zweites Mal Vater - Mutter ist seine Partnerin Maxi Blaha.[5]

Schaffen

Neben seiner literarischen Tätigkeit (er publiziert im Eigenverlag, in Kleinverlagen und innerhalb von Mail-Art-Projekten) arbeitete Franzobel als Maler (Concept Art bis 1992). Er hat zahlreiche Theaterstücke, Prosatexte und Lyrik veröffentlicht, die in der Spannung zwischen Strukturen und Experiment stehen. So arbeitete er beispielsweise mit automatisierter Übersetzung, unter anderem im Periodikum Rampe. Seine großen Romane sind dagegen eine Mischung aus phantastischem Realismus, Sprachspiel und Wiener Volksstück. Franzobels Welt ist skurril, voller Humor und Anspielungen auf die Zeitgeschichte.

Sein Werk ist beeinflusst von den Dadaisten, der Wiener Gruppe und Heimito von Doderer. Selbst hat er sich einmal als literarischer Aktionist bezeichnet, der vor allem das Konzept des Individualanarchismus verfolgt. Er schreibt auch für Kinder, z.B. das Bilderbuch Schmetterling Fetterling (2004) und das Theaterstück Moni und der Monsteraffe (2006). Letzteres wird seit Oktober 2006 im Kabarett Niedermair gespielt. Von 1994 bis 1998 betreute er den Kleinverlag Edition ch.

Franzobel ist Anhänger des Fußballklubs SK Rapid Wien. Über seine Fußballleidenschaft erschien 2006 ein Erzählband mit dem Titel Der Schwalbenkönig. Franzobel nahm an der ORF-Fußballshow „Das Match“ teil, wurde aber in der zweiten Folge (als erster von drei Mitspielern) von der Mannschaft aus dem Team gewählt.

In seinem Theaterstück von 2010 über Berta Pappenheim (1859-1936), einer Patientin von Sigmund Freud und Josef Breuer, interessierte ihn, "ob die Hysterie tatsächlich stattgefunden hat" oder ob Pappenheim als junge Frau nur in ihren Arzt Josef Breuer verliebt war. Pappenheim gilt als die erste psychoanalytische Patientin überhaupt. Das Stück Die Pappenheimer oder das O der Anna O hatte am 4. Oktober 2010 am Schauspielhaus Wien seine Uraufführung unter der Regie von Jan-Christoph Gockel.[6]

Dass sich der Querdenker auch mit aktuellen Fragen der Wissenschaft auseinandersetzt, stellt er mit dem 2011 publiziertem Buch LHC unter Beweis. Franzobel zeichnet in diesem, gemeinsam mit CERN herausgegebenem Photoband über den Large Hadron Collider für die Texte verantwortlich.

Auszeichnungen

Werke

Bücher

  • Thesaurus. Ein Gleiches. Gedichte. Eigenverlag, 1992.
  • Das öffentliche Ärgernis. Prosa. Klagenfurt: edition selene, 1993.
  • Überin. Die Gosche. Prosa. Illustrationen: Franzobel. Klagenfurt: edition selene, 1993.
  • Masche und Scham. Die Germanistenfalle - Eine Durchführung & Das öffentliche Ärgernis. Proklitikon. Klagenfurt: Edition Selene, 1993.
  • Die Musenpresse. Aus einem Roman von Margarete Lanner. Mit mehreren Bildnachweisen. Klagenfurt: Ritter, 1994.
  • Elle und Speiche. Modelle der Liebe. Gedichte und Prosa. Wien: Das Fröhliche Wohnzimmer, 1994.
  • Ranken. Prosa. Illustrationen: Carla Degenhardt. Klagenfurt: edition selene, 1994.
  • Hundshirn. Prosa. Illustrationen: Franzobel. Linz: Blattwerk, 1995.
  • Die Krautflut. Erzählung. Nachw.: Thomas Eder. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1995.
  • Schinkensünden. Ein Katalog. Klagenfurt: Ritter, 1996.
  • Unter Binsen. [Mit Christian Steinbacher] Graz: edition gegensätze, 1996.
  • Linz. Eine Obsession. München, Berlin: Janus Press, 1996.
  • Der Trottelkongreß. Commedia dell'pape. Ein minimalistischer Heimatroman. Klagenfurt, Wien: Ritter, 1998.
  • Böselkraut und Ferdinand. Ein Bestseller von Karol Alois. Wien: Zsolnay, 1998.
  • Das öffentliche Ärgernis. Proklitikon. & Masche und Scham. Die Germanistenfalle - eine Durchführung. Wien: Edition Selene, 1998.
  • Met ana oanders schwoarzn Tintn. Dulli-Dialektgedichte. Weitra: Bibliothek der Provinz, 1999. (In Anspielung auf H. C. Artmann)
  • Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt. Roman. Wien: Zsolnay, 2000.
  • Best of. Die Highlights. o. O: Edition Aramo, 2001.
  • Shooting Star. Klagenfurt: Ritter, 2001 (aufgrund rechtlicher Auseinandersetzungen vom Markt genommen)
  • Mayerling. Die österreichische Tragödie. Stück, Materialien, Collagen. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2002, ISBN 978-3-85165-514-8.
  • Lusthaus oder Die Schule der Gemeinheit. Roman. Wien: Zsolnay, 2002.
  • Mundial. Gebete an den Fußballgott. Graz, Wien: Droschl, 2002.
  • Scala Santa oder Josefine Wurzenbachers Höhepunkt. Piper 2002
  • Austrian Psycho oder Der Rabiat Hödlmoser. Ein Trashroman in memoriam Franz Fuchs. Bibliothek der Provinz, 2002.
  • Mozarts Vision. Stück, Materialien, Collagen. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2003, ISBN 978-3-85165-611-4.
  • Luna Park. Vergnügungsgedichte. Wien: Zsolnay 2003.
  • Wir wollen den Messias jetzt oder Die beschleunigte Familie. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2005, ISBN 978-3-85165-707-4.
  • Der Narrenturm. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2005, ISBN 978-3-85165-660-2.
  • Das Fest der Steine oder Die Wunderkammer der Exzentrik. Wien: Zsolnay 2005.
  • Der Schwalbenkönig oder Die kleine Kunst der Fußball-Exerzitien. Klagenfurt, Wien: Ritter Verlag, 2006.
  • Liebesgeschichte. Roman. Wien: Zsolnay 2007.
  • Franzobels großer Fußballtest. Wien: Picus 2008.
  • Lady Di oder Die Königin der Herzen. Eine Farce vom Begehren. 1. Auflage. Passagen, Wien 2008, ISBN 978-3-85165-8323.
  • Österreich ist schön Ein Märchen. Zsolnay, Wien 2009. ISBN 978-3-552-05473-8.
  • mit Franz Novotny, Gustav Ernst: Filz oder ein Wirtschafts-Flip-Fop-Schmierfilm mit Blutsauger-Blues und Lucky-Strike-Fondue aus dem Land der Bawagbabas, auch EXIT III genannt. Ritter, Klagenfurt 2009. ISBN 978-3-85415-449-5.

Theaterstücke

  • 1996 Das Beuschelgeflecht
  • 1997 Kafka. Eine Komödie
  • 1998 Paradies
  • 1998 Nathans Dackel oder Die Geradebiegung der Ring-Parabel. Eine Lessingvollstreckung
  • 1998 Bibapoh
  • 1998 Der Ficus spricht. Minidrama für A, B, einen Volkssänger, ein Blumenmädchen und einen Gummibaum
  • 1999 Phettberg. Eine Hermes-Tragödie
  • 1999 Volksoper
  • 2000 Olympia. Eine Kärntner Zauberposse samt Striptease
  • 2001 Mayerling
  • 2003 Black Jack
  • 2003 Mozarts Vision
  • 2004 Flugangst
  • 2005 Hunt oder Der totale Februar
  • 2005 Wir wollen den Messias jetzt oder die beschleunigte Familie
  • 2006 Hirschen
  • 2007 Z!pf oder die dunkle Seite des Mondes
  • 2008 Der Impressario von Schmierna
  • 2009 Prinzessin Eisenherz [7]
  • 2009 Big Bang Löbinger
  • 2010 Bordellballade (Songspiel, zusammen mit dem Komponisten Moritz Eggert)
  • 2010 Moser oder die Passion des Wochenend-Wohnzimmergottes
  • 2010 Die Pappenheimer oder das O der Anna O, UA: 4. November 2010, Schauspielhaus, Wien
  • 2011 Der Boxer oder die Zweite Luft des Hans Orsolics

Sekundärliteratur

Aufsätze
  • Martin A. Hainz: »die wirklichkeit bläht sich weiter auf und zerplatzt«. Zu Heimito von Doderer, Oswald Wiener und Franzobel. In: Weimarer Beiträge. Jg. 50 (2004), Heft 4, S. 539-558, ISSN 0043-2199.
  • Bettina Rabelhofer: Der Hunger nach Wahnsinn. Zur Subkultur des psychopathologischen Unterschlupfs: Franzobel, Soria, Hochgatterer. In: Friedbert Aspetsberger, Gerda E. Moser (Hrsg.): Leiden ... Genießen. Zu Lebensformen und -kulissen in der Gegenwartsliteratur. StudienVerlag, Innsbruck 2005, ISBN 3-7065-4167-X, S. 164-182.
Bücher
  • Barbara Falter: Franzobel französisch? Eine Untersuchung literarischer und szenischer Übersetzungsprozesse unter besonderer Berücksichtigung der komischen Elemente. Universität, Wien 2009 (Diplomarbeit).
  • Andreas Freinschlag: Kynisch-komische Chaosmologie. Eine literaturgeschichtliche Ahnenforschung zu Franzobels Roman „Scala Santa“. Edition Praesens, Wien 2005, ISBN 3-7069-0310-5.
  • Sibylla Haindl: Das Groteske als Strukturprinzip in Franzobels Roman „Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt“. Universität, Wien 2007 (Diplomarbeit) [1]
  • Notburga Leeb: Aspekte der Dialogizität in Franzobels „Die Musenpresse“. Universität, Wien 2005 (Diplomarbeit).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. "Franzobel - Der vielseitige Künstler", ORF Niederösterreich-Magazin.
  2. "Biografie von Franzobel", DiePresse.com.
  3. "Franzobel will mit Seeger plauschen" – Der Standard, 7. Mai 2004
  4. "Fußball ist wie Liebe. Ein ewiges Bangen und Hoffen.", Interview mit Franzobel. Kurier, 21. Oktober 2007.
  5. Heute (österreichische Zeitung) vom 23. Dezember 2009
  6. Deutschlandradio Kultur vom 4. Oktober 2010: „Wer war Gerda Pappenheim?“
  7. "Prinzessin Eisenherz" :Angst vor menschlicher Tiefe, Kleine Zeitung, 21. März 2009

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