Franziska Tiburtius

Franziska Tiburtius

Franziska Tiburtius (* 24. Januar 1843 auf dem Gut Bisdamitz auf Rügen; † 5. Mai 1927 in Berlin) war eine deutsche Ärztin und Kämpferin für das Frauenstudium.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren als Pächterstochter auf Rügen absolvierte Tiburtius eine private Mädchenschule in Stralsund. Nach dem Schulabschluss war sie mehrere Jahre als Gouvernante und Erzieherin auf Rügen tätig, bevor sie sich entschloss, Medizin zu studieren – ein ungewöhnlicher Entschluss für eine Frau ihrer Zeit. Aufgrund des in Deutschland herrschenden Studierverbotes für Frauen begab sich Tiburtius nach Zürich, da lediglich die Schweiz zur damaligen Zeit ihre Universitäten für Frauen geöffnet hatte und ihnen das Promotionsrecht bot. Im Jahre 1871 nahm sie dort ein Studium der Medizin auf und wurde 1876 zum Doktor der Medizin promoviert. Anschließend verbrachte sie noch einmal sechs Wochen bei ihrer Mutter in Rambin auf Rügen. Wie sie später in ihren Lebenserinnerungen schilderte, wurde Tiburtius bereits dort als Ärztin in Anspruch genommen; kurz vor ihrer Abreise schlugen ihr die Dorfbewohner vor, gleichsam als eine besoldete Gemeindeärztin dort zu bleiben. Sie nahm jedoch die professionelle Laufbahn wieder auf und ging als Volontärärztin nach Leipzig und anschließend an die Frauenklinik in Dresden. Trotz der in Zürich erteilten Berufszulassung erhielt sie in Dresden dennoch keine Approbation, worauf sie nach Berlin ging.

Wirken

Grabmal von Franziska Tiburtius in Stralsund

In Berlin eröffnete Tiburtius mit ihrer Studienkollegin, Emilie Lehmus (1841–1932), im Stadtbezirk Prenzlauer Berg eine eigene Praxis. Als erste deutsche Ärztinnen mit eigener Praxis sahen beide sich jahrelang öffentlichen Anfeindungen und Vorbehalten der männlichen Ärzteschaft ausgesetzt. Sie durften zwar praktizieren, jedoch mussten sie sich als „Dr. med. in Zürich“ ausweisen, wonach sie dem Status nach Heilpraktiker waren. Der Titel „Arzt“ wurde ihnen nicht zugestanden, da dieser an eine deutsche Approbation gebunden war. Mit einer weiteren Studienkollegin, der deutschen Ärztin Agnes Hacker, eröffnete Franziska Tiburtius dessen ungeachtet im Jahr 1908 die Chirurgische Klinik weiblicher Ärzte. In dieser Poliklinik wurden insbesondere Frauen aufgenommen, die keiner Krankenkasse angehörten. An Bedürftige wurde kostenlos Arznei ausgegeben. Tiburtius engagierte sich für die Frauenbewegung und insbesondere für die Aufhebung des Studierverbots für Frauen in Deutschland. Jedoch wurden erst im Jahre 1908 Frauen als Studierende an preußischen Universitäten in der Medizin und ab 1914 zur Approbation zugelassen.

Im Jahre 1908 setzte sich Franziska Tiburtius zur Ruhe. In der Folgezeit bereiste sie unter anderem Amerika, Nordafrika sowie Ziele innerhalb Europas. Sie verstarb 1927 in Berlin. Franziska Tiburtius gilt als die erste deutsche promovierte Ärztin der neueren Zeit. Ihr abwechslungsreiches Leben schrieb sie in ihrer Autobiographie Erinnerungen einer Achtzigjährigen nieder. Darin berichtet sie unter anderem von ihrer Kindheit auf Rügen.

Literatur

  • Lydia Kath: „Mudding, vertell!“. In: Pommersches Heimatbuch 2008. Pommersche Landsmannschaft, Lübeck 2008, S. 83–90.

Weblinks


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