Frankfurt-Römerstadt

Frankfurt-Römerstadt

Die Römerstadt ist eine Wohnsiedlung der frühen Moderne in Frankfurt am Main, im Südwesten des Stadtteils Heddernheim rechts der Nidda. Sie wird nach Norden durch die Straße In der Römerstadt, nach Süden durch die Straßen An der Ringmauer, Hadrianstraße und Im Burgfeld begrenzt. Die Stadtautobahn Rosa-Luxemburg-Straße teilt die Siedlung in einen Ost- und einen Westteil.

Der Name Römerstadt wurde gewählt, weil sie auf dem Gebiet der ehemaligen römischen der Limesversorgung dienenden Kleinstadt Stadt Nida errichtet wurde . Überreste dieser Stadt wurden bei Ausgrabungen entdeckt, fielen aber dem Aufbau der Römerstadt zum Opfer. Fundgegenstände finden sich im Saalburgmuseum nördlich Bad Homburg vor der Höhe.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte der Römerstadt

Als Teil der durch das seit 1925 unter der Leitung von Ernst May stehende Siedlungsamt geplanten Niddatalbebauung wurde längs der Talhänge der Nidda zwischen den alten Ortskernen Praunheim und Heddernheim in den Jahren 1927 und 1928 die Großsiedlung Römerstadt (Architekt Carl-Hermann Rudloff) mit zusammen 1.220 Wohneinheiten errichtet. Die Wohnungen waren mit der zu jener Zeit neuartigen Frankfurter Küche ausgestattet. Da sich das für die Errichtung der 581 Einfamilienhäuser und 602 Stockwerkswohnungen notwendige Wohnbauland nur zu etwa einem Drittel im städtischen Besitz befand, wurde das restliche Gelände zuvor aus Privatbesitz in einem Enteignungsverfahren für 2,60 bis 5,60 RM pro Quadratmeter erworben. Der Bezug der ersten Wohnungen begann im Sommer 1928, im Oktober 1928 waren 500 Wohnungen belegt, im Oktober 1929 war die Siedlung Römerstadt fertiggestellt.

In ihrem dynamischen, expressionistisch beeinflussten Grundriss lässt die Römerstadt gewisse Ähnlichkeiten mit der Siedlung Dessau-Törten erkennen, die im Jahre 1925 schon über ein Jahr zuvor nach Plänen von Walter Gropius errichtet wurde.

Finanzierung

Die Finanzierung des Bauvorhabens geschah zu einem großen Teil durch eine Kapitalaufstockung der Mietheim AG und mit Hilfe von Hauszinssteuermitteln, des Weiteren in nicht unerheblichem Maße durch in den Vereinigten Staaten aufgenommene hochverzinsliche Auslandshypotheken und durch die Indienstnahme der Mieter durch Baukostenzuschüsse in einer Höhe von etwa 4 bis 8%. Dieses Zwangseintrittsgeld war bei Bezug der Wohnung in voller Höhe zu entrichten und der Wohnungsbaugesellschaft zinslos zu überlassen. Dieser Zuschuss wurde dann durch eine über 10 Jahre dauernde Mietreduzierung getilgt. Die Mieter konnten als positives Äquivalent für ihre finanzielle Indienstnahme das für einen Zeitraum von mindestens 10 bis 15 Jahren rechtlich verbürgte Wohnrecht und das damit einhergehende „Gefühl der sicheren Geborgenheit“ verbuchen, sofern sie ihren laufenden Verpflichtungen wie der Mietzahlung regelmäßig nachkamen.

Belegung

Generell galten auch hier die für alle Neubausiedlungen verbindlichen Richtlinien, nach denen nur an solche Mieter vergeben wurde, die seit mindestens einem Jahr beim Wohnungsamt als Suchende gemeldet sind oder die durch den Bezug einer Neubauwohnung dem Wohnungsamt eine selbständige Familienwohnung im Altbaubestand zur Verfügung stellten; dies geschah bei etwa 35 % der in eine Neuwohnung ziehenden Mieter. Ab dem 1. Juli 1929 wurde die Wartefrist dann sogar auf eine halbes Jahr gesenkt. Insofern ist es verständlich, dass sich in der Römerstadt mit dem relativ hohen Anteil von Einfamilienreihenhäusern, dem entsprechenden Baukostenzuschuss und der ebenfalls nicht niedrigen Miete insbesondere Bürger aus der gehobenen Mittelschicht einmieteten, also Akademiker und höhere Beamte.

Die Wohnungen wurden durch die vertraglich gegebene Möglichkeit bei den Mietparteien über Generationen „vererbt“, so dass noch in den 80er Jahren teils die Erstbezieher der Römerstadt zu inzwischen recht günstigen Mieten wohnen konnten.

Wohnungsbaugesellschaft

Träger der wohl wichtigsten Baumaßnahme im Rahmen des Frankfurter Siedlungsbaues war nicht die seit 1923 in den städtischen Besitz übergegangene Aktienbaugesellschaft für Kleine Wohnungen, die in dieser Phase schon für die im Jahre 1926 begonnenen Siedlungen Bruchfeldstraße, Höhenblick verantwortlich zeichnet und die ungefähr zeitgleich am Bornheimer Hang mit dem Bau einer weiteren Großsiedlung beginnt, sondern die in den Jahren 1923/24 ebenfalls zum großen Teil in den Besitz der Stadt gelangte Mietheim AG, ab Juli 1929 „Gartenstadt AG“. Ernst May wurde dabei neben seiner Tätigkeit als Hochbaudezernent zugleich technisches Vorstandsmitglied des Bauträgers, eine bis heute ausgesprochen ungewöhnliche Konstellation.

Später wurde die Trennung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufgehoben und die Siedlung Römerstadt in das Eigentum der städtischen Aktienbaugesellschaft für kleine Wohnungen überführt.

Interessengemeinschaft Römerstadt e. V.

Nach dem Vorbild des in der Nachbarsiedlung Praunheim schon im Juni 1927 gegründeten Siedlervereins als Zusammenschluss der Heimstätteninhaber zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen schlossen sich die Mieter der Siedlung Römerstadt im Oktober 1928 zur Interessengemeinschaft Römerstadt e. V. zusammen. Die zentralen Themen der IG Römerstadt lagen immer dort, wo bei der Errichtung und Ausstattung der Siedlung gezielt Neuland betreten wurde und es dadurch vor allem zu Beginn der Siedlungsgeschichte zu besonders typischen Problemlagen kommt, also z. B. bei

  • der Vollelektrifizierung der Siedlung,
  • der Heizkostenberechnung bei zentraler Versorgung,
  • der Verkehrsanbindung an den öffentlichen Nahverkehr,
  • der durch das Auslandskapital verursachten Miethöhe.

Darüber hinaus engagiert sich die Interessengemeinschaft vor allem innerhalb der Siedlung Römerstadt im organisatorischen und siedlungskulturellen Bereich beispielsweise durch die vereinseigene Mieterzeitung „Die Römerstadt“ und das jährlich stattfindende Gartenfest oder die Organisation der Treppenhausreinigung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg existierte die IG Römerstadt als nicht eingetragener Verein weiter und kümmerte sich vor allem um die siedlungsinternen Aspekte.

Vollelektrifizierung

Die Römerstadt war die erste vollelektrifizierte Siedlung Deutschlands: Konkret bedeutete das für die einzelne Etagenwohnung oder das Mietreihenhaus, dass für das Kochen nur Kombi-Herde für Elektrizität und notfalls auch Brikett zur Verfügung standen und dass die Versorgung mit warmen Wasser über einen elektrisch betriebenen 80 l-Niederdruckspeicher erfolgte. Daneben gab es keine zusätzliche Energieversorgung beispielsweise mit Gas. Die Entscheidung zur Durchführung dieses Versuches wurde von der Wohnungsbaugesellschaft und den technischen städtischen Ämtern vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung des elektrischen Stroms für den Einzelhaushalt nach monatelangen Kochversuchen im Maschinenamt und eingehenden Berechnungen des städtischen Elektrizitätswerkes gefällt. Neben der fortschrittlich-technischen Argumentation für die Elektrifizierung gab es noch eine bautechnische Begründung: wegen ihrer geringen Größe konnte die „Frankfurter Küche“ nur schwer den bei der Verwendung von Gas entstehenden Wasserdampf aufnehmen, so dass eine starke Durchfeuchtung der Räumlichkeiten zu erwarten wäre. Aufgrund der Größe der Siedlung konnte der Strom zur wirtschaftlichen Entlastung der Mieter zu einem speziellen „Römerstadt-Tarif“ bezogen werden.

Verkehrsanbindung

Das Problem des unzureichenden verkehrlichen Anschlusses der Siedlung an die anderen Stadtviertel ist so alt wie die Planung der Siedlung selbst, schon beim ersten Beschluss über die Baumaßnahme im Dezember 1926 wurde von Seiten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft als Kritik an der Planung klar dargelegt, dass die geplante Siedlung Römerstadt etwa 15 Minuten von der nächsten Straßenbahnhaltestelle in Heddernheim entfernt liegen wird. Seit 1932 wurde sogar eine öffentliche Debatte über die verkehrliche Anbindung der Siedlungen des Niddatalprojekts in der Monatsschrift DIE SIEDLUNG geführt.

Die Verkehrserschließung der Römerstadt erfolgte durch eine von der Endstation der Strassenbahnlinie 18 in Praunheim-Brücke durch Alt-Praunheim und die Römerstadt- und Kirchstrasse nach Heddernheim-Bahnhof führende Buslinie mit ziemlicher Frequenz. Im Kriege wurde der Verkehr eingestellt. Von 1949 bis 1959 bediente die alte Verbindung zwischen Praunheim und Heddernheim ein Oberleitungsbus. Seit dessen Abbau fahren wieder Omnibusse, heute die der Linie 60.

Im Jahre 1974 erhielt die Römerstadt im Rahmen der Verlängerung der Linie A1, der heutigen Linie U1, einen Anschluss an das Netz der U-Bahn Frankfurt.

Literatur

  • Ronald Kunze (Hrsg.): Die Siedlung. Monatsschrift für Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungswirtschaft (1929-1939). Mitteilungsblatt der Baugenossenschaften und Baugesellschaften von Gross-Frankfurt. Institut für Wohnpolitik und Stadtökologie e. V., Hannover 1986 (Reprint). 
  • Ronald Kunze: Mieterbeteiligung im Sozialen Wohnungsbau. Entstehung und Entwicklung der Mietervertretungen in den Siedlungen der Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Kassel 1992, ISBN 3-89117-071-8. 

Weblinks

50.1533333333338.6357Koordinaten: 50° 9′ N, 8° 38′ O


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