Frage

Frage

Eine Frage ist eine Äußerung, mit der der Sprecher oder Schreiber eine Antwort zwecks Beseitigung einer Wissenslücke herausfordert (Ausnahmen: Rhetorische Frage und uneigentliche Rede). Die Antwort ist ein Satz, der die Leerstelle ausfüllt, die in einer Frage stets enthalten ist. Die Begriffe Frage und Antwort bilden ein Begriffspaar. Die Linguistik bestimmt Fragen als Sprechakte, speziell als illokutive Akte, die Wissenstransfer bezwecken. Fragen werden in der Form von Fragesätzen verschiedenen Typs geäußert; Sätze, die der Form nach Fragesätze sind, verfolgen oft auch andere Ziele als die Aufforderung. Beispiel: "Mag ich Pizza?"

Inhaltsverzeichnis

Die Frage als Denk- und Darstellungsinstrument

Politische Fragen

In der Politik steht „Frage“ oft als Schlagwort für ein komplexes Problem von großer Bedeutung, das über das Technische hinaus eine ideologische oder nationale Komponente enthält. Beispiele sind: Deutsche Frage, Schleswig-Holsteinische Frage, Römische Frage, Orientalische Frage, Judenfrage oder auch die K-Frage.

Juristische Kardinalfragen

Juristen beurteilen ihnen unterbreitete Sachverhalte des Zivilrechts anhand der Frageformel: „Wer will was von wem woraus?“

So wird schnellstmöglich klar,

  • um wessen Interessen es geht (wer)
  • welches Begehren, z. B. Leistung, Feststellung, Gestaltung, abstrakt in Betracht kommt (will)
  • um welchen Anspruchsinhalt es konkret geht (was)
  • wer Gegner oder Partner ist oder sein soll (von wem)
  • welche Anspruchsgrundlagen das Begehren decken können (woraus).

Journalistische Darstellung

Die klassische Nachricht beantwortet die Fragen Wer?, Was?, Wann?, Wo?, Wie? und Warum? in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit. Beispiele:

  • Die Bundeskanzlerin ist gestern nach Peking gereist, um in Begleitung deutscher Wirtschaftsvertreter mit dem chinesischen Staatspräsidenten Fragen des Wirtschafts- und Kulturaustausches zu erörtern.
  • Ein Unbekannter hat gestern Nacht die Tür einer Domkapelle mit einer Brechstange zerstört. Aus dem Gotteshaus wurde nichts entfernt. Polizei und Kirchenverwaltung stehen vor einem Rätsel.

Siehe auch: W-Fragen, Journalistische Darstellungsform

Die Frage in Interviews

Interviews werden im Journalismus und in der empirischen Sozialforschung häufig gebraucht. Dort nimmt die Frage eine methodische Stellung ein.

Man unterscheidet verschiedene Typen von Fragen:

Geschlossene Fragen
Solche Fragen lassen sich in der Regel relativ kurz und eindeutig beantworten. Diese Fragen lassen sich grundsätzlich mit ja oder nein beantworten. Zum Beispiel: „Sind Sie verheiratet?“
Offene Fragen
Diese Fragen lassen sich in der Regel nicht mit einem Wort oder einem Satz beantworten. Beispiel: „Was waren die entscheidenden Ereignisse in Ihrer Kindheit?“
Alternativfragen
Alternativfragen (auch: Ja-Ja-Fragen) geben der befragten Person nur die Möglichkeit, zwischen zwei oder mehr vorgegebenen Antworten zu wählen. Sie werden deshalb gerne von Verkäufern jeglicher Waren und Dienstleistungen angewendet, um den Entscheidungsspielraum des Kunden zu schmälern (siehe Verkaufsgespräch). Beispiel: „Möchten Sie den Artikel lieber in weiß oder in schwarz?“
Suggestive Fragen
Eine vermeintlich richtige Antwort wird bereits in der Frage vorgegeben, meist indem eine Wertung (z.B. basierend auf einer Weltanschauung) in die Frage einfließt. Beispiel: „Meinen Sie nicht auch, dass die Bundesregierung wegen ihrer miserablen Politik abgewählt werden sollte?“
Rhetorische Frage
Es wird keine Antwort erwartet. Beispiel: „Muss ich das schön finden?“

Fragen bei der Beurteilung von Anforderungen

Fragenkataloge oder Anforderungskataloge werden bei vielen Managementsystemen und in der Politik zur Zertifizierung eingesetzt und um zu beurteilen, ob das jeweilige Ziel erreicht ist. Sie dienen dazu, die Einhaltung von Standards zu kontrollieren oder Systeme vergleichbar zu machen (siehe auch "Benchmark").

Fragen in Expertensystemen

Wie im allgemeinen durch Fragen und Antworten ein Lernprozess entsteht, so werden in Expertensystemen, einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz, Fragen als wichtige Hilfsmittel benutzt, um Wissensbasen zu durchforsten und neues Wissen hinzuzufügen.

Wissenschaftliche Fragen

Wie im Alltagswissen gilt auch im wissenschaftlichen Wissen: Jede Aussage ist eine Antwort auf eine Frage. Alles Wissen dient dem Lösen von Problemen. Die Grundprobleme sind Überleben und Fortpflanzen; aus diesen Grundproblemen ergeben sich vielfältige Unterprobleme. Aus dem Wunsch, diese Probleme zu lösen, entspringen Fragen. Dabei gibt es Grundfragen, Hauptfragen und Unterfragen. Die grundlegenden Fragen sind im Alltagswissen wie im wissenschaftlichen Wissen die gleichen:

  • was ist das zu lösende Problem?
  • welche Annahmen habe ich über das Problem?
  • wie definiere ich den Untersuchungsgegenstand?
  • wie ist der Gegenstand? (beschreibende, "deskriptive" Aussagen)
  • warum ist der Gegenstand (so)? (erklärende, "kausale" Aussagen)
  • wie wird sich der Gegenstand künftig entwickeln? (voraussagende, "prognostische" Aussagen)
  • wie bewerte ich den Gegenstand? (bewertende, "normative" Aussagen)
  • was sollte man in Bezug auf den Gegenstand tun? (empfehlende Aussagen)

Von Alltagswissen und Alltagsfragen unterscheiden sich wissenschaftliches Wissen und wissenschaftliche Fragen dadurch, dass sie wesentlich (und zunehmend) bewusster und systematischer gestellt und bearbeitet werden.

Nicht alle Fragen sind wissenschaftlich beantwortbar. Eine wissenschaftliche Beantwortung von Fragen ist nur möglich, wenn sie

  • einfach und genau formuliert sind,
  • die Beziehungen zwischen den Variablen klar formuliert werden,
  • die Aussagen empirisch (also durch systematische Beobachtung) überprüfbar sind.

Die Frage als Werkzeug im Seminar- und Ausbildungsbereich

Wer fragt, der führt – dies gilt auch im Bereich der Erwachsenenbildung und des Seminarwesens!

Die Qualität der Antwort bzw. des ausgelösten Nachdenkprozesses hängt wesentlich von der Formulierung der Frage ab.

Zu bedenken beim Formulieren einer Frage

  • Konkrete Formulierung des Zieles, das mit der Frage erreicht werden soll
  • Einhaltung des PAKKO-Schemas (siehe unten)
  • Keine Diskussion über die Fragestellung provozieren (es sei denn dieser Effekt ist beabsichtigt)
  • Nur eine Frage gleichzeitig formulieren/Doppelfragen vermeiden (führen oft zu Verwirrung)
  • Schlagworte vermeiden (können zu Polarisierungen oder ungewollten Assoziationen beitragen)
  • In der Vorbereitung bereits mögliche Antworten vorwegnehmen ("antizipieren")
  • Genügend Hintergrund-Informationen zur Fragestellung und zu verwandten Themen aneignen (bei Nachfragen etc.)
  • Fragen positiv formulieren. Antworten auf negativ formulierte Fragen sind oft mehrdeutig und deshalb schwer zu verstehen (doppelte Verneinung). Beispiel: „Kommst du mit?“ ist eine klare Frage. „Kommst du nicht mit?“ ist nicht das Gegenteil davon, sondern hat zusätzliche Konnotationen, wie zum Beispiel eine vorhergehende Vermutung oder Unterstellung, der Partner werde sowieso nicht mitkommen. Die Antwort mit „ja“ oder „nein“ ist auch nicht ohne weiteres möglich, da sie missverstanden werden kann.

PAKKO-Schema

Dieses Schema ist eine Art „Checkliste“-Akronymliste für Fragen in Seminaren:

 P     für    persönlich
 A     für    aktivierend
 K     für    kurz
 K     für    konkret
 O     für    offen

Eine Frage soll die Angesprochenen zum Nachdenken anregen und nicht verwirren. Daher sind direkt an die Teilnehmer gerichtete Fragen, kurz und in offener Form, am besten für den Lernprozess geeignet.

Siehe auch

 Wikiquote: Frage – Zitate
Wiktionary Wiktionary: Frage – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Referenzen

Literatur

  • Anne Brunner: Die Kunst des Fragens. 2. Auflage. Hanser, München 2007, ISBN 978-3-446-41244-6 (Pocket Power. Soft skills).
  • Richard Geml, Hermann Lauer: Marketing- und Verkaufslexikon. 4. aktualisierte und vollständig überarbeitete Auflage. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7910-2798-2.
  • Carmen Kindl-Beilfuß: Fragen können wie Küsse schmecken. Systemische Fragetechniken für Anfänger und Fortgeschrittene. Teil: Buch (aus Medienkombination). 2. Auflage. Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-89670-624-9.
  • Rolf-Michael Hahn, Nicolai Stickel: Gut gefragt ist fast gewonnen. Erfolgreiche Fragetechniken für Beruf und Privatleben. Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-60871-5 (rororo. rororo-Sachbuch).
  • Rolf Porst: Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15178-6 (Lehrbuch. Studienskripten zur Soziologie).

Weblinks


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