Fotosatz

Fotosatz

Der Begriff Fotosatz oder Lichtsatz wird für ein Verfahren zur Satzherstellung verwendet, bei welchem durch Belichtung der Schriftzeichen mittels eines optischen (und später optoelektronischen) Verfahrens mit sichtbarem Licht das zu setzende Zeichen auf einen Trägerfilm übertragen wird.

Das Licht fällt dabei durch eine Schablone mit einem negativen Schriftzeichen durch ein optisches System auf einen Film oder auf Fotopapier. Das Fotosatzverfahren wird auch „kalter“ oder „schwereloser“ Satz genannt, da keine Schriftzeilen gegossen werden wie z. B. bei der Linotype und weniger mechanische Einschränkungen bestehen als im Bleisatz. Man kann z. B. Zeichen ineinander setzen oder Schrift verzerren. Das Belichten durch eine Schablone geschieht fotomechanisch. Fotoelektronische Varianten heißen Lichtsatz und Lasersatz, bei welchen keine Schablone das Zeichen erzeugt, sondern eine Kathodenstrahlröhre oder ein Laserstrahl das Schriftzeichen auf das Fotomaterial überträgt.

Im Fotosatz werden Reproduktionsvorlagen erzeugt, die z. B. nach der Montage für den Druck im Offsetdruck-, bzw. Tiefdruck verwendet werden können.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Titelfotosatzgerät „staromat“ Fotografiert in der Lehrdruckerei des Instituts für Buchwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Ein Verbundsystem für den Fotosatz. Links vorne das Terminal tps 6300 zur Texterfassung und Datenverwaltung. Darauf der Arbeitsbildschirm und der zweite Gestaltungsbildschirm mit Seitendarstellung. Rechts die Belichtungseinheit tpu 3608. Fotografiert in der Lehrdruckerei des Instituts für Buchwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Diatype Handfotosetzmaschine im Einzelbuchstabenverfahren
Kompakt-Erfassungs- und Belichtungsgerät CRTronic 360 von Linotype. Die Belichtung erfolgte hier im Gerät über eine Kathodenstrahlröhre

Bereits im Jahr 1893 erhielt als einer der ersten Arthur Ferguson ein Patent auf ein fotografisch arbeitendes Schriftsetzsystem. Die weitere Entwicklung seines Systems ist jedoch unbekannt. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Patente erteilt, jedoch fast immer ohne ein marktreifes Ergebnis.

Die erste Generation von Fotosetzmaschinen, die in den 1950er Jahren tatsächlich auf den Markt kamen, wurde aus den bestehenden Bleisatzmodellen entwickelt. Beispiele sind der Intertype-Fotosetter und die Monophoto. Sie basierten technisch auf ihren Verwandten Intertype-Setzmaschine und Monotype und behielten deren Grundkonstruktion bei. Der Unterschied bestand darin, dass anstelle von Gießeinrichtungen eine Belichtungskammer montiert war, in welcher die Matrizen mit Schriftnegativ nacheinander auf Film belichtet wurden. In Deutschland wurde die erste Fotosetzmaschine, eine Monophoto, im Jahr 1959 aufgestellt.

Maschinen der zweiten Generation benutzten dasselbe optische Prinzip, waren jedoch eine völlig eigenständige Neuentwicklung. Im Jahr 1960 präsentierte der Messinglinien- und Schriftenhersteller Berthold aus Berlin die beidhändig zu bedienende Diatype für den Akzidenzsatz. Hier wurden die Buchstaben von einer Schriftscheibe aus Glas optisch mittels Durchleuchtung auf fotografisches Material mit sehr harter Gradation (Strichfilm) übertragen. Gesetzt wurden vor allem kürzere Texte und Überschriften, die dann in der nachgeschalteten Montage – oft kombiniert mit Bleisatzfahnen – zur Ganzseite zusammengestellt wurden. Geräte für den Mengensatz kamen ab 1962 mit der Linofilm oder der Photon (ehemals Lumitype) auf den Markt. Speziell mit der Linofilm-Fotosatzanlage der einstigen Firma Linotype GmbH gelang der Sprung in eine bisher unbekannte Leistungsebene. Bei allen frühen Fotosatzsystemen gab es jedoch nur ungenügende Lösungen zur Korrektur von Satzfehlern, denn bei Datenträgern handelte es sich in der Regel um Lochstreifen, deren fehlerhafter „Inhalt“ sich nur mit großem Aufwand korrigieren ließ.

In der Folge wurden die Geräte mechanisch weiterentwickelt und vor allem mit frühen elektronischen Bauteilen ergänzt, die bald eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung ergaben. Legendär sind hier die Linotron- und Linotronic-Maschinen des Eschborner Herstellers Linotype sowie etwa die ADS (Akzidenz Dialog System) von Berthold. Daneben gab es auch Hersteller wie Addressograph-Multigraph, Bobst, Dr. Böger (Scangraphic), CG (Compugraphic), Güttinger, Harris, Monotype oder Stempel.

Ab 1967 waren Maschinen der dritten Generation zu bekommen. Bei den elektronischen Geräten wurden die Zeichen jetzt nicht mehr mit negativen Schriftschablonen auf den Film übertragen. Im jetzt verwendeten Lichtsatz oder Lasersatz waren die Zeichen digital in der Maschine gespeichert und wurden von einer Kathodenstrahlröhre oder einem Laser auf den Film belichtet. Das Fotoprinzip wurde auf leistungsstärkere, digital arbeitende EDV-Systeme übertragen und vor allem die Belichtung, also die Erzeugung der Druckvorlage, von der Texterfassung abgekoppelt. Eine bedeutende Arbeitserleichterung war auch die damit mögliche Generierung von Blocksatz in einer (beliebig langen) Satzfahne. Sowohl Umbruch als Spationierung auf eine volle Zeilenlänge und die Worttrennung konnten von nun an automatisiert mit der Software der Geräte durchgeführt werden. Die damit erzeugte Satzqualität wird auch von den heute üblichen Desktoppublishing-Systemen nicht übertroffen. Von Bedeutung sind hier die Linotronic 300 von Linotype, der Belichter, der dem DTP auf der Basis der Seitenbeschreibungssprache PostScript erst den Weg öffnete, als auch die immer noch auf Schriftscheiben basierenden mechanischen Präzisionsbelichter von Berthold (z. B. apu).

Zum Ende der Fotosatzära (zum Ende der 1980er Jahre) liefen Systeme z. B. auf der Basis damals aktueller Sun-Workstations, die PostScript-Output liefern konnten. Hier finden sich auch die ersten Ansätze von (Computer-)Grafik sowie EBV (elektronischer Bildverarbeitung). Die grundsätzlich offene Architektur und die – wenn zunächst auch nur rudimentäre – Text-Bild-Integration ebneten den Weg für das Desktoppublishing.

Von Interesse ist sicherlich, dass die Digitalisierung der Schriften, also das Zerlegen eines Einzelbuchstabens in einzeln ansteuerbare Pixel, bereits im elektronischen Fotosatz geschah. Genauer gesagt sprach man dann vom Lichtsatz oder Lasersatz. Die erste digital arbeitende Maschine stammte von dem Ingenieur Rudolf Hell aus Kiel, dessen Firma HELL die Digiset entwickelte.

Zum Ende wurden die Kurvenformen der Buchstaben bereits mittels Vektoren beschrieben, die erst durch die Bezierkurven in PostScript endgültig verdrängt wurden. Industrieweit ist der Fotosatz heute vom DTP abgelöst worden.

Arten von Fotosatzmaschinen

Nachdem die erste Generation der umkonstruierten Bleisetzmaschinen abgelöst worden war, gab es verschiedene Gerätearten von neu entwickelten Fotosetzmaschinen. Dabei spezialisierten sich diese jeweils für ihr Anwendungsgebiet.

Die so genannten Titelsetzgeräte setzte man ein, wenn große Schriftgrößen für Überschriften oder Plakate benötigt wurden. Auch im Akzidenzsatz wurden diese Geräte eingesetzt. Mit speziellem Zubehör stellte man damit Rundsatz her oder konnte die Schrift verzerren. Die Titelsetzgeräte funktionierten alle nach dem optomechanischen Prinzip. Die Strahlen einer Lichtquelle fielen zunächst durch den Schriftbildträger. Die negativen Schriftzeichen konnten auf einer Schriftscheibe, einer Typenplatte oder einem Kunststofffilmstreifen sein. Mit Hilfe eines optischen Linsensystems konnte dann die Größe des Zeichens eingestellt werden, bevor es auf Film oder Fotopapier belichtet wurde. Die meisten Systeme ermöglichten eine Sichtkontrolle des Satzes. Entweder zeigte eine Leuchtfolie die zuletzt gesetzten Zeichen an oder sie erschienen sofort schwarz sichtbar auf einem voraktivierten Film. Den richtigen Zeichenabstand stellte man manuell mit Hilfe von Dicktenstrichen ein, die man für den optimalen Abstand passend aneinanderreihen musste, selten gab es dafür eine Automatik. Die meisten Systeme mussten in einer Dunkelkammer betrieben werden, da das Fotomaterial offen unter dem Gerät lag. Einige wenige Geräte konnten jedoch bei Tageslicht betrieben werden, bei ihnen befand sich der Film in einer speziellen Kassette (z. B. bei der Typomatic von Stempel). Andere Titelsatzgeräte für den Betrieb in der Dunkelkammer hießen z. B. Letterphot von Diversum Letterphot, Ministar und Staromat von Berthold.

Die Fotosetzmaschinen, die man hauptsächlich für den Satz von Mengentext einsetzte, wurden als Kompaktsysteme oder Verbundsysteme bezeichnet. Bei den Kompaktsystemen waren alle Bearbeitungselemente von der Eingabe des Textes bis zur Belichtung in einem Gehäuse zusammengefasst. Zentraler Bestandteil war ein integrierter Mikrocomputer zur Steuerung der Anlage (Rechnen, Speichern, Belichtungsvorgang). Auf dem Steuercomputer lief auch die Software, die etwa Silbentrenn- und Ästhetikprogramme (Ausschließen, Unterschneiden) umfasste, Schriftauszeichnungen oder Schriftmischungen einstellte. Der Benutzer hatte eine Tastatur zur Texterfassung und Befehlssteuerung der Maschine. Ein Sichtfenster oder ein Bildschirm zeigten den getasteten Text, in einer davon abgesetzten Zeile wurden Formatierungen und Steuerbefehle angezeigt. Auf einem zweiten, separaten Gestaltungsbildschirm konnte der Zeilenfall, kursive oder fette Schrift und Linien dargestellt werden, eine echte Darstellung der tatsächlich verwendeten Schrift (WYSIWYG) gab es jedoch nicht. Dies beherrschten nur wenige Verbundsysteme. Auf einem integrierten Laufwerk konnte man Texte auf Diskette oder Magnetband speichern. Beispiele für Kompaktsysteme sind: Cps von Berthold, Linotronic oder die CRTronic von Linotype.

Bei den Verbundsystemen gab es ebenfalls eine zentrale Recheneinheit. Sie konnte mit mehreren Eingabeterminals, Lochstreifenlesern, einer OCR-Erfassung oder Apparaten zur Datenfernübertragung (DFÜ) erweitert werden, über die Texte eingespeist werden konnten. Die Daten konnten dann entweder für die angeschlossene Belichtungsstation aufbereitet oder an ein externes Speicherlaufwerk ausgegeben werden. Die einzelnen Teile des Verbundsystems ließen sich untereinander verbinden, materielle Datenträger waren für den Informationsaustausch dann nicht notwendig. Man sprach dabei von einem „Online-System“. Die Belichter eines Verbundsystems arbeiteten meist mit Kathodenstrahl- oder Lasertechnik. Beispiele für Verbundsysteme sind: Digiset von Hell, Tps von Berthold oder Monophoto Lasercomp von Monotype.

Weiterverarbeitung des Satzproduktes

In Fotosatztechnik hergestellter Satz liegt auf Filmmaterial oder Fotopapier vor. Für die Herstellung einer druckfähigen Vorlage muss er weiterverarbeitet werden. Die einzelnen Schritte sind:

  • Korrekturen: der auf Film oder Papier belichtete Text ist nicht mehr veränderbar, bei Änderungen muss deshalb z. B. eine Zeile herausgeschnitten und eine neue eingeklebt werden,
  • Montage oder Ganzseitenmontage: einzelne Textteile werden zur layoutgerechten Ganzseite zusammengestellt,
  • Das Umkopieren auf neue Dias, wobei Schnittkanten unsichtbar gemacht werden,
  • Bogenmontage, bzw. Nutzenmontage mit Einfügen von Bildern.

Bei der Weiterverarbeitung werden verschiedene Schneidewerkzeuge und Montagekleber eingesetzt, um etwa Korrekturen einzufügen. Die Arbeit findet auf einem so genannten Leuchttisch statt, der die Arbeitsfläche von unten anleuchtet.

Literatur

  • Sepp Dußler, Fritz Kolling: Moderne Setzerei. 4. Auflage. Verlag Dokumentation Saur KG, Pullach 1974, ISBN 3-7940-8703-8.
  • Lothar Heise: Fotosatz — Moderne Textherstellung. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1988, ISBN 3-343-00377-8.
  • Manfred Raether: Linotype – Chronik eines Firmennamens. e-Buch (PDF); Schöneck 2009.
  • Hans Wenck: Fotosatztechniken. Beruf+Schule, Itzehoe 1983, ISBN 3-88013-204-6.

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