Flüssigsauerstoff

Flüssigsauerstoff
Die blaue Farbe von Flüssigsauerstoff in einem Dewargefäß

Flüssigsauerstoff (auch LOX in der Luftfahrt-, U-Boot- und Gas-Industrie (von englisch Liquid Oxygen)) ist die flüssige Form des Elements Sauerstoff.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung und Verwendung

Flüssigsauerstoff ist ein Industriegas und kommerziell erhältlich. Er wird in großem Maße für industrielle und medizinische Zwecke eingesetzt.[1] Flüssigsauerstoff wird aus dem in der Luft enthaltenen Sauerstoff nach dem Linde-Verfahren durch fraktionierte Destillation hergestellt.

Aufgrund der kryogenen Natur von Flüssigsauerstoff kann er bei Kontakt mit Materialien diese stark brüchig machen. Flüssigsauerstoff ist auch ein starkes Oxidationsmittel: Organische Materialien brennen schnell und stark in flüssigem Sauerstoff, und sie können unerwartet detonieren, wenn sie mit Flüssigsauerstoff in Kontakt kommen, etwa Öle, Fette oder Asphalt. Anlagen zur Verwendung oder Lagerung von Flüssigsauerstoff müssen daher vollkommen fett- und ölfrei sein.

Flüssigsauerstoff als Oxidationsmittel ist ein üblicher Treibstoff für Raketen in der Raumfahrtindustrie, normalerweise in Verbindung mit Kerosin oder Flüssigwasserstoff als zu oxidierende Treibstoffe. Er ist in dieser Rolle nützlich, da er einen starken spezifischen Impuls erzeugt. Er wurde in den allerersten Raketen wie der V2 benutzt (unter dem Namen A-Stoff) und in Triebwerken von Redstone, R-7 Semyorka und Atlas.

Flüssigsauerstoff wurde bei früher gebauten Interkontinentalraketen sowie bei modernen Raketen benutzt, etwa den Haupttriebwerken des Space Shuttles. Modernere Interkontinentalraketen verzichten auf den Einsatz von Flüssigsauerstoff, da die kryogenen Eigenschaften und die Notwendigkeit, den verdunstenden Flüssigsauerstoff regelmäßig nachfüllen zu müssen, die Einsatzbereitschaft der Raketen negativ beeinflussen. Flüssigsauerstoff wurde früher zur Herstellung von Sprengstoffen ("Oxyliquit") benutzt.[2]

Flüssigstickstoff hat einen niedrigeren Siedepunkt (−196 °C, 77 K) als Sauerstoff (−183 °C, 90 K). Auf Leitungen, die Flüssigstickstoff enthalten, kann Sauerstoff aus der Luft kondensieren. Der angereicherte Sauerstoff kann gegebenenfalls mit organischem Material spontan reagieren. Flüssigstickstoff oder Flüssigluft reichern sich bei offener Lagerung mit Sauerstoff an, da dieser sich aus der Atmosphäre im Flüssigstickstoff löst.

Physikalische Eigenschaften

Flüssiger Sauerstoff hat eine schwach blaue Farbe und ist stark paramagnetisch. Er hat eine Dichte von 1,141 g/cm³ (1,141 kg/L), und ist mäßig kryogen (Gefrierpunkt: 50,5 K (−222,65 °C), Siedepunkt: 90,188 K (−182,96 °C) bei 101,325 kPa (760 mm Hg)). Flüssigsauerstoff hat eine Expansionsrate von 860:1 bei 20 °C, und wird deshalb in manchen kommerziellen und militärischen Luftfahrzeugen als Quelle für Sauerstoff zum Atmen benutzt.

Das Tetrasauerstoff-Molekül (O4) wurde zu erst von Gilbert N. Lewis 1924 vorhergesagt, der das Molekül als eine Erklärung dafür vorschlug, dass Flüssigsauerstoff nicht dem Curieschen Gesetz folgt. [3] Computersimulationen weisen darauf hin, dass, obwohl keine stabilen O4-Moleküle in Flüssigsauerstoff vorliegen, O2-Moleküle sich zu Paaren mit antiparallen Spins zusammenlagern und so vorübergehende O4-Einheiten bilden.[4]

Geschichte

Louis Paul Cailletet und Raoul Pictet gelangt die Beobachtung von Tröpfchen flüssiger Luft und damit der Nachweis, dass sich Luft verflüssigen ließ. Die erhaltenen Tröpfchen verdampften allerdings spontan. Erst Karol Olszewski und Zygmunt Florenty Wróblewski gelang 1883 an der Jagiellonen-Universität in Polen als Ersten die stabile Verflüssigung von Stickstoff, Kohlenstoffdioxid und Sauerstoff.[5]

Siehe auch

 Commons: Sauerstoff – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Sauerstoff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Flüssigsauerstoff-Systeme. www.linde-gastherapeutics.de. Abgerufen am 2. April 2009.
  2. Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online – Version 3.11. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2011
  3. Gilbert N. Lewis: The Magnetism of Oxygen and the Molecule O2. In: Journal of the American Chemical Society. 46, Nr. 9, September 1924, S. 2027–2032. doi:10.1021/ja01674a008.
  4. Tatsuki Oda, Alfredo Pasquarello: Noncollinear magnetism in liquid oxygen: A first-principles molecular dynamics study. In: Physical Review B. 70, Nr. 134402, Oktober 2004, S. 1–19. doi:10.1103/PhysRevB.70.134402.
  5. Karol Stanislaw Olszewski und die Geschichte der Verflüssigung von Gasen. www.uni-kiel.de. Abgerufen am 1. April 2009.

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