Flavius Augustus Honorius

Flavius Augustus Honorius
Ein Solidus aus dem Jahr 402 n. Chr. mit dem Profil des Honorius

Flavius Honorius (* 9. September 384; † 15. August 423 in Ravenna), war weströmischer Kaiser zwischen 395 und 423.

Leben

Honorius war der Sohn des Kaisers Theodosius I. und seiner ersten Frau Aelia Flacilla. Sein älterer Bruder war der oströmische Kaiser Arcadius, seine jüngere Halbschwester Galla Placidia. Honorius war zweimal verheiratet. Zuerst heiratete er im Jahre 398 Maria, die Tochter von Serena und dem magister militum (Heermeister) Stilicho. Nach deren Tod heiratete er ihre jüngere Schwester Thermantia. Sie wurde genau wie ihre Schwester Maria aus dem Kaiserpalast verbannt, ohne dass die Ehe vollzogen worden war. Thermantia wurde Ende 408/ Anfang 409 auf Geheiß des römischen Senats umgebracht.

Noch zu Lebzeiten seines Vaters war Honorius 393 in Reaktion auf die Usurpation des Eugenius zum Mitkaiser für den Westen erhoben worden. Seine achtundzwanzigjährige Regierungszeit nach der Reichsteilung 395 war eine der ereignisreichsten der römischen Geschichte. Als Ostrom seinen westgotischen Vasallen unter Alarich 397 Soldzahlungen verweigerte, plünderten diese zunächst oströmische Provinzen, bevor sie sich Griechenland zuwandten. Nachdem es zu mehreren Schlachten zwischen Alarich und dem einflussreichen weströmischen Heermeister Stilicho gekommen war und Ostrom sich mit den Westgoten wieder verständigt hatte, konzentrierten diese 401 ihre Feldzüge auf Italien. Da außerdem zu diesem Zeitpunkt der militärische Druck gegen die Römer in Gallien und Britannien zunahm, überdehnten sich die weströmischen Ressourcen. Um 400 verlegte man die gallische Praefektur (eine der beiden obersten Verwaltungsbehörden des Westreichs) von Trier nach Arles. Während Alarich Oberitalien plünderte, zog der Hof mit Honorius aus Mailand nach Ravenna um. 402 gelang es Stilicho, Alarich zurückzuschlagen, doch bereits 405 fiel eine große Gruppe Barbaren unter Radagaisus in Italien ein, wurden aber von Rom mit Hilfe hunnischer Truppen unter Uldin zurückgeschlagen. Als Ende 406 die Rheingrenze zusammenbrach (Rheinübergang von 406), strömten mehrere Gruppen Barbaren ins Reich und überfluteten die Provinzen Gallien und Hispanien, die dem Reich damit und durch Usurpationen lokaler Herrscher teilweise verloren gingen. Britannien wurde vollständig aufgegeben. 407 war in Britannien Konstantin III. zum Gegenkaiser erhoben worden, der kurz darauf nach Gallien übersetzte. 411 wurde er besiegt und hingerichtet; die Usurpationen des Jovinus in Gallien und des Maximus in Hispanien waren ebenfalls nur von kurzer Dauer. Stilichos Pläne, zusammen mit Alarich Ostrom anzugreifen wurden jedoch durch den neuen militärischen Brennpunkt in Gallien vereitelt (siehe Völkerwanderung).

Das Gemälde von John William Waterhouse thematisiert - unter Bezug auf eine Anekdote, die Prokopios von Caesarea überliefert - den mangelnden Regierungswillen des Honorius, der sich mit dem Füttern von Vögeln die Zeit vertreibt (1883)

Die Schwäche des Kaisers zusammen mit den Angriffen der Westgoten und Vandalen förderten den raschen Zerfall des Westreiches. 408 lehnte Honorius ein Friedensangebot Alarichs ab. Dieser belagerte darauf Rom, zog aber nach umfangreichen Tributzahlungen wieder ab. Ende 409 begann eine erneute westgotische Belagerung Roms, während der Senat auf Drängen Alarichs Priscus Attalus zum Gegenkaiser ernannte. Dieser machte Alarich zum Heermeister, worauf der Gote die Provinz Africa für sich verlangt. Als diese verweigert wurde, plünderten Alarichs Truppen 410 Rom. Die dreitägige Plünderung erregte großes Aufsehen in der gesamten bekannten Welt und wurde als deutliches Zeichen für den Niedergang des Reiches interpretiert, wobei die Heiden als Grund für die Katastrophen den Abfall vom alten Götterglauben anführten. Die christliche Gegenreaktion führte zur Entstehung des Werkes De civitate Dei, verfasst von Augustinus von Hippo.

Trotz des Falls der Stadt Rom verweigerte Honorius weiterhin Verhandlungen mit Alarich. Darauf zog dieser nach Süditalien weiter. Die beabsichtigte Überfahrt nach Nordafrika scheiterte aber am schlechten Wetter. Auf dem Rückweg nach Norditalien starb Alarich schließlich. Unter Alarichs Nachfolger Athaulf zogen die Westgoten von Norditalien nach Südfrankreich und versuchten, innerhalb des Weströmischen Reiches einen rechtlich gesicherten Status zu gewinnen, was jedoch scheiterte. Nachdem Athaulf 415 gestorben war, wurden sie als foederati anerkannt.

Großen Einfluss übte in den ersten Regierungsjahren des Honorius, wie bereits gesagt, der Heermeister Stilicho aus, der halb-vandalischer Abstammung war. Diesem gelang es, seine Machtstellung im Heer und am Kaiserhof auszubauen, später auch in Kirche und Senat. 405 erhielt er das Senatorenamt. Seine umfangreiche hunnische Leibwache stellte zudem einen militärischen Machtfaktor dar. Der Fall Stilichos kam mit dem Scheitern der Feldzugspläne gegen Ostrom 407. Alarich verlangte Schadensersatz für die Kosten, die er zur Vorbereitung dieses Feldzugs gehabt hatte. Als Stilicho zahlte, verlor er in Rom massiv an Ansehen. Als er 408 einen Feldzug in Gallien anführte, meuterten seine Truppen und Stilicho wurde erschlagen. Seine überwiegend germanischen Vertrauten in Rom wurden verbannt oder getötet.

Nach Stilichos Tod zog Honorius einen rein römischen Feldherrn als seinen engsten Vertrauten heran: Constantius III, der erfolgreich gegen Usurpatoren wie Konstantin und Jovinus Feldzüge geführt hatte. Dieser heiratete 417 Galla Placidia, die Halbschwester des Honorius, wurde Senator und 421 Mitkaiser Honorius’, starb aber noch im gleichen Jahr. Darauf kam es zu Wirren in Ravenna, in deren Verlauf Galla Placidia nach Konstantinopel floh.

Im Inneren war die Regierungszeit des Honorius von einer ganzen Reihe von Revolten gekennzeichnet, so z.B. in Gallien, Britannien und Africa. Die weströmische Armee löste sich immer mehr auf bzw. wurde durch die verstärkte Aufnahme von Germanen als foederati „barbarisiert“. Die Verwaltung zerfiel mehr und mehr, die Steuereinnahmen gingen ebenso zurück wie die Wirtschaftskraft des weströmischen Reiches. Kulturell von Bedeutung war das Wirken Claudians, des bedeutendsten spätrömischen Dichters, am Hof des Honorius.

Honorius, der insgesamt betrachtet ein eher schwacher und unfähiger Kaiser war, starb am 15. August 423 in Ravenna. Nachfolger wurde – nach einem Zwischenspiel des Usurpators Johannes – sein Neffe Valentinian III., Sohn von Honorius’ Halbschwester Galla Placidia. Allerdings hatte auch der oströmische Kaiser Theodosius II. einen Nachfolgeanspruch, den er aber nach der Verheiratung einer seiner Töchter mit Valentinian nicht mehr verfolgte.

Literatur

  • Bruno Bleckmann: Honorius und das Ende der römischen Herrschaft in Westeuropa. In: Historische Zeitschrift 265, 1997, S. 561–595.
  • Thomas S. Burns: Barbarians within the gates of Rome. A study of Roman military policy and the barbarians, ca. 375–425 AD. Bloomington 1994.
  • John B. Bury: History of the Later Roman Empire. Bd. 1. 1923, ND New York 1958.
  • Alan Cameron: Claudian. Poetry and Propaganda at the Court of Honorius. Oxford 1970.
  • John Drinkwater: The Usurpers Constantine III (407–411) and Jovinus (411–413). In: Britannia 29, 1998, S. 269–298.
  • Peter J. Heather: The Fall of the Roman Empire: A new history. London u.a. 2005.
  • John F. Matthews: Western Aristocracies and Imperial Court, A.D. 364–425. Oxford 1975.

Weblinks


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