Flashmob

Flashmob
Szene eines Flashmobs vor dem Musikvereinssaal in Wien

Der Begriff Flashmob (englisch: Flash mob; flash = Blitz; mob [von mobilis beweglich] = aufgewiegelte Volksmenge, Pöbel – deutsch etwa Blitzpöbel) bezeichnet einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei denen sich die Teilnehmer persönlich nicht kennen und ungewöhnliche Dinge tun. Flashmobs werden über Online-Communitys, Weblogs, Newsgroups, E-Mail-Kettenbriefe oder per Mobiltelefon organisiert.[1] Flashmobs gelten als spezielle Ausprägungsformen der virtuellen Gesellschaft (virtual community, Online-Community), die neue Medien wie Mobiltelefone und Internet benutzt, um kollektive direkte Aktionen zu organisieren.

Obwohl die Ursprungsidee unpolitisch[2] war, gibt es mittlerweile auch als Flashmob bezeichnete Aktionen mit politischem oder wirtschaftlichem Hintergrund [3][4]. Diese müssten auf Grund ihrer Sinnhaftigkeit und Zielgerichtetheit als Smart Mob bezeichnet werden.

Inhaltsverzeichnis

Ablauf

Einem Aufruf aus dem Internet folgend, treffen sich die Teilnehmer an einem Ort, an dem sie weitere Instruktionen über den eigentlichen Aktionsort und Ablauf des Flashmobs bekommen. Typisch für Flashmobs ist die wie aus dem Nichts blitzartig entstehende Bildung des Mobs, das identische Handeln der Personen im Mob (z. B. applaudieren, telefonieren mit gleichen inhaltlichen Texten), und die plötzliche und völlig abrupte Auflösung nach wenigen Minuten.

Die Beteiligten tauchen am vereinbarten Ort zur vereinbarten Zeit auf, um dort kurz und für die unwissenden Passanten völlig überraschend einer gänzlich sinn- und inhaltslosen Tätigkeit nachzugehen.

So schnell wie die Menschen zusammengekommen sind, löst sich ihre Gruppe vor den Augen der verdutzten Zuschauer auch wieder auf. Dieses merkwürdige Verhalten wird vor allem durch die immer schnelleren zwischenmenschlichen Kommunikationsmöglichkeiten beeinflusst und unterstützt.

Geschichte

Das Projekt „Zebra Fußgängertheater“[5] des Niederländers Will Spoor (Anfang der neunziger Jahre) kann als ein früher Vorläufer der Flashmobs betrachtet werden. Spoor rekrutierte (über Flugblätter, Telefonketten etc.) die Darsteller jeweils vor Ort in der Stadt, in der das Fußgängertheater gastierte. Gemeinsam wurden unangekündigte Darbietungen im öffentlichen Raum geprobt und durchgeführt, die von Konzept und Anmutung stark an heutige Flashmobs erinnern.

Als ein früher zweckloser (und damit vom Smart Mob unterscheidbarer) Flashmob gilt eine Aktion des Journalisten Bill Wasik am 3. Juni 2003 in New York. Mehr als hundert Teilnehmer versammelten sich in einem Kaufhaus um einen Teppich. Kaufhaus-Mitarbeitern teilten sie mit, dass sie einen „Liebesteppich“ suchten und Kaufentscheidungen grundsätzlich gemeinsam träfen. Danach versammelte sich eine noch größere Gruppe in einer Hotel-Lobby und applaudierte exakt 15 Sekunden, schließlich strömten die Teilnehmer in ein Schuhgeschäft und gaben sich dort als Touristen aus.[6] Bill Wasik hat in einem Artikel im März 2006 bekundet, seine Absicht sei gewesen, hippe Leute vorzuführen, die in einer Atmosphäre der Konformität nur danach strebten, Teil der „nächsten großen Sache“ zu werden, egal wie sinnfrei diese sei.[7]

Die Freude an den sinnfreien Aktionen und der öffentlichen Aufmerksamkeit führte rasch zu Nachahmungen ohne ironischen Hintergrund. Bald darauf schwappte eine Flashmob-Welle von den USA nach Europa über, wo es Ende Juli 2003 erste Aktionen in Zürich, Rom und Wien gab. Das Phänomen erlangte für einige Monate große Medienaufmerksamkeit, bis im Herbst 2003 das Interesse zurückging.

Im Sommer 2007 wurde die Idee wiederbelebt, anfänglich von Organisationen, die mit Aktionen auf gesellschaftliche Ziele aufmerksam machen wollten. Durch neue Berichterstattungen in den Medien wurde auch wieder zu reinen Spaßaktionen inspiriert.

„Flashmob-Aktionen“ wurden von der Handelsgewerkschaft ver.di gezielt zur Besetzung und Blockade von Geschäften bei Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel eingesetzt.[8] [9] Gegen eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, das derartige Flashmobs für eine zulässige Arbeitskampfform hält, hat der Handelsverband Deutschland nach eigenen Angaben im Dezember 2009 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.[10]

In Philadelphia wurde im Frühjahr 2010 ein Trend beobachtet, dass Jugendliche hierbei wie ein „echter“ Mob ihre Gewaltbereitschaft ausleben.[11]

Prominente Beispiele

  • Am 20. Januar 2008 versammelten sich ca. 700 Menschen auf dem Odeonsplatz in München, stürmten eine Filiale von McDonald’s am Stachus und kauften dort auf einmal 4.385 Hamburger und Cheeseburger. Auf diese Art wurden bereits in vielen deutschen Großstädten Flashmobs veranstaltet. Bei einer ähnlichen Aktion am 29. März 2008 wurden in einer Berliner Filiale von McDonald’s in einer Bestellung 10.355 Burger gekauft. [12][13]
  • Am 31. Januar 2008 erstarrten gleichzeitig etwa 200 Menschen im New Yorker Bahnhof Grand Central Terminal für eine Dauer von fünf Minuten. Die Aktion wurde von Improv Everywhere geleitet[14]. Die veröffentlichten Filmaufnahmen wurden auf YouTube mehr als 25 Millionen Mal abgerufen[15]
  • Am 4. April 2009 um 16:00 Uhr trafen sich mehrere tausend Jugendliche (Angaben schwanken zwischen 1000 und 5000 Personen) aus Anlass des Pillow-Fight-Day zu einer Kissenschlacht vor dem Kölner Dom.[16]
  • Am 8. Juli 2009 trafen sich in Stockholm mehr als 300 Menschen zu Ehren von Michael Jackson. Diese versammelten sich an verschiedenen Orten der Stadt und tanzten zu Jacksons Lied „Beat it“. [17]

Siehe auch

Videos

Literatur

Weblinks

 Commons: Flash mobs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. oxforddictionaries.com
  2. Webster's New Millennium Dictionary of English: flash mob. abgerufen am 30. Oktober 2009 (englisch): „“a group of people who organize on the Internet and then quickly assemble in a public place, do something bizarre, and disperse.“
  3. Stefan Janke und Bülend Ürük: Nächtlicher Ausnahmezustand an BFT-Tankstelle Der Westen, Waz-Mediengruppe 11. Januar 2008
  4. Bundesarbeitsgericht: Streikbegleitende „Flashmob-Aktion - Urteil vom 22. September 2009 - 1 AZR 972/08 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. September 2008 - 5 Sa 967/08 -. In: Pressemitteilung Nr. 95/09. 22. September 2009, abgerufen am 24. September 2009: „Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts wies daher, wie bereits die Vorinstanzen, die Klage eines Arbeitgeberverbands ab, mit welcher der Gewerkschaft ver.di der Aufruf zu „Flashmob-Aktionen“ im Einzelhandel untersagt werden sollte. Die Gewerkschaft hatte im Rahmen eines Arbeitskampfes eine einstündige Aktion organisiert, bei der etwa 40 Personen überraschend eine Einzelhandelsfiliale aufgesucht und dort mit Waren vollgepackte Einkaufswagen zurückgelassen sowie durch den koordinierten Kauf von „Pfennig-Artikeln“ Warteschlangen an den Kassen verursacht hatten.“
  5. Festivalprogramm „Glashauskultur 1992“
  6. Flashmob-Revival: Die Verhaftung der lautlosen Ruhestörerin, Spiegel Online,16. April 2008
  7. My Crowd, or, Phase 5: A report from the inventor of the flash mob, Harper's Magazine, März 2006 (zahlungspflichtig)
  8. youtube-Video
  9. Aus: Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften, Streikaktionen Einzelhandel Stuttgart: Menschenkette und Flash Mob
  10. Verfassungsbeschwerde gegen Laden-Blockaden
  11. Ian Urbina: Mobs Are Born as Word Grows by Text Message. The New York Times, 24. März 2010.
  12. Bestellung von 10.355 Cheeseburgern - Foto des Kassenbons
  13. Die neue Burger-Bewegung
  14. Protokoll zu Frozen Grand Central auf improveverywhere.com
  15. Frozen Grand Central auf youtube.com
  16. Artikel aus dem KÖLNER STADTANZEIGER
  17. Offizielles Youtube-Video, in Deutschland aufgrund von Urheberrechtsbeschränkungen nicht verfügbar.
  18. Eurovision 2010 Flash Mob Dance (HD). wrapme (1.06). Abgerufen am 11. Juni 2011.

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