Flarm

Flarm
Instrumentenbrett einer modern ausgestatteten ASW 19 mit zentraler PDA-Navigation und FLARM-Kollisionswarngerät

FLARM ist ein in Kleinflugzeugen eingesetztes Kollisionswarngerät, das in der Schweiz ursprünglich für den Segelflug entwickelt wurde und in kurzer Zeit weltweite Beachtung und Verbreitung erfuhr. Es hat die Größe einer Zigarettenschachtel, benötigt für den Betrieb nur wenig Strom und umfasst im Wesentlichen einen GPS-Empfänger und ein digitales Funkmodul, bestehend aus einem Sender, der u.a. die aktuelle Position des Geräts im Nahbereich (einige km) anderen FLARMs übermittelt, und einem zugehörigen Empfänger. Dabei erfolgt die Datenübertragung auf einer konfigurierbaren Frequenz (in Europa etwa 868 MHz).

Inhaltsverzeichnis

Erfinder

Drei junge und engagierte Segelflieger aus der Schweiz haben FLARM erfunden, gebaut und Anfang 2004 als Gerät auf den Markt gebracht. Anstoß zur Entwicklung gaben mehrere tödliche Kollisionen zwischen Segelflugzeugen und die Erkenntnis, dass eine lückenlose visuelle Luftraumüberwachung grundsätzlich nicht möglich ist. Urs Rothacher ist Elektroingenieur und Wettbewerbspilot. Andrea Schlapbach hat über 1600 Stunden in seinem Flugbuch dokumentiert. Er ist Naturwissenschaftler und engagiert sich heute ehrenamtlich für die Akzeptanz von FLARM. Urban Mäder ist Elektroingenieur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und arbeitet derzeit an einer Promotionsarbeit am Institut für Automatik. Die Behörden unterstützten das Projekt insofern, als sie recht unbürokratisch eine Funkfrequenz freigaben und die benötigten Bewilligungen ausstellten. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten auch viele Schweizer Segelflugvereine, welche noch während der Entwicklungsphase Optionen zeichneten und Anzahlungen leisteten und so für die notwendige finanzielle Basis für das Projekt sorgten.

Sie erhielten 2006 den OSTIV-Preis. Die OSTIV (Organisation Scientifique et Technique de Vol a Voile) verleiht den Preis alle zwei Jahre an Wissenschaftler, die für die Entwicklung des Segelfluges Spezielles geleistet haben.

2007 erhielten sie die mit 20'000 US-Dollar dotierte Auszeichnung für Sicherheitstechnik des Prince Alvaro de Orleans-Borbon Fund. Mit dem Prince Alvaro de Orleans-Borbon Fund werden technische Entwicklungen im Luftsport ausgezeichnet. Der Stifter hat die Fédération Aéronautique Internationale (FAI), den Weltluftsportverband, gebeten, jeweils die Preisträger auszuwählen.

Funktion

Die Anzeige des FLARMs zeigt benachbarte Flugzeuge nach der Priorität der gefährlichsten Annäherung an. Es ist keinesfalls ein Ersatz, aber eine hochwirksame Unterstützung der Luftraumbeobachtung. Besonders auf den vielbeflogenen Strecken wie dem "Parcours" in den französischen Seealpen, der Schwäbischen Alb, dem Thüringer oder Teutoburger Wald in Deutschland, dem Schweizer Jura oder dem "Pinzgauer Spaziergang" in Österreich ist das Gerät eine effektive Hilfe zur Vermeidung von Kollisionen. Aber auch im Flachland, wo man sich oft allein wähnt, ist FLARM mittlerweile sehr verbreitet.

Der Segelflug stellt Kollisionswarnsysteme vor ein Problem: Im Segelflug wird oft ganz bewusst und gewollt sehr eng beieinander geflogen, z.B. beim gemeinsamen Kreisen im gleichen Aufwind oder beim parallelen Vorfliegen. Ein Kollisionswarnsystem, das alleine auf den Abstand zwischen zwei Flugzeugen reagiert, würde in diesen Situationen ständig Alarm schlagen und wäre darum für den Segelflug völlig unbrauchbar. FLARM löst dieses Problem so, dass es nicht nur die eigene (per GPS festgestellte) Position aussendet, sondern zusätzlich den voraussichtlichen künftigen Flugweg berechnet und mit übermittelt. Dabei kann die Software segelflugtypische Flugzustände wie Thermikkreisen erkennen. Das FLARM im zweiten Flugzeug macht für sich dasselbe und bestimmt dann nicht nur den Abstand der Flugzeuge, sondern versucht auch festzustellen, ob sich die beiden vorausberechneten künftigen Flugwege treffen könnten. Nur wenn das der Fall ist, schlägt es akustisch und mit einer LED-Kompassrose, die in Richtung des anderen Flugzeugs zeigt, Alarm. Die erste Warnung erfolgt in der Regel 18 Sekunden vor dem Zusammenstoß – dem Piloten bleibt so Zeit um zu reagieren. Außerdem ist es möglich, dass das FLARM-Gerät immer das nächste mit FLARM ausgestattete Flugzeug auf der Anzeige darstellt.

Seit 2005 kann FLARM den Flugweg im IGC-Format aufzeichnen und hat für die Barometeraufzeichnung zusätzlich eine Drucksonde erhalten. Im Frühjahr 2008 hat das FLARM die IGC-Zulassung erhalten. Ein Motorsensor für Motorsegler kann ebenfalls in diesem Zusammenhang eingebaut werden. Alle FLARM-Geräte ab Baujahr 2005 können mit IGC-Zulassung und Motorsensor nachgerüstet und somit als Logger verwendet werden.

Anzeige

In den ersten beiden Versionen war die Darstellung der horizontalen Annäherungssituation durch eine waagerechte LED-Reihe umgesetzt. Geräte, die nach dem Frühjahr 2006 ausgeliefert wurden haben eine kleine LED-Kompassrose. Ab 2005 wurde die Höhe des "Kollisionspartners" über vier vertikal angeordnete LEDs angezeigt, die für "oberhalb" und "unterhalb" stehen.

FLARM verfügt über eine serielle Schnittstelle, über die GPS-Daten und (Warn-)Informationen zu identifizierten Flugzeugen im NMEA 0183 Standard ausgegeben werden. Die Hersteller Artronic, Butterfly Avionics, Ediatec und LX Navigation bieten externe Displays an, die anstatt der Anzeige am Hauptgerät verwendet werden können. Außerdem gibt es Geräte, die die Warnungen per Sprache ausgeben.

Die vom FLARM-Gerät bereitgestellten Daten können neben den reinen Kollisionswarnungen auch weitere Warnungen und segelflug-relevante taktische Informationen beinhalten. Außerdem können diese in kompatible "Moving Map"-Geräte eingespielt werden und dort zur Anzeige von Flugzeugwarnungen verwendet werden. Möglich ist dies zur Zeit mit den graphischen Displays von Butterfly Avionics und LX Navigation, und den Moving-Map-Programmen XCSoar, GPS_Log, Sky-Map, SeeyouMobile, pocket*Strepla und Winpilot. Die nächste Version des Navigationsprogramms PocketFMS soll eine FLARM-Schnittstelle aufweisen. Die Programme Flymap und Skymap verfügen über eine Schnittstelle zum FLARM.

Feste Hindernisse

Außer vor anderen, mit FLARMs ausgerüsteten Flugzeugen warnt das Gerät auch vor festen Hindernissen wie Sendemasten und Seilbahnen sowie anderen offiziell bekannten Luftfahrthindernissen. Zu diesem Zweck ist eine Datenbank im Gerät integriert.

Verbreitung

FLARMgeräte sind vor allem bei im Alpenraum eingesetzten Segelflugzeugen innerhalb weniger Jahre zum Quasi-Standard geworden. Auch im Flachland werden immer mehr Segelflugzeuge, Motorsegler, Motorflugzeuge, Hubschrauber und Ultraleichtflugzeuge mit FLARMs ausgerüstet. Laut Hersteller sind Mitte 2008 alleine im EU Raum über 11000 Geräte im Einsatz, davon in Deutschland knapp 7000. Etwa 8500 dieser Geräte stammen von FLARM direkt, weitere rund 2500 von Dritten, welche in Lizenz kompatible Geräte herstellen.

Kompatible Lizenzprodukte

Neben dem Original-FLARM gibt es noch einige weitere kompatible Produkte von anderen Herstellern. Die verschiedenen Produkte sind alle auf demselben FLARM-Kernmodul aufgebaut, um (laut FLARM) eine maximale Kompatibilität zwischen den Geräten zu erreichen.

EDIATec GmbH bietet seit 2006 ein FLARM kompatibles Gerät für die Montage im Instrumentenbrett an. Das ECW100 ist ein Rundinstrument mit 57 mm Durchmesser und vereint alle FLARM Funktionen mit der bewährten Rundanzeige von EDIATec in einem Gerät. ECW100 verfügt zudem über eine Distanzanzeige, einen Intercomanschluss und eine SD Karte.

Von einem Dritthersteller, Triadis aus der Schweiz, existiert ein für Hubschrauber und Motorflugzeuge entwickeltes Gerät namens Floice. Diese ist in den Hubschraubern der Schweizer Rettungsflugwacht eingebaut.

FLARM kann bei LX Navigation den aktuellen Endanflugrechner integriert bzw. nachgerüstet werden. Es gibt auch Einzelgeräte wie Colibri FLARM, Red Box und LX FLARM Mini.

FlarmNet

FlarmNet ist eine Community von FLARM-Nutzern und wurde 2007 vom Drittgeräte-Hersteller Butterfly Avionics in Zusammenarbeit mit FLARM Technology gestartet. FlarmNet stellt eine Datenbank bereit, in welcher die Nutzer die jedem FLARMgerät eigene Radio-ID zusammen mit Daten des zugehörigen Flugzeuges abspeichern können. Die Datenbank kann auf der FlarmNet-Webseite heruntergeladen werden und auf kompatiblen Drittgeräten bzw. Software installiert werden. Somit ist eine Zuordnung jener Daten auf die empfangenen FLARM-Geräte möglich, sofern diese bei FlarmNet registriert sind. Aktuell sind bei FlarmNet nach eigenen Angaben mindestens 650 Geräte registriert.

Weblinks


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