Flares (Täuschkörper)

Flares (Täuschkörper)
Eine Lockheed MC-130 stößt Flares aus
Abschuss von Flares aus einem Hubschrauber

Flares (engl., etwa: Stichflammen) sind Täuschkörper gegen Lenkwaffen mit Infrarotsuchkopf. Die beim Einsatz von Flares entstehende Wärmestrahlung lenkt einfache Suchkopf-Sensorik vom eigentlichen Ziel ab. Ziel ist es, den Lenkflugkörper von der Wärmestrahlung des Flugzeuges auf die Wärmestrahlung der Flares zu lenken. Die neuere Sensorik berücksichtigt spezifische Turbinen- und Motoren-Emissions-Spektren und ist nur durch spezifische, selektiv strahlende Flares (z. B. NC-Flares) ablenkbar.

IR-Täuschkörper enthalten als Energiespeicher entweder pyrotechnische Sätze, pyrophore Feststoffe oder Flüssigkeiten bzw. leicht entzündliche Feststoffe. Wird der Täuschkörper angezündet, so wird eine stark exotherme Reaktion ausgelöst, die in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung des Energiespeichers mit einer mehr oder minder starken sichtbaren Flammen- und Rauchentwicklung einhergeht[1].

Inhaltsverzeichnis

Kaliber

Es gibt eine Vielzahl von Kalibern und Formen für Täuschkörper. Aufgrund des Platzmangels an Bord von Flugzeugen werden in vielen Plattformen amerikanischen Ursprungs und von NATO-Mitgliedsländern quaderförmige Täuschkörper eingesetzt. Zylindrische Täuschkörper gibt es ebenfalls an Bord amerikanischer Flugzeuge wie z. B. den MJU 23/B an Bord der Rockwell B-1 oder den MJU-8A/B an auf der F-18 aber vorzugsweise an Bord französischer Flugzeuge und solcher russischer Bauart wie z. B. der PPI-26 IW an Bord der Mig-29.

Quaderförmige Kalibertypen und typische Scheinziele in diesem Kaliber

  • 1x1x8 Inch z. B. M-206,MJU-61,(MTV basiert) M-211, M-212 (spektral angepasst)
  • 2x1x8 Inch z. B. MJU-7A/B (MTV basiert), MJU-59/B (spektral angepasst)
  • 2x2,5x8 Inch z. B. MJU-10/B (MTV basiert)
Schnittzeichnung eines MJU-7A/B Täuschkörpers

Zylindrische Kalibertypen:

  • 2,5 Inch z. B. MJU-23/B (MTV basiert)
  • 1,5 Inch z. B. MJU 8 A/B (MTV basiert)
  • 1 Inch z. B. PPI 26 IW

Ein typischer MJU-7A/B-Täuschkörper ist nebenstehend dargestellt. Es besteht aus einer äußeren Aluminiumhülle (1), einer elektrisch initiierbaren Impulskartusche (2), welche den Ausstoß der Wirkladung und ggfs. deren Anzündung bewirkt und einen zu einer Rohrsicherung ausgebildeten Treibspiegel (3), der eine Anzündung der Wirkmasse (4) mit der Anfeuerung (5) und der umhüllenden meist selbstklebenden Aluminiumfolie (6) erst außerhalb der Patronenhülse erlauben soll. Die Patrone ist an der Vorderseite mit einer Abdeckplatte (7) abgeschlossen.

Wirkladungen

Pyrotechnische Wirkladungen

Wirkladungen mit Schwarzkörpercharakteristik

Bestimmte pyrotechnische Zusammensetzungen wie z. B. Magnesium/Teflon/Viton liefern beim Abbrand eine temperaturabhängige Signatur und können als Graue Körper hoher Emissivität beschrieben werden. Diese Täuschkörper nennt man Schwarzkörperwirkladungen (engl.: blackbody payload). Andere Zusammensetzungen wie z. B. Eisen/Kaliumperchlorat-Tabletten liefern eine nur geringe Flammenentwicklung und zeigen ebenfalls eine temperaturabhängige Signatur [2]. Allerdings wird bei diesen Reaktionen aufgrund der erheblich niedrigeren Temperatur weniger Energie im kurzwelligen Infrarotbereich emittiert als vergleichsweise bei einer Magnesium/Teflon/Viton Formulierung. Andere Schwarzkörperwirkladungen enthalten beispielsweise Ammoniumperchlorat/Anthracen/Magnesium und einen auf Polybutadien basierenden Binder[3]

Variation der Strahlstärke einer MTV Wirkladung mit der Windgeschwindigkeit nach Towning 1989[4].

Wirkladungen mit selektiver Strahlungscharakteristik

Andere Wirkladungen schließlich erzeugen beim Abbrand große Mengen heißen Kohlendioxids und liefern daher eine überwiegend temperaturunabhängige, selektive Ausstrahlung im Wellenlängenbereich zwischen 4–5 µm. Typische Wirkladungen dieses Typs ähneln z. B. pyrotechnischen Pfeifsätzen und enthalten meist Kaliumperchlorat und wasserstoffarme organische Brennstoffe [5]. Andere Wirkladungen dieses Typs ähneln doppelbasigen Treibladungspulvern und enthalten Nitrocellulose und andere Nitratesterverbindungen [6] oder organische Nitroverbindungen als Oxidationsmittel wie z. B. Hexanitroethan und Nitroverbindungen und Nitramine als Brennstoffe[7]. Vorteil dieser Wirkmassen ist die geringe visuelle Sichtbarkeit. Dies gründet auf der Abwesenheit kondensierter Reaktionsprodukte und auch auf der Abwesenheit thermisch leicht anregbarer Alkalimetalle wie z. B. Natrium oder Kalium die hingegen in den o. g. Pfeifsatz-ähnlichen Formulierungen enthalten sind.

Pyrophore Wirkladungen

Im Gegensatz zu pyrotechnischen Wirkladungen entnehmen pyrophore Stoffe den für die Verbrennung erforderlichen Sauerstoff der Luft. Daher ist die Leistung pyrophorer Scheinziele grundsätzlich von der Einsatzhöhe, also dem Sauerstoffpartialdruck abhängig. Ein typisches flüssiges pyrophores Medium für Scheinziele ist z. B. Triethylaluminium (TEA). Beim Abbrand liefert dieses ein selektives Infrarotspektrum, das wesentlich durch Kohlendioxid und Wasser dominiert wird. Die Verbrennungsprodukte des Aluminiums sind in diesem Bereich nicht IR-aktiv [8].

Feste pyrophore Wirkladungen beruhen auf Eisenfolien die mit einer sehr porösen Aluminumschicht versehen sind. Aufgrund der sehr hohen spezifischen Oberfläche des Aluminiums oxidieren diese Folien spontan bei Kontakt mit der Luft und liefern im Gegensatz zu dem pyrophoren TEA eine temperaturabhängige Strahlung.

Leicht entzündliche Wirkladungen

Diese Gruppe von Wirkladungen schließlich enthält meist roten Phosphor als energetischen Brennstoff. Der rote Phosphor wird dazu mit organischen Bindemitteln zu Pasten verarbeitet und auf dünne Kunststofffolien aufgetragen. Der Abbrand dieser Streifchen liefert, aufgrund der Abwesenheit IR-aktiver Moden für die Verbrennungsprodukte des Phosphors im 0.8 - 5 µm Bereich, eine im Wesentlichen temperaturabhängige Intensitätsverteilung, welche durch den Zusatz inerter Additive, wie z. B. hochdisperse Kieselsäure noch weiter modifiziert werden kann [9].

Taktik

Bei langsam fliegenden Luftfahrzeugen, z. B. militärischen Transportflugzeugen oder Hubschraubern, sind sie wichtiger Teil des Selbstschutzsystems, da diese durch ihre Geschwindigkeit oder Flughöhe besonders stark durch infrarotgelenkte Boden-Luft-Lenkflugkörper bedroht sind. So stoßen z. B. deutsche Transall-Transportflugzeuge bei ihren Landungen in Kabul Flares aus, sobald das Raketenwarngerät (Missile Approach Warner) eine Bedrohung anzeigt, um potentielle Angriffe mit tragbaren Flugabwehrraketen (engl. MANPADS, Man Portable Air Defense System) wie der FIM-92 Stinger oder Strela-2, zu erschweren. Dabei werden meist mehrere Flares salvenartig ausgestoßen, die dadurch einen großen Hitzevorhang neben und hinter der Maschine erzeugen.

Kampfflugzeuge sind neben Boden-Luft-Lenkflugkörpern auch von infrarot-zielsuchenden Luft-Luft-Raketen anderer Flugzeuge bedroht, wie z. B. der AIM-9 Sidewinder oder den verschiedenen russischen Modellen.

Literatur

  1. [1]E.-C. Koch, Pyrotechnic Countermeasures: II. Advanced Aerial Infrared Countermeasures, Prop.,Expl.,Pyrotech. 31 2006, 3
  2. J. Callaway, Expendable Infrared Radiating means, GB Patent 2 387 430, 2003, GB.
  3. D. B. Nielson, D. M. Lester, Blackbody Decoy Flare Compositions for Thrusted Applications and Methods of Use, US Patent 5 834 680, 1998, USA
  4. J.N. Towning, Pyrotechnic Flares: Radiant Intensity and Radiance Calculations, 14. Int. Pyrotechnics Seminar, September 18-22 1989, Jersey, UK, p. 537-550
  5. J. Callaway, T. D. Sutlief, Infrared Emitting Decoy Flare, US Patent Application 2004/0011235 A1, 2004, GB.
  6. R. Gaisbauer, V. Kadavanich, M. Fegg, C. Wagner, H. Bannasch, Explosive Body, WO 2006/034746, 2006, DE
  7. E.-C. Koch, Infrarotleuchtmasse, DE 102004043991, 2006, DE
  8. [2]D. B. Ebeoglu, C. W. Martin, The Infrared Signature of Pyrophorics, AD921319, National Technical Information Service, May 1974.
  9. H. Bannasch, M. Wegscheider, M. Fegg, H. Büsel, Spektrale Scheinzielanpassung und dazu verwendbare Flarewirkmasse, WO 95/05572, 1995, D.

Weblinks


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