Fischertag

Fischertag

Der Fischertag ist ein traditionelles Fest der Stadt Memmingen. Dabei wird unter knapp 1500 Fischern ein Fischerkönig ermittelt. Jährlich kommen zu dem Fest 30.000 bis 40.000 Menschen als Mitwirkende oder Zuschauer.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Fischertag hat seinen Ursprung im Mittelalter. Seit 1465 fischen die Memminger jährlich den Stadtbach leer. Bis 1955 fand der Fischertag um Bartholomä (24. August) statt. Seit 1955 findet er zusammen mit dem Memminger Kinderfest in der letzten Woche vor den Sommerferien statt. Früher diente die Memminger Ach als Be- und Entwässerungssystem für die Memminger Handwerker. Insbesondere die Gerber benötigten das Wasser für die Bearbeitung der Felle. Der Bach wurde gleichzeitig zur Entsorgung der Gerbereiabfälle, der Fäkalien und der Reste aus den Schlachthäusern genutzt. Einmal im Jahr wurde er abgelassen, um den Unrat aus dem Bachbett zu räumen und die Brücken zu sanieren. Zwischen den Zünften wechselnd, durften seit dem 16. Jahrhundert jedes Jahr die Gesellen den Bach leerfischen.

Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus dieser Tradition das Fischerfest, zu dem der Fischertag gehört. Seine Ausgestaltung wurde oft verändert. Bis 1980 gab es alle vier Jahre einen Großen Fischertag.

Der Fischerbrunnen auf dem Schrannenplatz

Festablauf

Im Mittelpunkt des Festes steht nach wie vor das Bachausfischen. Am Vorabend des Fischertages ruft um 18:00 Uhr der Stadtbüttel mit der Stadtgarde in mittelalterlichen Kostümen den Fischertag aus. Der Zug führt durch die Altstadt bis zum Schrannenplatz, wo die Figur auf dem von Max Pöppel geschaffenen Fischerbrunnen bekleidet wird. Danach ziehen Memminger Musikkapellen durch die Straßen der Altstadt und rufen zum Zapfenstreich. Bis in den frühen Morgen wird in den Gassen und den Kneipen der Stadt gefeiert. Zwischen drei und sechs Uhr wird das Treiben durch die Sperrstunde beendet.

Um sieben Uhr morgens treffen sich die Bachausfischer im Realschulhof vor dem Westertor. Der Fischerzug zieht von dort, begleitet von Kapellen, durch die Straßen zum Schrannenplatz. Hier spricht der Oberfischer den Fischerspruch und nimmt dabei Bezug auf das, was sich im vergangenen Jahr in der Stadt ereignet hat. Der Memminger Dialekt ist für Fremde schwer zu verstehen. Um 7:50 Uhr ist der Fischerspruch beendet und die Fischer suchen sich ihren Platz am Stadtbach, wo die Kübelesträger warten.

Der Kübelesträger ist die wichtigste Person neben dem Fischer und dafür verantwortlich, dass der Kübel bzw. Eimer für die gefangenen Fische ausreichend mit Wasser gefüllt ist. Um acht Uhr jucken (springen) die Bachfischer nach einem Böllerschuss mit ihrem Bären in den Stadtbach und beginnen mit dem Bachausfischen. Der Bären ist ein halbrundes, aus einer Astgabel oder neuerdings aus Metall gefertigtes Fischernetz mit zwei Streben in der Mitte.

Das Ziel eines jeden Fischers ist es, mindestens eine der Bach- und Regenbogenforellen, die für diesen Tag im Sommer in den Stadtbach eingesetzt wurden, zu fangen. Mit ihren Bären gehen die Fischer im Stadtbach auf- und ab. Großer Jubel herrscht bei Fischern und Zuschauern immer dann, wenn eine Forelle im Netz landet. Die Teilnehmer müssen männlich, seit mindestens zehn Jahren in Memmingen gemeldet und Mitglieder des Fischertagsvereins sein. Allerdings versuchen verschiedene feministische Vereinigungen diese Regel zu brechen.

An der Waage vor der Großzunft auf dem Marktplatz wird die schwerste Forelle ermittelt. Ihr Fischer wird im anschließenden Königsfrühschoppen zum neuen Fischerkönig gekrönt. Sein Vorgänger wird dabei mit einem Laib Brot, einem Rettich, einem Riesenschübling und einer Maß Bier durch einen Arschtritt entthront. Der Thron besteht aus Birkenholz, weshalb er auch Birkenthron genannt wird. Am Abend wird bei einem Festumzug der neue Fischerkönig den Zuschauern vorgestellt. Am Abend findet zu Ehren des Fischerkönigs der Fischerabend statt, an dem verschiedene Gruppen die Zuschauer mit Musik und Tanz unterhalten. Während der Festtage findet das Fischertagstheater im Maximilian-Kolbe-Haus statt.

Die traditionellen Fischerlieder lauten:

  • „Schmotz, Schmotz, Dreck auf Dreck, Schellakeenig, wiaschta Sau“ und (siehe )
  • „Marie, da liegt a doter Fisch im Wasser, den mach mer hie“.

Alle vier Jahre wird der Fischertag in die Wallensteinfestspiele einbezogen. Diese Festspiele gelten als die größten Historienfestspiele Süddeutschlands.

Kritik

Kritik am traditionellen Fischertag: Auch Frauen wollen mitfischen. (Aufnahmedatum 1981)

Von Tierschützern wird das Fest kritisiert, weil sie es für eine auf Wettkampf ausgerichtete Fischaktion halten. Der Fischertagsverein als Veranstalter hält dagegen, dass über 75 % der Fische gar nicht an der Waage abgegeben werden. Zudem werden nur noch Kübel mit mindestens 14 Liter Inhalt verwendet und die Forellen in separaten Versorgungszelten getötet, um den Vorwurf des Tierleidens zu entkräften.

Das Fest wurde bereits durch Sitzblockaden auf der Strecke des Fischerzuges gestört. Animal 2000 versuchte bislang erfolglos, den Fischertag auf juristischem Wege abzuschaffen. Erfolglos blieb auch eine in den 1990er Jahren von einem Memminger Steuerberater eingereichte Klage gegen die Durchführung des Fischens. Insgesamt befürwortet nach in Memmingen und Umgebung durchgeführten Befragungen die absolute Mehrheit der Bevölkerung das Weiterbestehen des Festes.

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