Fischer Technik

Fischer Technik
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Bild eines mit fischertechnik gebauten fahrbaren Bergungsroboters
Datei:Fischertechnik kasten.jpg
Kramkiste mit klassischen fischertechnik-Elementen

fischertechnik ist ein Konstruktions-Baukastensystem aus hochwertigen Kunststoffen wie Nylon (PA 6) zu Schulungs- und Demonstrationszwecken sowie zur Prototyp- und Modellherstellung. Hersteller sind die durch ihre Dübel bekannten Fischerwerke in Waldachtal. Erfunden wurde das System von Artur Fischer.

Es gibt außer Grundbausteinen aus Kunststoff eine Vielzahl spezieller Teile wie Statikteile, Achsen, Motoren, Getriebe, Zahnräder, Elektronikbausteine usw. Dabei kann die Funktion betreffend eine hohe Realitätsnähe erzielt werden. Daher wird fischertechnik auch in der Anlagenplanung zum Prototypenbau verwendet, beispielsweise, um die Steuerung einer Fertigungsstraße zu prüfen.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau des Systems

Der graue Grundbaustein (Länge: 30mm).
Das Bild zeigt die Möglichkeit, Bausteine durch das Nut-Feder-System miteinander zu verbinden.

Das System beruht auf einem Baustein, der an allen sechs Seiten anbaubar ist. Dieser hat dazu an einem Ende einen Zapfen (im Bild, links unten zu sehen), der in die Nuten an den Längsseiten und der dem Zapfen gegenüberliegenden Seite geschoben werden kann. Durch diese patentierte Anbaubarkeit an allen sechs Seiten und die Möglichkeit, die Bausteine in den Nuten der Längsseiten beliebig gegeneinander zu verschieben, ist das System auch über das Grundraster von 15 mm hinaus sehr flexibel.

Da das System von Anfang an dazu konzipiert wurde, um neben dem Spaß am Spiel auch technische Sachverhalte zu vermitteln, wurde das Schwergewicht auf die Funktion der Modelle gelegt. So war bis Anfang der 1980er Jahre das Angebot an Bausteinen rein funktionell – Spielfiguren oder Bausteine mit rein optischer bzw. dekorativer Funktion waren nicht vorhanden. Ähnliches galt auch für die Farbgebung: Die normalen Bausteine sowie die Statikteile wurden in grauer, besondere Bausteine, wie Winkelsteine und Bauplatten, in roter Farbe gefertigt. Anfang der 80er Jahre kamen dann zunächst blaue und gelbe Sonderteile wie Führerhäuser oder Ladeflächen für LKW hinzu. Ende der 80er Jahre endet die „klassische Phase“ mit der Einführung eines neuen Farbkonzeptes: Die normalen Bausteine waren nun schwarz (seit 2006 auch rot) und die Statikteile gelb (bei einigen Modellen seit der Jahrtausendwende auch schwarz oder rot); rote Teile blieben rot.

Zwei Bauelemente (Grundbaustein und Strebe) in „klassischer“ (links) und neuer Farbgebung (rechts).

Die einzelnen Bausteine werden, ähnlich wie bei anderen Baukastensysteme, in Form von Zusammenstellungen verkauft. Solche Zusammenstellungen sind entweder Baukästen oder spezielle Erweiterungssets. Die Wiederverwendbarkeit der einzelnen Bausteine ist dabei sehr hoch und der Inhalt der Baukästen allgemein gehalten. Baukästen, die nur Anleitungen für ein oder zwei Modelle enthielten, waren in der „klassischen Phase“ unüblich.

Datei:Fischertechnik Verstärker- und Relaisbaustein.jpg
Verstärker- und Relaisbaustein aus dem System fischertechnik. Die grüne LED ist kein Original; eingesetzt waren steckbare Glühlämpchen, die sogenannten Telefonlämpchen.

Als Systemkomoponenten sind oder waren verfügbar:

  • normale Bausteine (die grauen Grundbausteine (jetzt schwarz oder rot), Verbindungselemente, Räder, …)
  • Antriebstechnik (Motoren, Getriebesätze, Zahnräder, Antriebsschnecken, Zahnstangen, …)
  • Statikbausteine (Winkel- und U-Träger sowie Streben für den Windverband, …)
  • Elektromechanik (Schalter, Lampen, Elektromagnete, …)
  • Elektronik (Fotosensoren, Differenzverstärker, Schaltstufen, Digitalbausteine, … – bis Anfang der 1980er Jahre auch optische Bausteine (Linsen, Lichtleiter, Spiegel, …)
  • Pneumatik (Kompressor, Ventile, Kolben, …)
  • Computing (Interfaces, Software, Sensoren, …)

Die Bausteine der verschiedenen Kategorien sind zueinander kompatibel.

Geschichte des Systems

1965–1969

Da Artur Fischer es leid war, jedes Jahr zu Weihnachten seine Geschäftspartner mit Kugelschreibern und ähnlich sinnlosen Gegenständen zu beschenken, macht er sich Gedanken über sinnvollere Weihnachtsgaben. Das Ergebnis kam bei den Kindern seiner Kunden so gut an, dass die Entscheidung getroffen wurde, diese Erfindung als Baukastensystem auf dem Markt anzubieten. Das Baukastensystem sollte die Kreativität der Kinder fördern. Die ersten 1000 Baukästen spendete Artur Fischer Weihnachten 1965 der Aktion Sorgenkind, dem Vorläufer der Aktion Mensch.

Im Frühjahr 1966 wurde das neue Baukastensystem am Markt eingeführt. Neben drei Grundkästen wurden fünf Ergänzungskästen angeboten. Die Grundfarbe der Verpackung war blau, der fischertechnik-Schriftzug darauf weiß und rot. Auf den Kästen waren Schwarz/Weiß-Bilder spielender Kinder abgebildet. Diese frühen Kästen waren relativ groß, die einzelnen Bausteine lagen in einer tiefgezogenen Kunststoffeinlage, was den Kästen den Spitznamen „Pralinenpackung“ eintrug. Das neue Baukastensystem erhielt in Frankreich die Auszeichnung Meilleur Jouet 1966, weitere Auszeichnungen folgten.

1967 wurde das Baukastensystem um Motor und Getriebe erweitert, zunächst mit Batteriekasten, etwas später mit Netzteil. Ein kleinerer Grundkasten ermöglichte einen preiswerteren Einstieg, und neue Zusatzkästen boten die Möglichkeit, weitere Elemente nachzukaufen. 1968 kam ein Elektromechanikbaukasten hinzu und im Folgejahr ein Elektronikbaukasten.

1970–1980

Die Statikbaukästen des Jahres 1970 ermöglichten den Bau größerer Modelle, wie Kräne, Türme oder Brücken. Mit der neuen Produktlinie hobby sollten Erwachsene als neue Zielgruppe angesprochen werden. Die Kästen waren weitgehend baugleich mit der Serie von Baukästen für den Schulunterricht. 1972 erschienen Vorstufe-Kästen für Kinder im Kindergartenalter mit kleineren Rädern, die einfach an die Bauplatten gesteckt werden können, und Verkleidungsplatten, die leicht auf die normalen Bausteine geklippst werden können. Der 1974 aufgelegte hobbywelt-Kasten ermöglichte die Bearbeitung von Schaumpolystyrol (Styropor), beispielsweise, um die Fischertechnik-Modelle in Landschaften einzubauen oder sie mit Schaumpolystyrol zu verkleiden. Im gleichen Jahr erschien ein Hubgetriebe, das die Funktion von Hydraulikzylindern (z. B. beim Bau von Baggern) mittels eines Minimotors nachbildete.

Datei:Fischertechnik 2bis6.jpg
Teile aus dem Vorschulprogramm 2bis6

Mit den 1976 unter der Bezeichnung 2bis6 (später als 3bis6 bezeichnet) neuaufgelegten Kästen für Vorschulkinder kamen erstmals gelbe und blaue Bausteine sowie Spielfiguren ins Programm. Ab 1978 wurde das Programm durch Themenkästen ergänzt.

1981–1984

Ab 1981 änderten die Modelle durch Sonderteile in rot und gelb, später auch blau ihr äußeres Erscheinungsbild. Im gleichen Jahr erschien der Ergänzungskasten Pneumatik. Mittels Pneumatikzylindern und manuell zu bedienender Ventile ließen sich Modelle nun mit Druckluft steuern. Zur Drucklufterzeugung stand ein motorisierter Kleinkompressor sowie eine Handpumpe zur Auswahl. Später kamen Kompressoren aus fischertechnik-Teilen hinzu. Im Folgejahr erschienen mit Wasser befüllbare Zylinder, die so Hydraulikfunktionen nachbildeten. Zur Unterscheidung zu den blauen Pneumatikzylindern waren die Hydraulikzylinder grün.

1983 erschien eine 4-Kanal-Fernsteuerung, davon zwei proportional. Durch einen zweiten Empfänger auf acht Kanäle erweiterbar wurde die Fernsteuerung echter Großmodelle ermöglicht. Passende Großmodelle erschienen, darunter ein Teleskopmobilkran, der mit zwei Empfängern vollständig fernsteuerbar war, inklusive des ausfahrbaren Teleskopteils. Sieben der insgesamt 14 neuen fischertechnik-Modellbausätze behandelten das Thema Grand Prix bzw. Formel 1. Das Programm umfasste drei Rennwagen, Löschwagen, Einsatzwagen, Transportwagen, Boxenstand, Rettungshubschrauber und Rettungswagen. 1984 kamen die größten Modellbaukästen auf den Markt. Der große Turmdrehkran sowie der etwas niedrigere, aber wuchtigere Containerkran, welche besonders große fischertechnik-Modelle waren.

1985–1988

Fischertechnik Computing mit C64 Interface

Mit Computing, Trainings-Roboter und Plotter-Scanner stieg fischertechnik in das Computerzeitalter ein. Interfaces für alle damals gängigen Homecomputertypen erschienen, darunter Apple II, Acorn und Commodore 64, später auch für Schneider, Atari ST und IBM-PCs. Programmiersprachen zum Ansteuern der Modelle waren u.a. GW-BASIC, Turbo Pascal und bei späteren Baukästen (1991) auch das hauseigene Programmierwerkzeug Lucky Logic.

1989–2003

Mit den neuen Baukästen der Junior und der Master Serie wurden die Farben der Bausteine abermals verändert: Die normalen Bausteine wurden nun schwarz, die Statikteile gelb, die Winkelsteine bleiben rot. Auch die elektromechanischen Bauteile wie Leuchten und Motoren wurden überarbeitet und die Stromversorgung (Batteriekästen und Transformatoren) modernisiert. Als Nachfolger des hobby-Programms wendeten sich die Profi-Kästen an die Zielgruppe der 12- bis 99-Jährigen. Sie hoben sich durch eine schwarze Farbgebung der Verpackung deutlich vom übrigen Programm ab.

Mit dem Baukasten I’m walking von 1994 wurde das Thema Bionik aufgenommen. Im Unterschied zum Bionic Robots, der Version von 2001, beherrschten die sechs Krabbeltierchen allerdings lediglich den Geradeauslauf. 1997 gab es Solarkomponenten im Baukasten SOLAR SET. Dieser enthielt die Komponenten Motor, Solarmodul und einen Goldcap-Kondensator zum Zwischenspeichern der Energie. Mit dem Baukasten Mobile Robots lernten die computergesteuerten fischertechnik-Modelle erstmals das Laufen. Im Folgejahr erschien die Fernsteuerung IR CONTROL SET, die auf Basis von Infrarotlicht arbeitete. Damit ließen sich drei Motoren steuern.

2004 bis heute

2004 wurde das Baukastensystem neu in die vier Linien JUNIOR, BASIC + ADVANCED, PROFI und COMPUTING gegliedert. Hinzu kam eine fünfte und sechste Linie, PLUS und Computing Plus, in der die Zubehörkästen (Motor, Lampen, Energieversorgung und Fernsteuerung) zusammengefasst wurden.

Nebenlinien

  • Parallel zum eigentlichen fischertechnik-Programm erschienen in den 1970er Jahren mehrere Bau- und Experimentierkästen in den Bereichen Elektromechanik und Elektronik, die zwar in den Prospekten und Katalogen geführt wurden, aber keine anderen Kästen des fischertechnik-Programms voraussetzten.
  • 1973 erschien mit den fischergeometric-Kästen eine eigenständige Serie von vier Baukästen für die Ausbildung in darstellender Geometrie, die nicht mit dem normalen fischertechnik kompatibel sind.
  • 1978 und 1979 erschienen zwei Kästen für den Bau von Flugzeugen (Jet und Jumbo-Jet).
  • 1979 folgte die Bau-Spiel-Bahn, eine auf Fleischmann H0-Gleisen fahrende Eisenbahn aus fischertechnik-Teilen. Hierfür wurde eine für fischertechnik ungewöhnlich große Anzahl von Sonderteilen aufgelegt. Die Bahn konnte sich am Markt nicht durchsetzen, die letzten Neuheiten dazu erschienen 1980.
  • Unter der Bezeichnung fischerform waren 1983 eine Vielzahl von Artikeln für Kleinkinder erhältlich. Von Babyspielzeug für das Gitterbettchen über Holzpuzzles und "PerlBlocks" (rasselnde, weil kugelgefüllte Plastikbausteine) bis hin zum eigentlichen "fischerform", einem Baukastensystem für Kinder ab 4 Jahre.
  • Unter der Bezeichnung "Classic Line" legte fischertechnik zwei Sondermodelle von Dampfmaschinen auf: Die Dampfwalze um 1920 und Mobile Dampfmaschine (2000). Standplatten aus Massivholz und eine schwarz-rote Farbgebung verliehen den Modellen ein hochwertiges und repräsentatives Aussehen.

Schulprogramm

fischertechnik verfolgte von Anfang an neben dem technischen auch einen pädagogischen Anspruch. So entstand bereits in den 1960er Jahren das fischertechnik-Schulprogramm, aus dem sich dann die hobby-Linie entwickelte. In den hobby-Begleitheften wurden dem Leser ausführlich technische und physikalische Zusammenhänge mit Hilfe von fischertechnik-Modellen nähergebracht.

Fanclubs

  • Es gibt einen - von den Fischerwerken getragenen - fischertechnik-Fanclub mit über 30.000 Mitgliedern (Firmenangabe).
  • Der fischertechnikclub Nederland wurde 1991 gegründet. Er hat zur Zeit (2008) 300 nicht nur niederländische Mitglieder, bringt jährlich 4 Ausgaben seines "Clubblad" (mit Übersetzung ins Deutsche) heraus, und trifft sich bei 3 bis 5 Ausstellungen an wechselnden Orten. [1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Clubblad, 17. Jg., Nr.4, 4. Dezember 2007

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