Fischaugen-Objektiv

Fischaugen-Objektiv
Fischaugen-Objektiv Arsat 30 mm an einer Mittelformatkamera
Fischaugen-Bild mit deutlich erkennbaren Verzerrungen
Fischaugen-Foto mit nicht sofort sichtbaren Verzerrungen
Fischaugenaufnahme mit kreisrundem Bild
Vollformat-Fischauge 15 mm (Kleinbildformat) - Foto eines Innenraumes
verschiedene Abbildungsfunktionen

Das Fischauge (engl. fisheye bzw. fisheye lens) ist ein spezielles Objektiv. Es hat eine sehr kurze Brennweite im Vergleich zur Größe des Bildformates, und im Gegensatz zu konventionellen Nicht-Fischaugen-Objektiven ist seine Projektionsweise nicht gnomonisch, d. h. es verzeichnet. Gerade Linien, die nicht durch die Bildmitte laufen, werden gekrümmt abgebildet. Seine Verzeichnung ist stark tonnenförmig. Dafür bildet es Flächenverhältnisse meist getreuer ab als ein gewöhnliches, verzeichnungsfreies Weitwinkel. Es besitzt einen sehr großen Bildwinkel (meist 180° in der Bilddiagonale, im Extremfall sogar bis zu 220°), der von der kurzen Brennweite und von der speziellen Projektionsweise kommt; Bildwinkel von 180° oder mehr sind mit der konventionellen gnomonischen Projektionsweise nicht erreichbar. Trotz der außergewöhnlich großen Bildwinkel ist der Helligkeitsabfall zum Bildrand hin relativ leicht korrigierbar, weil der Abbildungsmaßstab zum Bildrand immer kleiner wird und sich das Licht somit auf eine kleinere Fläche konzentriert.

Moderne Fischaugen-Objektive für einäugige Spiegelreflexkameras sind meist als Retrofokusobjektive ausgeführt, damit der Spiegel zwischen Verschluss und Hinterlinse genug Platz hat.

Inhaltsverzeichnis

Typen

Man unterscheidet Fischaugen-Objektive einerseits nach ihrer Projektionsart (siehe Abbildungsfunktionen weiter unten) und andererseits nach ihrem Bildkreisdurchmesser.

Fischaugen, deren Bildkreisdurchmesser (mindestens) so groß ist wie die Diagonale des Aufnahmeformates der Kamera, heißen Vollformat-Fischaugen. Sie erreichen ihren größten Bildwinkel von gewöhnlich 180° nur über die Bilddiagonale; ihre horizontalen und vertikalen Bildwinkel sind entsprechend kleiner. Fischaugen, deren Bildkreisdurchmesser (höchstens) so groß ist wie die kürzere Kante des Aufnahmeformates der Kamera, heißen Rundbild-Fischaugen, weil sie ein kreisrundes Bild innerhalb des rechteckigen Aufnahmenformates entwerfen.

Für das Kleinbildformat beträgt die Brennweite eines Vollformat-Fischauges typischerweise 15 oder 16 mm, ältere Modelle können auch 17 oder 18 mm aufweisen. Rundbild-Fischaugen für das Kleinbildformat besitzen gewöhnlich 7,5 oder 8 mm Brennweite. Fischaugen für andere Formate als Kleinbild haben proportional zur Formatgröße andere Brennweiten.

Um den Fischaugen-Effekt zu erzielen, sind auch Vorsätze erhältlich, die vorn auf ein normales Objektiv aufgeschraubt werden. Dabei müssen aber erhebliche Einbußen bei der Bildqualität in Kauf genommen werden.

Bildwirkung

Beim Fischauge sind sämtliche geraden Linien, die nicht durch den Bildmittelpunkt laufen, gekrümmt. Dies soll angeblich dem Bild entsprechen, welches ein Fisch hat, der von unten durch die Wasseroberfläche schaut; so ist auch der Name des Objektivs entstanden.

Einsetzen kann man das Fischauge für Panoramaaufnahmen von Landschaften oder für Effektbilder. Ein zu häufiger Einsatz nutzt aber den Effekt ab und ermüdet den Betrachter.

Besonders für Aufnahmen in Gebäuden ist oft der große Bildwinkel praktisch, so dass man mit einem Bild einen ganzen Raum abbilden kann (siehe Beispielfoto).

Abbildungsfunktionen

Die Abbildung eines seitlichen Objektes in einem Winkel w (Feldwinkel) zur optischen Achse führt zu einer Bildlage im Abstand r von der Bildmitte. Die Abhängigkeit zwischen r und w wird durch die Abbildungsfunktion ausgedrückt. f ist die Brennweite des Objektivs.

Normales (Nicht-Fischauge-)Objektiv:

  • gnomonisch (verzeichnungsfrei): r = f \cdot \tan(w), wirkt wie die Lochkamera. Gerade Linien sind auch auf dem Bild gerade. w muss kleiner als 90° bleiben. Der Bildwinkel, zu dem das Objektiv fähig ist, wird meist symmetrisch zur optischen Achse gemessen und ist daher 2\cdot w. Er muss also kleiner als 180° bleiben. Große Bildwinkel erfordern bei Retrofokusobjektiven einen extremen Aufwand und führen zu sehr hohen Preisen für ein solches Objektiv. Objekte nahe dem Bildrand werden verzerrt abgebildet: Sie sind in radialer Richtung gestreckt. Stehende Personen am seitlichen Bildrand erscheinen deshalb dicker, als sie sind, und bekommen „Eierköpfe“.

Fischaugen können verschiedene Abbildungsfunktionen haben. Es folgen einige Spezialfälle:

  • winkeltreu (stereographisch): r =2 \cdot f \cdot \tan \left( \tfrac w 2 \right). Dies wäre ideal für die meisten fotografischen Zwecke, denn Objekte am Bildrand werden nur geringfügig verzerrt. Objekte, deren Abbild in allen Richtungen nur wenig ausgedehnt ist, werden praktisch unverzerrt abgebildet. Personen z. B. werden mit den richtigen Proportionen wiedergegeben, weder zu schlank noch zu dick. Ein Objekt erscheint am Bildrand jedoch größer als in der Bildmitte, bei gleicher Entfernung von der Kamera, d. h. Objekte am Rand erscheinen näher, als sie sind. Es wurde bisher keine Optik mit winkeltreuer Abbildung entwickelt, sie ist aber durch Software leicht zu realisieren.
  • linear geteilt (äquidistant): r = f \cdot \left( \tfrac {\pi}{180} \right) \cdot w (wenn w in °(Grad) angegeben ist), oder r = f \cdot w (w in rad). Solche Objektive ermöglichen Winkelmessungen auf dem Bild in radialer Richtung (z. B. für Sternkarten). Die meisten Rundbild-Fischaugen, wie z. B. das Canon FD 1:5,6 / 7,5 mm, bilden so ab. Software zur Panoramaerstellung, bspw. Hugin (Software), gehen von dieser Projektionsart aus. Objekte am Bildrand werden in radialer Richtung leicht gestaucht; Personen erscheinen schlanker, als sie sind. Der Abstand von Objekten am Bildrand wird weniger unterschätzt als bei winkeltreuer Abbildung.
  • flächentreu (equisolid angle = raumwinkelgleich): r = 2 \cdot f \cdot \sin \left( \tfrac w 2 \right). Dabei entsteht das gleiche Bild, als wenn an der Kameraposition eine verspiegelte Kugel platziert wäre, die man aus großer Entfernung, verglichen mit ihrem Durchmesser, betrachtet. Die Fläche, die das Abbild eines Objekts auf dem Bild einnimmt, ist proportional zum Raumwinkel, in dem es von der Kameraposition aus gesehen erscheint. Die Entfernungen der Objekte von der Kamera werden deshalb richtig eingeschätzt. Solche Objektive eignen sich besonders, um im Bild Bedeckungsgrade zu bestimmen (z. B. durch Vegetation oder durch Bebauung, oder zur Bewölkungsgradbestimmung). Die radiale Stauchung von randnahen Objekten ist noch etwas größer als bei äquidistanter Projektion. Dieser Typ hat sich weitgehend durchgesetzt, die meisten Vollformat-Fischaugen bilden (annähernd) flächentreu ab.
  • orthographisch: r = f \cdot \sin(w), wirkt wie eine Kugel, die aus großer Entfernung betrachtet wird, und auf die die Umgebung projiziert wurde, mit dem Kugelmittelpunkt als Projektionszentrum. Der Bildwinkel 2 \cdot w ist auf max. 180° begrenzt. Das Nikon OP Fish-eye NIKKOR 1:5,6/10 mm folgt dieser Projektionsweise („OP“ = orthographic projection); es besitzt eine asphärische Frontlinse, um diese schwierige Projektionsart zu realisieren. Für die bildmäßige Fotografie ist dieser Typ wegen der ausgeprägten Verzerrungen eher unvorteilhaft, Objekte nahe dem Bildrand werden radial noch weit stärker gestaucht als bei flächentreuer Abbildung.

Weitere Anwendung

In der Ökophysiologie werden mit Fischaugenobjektiven hemisphärische Fotos in Pflanzenvegetationen gemacht. Aus der Analyse dieser Bilder können relevante Strukturparameter von z. B. Baumkronen abgeleitet werden wie Blattflächenindex, Blattwinkelverteilung und Lichtverfügbarkeit.

Weblinks

Siehe auch


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