Figurationssoziologie

Figurationssoziologie

Figuration, auch Interdependenzgeflecht genannt, ist ein von Norbert Elias in die Soziologie eingeführter Begriff, der das soziale Zusammensein von Individuen in spezifischen Konstellationen betont.

Elias versteht unter einer Figuration ein dynamisches soziales Netzwerk von untereinander abhängigen Individuen. Diese Beziehungen zwischen den Akteuren sind nach Elias das Wesen jeder sozialen Gemeinschaft. Die Soziologie hat demnach die Aufgabe, diese Beziehungsgeflechte zwischen sozialen Akteuren zu untersuchen.

In diesem Zusammenhang dient der Begriff dazu, soziologische Untersuchungen über Gruppenstrukturen oder Konstellationen mit denen von individuellen Verhaltensstrukturen zu verbinden. Individuen existieren, wie Gruppen, in Kontexten anderer Individuen und Gruppen, die nur als Geflecht und in Abhängigkeit von einander (interdependent) gedacht werden können.

Für Elias fungiert der Begriff als Werkzeug, "mit dessen Hilfe man den gesellschaftlichen Zwang, so zu sprechen und zu denken, als ob »Individuum« und »Gesellschaft« zwei verschiedene und überdies auch antagonistische Figuren seien, zu lockern" (Was ist Soziologie?, 2004). Der Begriff soll den Gegensatz einer solchen Rede und solchen Denkens dialektisch aufheben.

Beispiele für Figurationen sind das Verhältnis von Lehrer und Schüler, von Torwart und Mannschaft oder das Verhältnis eines Bürgermeisters zu den Einwohnern eines Dorfes. Im Fall größerer Figurationen - wie bei den Bewohner eines Landes oder sogar im Fall der Weltbürgerschaft - sind die Interdependenzketten nur entsprechend länger und differenzierter.

Literatur

  • Norbert Elias: Was ist Soziologie?, Weinheim: Juventa, 2004, pp. 139-145. ISBN 3779901021
  • Norbert Elias: Figuration. In: Bernhard Schäfers (Hg.): "Grundbegriffe der Soziologie." Stuttgart: Leske+Budrich (Utb), 2003, pp. 88-91. ISBN 3825214168

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