Ferrocen

Ferrocen
Strukturformel
Struktur von Ferrocen
Allgemeines
Name Ferrocen
Andere Namen
  • Di(cyclopentadienyl)eisen
  • Bis(cyclopentadienyl)eisen
Summenformel C10H10Fe
CAS-Nummer 102-54-5
PubChem 7611
Kurzbeschreibung

orangefarbene Nadeln mit campferartigem Geruch[1][2]

Eigenschaften
Molare Masse 186,04 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,49 g·cm−3 (20 °C)[3]

Schmelzpunkt

172,5 °C[1]

Siedepunkt

249 °C[1]

Dampfdruck

2,6 hPa (100 °C)[1]

Löslichkeit
  • unlöslich in Wasser[2]
  • löslich in vielen organischen Lösungsmitteln[2]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
02 – Leicht-/Hochentzündlich 07 – Achtung

Gefahr

H- und P-Sätze H: 228-302
EUH: keine EUH-Sätze
P: 210 [4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Leichtentzündlich Gesundheitsschädlich Umweltgefährlich
Leicht-
entzündlich
Gesundheits-
schädlich
Umwelt-
gefährlich
(F) (Xn) (N)
R- und S-Sätze R: 11-22-51/53
S: 22-61
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Ferrocen (Di(cyclopentadienyl)eisen oder Bis(cyclopentadienyl)eisen) ist ein Metallocen, das heißt eine metallorganische Verbindung mit aromatischen Ringsystemen, und war die erste dieser Verbindungen, die als Sandwichverbindung bezeichnet wurde, weil sich zeigte, dass die beiden Cyclopentadienylringe auf gegenüberliegenden Seiten des Eisenatoms liegen. Die Summenformel ist C10H10Fe.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Ferrocen (vakuumsublimiert).

Ferrocen bildet orangefarbene Kristallnadeln mit einem Schmelzpunkt von 173 °C und einem Siedepunkt von 249 °C. In Wasser ist Ferrocen nicht löslich, in unpolaren Lösungsmitteln wie Hexan oder Toluol hingegen gut. Es besitzt große thermische und chemische Stabilität. Ferrocen lässt sich durch Vakuumsublimation gut reinigen, da es für einen Feststoff einen relativ hohen Dampfdruck hat.

Bindungsverhältnisse

Ferrocen setzt sich formal aus einem Eisen(II)-Kation und zwei Cyclopentadienylanionen (C5H5) zusammen. Insgesamt ergibt sich also ein ungeladener Komplex. Die Bindungsverhältnisse lassen sich vereinfacht dadurch erklären, dass die Cyclopentadienylanionen als Aromaten über ein delokalisiertes π-Elektronensystem verfügen. Jeder der beiden Liganden kann dem Eisen(II)-Kation sechs π-Elektronen zur Verfügung stellen. Da das Eisen(II)-Kation sechs Elektronen besitzt und zwölf Elektronen von den Liganden erhält, besitzt es im Komplex 18 Elektronen. Damit erreicht es, der 18-Elektronen-Regel folgend, die energetisch günstige Edelgaskonfiguration von Krypton. Der Abstand der Cyclopentadienylringe beträgt 332 pm, was dem Van-der-Waals-Kontakt zweier π-Systeme entspricht, z. B. dem Abstand der Schichten im Graphit von 330 pm oder auch im Bis(benzol)chrom mit 322 pm.

Ferrocen: Gestaffelte Konformation (links) und ekliptischer Konformation (rechts).

Die ekliptischer Konformation („auf Deckung“) ist gegenüber der gestaffelte Konformation der Ringe bevorzugt.[5] Ferrocen kristallisiert bei Raumtemperatur in monokliner, bei T < 164 K in trikliner und bei T < 110 K in orthorhombischer Modifikation. In der monoklinen Form wird durch Fehlordnung eine gestaffelte Konformation (D5d) individueller Sandwichmoleküle vorgetäuscht. Die trikline Form weicht um 9° von der ekliptischen Anordnung (D5) ab, die orthorhombische Form (D5h) ist exakt ekliptisch gebaut.[6][7] Ekliptisch ist Ferrocen auch in der Gasphase, die Rotationsbarriere ist jedoch sehr klein. Das an allen Positionen der Fünfringe methylsubstituierte Decamethylferrocen [Cp(CH3)5]2Fe realisiert hingegen im Kristall und in der Gasphase die gestaffelte Konformation. In Cobaltocen Cp2Co und Nickelocen Cp2Ni stehen die Cp-Fünfringe auf Lücke (gestaffelt).

Historische Informationen

Es wurde 1951 zufällig von Kealy und Pauson an der Duquesne University bei der Reaktion von Eisen(III)-chlorid mit Cyclopentadienylmagnesiumbromid als orangefarbene Kristalle erhalten, die überraschenderweise luftstabil waren und leicht sublimiert werden konnten.[8] Unabhängig davon und nahezu gleichzeitig hatte eine Arbeitsgruppe um Samuel A. Mille ebenfalls Ferrocen hergestellt und beschrieben.[9]

Die ersten auf Infrarotspektroskopie beruhenden Strukturvorschläge von Wilkinson und Woodward, damals beide an der Harvard University, konnten 1952 durch Röntgen-Kristallstrukturanalyse von Ernst Otto Fischer und Wolfgang Pfab (beide damals TU München) bestätigt werden.[10]

Ernst Otto Fischer und Geoffrey Wilkinson erhielten 1973 den Nobelpreis für Chemie für ihre Arbeiten über metallorganische Verbindungen, die auch die Bindungsverhältnisse im Ferrocen erklärten.

Verwendung

Ferrocen kann Heizöl (einzelnen Premiumheizölqualitäten) beigemischt werden, um eine bessere Sauerstoffbindung und somit eine effektivere und sauberere Verbrennung zu erreichen. Die Verbrennungstemperatur des Öls wird durch das Additiv nicht erhöht.

In der Cyclovoltammetrie wird Ferrocen wegen seiner reversiblen Oxidation zum Ferrocenium-Ion oft als Referenzsubstanz (E0 = 0,400 V gegen eine Wasserstoffelektrode[11]) in nicht wässrigen Lösungen verwendet. Diese Verwendung geht auf eine um 1960 aufgestellte Hypothese von Stehlow zurück, die besagt, dass Ferrocen gut für den Vergleich von Redoxpotentialen in verschiedenen organischen Lösungsmitteln geeignet ist, weil der elektrostatische Anteil der Solvatationsenthalpie des Ferricenium-Ions sehr klein ist und deshalb die freie Solvatationsenthalpie des Ferrocen-Moleküls der des Ferricenium Ions sehr ähnlich ist. Gleiches gilt für das Cobaltocen/Cobaltocenium-System, sodass das Redoxpotential des Cobaltocens in vielen verschiedenen Lösungsmitteln einen Wert von -1,32 V vs. Fc annimmt. Aus diesem Grund wurde Ferrocen neben Bis(benzol)chrom 1984 als IUPAC-Potentialstandard für die Angabe von Potentialen in organischen Lösungsmitteln festgelegt[12]. Problematisch ist allerdings die Umrechnung von Redoxpotentialen, die mit Ferrocen kalibriert wurden, auf die Potentialskala der SHE in wässriger Phase, da für das Redoxpotential (Fc vs. SHE) viele sehr verschiedene Werte in der Literatur existieren. Der Grund für diese stark schwankenden Angaben ist die Unlöslichkeit von Ferrocen in wässriger Phase, die Realisierung der SHE in organischer Phase und die intrinsische Unmöglichkeit der genauen potentiostatischen Messung von Redoxpotentialen zwischen Halbzellen, die mit unterschiedlichen Elektrolytsystemen befüllt sind, da die anionischen und kationischen Verteilungskoeffizienten nicht unabhängig voneinander bestimmbar sind und deshalb der Spannungsabfall, der an der Grenzfläche auftritt, unbekannt ist. Neuere Arbeiten verweisen auf vorteilhafte Eigenschaften des Decamethylferrocens als Referenzsystem in organischer Phase, da dieses ähnlich wie Bisbiphenylchrom eine größere Abschirmung gegen das Lösungsmittel besitzt. Die Abhängigkeit des Redoxpotentials vom Lösungsmittel ist noch geringer einzuschätzen als beim Ferrocen/Ferricenium-System, da aber Decamethylferrocen ebenso unlöslich in Wasser ist wie Ferrocen, liefert auch dieser Ansatz keine zufriedenstellende Lösung der Probleme beim Vergleich von Redoxpotentialen in wässriger und organischer Phase.

Siehe auch

Literatur

  • J. Dunitz, Leslie Orgel, A. Rich: The crystal structure of ferrocene. Acta Crystallographica 9 (1956) S. 373–375.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Eintrag zu Ferrocen in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 17. August 2007 (JavaScript erforderlich).
  2. a b c Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.5. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2009.
  3. Datenblatt Ferrocen bei Merck, abgerufen am 17. August 2007.
  4. a b Datenblatt Ferrocene bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 1. April 2011.
  5. N. N. Greenwood / A. Earnshaw "Chemie der Elemente" VCH Verlag, 1988, S. 408-409, ISBN 3-527-26169-9.
  6. P. Seiler, J. D. Dunitz: A new interpretation of the disordered crystal structure of ferrocene. In: Acta Crystallographica Section B. 35, Nr. 5, 1979, S. 1068–1074, doi:10.1107/S0567740879005598.
  7. P. Seiler, J. D. Dunitz: The structure of triclinic ferrocene at 101, 123 and 148 K. In: Acta Crystallographica Section B. 35, Nr. 9, 1979, S. 2020–2032, doi:10.1107/S0567740879008384.
  8. T. J. Kealy, P. L. Pauson: A New Type of Organo-Iron Compound. In: Nature 168, 1951, S. 1039. doi:10.1038/1681039b0.
  9. Samuel A. Miller, John A. Tebboth, John F. Tremaine: Dicyclopentadienyliron. In: Journal of the Chemical Society. 1952, S. 632–635, doi:10.1039/JR9520000632.
  10. Pierre Laszlo, Roald Hoffmann: Ferrocen: objektive Geschichte oder eine Rashomon-Erzählung?. In: Angewandte Chemie. 112, Nr. 1, 2000, S. 127–128, doi:10.1002/(SICI)1521-3757(20000103)112:1<127::AID-ANGE127>3.0.CO;2-2.
  11. CRC Handbook of Chemistry and Physics, 84th Edition, 2003–2004.
  12. Pure appl. Chem. 56, 461 (1984).

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