-ingen

-ingen

-ing als Althochdeutsch-germanisches Suffix bezeichnet prinzipiell eine Zugehörigkeit zum vorhergehenden Wortteil; dieser kann der Name einer Person oder einer Ortschaft sein.

In der Namenkunde stehen als Ableitungen: -ing/e/n, -in(c)k, -ung/e/n, -ange/n, -engo.

Inhaltsverzeichnis

Personennamen

Früheste Formen beziehen sich auf Gruppenzugehörigkeiten, und dienen zu Bildung von Vornamen. Während diese Ableitung in Süden schon in althochdeutscher Zeit verschwindet, hält sie sich im Norden (Niederlande, Westfalen, Oldenburger Land, im Hannoverschen, Mecklenburg, Pommern) wesentlich länger: Sie erfüllt hier die Funktion „ist Sohn von“ als Patronymikon.[1]

Beispiele:

Als Familienname kann auch die Zugehörigkeitsbezeichnung zu Ortsnamen vorkommen, etwa als erweiterte Bildung mit der Zugehörigkeitssilbe -er zu -inger, so bei Joseph Ratzinger, dem Papst Benedikt XVI., dessen Vorfahren aus Ratzing stammen.[2]

Die Zugehörigkeit zu einer Familie kann ebenfalls damit bezeichnet werden, vor allem in der Geschichtswissenschaft vor der Entstehung von Nachnamen, beispielsweise bei den Karolingern, Ahnen Karls des Großen.

Ortsnamen

Die Endung -ingen ist eine Wortendung vieler Ortsnamen im deutschsprachigen Raum. Wie auch bei Familiennamen wird eine Zugehörigkeit ausgedrückt, in der Regel ist der vorhergehende Wortteil ein Ort oder eine Person.

Der lokativische Dativ Plural -ingen, altfränkisch -ingan, dient zunächst als Stellenbezeichnung, die auf einen eigentlichen Ortsnamen übertragen werden kann. Dieser Derivationstyp wird meist von einem Personennamen abgeleitet. Sie bezieht die Siedlung entweder auf den Anführer (z. B. Mainflingen: Mainolf) oder auf den Ort der Siedlung (z. B. Göttingen: altsächsisch gota, „Bach“).

Diese Endung kennzeichnet vor allem Ortsgründungen aus der Völkerwanderungszeit im Rahmen der fränkischen Landnahme, die von Westen ab etwa dem 7. Jahrhundert auf den heutigen deutschen Sprachraum übergreift. Die Blütezeit dieser Gründungen war während der Völkerwanderung bis ins frühe Mittelalter (etwa 9. Jh.) und erstreckt sich auch außerhalb des deutschen Raums z. B. auf Orte in Schweden (bsp. Jönköping).

Durch Lautverschiebungen sind einige Abwandlungen mit der gleichen Bedeutung entstanden:

  • Eine lautliche Variation ist -ing/-inge/-ingen: Hierbei ist -ing besonders im Bairischen und -ingen im Alemannischen jeweils stark verbreitet. Außerdem finden sich -ingen und andere Formen auch im restlichen deutschen Sprachraum und sogar darüber hinaus, z. B. bei Blekinge, einer Provinz in Schweden.[3]
  • Eine weitere Variante ist -ung(en) in Thüringen, der Rhön, am Harz und in Hessen.[4]
  • Die Endung -ange findet man in Lothringen, Elsass und Luxemburg. Sie ist häufig eine recht junge Franzisierungen von -ingen, in Nordfrankreich setzt dieses Ortsnamensuffix jedoch direkt die altfränkischen Formen fort.
  • Sogar in Norditalien existieren Ortsnamen auf -ingen, die auf die Langobarden zurückgehen und heute italianisiert auf -engo enden.

Das Suffix -ing(en) erscheint außerdem in Verbindung mit:

Diese spätere Bildung der Orte auf -ing + -heim/-hof-haus lassen aber keine genaue Definition des Zeitraums zu, sondern entsprechen eher einem fließenden Übergang. Weil -heim als -ham im Bayrischen alt – etwa gleichalt wie -ing – ist, und -ing + ham sich nicht findet, scheint plausibel zu sein, dass die Suffixe hinter -ing weniger den Personalverband, sondern die Siedlung als solche kennzeichnet, und in späteren Umsiedlungen schon nach ihrem ursprünglichen Wohnsitz benannter Familien begründet ist.

Das umgekehrte Haiming dürfte normale Bildung Namen + -ing sein, Haming steht damit nicht in Zusammenhang, es steht zu Hamming/Hemming und kommt aus altnordisch hamr „Gestalt“.[5] Weitere Formen, die sich nicht von einer ing-Bildung ableiten sind Formen, die auf alte Adjektive auf -ic (-ig) zurückgehen, und spätere Angleichungen an die ing-Namen.

Insgesamt kann die Nachsilbe -ing also als „(an)gehörend“ gedeutet werden und datiert in Ortsnamen des deutschen Sprachraums ins Frühmittelalter, frühestens im 5., meist zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert.

Weiterführende Theorien zur Entstehung

Laut einem schweizer Namenforscher wurde mit der ingen-Endung einst die Zugehörigkeit einer Siedlergruppe zu ihrem Gründer oder Grundherrn bestimmt. Das Suffix sage jedoch nichts über die Größe des siedelnden Verbandes aus: [6]

„Eine Großsippe, einige Familien, die einzelne Familie, aber auch die gesamten Zugehörigen zu einem Hof oder einer Grundherrschaft können als Personalverband mit diesem in der Schweiz bis in die Gegenwart lebendigen Suffix bezeichnet werden. Die -ingen-Orte können die älteste germanische Ortsnamengruppe bilden, müssen es aber nicht. Nach derselben Quelle gehören in diese erste Siedlungszeit auch Namen, welche auf -heim und -dorf enden. Damit würde allerdings sehr vielen Orten – sowohl in Deutschland als auch in Österreich – ein hohes Alter zugesprochen, was nicht immer plausibel erscheint.“

Die Endung entstand in der Völkerwanderungszeit bei einer Vielzahl germanischer Stämme und Sippen; in einigen Quellen wird die Verwendung auf die Alemannen zurückverfolgt, was für den Raum der ehemaligen römischen Provinzen Rätien und Germania Superior (also im Dreieck zwischen Mainz, Augsburg und Bern) naheliegend ist, aber unzureichend für alle weiteren Orte.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. S. 79
  2. Ratzinger – Der Vorfahr nahm den Namen aus seinem Geburtsort Ratzing mit, Die Welt
  3. a b Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. S. 91
  4. B. Lex, Ortsnamen der Thüringischen Landeschronik, Codex Gothanus Chart. B 180 (Magisterarbeit), Jena 2001
  5. Hemming. In: Behind the Name
  6. W. Krag: Bayern. In: Jahresberichte für deutsche Geschichte 1925, § 67. S. 612ff (Webdokument)

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