Fassadenbegrünung

Fassadenbegrünung
Herbstliche Fassadenbegrünung mit Wildem Wein (oben) und panaschiertem Efeu (unten)
Fassadenbegrünung mit diversen Gerüstkletterpflanzen an Kletterhilfen
Fassadenbegrünung im Amthof in Oberderdingen mit Waldrebe, Wildem Wein, Trompetenblume und Weinstock

Fassadenbegrünung ist eine Form der Bauwerksbegrünung und bedeutet planmäßigen und mindestens kontrollierten Bewuchs geeigneter oder speziell vorgerichteter Fassaden mit Pflanzen.

Inhaltsverzeichnis

Nutzen

Die Fassadenbegrünung dient dem Schutz und der Verschönerung eines Bauwerkes ebenso wie der Verbesserung gebauter Umwelt unter ökologischen Aspekten. Insbesondere bauphysikalische, lufthygienische und stadtökologische Wirkungen werden seit etwa 20 Jahren wissenschaftlich untersucht. Die bisherigen Ergebnisse belegen seit langem angenommene Positivwirkungen, allerdings in jeweils eher bescheidener Quantität. Eine zusammenfassende Wertung der messbaren Positivwirkungen ergibt dennoch sehr gute Gründe für Fassadenbegrünungen. Kein technisches System kann vergleichbar vielfältige Positivwirkungen bezahlbar entwickeln.

Die Identifikation von Hausbewohnern mit Fassadenbegrünungen ist laut Untersuchungen durch das Geographische Institut der Uni Köln hoch. Daraus resultiert eine entsprechende Bedeutung im Rahmen von Wohnumfeldverbesserungen und Stadtentwicklung. Diese ergibt sich aber auch aus der Tatsache, dass Großstadtbewohner mehrheitlich fehlendes Grün in ihrer Stadt bedauern.

Arten der Begrünung

In der Regel kommen für Fassadenbegrünung Kletterpflanzen zum Einsatz, es gibt aber auch neue Methoden, die auf direktem Fassadenbewuchs basieren. Hierzu werden die Fassaden als Vegetationsflächen ausgeführt. Beide Varianten sind auch zur sog. Mauerbegrünung geeignet, die aber oft auch auf natürlichem Weg erfolgt.

Die klassische Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen kann durch Direktbewuchs mit selbstklimmenden Kletterpflanzen oder mit sogenannten Gerüstkletterpflanzen erfolgen. In Deutschland erhebt die „Richtlinie zur Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen“ (FLL e.V., Bonn, 2000) den Anspruch, den aktuellen Stand der Technik solcher Maßnahmen darzustellen.

Die Kletterpflanzen – sowohl Selbstklimmer als auch Gerüstkletterpflanzen – haben sich auf schnelles Höhenwachstum spezialisiert. Sie wachsen auf einer Unterlage (z. B. Felsen, Baumstämme) oder um bzw. in einem Träger (meist Gehölz, aber auch Totholz). Dazu bilden sie nur minimale Stämme, die ausschließlich Versorgungsaufgaben erfüllen und erlangen damit Vorteile in der Konkurrenz um Licht, bzw. Sonnenstrahlung. Kletterpflanzen besitzen nicht die Fähigkeit sich selbst zu tragen. Dieser Aspekt ist für die Fassadenbegrünung mit Kletterpflanzen zunehmend wichtig, da moderne Fassaden häufig sehr begrenzt tragfähige Oberflächen aufweisen.

Selbstklimmende Pflanzen

Die für einen Direktbewuchs von Bauwerken geeigneten Selbstklimmer entwickeln Haftorgane. In der Regel sind dies Haftwurzeln (z. B. Efeu, Kletterhortensie, Trompetenwinden). Haftscheiben sind sehr speziell angepasste Ranken von Parthenocissus-Arten/Sorten, also des Wilden Weines. Nur dessen haftscheibenbildende Sorten sind selbstklimmend.

Zur Verträglichkeit von selbstklimmendem Bewuchs auf Fassaden gibt es viele Meinungen und Vorurteile. Diese gehen teilweise auf historische Beobachtungen an efeubewachsenen Bauwerken zurück. Dazu gab und gibt es langfristig positive und negative Erfahrungen. Aus letzteren resultiert der meist gänzlich undifferenzierte "Generalvorbehalt" gegen jede Fassadenbegrünung, den man mitunter noch bei (vorwiegend älteren) Hausbesitzern antrifft.

Die Analyse historischer Schadensberichte ist aufgrund des technischen Fortschrittes nur bedingt hilfreich. Die Mehrheit moderner Fassaden weist andere technische Voraussetzungen (Bekleidung, Beschichtung, usw.) auf, als historische Mauern und Putze. Eine grobe, aktuell nützliche Faustformel zur Eignung von Selbstklimmern für Fassadenbegrünungen könnte lauten: „Nur harte, schwer ablösbare, vertikal zusätzlich belastbare sowie fugen- und rissfreie Fassadenoberflächen sollten mit Selbstklimmern begrünt werden“. Dabei stellt haftscheibenbildender Wilder Wein geringere Anforderungen als haftwurzelbildende Arten.

Kletterhilfe

Gerüstkletterpflanzen

Die Gerüstkletterpflanzen unterscheidet man nach der Strategie ihres Kletterns in Schlingpflanzen (umwinden), Rankpflanzen (bilden „Greiforgane“ = Ranken) und Spreizklimmer (spreizen und haken sich ein). Aus diesen Klettertechniken resultieren jeweilige prinzipielle Ansprüche an Gerüste, die solche Kletterpflanzen zur Fassadenbegrünung benötigen. Man nennt diese Konstruktionen in Fachkreisen umfassend Kletterhilfen. Die umgangssprachlichen Begriff „Rankhilfen“, „Rankgitter“ usw. gelten streng genommen nur für Kletterhilfen, die den Anforderungen rankender Pflanzen genügen.

Nicht bodengebundene Systeme

Neben den vorgenannten Systemen etablieren sich zwischenzeitlich auch nicht bodengebundene Systeme am Markt. Diese Kassettensysteme sind nicht mit dem Boden direkt verbunden und bedürfen einer gesonderten Bewässerung. Begründet hat diesen Boom ein französischer Botaniker, der in jahrelangen Versuchen das erste System in dieser Richtung entwickelt hat. Die Ansätze für die Unterkonstruktionen sind hier vielfältig. Von vlieskaschierten Taschen über Konstruktionen aus Kunststoff, gefüllt mit Steinwolle als Wasserspeicher bis hin zu Alumiumkassetten, die mit Substrat gefüllt sind (Optigrün Fassadensystem) gibt es eine Vielzahl an verschiedenen, funktionierenden Systemen. Allen nicht bodengebundenen Systemen ist gemein, daß sie hinsichtlich der Gestehungskosten bei Material und Montage recht aufwändig sind. Bewässerung und Nährstoffversorgung sowie Pflege sind in der Regel kostenintensiv. Vorteil der Module ist eindeutig die Flexibilität im Hinblick auf Standorte, insbesondere in der Stadt. Ob diese Elemente direkt über dem Boden, oder aber in 10 Meter Höhe eingebaut werden, spielt für die Pflanzen darin keine Rolle, da die Bewässerung ohnehin notwendig ist. Weiterhin ist der optische Aspekt (Aufwertung der Immobilie) auch ein deutliches PRO für Systeme dieser Art. Die vorgehängten Fassadenkörbe können dazu beitragen, die Energiebilanz eines Gebäudes aufzuwerten, da Wärmestrahlung einerseits abgehalten werden und andererseits durch die Verdunstungskälte des Wassers ein Kühleffekt geschaffen wird.

Allgemeine Anforderungen

Natürlich sind auch für Fassadenbegrünungen primär die Ansprüche der Pflanzen an Licht, Boden und (Klein)Klima wichtig. Aber darüber hinaus sollten Klettertechnik und (eher technisch) relevante artspezifische Eigenschaften, wie unter anderem Größe, Gewicht, Triebdurchmesser und Wuchsorientierung der Gerüstkletterpflanzen zugunsten eines guten und dauerhaften Begrünungsergebnisses berücksichtigt werden. Dies gilt sowohl für die Prüfung der Fassadeneignung als auch bei der Konstruktion von Kletterhilfen. Die Eignung bestimmter Kletterpflanzen zur primären Erzielung bauphysikalischer Wirkungen ist unter anderem abhängig von der Belaubung. Immergrüner Fassadenbewuchs wirkt in der Regel auf dauerbeschatteten und/oder niederschlagsexponierten Wänden sehr positiv, kann aber die Energiebilanz sonnenexponierter Fassaden verschlechtern.

Jede Fassadenbegrünung benötigt ein gewisses Maß Pflege. Die Anwuchspflege der Pflanzen geht in die Erhaltungspflege über, die in der Regel vor allem periodisch erforderliche Schnittmaßnahmen umfasst. Dieser Pflegeaufwand kann durch geeignete Auswahl der Kletterpflanzen und gegebenenfalls durch situationsgerecht angepasste Kletterhilfen sehr deutlich reduziert werden.

Siehe auch

Bauwerksbegrünung

Literatur

  • Rita Gunkel: Fassadenbegrünung. Ulmer, 2004, ISBN 3800142376
  • Manfred Köhler: Fassaden- und Dachbegrünung. Ulmer, 1993, ISBN 3800150646
  • Ralf Röger / Tobias Chilla / Alexander Stephan / Ulrich Radtke: Fassadenbegrünung als Instrument einer nachhaltigen Stadtentwicklung - Rechtsfragen und Perspektiven, Zeitschrift für Umweltrecht 2002, S. 249-257, ISSN 0943-383X

Weblinks


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