Farbstoff

Farbstoff

Als Farbstoff werden chemische Verbindungen bezeichnet, die die Eigenschaft haben, andere Materialien zu färben.

Sammelbezeichnung für alle farbgebenden Stoffe gemäß DIN 55934 dagegen ist der Begriff Farbmittel, wobei Farbstoffe als solche nun nur diejenigen Farbmittel sind, die auch in ihren Anwendungsmedien löslich sind, während die übrigen, unlöslichen Farbmittel als Pigmente bezeichnet werden.

Farbstoffe im obigen Sinn werden vorwiegend zum Färben von Textilien, Papier und Leder verwendet, während bei der Einfärbung von Kunststoffen und Lacken die Benutzung von Pigmenten überwiegt. Darüber hinaus gibt es funktionelle Farbstoffe für spezielle Einsatzbereiche wie CDs, DVDs, Biomarker, LC-Displays usw. Eine besondere Abteilung unter den Farbstoffen schließlich bilden die zum Färben von Lebensmitteln dienenden Lebensmittelfarbstoffe, die deshalb auch besonderen Qualitätsanforderungen unterliegen und als Lebensmittelzusatzstoffe gelten.

Inhaltsverzeichnis

Einteilung

Als Standardwerk der Farbstoffchemie gilt der Colour Index. Darin sind alle Farbstoffe nach Anwendung und nach ihrer Formel systematisch erfasst. Zusätzlich sind rekursiv Handelsprodukte dieser Colour-Index-Kennzeichnung zugeordnet und Eigenschaften für den Anwender und Herstellungshinweise erfasst.

Geschichte

Naturfarbstoffe

Hauptartikel: Färberpflanze

Über die Verwendung von Farbstoffen im Altertum gibt es weniger exakte Kenntnisse. Im Gegensatz zu Pigmenten werden Farbstoffe durch Einwirkung von Licht, Luft und Mikroorganismen zersetzt.[1] Mittels HPLC lassen sich jedoch kleinste Spuren von Farbstoffen an sehr alten Textilien nachweisen.[2] Indigotin konnte auf ägyptischen Textilien, die über 3000 Jahre alt sind, nachgewiesen werden. In Bengalen wurden schon sehr zeitig große Indigoplantagen angelegt. Aufzeichnungen zur Färbetechnik mit Indigo machte der römische Ingenieur Vitruv etwa 30 v. Chr., er nannte den Farbstoff Indisch-Blau.[1] Auch von den Ägyptern sind Aufzeichnungen zum Färbeprozess überliefert (Papyrus Leidensis, Papyrus Holmiensis). In Europa wurde dieser Farbstoff aus dem Färberwaid gewonnen. Im 17. Jahrhundert wurde diese Gewinnung unrentabel, da die Indigofera in englischen Plantagen die dreißigfache Menge an Indigo-Farbstoff lieferte.[2]

Der teuerste Farbstoff aller Zeiten ist der echte Purpur. Er kann aus den Farbdrüsen der Purpurschnecke gewonnen werden, die an der Küste des östlichen Mittelmeeres vorkommt. Für ein Gramm des Farbstoffes werden laut Angaben von Paul Friedländer rund 8000 Schnecken benötigt. Neuere Untersuchungen israelischer Forscher kommen allerdings zu wesentlich geringeren Zahlen. Paul Friedländer (Chemiker) wies im Jahr 1910 nach, dass es sich bei dem Farbstoff um Dibromindigo handelte.[2]

Da Purpur sehr teuer war, bediente man sich früher auch für Rotfärbungen des im Krapp enthaltenen Farbstoffes Alizarin.[2] Dieses Farbmittel ist schon vor Christi Geburt bekannt gewesen. Auch der rote Farbstoff Henna, der aus getrockneten Blättern der Hennapflanze gewonnen wurde, hatte früher große Bedeutung, sein Einsatz für die Textilfärberei ist aber nicht belegt. Weitere schon seit altersher verwendete Farbstoffe natürlichen Ursprungs waren Kermes, Kurkuma sowie Safran – letzterer diente schon bei den Babyloniern und Römern vor über 2000 Jahren als Färbemittel sowie zu Wandmalereien[1].

Mit der Entdeckung der neuen Welt gelangten auch natürliche Farbstoffe des Holzes an Bedeutung. Zu diesen Farbhölzern gehörten Blauholz, Rotholz, Gelbholz. Diese Farbstoffe wurden (und werden vereinzelt) in der Textil- (Wolle, Seide, Polyamid) und Lederfärberei genutzt, ferner für Haar- und Papierfärbung.[3]

Als natürliche Farbstoffe zur Färbung von Lebensmitteln sind Carotin, Chlorophyll, Anthocyane, Betanine zugelassen.[4]

Eierschalenweiß, ein Hühnerei-Pigment-Farbstoff, wird durch das Mahlen von Eierschalen hergestellt. Dabei entsteht ein sehr feines weißes Pulver. Es eignet sich für alle wässrigen Maltechniken.

Tintenfischpigment (Sepia schwarzbraun) wird gewonnen, indem die ausgespritze Tinte der Tintenfische in Schalen aufgefangen wird. Bei toten Tintenfischen wird die ganze Tintenblase getrocknet.

Synthetische Farbstoffe

Bei der Verkokung von Steinkohle fällt als Nebenprodukt Steinkohlenteer an, der früher als unbrauchbarer Abfall galt. In Oranienburg bei Berlin isolierte Friedlieb Ferdinand Runge aus Teer Substanzen wie Phenol und Anilin. August Wilhelm Hofmann entdeckte die Umwandlung von Nitrobenzol zu Anilin mit Zink und Salzsäure. Erst im Jahr 1865 gelang Kekulé von Stradonitz die Strukturaufklärung von Benzol. Diese Substanzen bildeten die Grundlage der Teerfarbenproduktion. Im Buch Anilin von Karl Aloys Schenzinger wurde diese historische Phase der Farbstoffchemie dargestellt.[5]

August Wilhelm Hofmanns Schüler William Henry Perkin (Entdecker des Mauvein-Farbstoffs), Johann Peter Grieß (Entdecker der ersten Azofarbstoffe), Carl Alexander von Martius (Gründer der Agfa und Entdecker mehrerer Farbstoffe) bauten die Grundlagen der Farbstoffchemie auf, ein weiterer bedeutender Schüler war Georg Merck (Gründer von Merck).[6] Hoffmann arbeitete mehrere Jahre in England. Im Jahr 1865 nahm er einen Lehrstuhl in Berlin an.

Farbstoffe aus Teer waren der ursprüngliche Geschäftszweig für die späteren Großunternehmen der Chemiebranche. Der Kaufmann Friedrich Bayer und der Färber Weskott gründeten 1863 eine offene Handelsgesellschaft für Farbstoffe.[1] Aus dieser Gesellschaft ging die spätere Bayer AG hervor. Die Farbwerke Hoechst wurden ebenfalls 1863 gegründet. Auch die 1865 gegründete Badische Anilin- und Soda-Fabrik (BASF) in Ludwigshafen führte in ihrem Namen den Farbgrundstoff Anilin.

Mit der Entdeckung des Mauvein-Farbstoffs durch Perkin begann die synthetische Farbstoffentwicklung 1856.[7] Ein Meilenstein der Entwicklung von Farbstoffen war die Diazotierung (1862) von Peter Grieß. Im Jahr 1863 fand C. A. Martius den ersten verkäuflichen Azofarbstoff, das Bismarckbraun. Etwa 70 % aller verkauften Farbstoffe bestanden lange Zeit aus solchen Azofarbstoffen.[8] Die enge Zusammenarbeit zwischen Heinrich Caro (damaliger BASF-Chef) und den Chemikern Adolf von Baeyer, Carl Graebe und Carl Theodor Liebermann wirkte sich befruchtend auf die Entwicklung von ökonomisch gut verkäuflichen Farbstoffen (Textilfärbung) wie Alizarin und Indigo aus.

Der französische Chemiker François-Emmanuel Verguin entdeckte 1858 nahezu zeitgleich mit August Wilhelm von Hofmann den Triphenylmethan-Farbstoff Fuchsin. Ein weiterer Triphenylmethanfarbstoff wurde im Jahr 1877 synthetisiert: das Malachitgrün (von O. Fischer). Da er nicht patentgeschützt war, konnte Caro den Farbstoff schnell industriell herstellen. Zur Gruppe der Phthaleine – die ähnlich wie Triphenylmethanfarbstoffe konstituiert sind – gehört das Phenolphthalein. Im Jahr 1871 wurde es von Adolf von Baeyer[9] entdeckt. Es wird aus Phthalsäureanhydrid und Resorcin hergestellt und dient auch als Farbindikator für pH-Änderungen.[9]

Methylviolett wurde 1861 von Lauth entdeckt. Es gehört zur Gruppe der kationischen Farbstoffe und eignet sich für Druckfarben, Tinten und Durchschreibepapier.[9]

Carl Graebe und Carl Theodor Liebermann entwickelten die Synthese des Alizarins. Sie stellten es aus 1,2 Dibromanthrachinon und Anthrachinon-2-sulfonsäure her und legten 1869 der Berliner Chemischen Gesellschaft einige Proben vor. Alizarin ist ein Farbstoff, der als Beizenfarbstoff eingesetzt wird. Mit Metallsalzen bildet Alizarin beim Färben eine Komplexverbindung.

Adolf von Baeyer entwickelte eine Synthese für den Indigo (1870). Indigo ist ein Küpenfarbstoff. Durch Luftoxidation wird dieser Farbstoff fest im Gewebe verankert. Erst durch Weiterentwicklungen von Karl Heumann gab es jedoch im Jahr 1897 ein günstiges technisches Verfahren für die industrielle Darstellung. Zunächst kostete das Kilo synthetischer Indigo etwa 16 Mark, der natürliche Indigo etwa 18–20 Mark. Deutschland importierte damals noch 1036 Tonnen natürlichen Indigo. Schon bald stieg der Umsatz, der Preis sank. Im Jahr 1913 wurden schon 33.353 Tonnen exportiert, der Umsatz lag bei 8,3 Millionen Mark.[9]

Im Jahr 1876 erhielt Heinrich Caro (BASF) das erste deutsche Farbstoffpatent, und zwar für Methylenblau – einen basischen Farbstoff.

Paul Böttger enthielt im Jahr 1884 ein Patent auf das Kongorot, einen Direktfarbstoff.

René Bohn fand bei der BASF 1901 die Farbstoffgruppe der Indanthrene (Indanthrenblau, RS). Der Name leitet sich aus Indigo und Anthracen ab. Dies sind hochechte Küpenfarbstoffe.

Im Jahr 1913 wurden von deutschen Farbstofffabriken etwa 80 % des weltweiten Chemiefarbstoffumsatzes erwirtschaftet.[10] Nach dem Ersten Weltkrieg lag der Anteil bei etwas weniger als 50 %.

Wegen starker Konkurrenz und Überkapazitäten schlossen sich die Farbhersteller in Deutschland 1925 zu den I. G. Farben, bestehend aus BASF, Bayer, Farbwerke Hoechst, der AGFA, Griesheim-Elektron, zusammen. Auch in anderen Ländern schlossen sich Chemieunternehmen zusammen (England: Imperial Chemical Industries (ICI), USA: DuPont, Frankreich: Kuhlmann).[11]

Das Kupferphthalocyanin kam im Jahr 1934 auf den Markt. Wegen seiner schweren Löslichkeit wurde es zunächst nur als Pigment genutzt.[8]

Erst recht spät wurden die Reaktivfarbstoffe entwickelt. Diese bilden kovalente Bindungen zum Substrat aus. Erste Entwicklungen von ersten Reaktivfarbstoffen begannen mit Arbeiten von Cross und Bevan im Jahre 1895. Erst mit der Entwicklung der Vinylsulfonfarbstoffe (Remalane) im Jahr 1952 gab es industriell nutzbare Farbstoffe dieser Gruppe. Eine weitere wichtige Reaktivfarbstoffgruppe besitzt als Ankergruppe einen 1,3,5-Triazinrest (Procion und Cibacron- (jetzt Novacron-)Farbstoffe).[12]

Ab 1923 wurden von der British Dyestuff Corp. Dispersionsfarbstoffe entwickelt.[13] Schon vorher waren Farbstoffe dieser Art von dem Schweizer René Clavel aufgefunden worden. Diese Farbstoffe dienten zunächst dem Färben von Acetatseide. Später wurde diese Farbstoffklasse zum Färben von Polyesterfasern wichtig. Dispersionsfarbstoffe lösen sich leicht in organischen Lösungsmitteln und sind in Wasser kaum löslich.

Wirkungsweise

Licht ist für den Menschen im Bereich 380 bis 790 nm sichtbar. Dieser Wellenlängenbereich wird als Lichtspektrum bezeichnet.

Trifft weißes Licht auf einen Körper, wird der Lichtstrahl zumeist teilweise reflektiert und teilweise absorbiert. Werden kurzwellige Anteile (ab 380 nm) absorbiert, so enthält die reflektierte Strahlung vorwiegend langwellige Anteile (bis 790 nm) und der Farbeindruck Rot wird wahrgenommen, bei vorwiegend langwelliger Absorption bis 790 nm aufwärts ist die Farbwahrnehmung Violett aus dem reflektierten Licht.

Farbstoffe absorbieren einen begrenzten Teil des sichtbaren weißen Lichtes und reflektieren den nicht absorbierten Teil des weißen Lichtes. Die Komplementärfarbe des wahrgenommen Lichtes wird vom Farbstoff absorbiert. Die Farbabsorption basiert auf vielen konjugierten Doppelbindungen und aromatischen Grundkörpern. Bei der Absorption werden die konjugierten Elektronen im Doppelbindungssystem auf einen höheren Energiezustand gehoben und das Farbstoffmolekül gibt die Energie durch Strahlung in einer anderen Wellenlänge (oder durch Wärmeabstrahlung) wieder ab.[14]

Durch die Änderung funktioneller Gruppen am Aromaten (Nitro-, Sulfonsäure-, Dimethylamino-, Hydroxygruppen) kann der Absorptionsbereich eines Farbstoffs beeinflusst werden, gleichzeitig können dadurch auch die chemische Reaktivität und die Färbeeigenschaft beeinflusst werden.

Für das Erkennen von Farben werden die Netzhaut, der Sehnerv und ein bestimmter Teil der Gehirnrinde (V4) benötigt. Fällt ein Teil der Gehirnregion V4 (durch einen Schlaganfall oder eine Krankheit) aus, sehen die Betroffenen nur noch Grautöne (Achromatopsie).[15] Das Farbempfinden für einzelne Wellenlängen ist individuell leicht unterschiedlich ausgeprägt und hängt auch von Beleuchtung und Blickwinkel ab. Die Commission Internationale de l'Éclairage (CIE-Normvalenzsystem) hat mit vielen Testpersonen spektrale Empfindlichkeiten für Wellenlängen abgeleitet.[2]

Die Farbeigenschaften von Farbstoffen sind begründet

  • im Molekülaufbau des Farbstoffs selbst,
  • in seinen Molekül- und Atomschwingungen,
  • in der Konzentration des Farbstoffs sowie
  • im seinem Bindungszustand am oder im jeweiligen Medium.

Art und Weise der Bindung des Farbstoffs werden dabei vom Substrat (Textil, Papier, Kunststoff, Lack) mitbestimmt – die Bindung an einen Festkörper oder die Verteilung in Lösung können den Farbton ändern (vgl. Solvatochromie).

Die spektrale Verteilung des zurückgeworfenen Lichtes entspricht dem eingestrahlten Licht abzüglich der Absorptionen durch den Farbstoff. Wird der Farbreiz dieser verbliebenen (Rest-)Strahlung diskutiert, spricht man auch von Körperfarben, während der von einer selbst leuchtenden Lichtquelle kommende Farbreiz als Lichtfarbe bezeichnet wird.

Bei der Absorption von elektromagnetischer Strahlung wird das Energieniveau von Elektronen in Molekülen oder Atomen angehoben. Näherungsweise wird der Abstand zwischen Elektronen und den Atomkernen vergrößert. Die nötige Energie wird der einfallenden elektromagnetischen Strahlung, dem Licht, entnommen.

Da diese Vorgänge unter Quantenbedingungen ablaufen, ist diese Absorption nicht kontinuierlich, sondern erfolgt nur in bestimmten Sprüngen, die dem energetischen Unterschied zwischen den Elektronen vor und nach der Absorption entsprechen. Dieser Energieunterschied ist umgekehrt proportional zu der absorbierten Wellenlänge des einfallenden Lichts und bestimmt somit die Farbe, in der der Farbstoff erscheint.

Chemisch-physikalische Grundlagen

π-Elektronenverschiebung und Polarisation im p-Aminoazobenzol. Die NH2-Gruppe mit ihrem freien Elektronenpaar wirkt dabei farbvertiefend.
π-Überlagerung von aromatischen Ringen und einer Azogruppe am Beispiel des p-Aminoazobenzols.

Die Eigenschaft einer Verbindung, ein „Farbstoff“ zu sein, ist in der chemischen Struktur des Materials begründet. Moleküle mit σ-Bindungen absorbieren elektromagnetische Energie im Röntgen- und UV-Bereich. Moleküle mit Elektronen in π-Bindungen (ungesättigte Bindungen) dagegen werden bereits bei geringerer Energie von elektromagnetischen Wellen (oder Photonen) angeregt. Wechselwirkungen dieser Art im langwelligen UV- und besonders im sichtbaren Bereich des Lichts lösen den Farbreiz aus.

Bei mehreren konjugiert ungesättigten Bindungen im Molekül lassen sich die π-Elektronen „verschmieren“ (delokalisieren), wodurch sich der energetische Abstand zwischen angeregtem und Grundzustand verringert und das Absorptions- bzw. Emissionsmaximum sich in Richtung längerer Wellenlängen verschiebt, wobei der Absorptionsbereich umso langwelliger wird, je mehr solcher ungesättigten Bindungen konjugiert sind.

Geeignete Molekülstrukturen werden nach der Farbstofftheorie von Otto Nikolaus Witt Chromophore genannt, deren Schwingungseigenschaften durch Auxochrome (Elektronendonatoren) und Antiauxochrome (Elektronenakzeptoren), die die delokalisierten π-Elektronen des Chromophors weiter verschieben und/oder polarisieren, noch einmal wesentlich beeinflusst werden können.

Chromophore

Chromophore sind jene Grundstrukturen, die delokalisierbare Elektronen enthalten. Die Art der Chromophore beeinflusst dabei über deren Absorptionsmaximum den Farbton des Farbstoffes, während die Häufigkeit der Chromophore die Farbtiefe beeinflusst. Als Chromophore wirken dabei insbesondere folgende Molekülstrukturen:

Chromophore
R–C=C–R R–N=N–R R–NO2 R–C=O R–C=NH R–N=O

Durch die Absorption des ungesättigten Kohlenstoffs wird ein −I-Effekt angeregt, der sich auf das gesamte Molekül auswirkt und dadurch eine Verschiebung der Molekülstruktur bewirkt.

Auxochrome

Eine weitere Anhebung kann mit funktionellen Gruppen erreicht werden, die als Elektronenakzeptoren bzw. Elektronendonatoren wirken und die Mesomerie im Molekül erhöhen, indem sie Elektronen zur auxochromen Gruppe hin oder von ihr weg verschieben. Als solche Auxochrome bzw. Antiauxochrome wirken dabei insbesondere folgende funktionelle Gruppen:

Auxochrome Antiauxochrome
R–OH R–O–R' R-NH2 R–NH–R' R–NHCO–R' R2–C=O R–NO2 R–CHO R–COOH R–SO3H R–C=NR'

Wichtige Umsetzungen für Farbstoffsynthesen

Synthese des Azofarbstoffes Organol Brown N (4) aus Anilin (1) und 1-Naphthol (3). Während dieser Azokupplung wird Benzoldiazoniumchlorid (2) mit 1-Naphthol gekuppelt.
Synthese des Triphenylmethanfarbstoff Malachitgrün (4) aus Benzaldehyd (1) und N,N-Dimethylanilin (2).

Einteilung von Textilfarbstoffen

Klassifikation von Farbstoffen

Farbstoffe werden nach ihrer chemischen Struktur oder nach ihrem Anwendungsbereich klassifiziert. Ein neu entwickelter, verbesserter Farbstoff muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um für einen wirtschaftlichen Verwendungszweck geeignet zu sein. Wichtige Voraussetzungen für Textilfarbstoffe sind beispielsweise Lichtechtheit (kein Ausbleichen der Farbe unter Lichteinfluss), Waschechtheit (Farbstoff darf sich beim Waschen nicht von der Faser lösen), Chlorbleichechtheit, Bügelechtheit. Durch standardisierte Tests können die Eigenschaften der Farbstoffe verglichen werden. In ca. 70 DIN-Normen (54000-54077) sind die Prüfverfahren festgelegt.[16]

Jeder Farbstoff besitzt einen vom Hersteller vergebenen Handelsnamen und seinen CI-(Colour Index-)Namen. Aus dem Handelsnamen und den nachfolgenden Buchstaben lassen sich Farbton (für einen rotstichigen Farbton steht meist R), Waschechtheit (W), Hitzbeständigkeit (A-D), Färbetemperatur (M = 40 °C, H = Hot = 80 °C) ermitteln. Aus dem CI-Index erkennt der Färber, um welche Farbstoffklasse, welche Substanz, welche Farbe es sich handelt. Im CI sind mehr als 10.000 Farbstoffe enthalten – mehr als 50 % davon sind Azofarbstoffe.[17]

Färbetechnische Verfahren

Die Farbstoffmoleküle als Träger der modischen oder gewünschten Farbnuance bestimmen die koloristischen Eigenschaften, durch Einbau von entsprechenden chemischen Gruppen lassen sich die Grundkörper, in gewissen Grenzen, dem Erfordernis der Fasern anpassen, die dem Gewebe eigen sind.

Säurefarbstoffe

Anionische Farbstoffe, also Säurefarbstoffe, ziehen aus wässrigem Medium direkt auf die Faser auf. Ihrer Natur nach sind sie für Polyamidfasern und Wolle geeignet, auf denen sie mit der Aminogruppe elektrovalente Bindungen eingehen. Unterteilt werden die Farbstoffe dabei nach ihrem Migrationsvermögen (also der Kraft, Ungleichheiten = Unegalitäten auszugleichen) und ihren Nassechtheiten. Die Nassechtheit wird bestimmt, indem ein aus gebräuchlichen Fasern hergestelltes Multifaserband unter definierten Bedingungen gewaschen wird oder in Kontakt mit Wasser oder mit Schweiß gebracht wird. Das Echtheitsmaß ist der Grad der Anschmutzung der Fasern.

Wichtige Vertreter der Säurefarbstoffe sind Naphtholgelb S, Patentblau.[9] Säurefarbstoffe gehören auch heute noch zur wirtschaftlich bedeutendsten Farbstoffgruppe. Mit den Beizenfarbstoffen wurden im Jahr 1999 allein für Westeuropa Säurefarbstoffe im Wert von 227 Millionen Euro verkauft.[18]

Beizenfarbstoffe

Bei den Beizenfarbstoffen werden die zu färbenden Fasern zunächst mit Chrom(III)-, Eisen(III)- oder Aluminiumsalzen behandelt. Durch anschließendes Behandeln mit Wasserdampf bilden sich auf der Faser Metallhydroxide. Diese Hydroxide reagieren beim Einfärben mit dem (meist speziellen) Säurefarbstoff zu einer fixierbaren Komplexverbindung. Aufgrund der Schwermetallbelastung der Fasern und im Ergebnis der Abwässer werden derartige Färbungen heute praktisch nicht mehr durchgeführt. Der Nutzen dieser Behandlung bestand zuvor in der Verbesserung der Echtheiten, insbesondere der geringeren Auswaschbarkeit von farbintensiven Färbungen.

Ein wichtiger Farbstoff dieser Gruppe ist Alizarin.[9]

Dispersionsfarbstoffe

Die wasserunlöslichen, aber sehr feinteiligen Dispersionsfarbstoffe werden vorzugsweise zum Färben von Polyester-, Triacetat- und 2 ½-Acetatfasern eingesetzt. Nach der strengen Definition sind es Pigmente, die auf Grund der sehr geringen Teilchengröße und durch den Zusatz von Netzmitteln in Wasser leicht dispergieren. Ihr Einsatz ist für das Färben von synthetischen Fasern, die keine freien NH2- oder OH-Gruppen besitzen, notwendig. Nur mit ihnen lassen sich auf Polyester wasch- und lichtechte Färbungen erzielen. Durch Temperatur oder Färbehilfsmittel wird die Faser „aufgeweicht“, die polymeren Moleküle werden aufgeweitet, und die Dispersionsfarbstoffe migrieren in das Faserinnere, und bei der üblichen Nutztemperatur sind Farbstoffteilchen im Molekülgitter gefangen. Auch Polyamid und Polyacrylnitril lassen sich färben, die erreichten Echtheiten sind aber teilweise schlechter im Vergleich zu Färbungen mit basischen oder sauren Farbstoffen. Die Gründe liegen in der physikalischen Halterung der Farbstoffe statt der chemischen Bindung von Farbstoffgruppen an entsprechende Fasermoleküle.

Zu den Dispersionsfarbstoffen gehören viele Azofarbstoffe, die hierfür entsprechend modifizierte Strukturen erhalten. Dispersionsfarbstoffe sind besonders durch die mechanisch hochwertigen Polyesterfasern eine sehr wichtige Farbstoffgruppe. Die gesamte gehandelte Menge hatte im Jahr 1999 für Westeuropa einen Verkaufswert von 98 Millionen Euro.

Entwicklungs- oder Kupplungsfarbstoffe

Entwicklungsfarbstoffe werden in zwei Schritten auf die Faser aufgebracht. Zuerst wird die sogenannte Grundierung aufgebracht, eine wasserunlösliche Kupplungskomponente (Naphthol AS, 2-Hydroxynaphthalein-3-Carbonsäureanilid) mit Affinität zur Cellulose. Im zweiten Schritt lässt man diese mit einem wasserlöslichen Diazoniumsalz reagieren, wodurch der eigentliche Farbstoff auf der Faser entsteht.

Wichtige Entwicklungsfarbstoffe sind Anilinschwarz und Naphtholrot, die aber ihre Bedeutung verloren haben.[9]

Kationische Farbstoffe

Kationische Farbstoffe, in der älteren Bezeichnung „basische Farbstoffe“, sind eine Farbstoffgruppe, die fast ausschließlich für Polyacrylnitril-Fasern (PAN) eingesetzt werden und lebhafte und sehr lichtechte Färbungen erzeugen. Basische Farbstoffe koppeln an die sauren Gruppierungen der Faser. Färbungen sind auch möglich auf anionisch modifiziertem Polyester, das als Effektfaden in einer stückgefärbten Webware zur Erzielung von Bicolorfärbungen eingesetzt wird. Gleiches gilt für anionisch modifiziertes Polyamid, das vielfach für stückgefärbte Teppiche verwendet wird. Wichtig sind sie für „Differential Dyeing“, wobei als zweite Komponente Polyamidfasern eingesetzt sind, die ihrerseits nur an Säurefarbstoff binden. Der Farbstoffumsatz der kationischen Farbstoffe betrug in Westeuropa im Jahr 1999 etwa 68 Millionen Euro.

Küpenfarbstoffe

Küpenfarbstoffe sind wasserunlösliche Farbstoffe, die durch Reduktion (Verküpung) in alkalischer Lösung zum Färben in ihre lösliche Dihydro- oder Leukoform gebracht werden. Das Anion zeigt eine ausreichende Affinität zur Baumwoll- oder Viskosefaser, so dass der Küpenfarbstoff aufziehen kann. Hier wird er durch anschließende Oxidation wieder in den unlöslichen Zustand überführt.[19] Es kann entweder durch Luftsauerstoff oder Behandlung durch Oxidationsmittel erfolgen. Der Farbstoff wird so quasi molekular an der Faser fixiert, dieses „Ausfällen in der Faser“ bewirkt die hohe Wasch- und Lichtechtheit.[20]

Die wohl bekanntesten Küpenfarbstoffe sind Indigo, Purpur und die indigoiden Farbstoffe. Zur gleichen Gruppe gehören die Indanthren-Farbstoffe.[21] Der Farbstoffumsatz der Küpenfarbstoffe betrug in Westeuropa im Jahr 1999 etwa 87 Millionen Euro.

Metallkomplexfarbstoffe

Metallkomplexfarbstoffe, die teilweise zu den Säurefarbstoffen zählen, enthalten komplexartig gebundenes Chrom, Kobalt oder Kupfer als Zentralatom. Es gibt Metallkomplexfarbstoffe mit unterschiedlicher Anzahl an Säuregruppen (−SO3H). Entsprechend unterschiedlich ist die Stärke der Wechselwirkung mit dem Substrat. In der Regel handelt es sich um Azofarbstoffe, jedoch gehören auch Phthalocyanine dieser Gruppe an. Die heute verwendeten Farbstoffe sind ökologisch unbedenklich und erzeugen ein höheres Nassechtheitsniveau als metallfreie Säurefarbstoffe. Im Farbstoff ist nur noch ein äußerst geringer Rest an freiem Metall (vor allem Chrom) enthalten, der sich später auf der Faser nicht mehr nachweisen lässt.

Pigmentfarbstoffe

Pigmentfarbstoffe sind jene Farbstoffe, die durch Verlackung an der Sulfon- oder Carboxygruppe Pigmenteigenschaften gewonnen haben (Kondensationspigmente). In der Textilfärberei werden sie mittels Bindemittel, Verdickungsmittel und auch Weichmacher im Textildruck oder beim Färben auf die Textilfaser aufgebracht. Durch die Verlackung verbessern sich die Lichtechtheiten, aber Reib- und Lösemittelechtheiten sind geringer, da letztlich keine weitere chemische Kopplung an die Faser vorliegt. Weltweit werden mehr als 50 % der Textildrucke mit Pigmentfarbstoffen erstellt, Pigmentfärbungen sind dagegen selten bei hellen und eventuell bei mittleren Nuancen anzutreffen. Die Reibechtheiten reichen für dunkle Nuancen nicht. Die Färbung mit Pigmentfarbstoffen ist durch die mechanische Fixierung mit Bindemittel auf allen Faserarten geeignet und wird vor allem bei preiswerten Artikeln angewandt.

Reaktivfarbstoffe

Procionbrilliantorange GS, ein Reaktivfarbstoff auf der Basis von Cyanurchlorid.

Reaktivfarbstoffe[22] stellen heute die größte Farbstoffgruppe zum Färben von Cellulose dar. Reaktivfarbstoffe bilden mit der Faser eine kovalente Bindung, wodurch sich nassechte Färbungen ergeben. Reaktivfärbungen übertreffen andere auch in der Farbbrillanz. Wolle/Polyamid kann ebenfalls mit Reaktivfarbstoffen in tiefen Nuancen gefärbt werden.

Chemisch gesehen bestehen die Reaktivfarbstoffe aus zwei Teilen: einem chromophoren Teil (etwa einer Azoverbindung N=N) und daran angeschlossen einer reaktiven Gruppe (bei bifunktionellen Reaktivfarbstoffen auch mehrere Reaktivgruppen). Die reaktive Gruppe kann beispielsweise durch Umsetzung mit Cyanursäurechlorid an die Farbstoffgruppe gekuppelt werden. Farbstoffe auf Basis von Cyanurchlorid enthalten zwei Chloratome, die während der Fixierung mit den Hydroxygruppen der Cellulose oder mit Aminogruppen von Wolle und Polyamid-Fasern substituiert werden können. Dies bewirkt eine kovalente Vernetzung der Fasern mit dem Farbstoff.[23]

Bei Remazol-Farbstoffen handelt es sich bei der reaktiven Gruppe um eine Vinylsulfongruppe, die beim Färben aus in den Farbstoffen enthaltenen Sulfonylethylhydrogensulfaten gebildet werden,[24] bei Levafix-Farbstoffen liegt die Gruppierung –SO2–NH–CH2–CH2–O–SO3H vor.[25] Reaktivfarbstoffe waren im Jahr 1999 eine sehr wichtige Farbstoffgruppe mit einem Umsatz für Westeuropa von 211 Millionen Euro (ca. 25 % des Gesamtfarbstoffumsatzes).

Substantive Farbstoffe

Substantive Farbstoffe (oder auch Direktfarbstoffe) werden aus wässriger Lösung direkt auf die Faser aufgetragen. Sie sind besonders für die Anwendung auf Cellulose geeignet. In früheren Zeiten wurden sie auch auf Polyamid gefärbt, das findet heute wegen gestiegener Echtheitsanforderungen nur noch im Ausnahmefall statt. Diese Farbstoffe bilden hauptsächlich Nebenvalenzen (Wasserstoffbrückenbindungen und Van der Waals Bindungen), was deren geringe Echtheit begründet.

Wichtige Vertreter dieser Klasse sind Kongorot, Benzopurpurin.[9] Der Umsatz für Westeuropa betrug für diese Farbstoffgruppe im Jahr 1999 etwa 71 Millionen Euro.

Chemische Strukturen

Anthrachinonfarbstoffe

Anthrachinonfarbstoff oder Alizarinfarbstoffe zeichnen sich auf vielen Fasern durch große Wasch- und Lichtechtheit aus (Indanthrenfarbstoffe) und leiten sich alle vom Anthrachinon und dem Alizarin ab.

Azofarbstoffe

Zentraler Bestandteil der Azofarbstoffe ist die Azogruppe (R–N=N–R'), die als chromophore Gruppe wirkt. Die Farbstoffsynthese erfolgt durch:

  1. Diazotierung aromatischer Amine zu Diazoniumkationen,
  2. Azokupplung des erhaltenen Diazoniumkations auf aromatische Phenole oder Amine (seltener β-Dicarbonyl-Verbindungen).

Man kann die Farbstoffe nach der Anzahl der Azogruppen im Farbstoffmolekül weiter unterteilen in Mono-Azofarbstoffe, Di-Azofarbstoffe mit zwei Azogruppen und Poly-Azofarbstoffe mit mehreren Azogruppen. Azofarbstoffe sind meist empfindlich gegen Reduktionsmittel; sie werden an der Azobrücke wieder gespalten und entfärben sich. In fast allen Farbstoffgruppen sind Azofarbstoffe vertreten und bilden die zahlenmäßig größte Gruppe. Bekannte Vertreter der Azofarbstoffe sind das Kongorot und das Alizaringelb R, auch das weiter oben betrachtete Orange 2,4-Diaminoazobenzol zählt hierzu.

Alizaringelb R

Dioxazinfarbstoffe

Dioxazinfarbstoffe enthalten mehrere Chromophore, die die Farbstärke bedingen. Die langwellige Verschiebung des Absorptionsmaximums ergibt ihren violetten Blauton.

Dioxazin: blau

Je nach Abwandlung des Grundgerüstes erfolgt ihr Einsatz als Pigment oder mit koppelnden Gruppen als Direkt- oder Reaktivfarbstoff.

Indigofarbstoffe

Alle Indigofarbstoffe sind Küpenfarbstoffe, speziell Indigo selbst sowie indigoide Farbstoffe wie Purpur (Farbstoff).

Nitro- und Nitrosofarbstoffe

Bei diesen Farbstoffen ist der Elektronendonator entweder eine Hydroxy- (–OH) oder eine Aminogruppe (–NH2). Diese steht in einem aromatischen π-Elektronensystem mit einer Nitro- oder Nitrosogruppe in Konjugation.

Einer der Vertreter der Aminonitrofarbstoffe ist die Pikrinsäure (2,4,6-Trinitrophenol) oder das Amidogelb B:

Als wichtige Vertreter der Hydroxynitrosofarbstoffe gelten Pigmentgrün B oder das Naphtholgrün B, die mit Fe(II) einen Komplex bilden:

Phthalocyaninfarbstoffe

Phthalocyaninfarbstoffe leiten sich von Phthalocyanin ab und finden vornehmlich in der Kunststoffverarbeitung als Pigmentfarbstoffe Verwendung. Als besondere Eigenschaften können Phthalocyaninfarbstoffe eine im Allgemeinen vorhandene starke Säure-, Laugen- und Lichtbeständigkeit aufweisen.

Schwefelfarbstoffe

Schwefelfarbstoffe (Sulfinfarbstoffe) sind wasserunlösliche, schwefelhaltige Farbstoffe. Sie werden durch Schmelzen von Benzol-, Naphthalin- oder Anthrazenderivaten mit Schwefel gewonnen und sind von unbekannter Konstitution. Sie sind besonders geeignet zum Färben von Baumwolle. Der Farbstoff wird mit Natronlauge und Dithioniten oder Natriumsulfid in die wasserlösliche Form reduziert (Leuko-Verbindung) und nach Aufziehen auf die Faser durch Oxidation auf dieser unlöslich fixiert. Schwefelfarbstoffe sind besonders wasch- und lichtecht, die Farbtöne sind meist gedeckt.

Triphenylmethanfarbstoffe

Namensgebend ist der Grundbaustein Triphenylmethan. Mindestens zwei der aromatischen Ringe des Triphenylmethanfarbstoffs tragen elektronenliefernde Substituenten. Triphenylmethanfarbstoffe finden hauptsächlich in der Drucktechnik oder als Indikatoren Anwendung und sind im Allgemeinen wenig lichtecht. Vertreter hier sind Fuchsin, Kristallviolett, Phenolphthalein, Fluorescein, Eosin, Bromphenolblau.

Herstellung

Die Farbstoffproduktion umfasst mehrere Arbeitsgänge nach der synthetischen Darstellung des entsprechenden Produktes. Die Operationen beinhalten die Filtration, Trocknung, Mahlen und Einstellen.

In der Pigmentindustrie oder bei schlecht wasserlöslichen Farbstoffen hat das Mahlen großen Einfluss auf den Färbungsprozess (Farbton, Farbstärke). Für wasserlösliche Farbstoffe sollte die Teilchengröße zwischen 1–50 Mikrometer liegen. Durch das Einstellen können Farbton und Farbstärke den Erfordernissen angepasst werden. Zur Messung von Farbton, Farbstärke und Korngrößen gibt es heutzutage sehr preisgünstige Messgeräte.

In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts nahm auch der Einsatz von konzentrierten Farbstofflösungen zu, dadurch wurde die Staubbelastung in Färbereien geringer.

Funktionelle Farbstoffe

Funktionelle Farbstoffe haben eine eher unkonventionelle Anwendung. Konventionelle Farbstoffe dienen zum Färben von Textilien, Leder, Papier. Unkonventionelle Farbstoffe werden in anderen Einsatzbereichen verwendet und erfüllen bei ihrer Anwendung eine bestimmte Funktion, die nicht auf einer ästhetischen Farbgebung beruht. So ist z.B. ein Indikatorfarbstoff ein funktioneller Farbstoff.[26]

Aus der Kenntnis der Farbabsorption von aromatischen oder mehrfach ungesättigten Verbindungen nach der Hückel-Regel kann man spezielle Farbstoffe herstellen, die

  • Licht bei einer bestimmten Wellenlänge absorbieren und das absorbierte Licht in Wärme umwandeln (beispielsweise in DVDs, in der chemischen und biochemischen Analytik),[26]
  • das Licht bei einer anderen Wellenlänge wieder emittieren (als phosphoreszierende Biomarker oder Tinten, Fluoreszenz bei Farbstofflasern, Chemilumineszenz zum Brechen oder Neuknüpfung von chemischen Bindungen in der Biochemie),[26]
  • die Polarisationsrichtung des Lichts verändern (wie bei der Frequenzverdoppelung oder als optische Schalter),
  • elektrische Phänomene bewirken (in der Anwendung bei Laserdruckern),
  • fotochemische Prozesse ermöglichen.

Ökonomisch ist der Einsatz von funktionellen Farbstoffen für die Herstellung von CDs, DVDs besonders wichtig. Die Farbstoffmoleküle sind im Polycarbonat einer CD oder DVD enthalten. Durch den Laserstrahl des Brenners nehmen Farbstoffmoleküle Lichtenergie auf und setzen diese in Wärme um. Durch die Wärmeaufnahme schmilzt der Kunststoff, das Polycarbonat, an dieser Stelle. Die Oberfläche hat sich leicht verändert, die veränderte Oberflächenstruktur wird beim Leseprozess wahrgenommen.[27]

Gegenwärtige Farbstoff-Produktionsmengen

Produktion von Farbstoffen in Deutschland 2007[28]
Substanzklasse Jahresproduktion in Tonnen Umsatz in Millionen Euro
Dispersionsfarbstoffe 3.911 31,0
Säure- und Beizenfarbstoffe 16.367 84,0
Basische Farbstoffe 9.084 32,3
Direktfarbstoffe 25.034 61,3
Andere Küpenfarbstoffe, Reaktivfarbstoffe, organische Pigmente 134.504 802,6
Optische Aufheller 102.295 111,3
Produktion von Farbstoffen in Westeuropa[18]
Substanzklasse Jahresproduktion in 1000 t 1998 Jahresproduktion in 1000 t 1999
Säure-, Metallkomplexfarbstoffe 23,0 18,9
Azo-, Naphtholfarbstoffe 6,5 2,9
Basische, kationische Farbstoffe 13,0 14,8
Direktfarbstoffe 16,0 8,6
Dispersionsfarbstoffe 24,0 23,5
Reaktivfarbstoffe 19,0 27,4
Küpenfarbstoffe, Indigo 11,0 5,5
Schwefelfarbstoffe 12,0 7,0
Sonstige 6,0 13,8

Die Zahl der neuentwickelten Farbstoffe ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Zwischen 1995–1998 arbeiteten die europäischen Hersteller im Farbstoffsektor mit extrem schlechten Ergebnissen. Allein zwischen 1998 auf 1999 sank der Umsatz um 20 %. Insbesondere Umweltkosten und Importdruck aus Asien führten zu erheblichen Umstrukturierungen in den USA und Westeuropa. Es kam zu vielen Fabrikschließungen.[18]

Der Weltumsatz für Farbstoffe (ohne Pigmente und optische Aufheller) betrug im Jahr 1999 6,6 Mrd. USD, das waren 0,7 % des Weltchemieumsatzes. Große Farbstoffhersteller sind Huntsman (ehemals Ciba) (15 %, Weltfarbstoffumsatz), DyStar (14 %, übernommen 2010 von Kiri Dyes and Chemicals, Indien), BASF (11 %, seit 2000 zu Dystar) und Clariant (8 %).[18]

Siehe auch

Literatur

  • J. Fabian, H. Hartmann: Light Absorption of Organic Colorants. Theoretical Treatment and Empirical Rules. Springer, Berlin 1980, ISBN 354009914X.
  • Helmut Schweppe: Handbuch der Naturfarbstoffe. Vorkommen - Verwendung - Nachweis. ecomed, Landsberg/Lech 1993, ISBN 360965130X.
  • Lutz Roth, Kurt Kormann, Helmut Schweppe: Färbepflanzen - Pflanzenfarben. Botanik - Färbemethoden - Analytik - Türkische Teppiche und ihre Motive. ecomed, Landsberg/Lech 1992, ISBN 3-609-65490-2.
  • Heinrich Zollinger, A. Iqbal: Color Chemistry: Syntheses, Properties and Applications of Organic Dyes and Pigments. 3. Aufl. Auflage. Helvetica Chimica Acta / Wiley-VCH, Weinheim 2003, ISBN 3906390233.
  • Sabine Struckmeier: Naturfarbstoffe: Farben mit Geschichte. In: Chemie in unserer Zeit. 37, Nr. 6, 2003, S. 402–409, doi:10.1002/ciuz.200300275.
  • Guido Ebner, Dieter Schelz: Textilfärberei und Farbstoffe. Springer-Verlag, Berlin 1989.
  • Wilfried Kratzert, Rasmus Peichert: Farbstoffe. Quelle & Meyer, Heidelberg 1981.
  • Herbert Vogler: Gefärbt wird schon seit Jahrtausenden - ein Überblick über die Färberei der Antike. In: Textilveredlung. 21, 1986, S. 229-235.
  • Anthony Travis: The Rainbow Makers: The Origin of the Synthetic Dyestuff Industry in Western Europe. Bethlehem, London u. Toronto 1993.
  • Herbert Vogler: 150 Jahre Farbstoffindustrie. In: Textilveredlung. 42 u. 43, 2007 u. 2008, S. 11-14 u. 10-14.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Farbstoff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b c d Wolfgang Glöckner, Walter Jansen, Rudolf G. Weißenhorn (Hrsg.): Handbuch der experimentellen Chemie Sekundarbereich II. Band 10, Aulis Verlag Deubner & Co. KG, Köln, S. 304–309.
  2. a b c d e Christian-Herbert Fischer: Historische Farbstoffe. In: Spektrum der Wissenschaften. Nr. 10, 1997, S. 104 ff.
  3. Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie. 4. Auflage. Band 11, Stichwort: Farbstoffe, natürliche, S. 103.
  4. Heinrich Kläui, Otto Isler: Warum und womit färbt man Lebensmittel?. In: Chemie in unserer Zeit, 2/1981, S. 1-9
  5. Karl Aloys Schenzinger: Anilin. Zeitgeschichte-Verlag Berlin 1937.
  6. Hans Joachim Störig: Kleine Weltgeschichte der Wissenschaft 2. 4. Auflage. Fischer Taschenbuch, 1982, ISBN 3-596-26399-9, S. 136–137.
  7. Karl Hübner: Historie: 150 Jahre Mauvein. In: Chemie in unserer Zeit. 40, Nr. 4, 2006, S. 274–275, doi:10.1002/ciuz.200690054.
  8. a b Joachim Rudolf: Knauers Buch der modernen Chemie. Th. Knauer Nachf., München/Zürich 1975, ISBN 3-426-00381-3, S. 257–263.
  9. a b c d e f g h Hermann Raaf: Organische Chemie im Probierglas. 13. Auflage. Kosmos Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-440-04266-9, S. 186.
  10. Farbstoffe. In: Römpp Chemie Lexikon. 8. Auflage. Franckh′sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.
  11. Farbstoffe. In: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 3. Auflage. Band 7, S. 185.
  12. Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie. 4. Auflage. Band 20.
  13. Dispersionsfarbstoffe. In: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie. 4. Auflage. Band 10.
  14. Friedrich Ische: Farbstoffe. In: Angewandte Chemie 2, Fischer Taschenbuch, Frankfurt a. M. 1977, ISBN 3-436-02460-0, S.174–192.
  15. Semir M. Zeki: Das geistige Abbild der Welt. In: Spektrum der Wissenschaften. Nr. 11, 1992, S. 54–63.
  16. Farbstoffe. In:Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik. Zweiburgen Verlag, Weinheim 1981, S. 1308.
  17. Kirk-Othmer, Jacqueline I. Kroschwitz: Encyclopedia of Chemical Technology. 5. Ausgaben, Vol. 9, S. 349.
  18. a b c d Roland Dittmeyer, Wilhelm Keim, Gerhard Kreysa, Karl Winnacker, Leopold Küchler: Chemische Technik, Prozesse und Produkte. Band 7, Industrieprodukte, 5. Auflage. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2004, ISBN 3-527-30772-9, S. 397 ff.
  19. Bertram Philipp, Peter Stevens: Grundzüge der Industriellen Chemie, VCH Verlagsgesellschaft mbH, 1987, S. 321, ISBN 3-527-25991-0.
  20. Wittko Francke, Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7776-1221-9, S. 684f.
  21. Indanthren ist eingetragenes Warenzeichen der DyStar Textilfarben
  22. H. Zollinger: Chemismus der Reaktivfarbstoffe. In: Angew. Chem. 73, Nr. 4, 1961, S. 125–136 (doi:10.1002/ange.19610730402).
  23. Wittko Francke, Wolfgang Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie. 24. Auflage 2004. S. Hirzel Verlag, Stuttgart, ISBN 3-7776-1221-9, S. 640.
  24. J. Heyna: Reaktivfarbstoffe mit Vinylsulfongruppen. In: Angew. Chem.. 74, Nr. 24, 1962, S. 966–969 (doi:10.1002/ange.19620742403).
  25. K. G. Kleb: Levafix-Farbstoffe, Chemismus und Praxis. In: Angew. Chem.. 74, Nr. 17, 1962, S. 698–699 (doi:10.1002/ange.19620741722)
  26. a b c John Griffiths: Funktionelle Farbstoffe. Ein neuer Trend in der Farbstoffchemie. In: Chemie in unserer Zeit. 27, Nr. 1, 1993, S. 21–31 (doi:10.1002/ciuz.19930270104).
  27. Klaus Roth: Die Chemie der schillernden Scheiben: CD, DVD & Co. In: Chemie in unserer Zeit. 41, Nr.4, 2007, S. 334–345 (doi:10.1002/ciuz.200700428).
  28. Statistisches Bundesamt, Fachserie 4, Reihe 3.1, Jahr 2008.

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