Fallschirmjäger (Wehrmacht)

Fallschirmjäger (Wehrmacht)
Deutsche Fallschirmjäger bei der Landung auf Kreta 1941

Die Fallschirmjäger der Wehrmacht waren eine Waffengattung der Luftwaffe für den operativen Einsatz im rückwärtigen Feindgebiet. Ihre Aufstellung begann 1935/1936 aus der Polizeiabteilung z.b.V. Wecke/Landespolizeigruppe General Göring.

Als Aufstellungstag der Fallschirmjägertruppe gilt der 29. Januar 1936, an dem 600 Offiziere und Fallschirmjäger zum I. Jägerbataillon Regiment General Göring unter Oberstleutnant Bruno Bräuer mit der 15. Pionierkompanie in Döberitz aufgestellt wurden. Während des Zweiten Weltkrieges 1939–1945 wurde die Fallschirmjägertruppe 1940 in Dänemark und Norwegen während des Feldzugs Weserübung, in Belgien und den Niederlanden während des Feldzugs Fall Gelb und 1941 in Griechenland bei der Einnahme der Brücke von Korinth und dann zur Einnahme von Kreta eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Aufstellung

Deutscher Fallschirmjäger vor Absprung aus Ju 52

Am 29. Januar 1936 begann in der Wehrmacht die erste Rekrutierung von Freiwilligen für die Aufstellung deutscher Luftlandetruppen. Zur ersten Fallschirmschule wurde der Fliegerhorst Stendal-Borstel, auf dem die ersten deutschen Fallschirmjäger ausgebildet wurden. Bis zum 1. Juli wurden die Fallschirmregimenter 1 und 2 aufgestellt und unter dem Kommando von Generalmajor Kurt Student zur 7. Fliegerdivision zusammengefasst, die der Luftwaffe unterstand. Der wesentliche Unterschied zu den Fallschirmverbänden anderer Nationen bestand darin, dass Generalmajor Student durchsetzte, die Truppe nicht taktisch sondern operativ einzusetzen. Ergänzt wurde die Fallschirmtruppen durch die 22. Infanterie-(Luftlande)-Division des Heeres, die über leichte, luftverlastbare Ausrüstung für die Luftverlegbarkeit verfügte.[1] In dieser Funktion wurde die Division von der 91. Infanterie-Division ab 1944 abgelöst. Ein Einsatz erfolgte nach Rotterdam für keine der beiden Divisionen mit dieser Auftragstellung.

Operativer Einsatz

Zum ersten Einsatz dieser Verbände kam es im Zuge der Besetzung des Sudetenlandes, als im Herbst 1938 deutsche Luftlandetruppen bei Freudenthal hinter den tschechoslowakischen Linien landeten.[2]

Luftlandungen 1940/41

Während des Zweiten Weltkriegs kam es zu zahlreichen Einsätzen von Luftlandetruppen. Die ersten führte die Rote Armee während des Winterkrieges (1939/40) in Finnland und während der Besetzung Bessarabiens durch. Diese Unternehmen scheiterten unter großen Verlusten, weil die Truppen nur örtlich in kleinen Gruppen abgesetzt wurden.[3]
Eine wesentliche Rolle nahmen deutsche Luftlandetruppen im April 1940 bei der Durchführung des Angriffs auf Dänemark und Norwegen ein (→ Unternehmen Weserübung). Zu ihren Aufträgen zählten vor allem die Einnahme von Flugplätzen und operativ wichtigen Verkehrsknotenpunkten und ermöglichten damit die Anlandung weiterer deutscher Verbände.[4] Die nächsten Einsätze der Luftlandeverbände erfolgte im Mai während des Westfeldzuges. Wichtige Einsatzziele waren die Einnahme operativ wichtiger Brücken in Holland sowie durch Fallschirm-Pioniere unter Rudolf Witzig das belgische Sperrfort Eben-Emael. Damit wurden große Teile der niederländischen Streitkräfte gebunden.[5] Während des im folgenden Jahr durchgeführten Unternehmens Marita eroberten deutsche Fallschirmjäger den Übergang über den Kanal von Korinth (26. April 1941). Den Höhepunkt des operativen Einsatzes der deutschen Luftlandetruppen bildete vom 20. Mai bis zum 1. Juni 1941 die verlustreiche Eroberung der Insel Kreta (→ Unternehmen Merkur).[6]

Deutsche Fallschirmjäger während der Operation Shingle


Nach der Eroberung Kretas kam es zu „Sühnemaßnahmen“ an der Zivilbevölkerung, so beim Massaker von Kondomari, da sich griechische Zivilisten entgegen dem Kriegsvölkerrecht widerrechtlich an den Kämpfen beteiligt hatten und dabei Verwundete der Fallschirmjäger gefoltert und getötet sowie Leichen geschändet wurden. Auch auf anderen Kriegsschauplätzen waren Fallschirmjäger an der Partisanenbekämpfung beteiligt. Vor Gerichten wird zum Teil heute immer noch um Entschädigungen Deutschlands für diese Hinrichtungen gestritten. Wie von Verbänden anderer Waffengattungen auch wurden nach damaligen Kriegsgebräuchen in der Asymmetrischen Kriegsführung durch Fallschirmjäger nicht nur Zivilisten getötet, sondern teilweise auch (weibliche) Geiseln aus der Zivilbevölkerung genommen, um sie bei Transporten mitzuführen, in der Hoffnung, so vor Anschlägen von Partisanen sicher zu sein. [7]

Ende der Luftlandungen

Nach diesem Einsatz bemerkte Hitler am 17. Juli jedoch, dass die Zeit der Fallschirmtruppe nun vorüber sei, weil sich ihr Überraschungseffekt verflogen hätte.[8] In den folgenden Jahren wurden weitere Fallschirm-Großverbände wie die 2. Fallschirmjäger-Division aufgestellt. Diese war 1942 für das Unternehmen Herkules zur Einnahme der Insel Malta im Rahmen des Afrikafeldzug auf dem Kriegsschauplatz Mittelmeerraum vorgesehen, das jedoch abgesagt wurde und die einzelnen Regimentern als reguläre Infanterie und "Feuerwehr" an Brennpunkten im Osten und in Afrika eingesetzt. Die weiteren neu aufgestellten Fallschirmjägerdivisionen trugen diese Bezeichnung teilweise nur aus Prestigegründen, ohne durchgehend eine Fallschirmsprungausbildung erhalten zu haben. Tatsächlich waren nur zwei Divisionen für den Fallschirmsprung ausgebildet und ausgerüstet. Im weiteren Verlauf des Krieges kam es 1943 während des Unternehmens Leopard zur Luftlandung nach Fallschirmsprung auf der Insel Leros. Während des D-Day verteidigten unter anderem Fallschirmjäger der Wehrmacht die Strände in der Normandie. Letzter Großeinsatz im Fallschirmsprung wurde 1944 während der Ardennenoffensive mit dem Unternehmen Stößer durch eine Fallschirmjägerkampfgruppe unter Oberst Friedrich August von der Heydte durchgeführt.

Motivation

Die amerikanische Military Intelligence Division, die den Auftrag der Feindaufklärung hatte, versuchte während des Zweiten Weltkriegs, durch Befragung von Kriegsgefangenen Aufschluss darüber zu erhalten, was den inneren Zusammenhalt der deutschen Wehrmacht ausmachte. Sie fanden ihre Annahme vielfach bestätigt, dass ein harter Kern von Nationalsozialisten die militärischen Einheiten ideologisch und militärisch zusammenhielt. Die Größe des harten Kerns lag bei 10 bis 15 Prozent. Fallschirmjäger- und Waffen-SS-Divisionen hätten jedoch einen weit höheren Anteil überzeugter Nationalsozialisten gehabt, oft die gesamte befragte Gruppe.[9]

Siehe auch

Literatur

  • Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945), Bd.8, Hüthig Verlagsgemeinschaft. ISBN 3-7785-2338-4
  • Roger Edwards:: Deutsche Fallschirmjäger und Luftlandetruppen 1936 - 1945, Verlag Stalling, Oldenburg 1976. ISBN 3-7979-1348-6
  • Albert Merglen: Geschichte und Zukunft der Luftlandetruppen, Verlag Rombach, Freiburg/Breisgau 1970.
  • Günter Roth / Hans M. Stimpel: Die deutsche Fallschirmtruppe 1936–1945 - Führung in der deutschen Fallschirmtruppe und der Korpsgeist der Fallschirmjäger, Verlag Mittler, Hamburg 2008. ISBN 3-8132-0864-8
  • Günter Roth: Die deutsche Fallschirmtruppe 1936-1945. Der Oberbefehlshaber Kurt Student. Strategischer, operativer Kopf oder Kriegshandwerker und das soldatische Ethos Verlag E.S. Mittler und Sohn, Hamburg 2010 ISBN 978-3-8132-0906-8

Weblinks

 Commons: Fallschirmjäger (Wehrmacht) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Albert Merglen: Geschichte und Zukunft der Luftlandetruppen, Freiburg/Breisgau 1970, S. 19–22
  2. Albert Merglen: Geschichte und Zukunft der Luftlandetruppen, Freiburg/Breisgau 1970, S. 22
  3. Albert Merglen: Geschichte und Zukunft der Luftlandetruppen, Freiburg/Breisgau 1970, S. 26
  4. Dazu im Detail: Hans-Martin Ottmer: „Weserübung“ - Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, München 1994.
  5. Ein Überblick findet sich in: Hans Umbreit: Der Kampf um die Vormachtstellung in Westeuropa, in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 2, Stuttgart 1979, S. 284–307
  6. Dazu im Detail: Hans-Otto Mühleisen: Kreta 1941 - Das Unternehmen „Merkur“ 20. Mai bis 1. Juni 1941, Freiburg/Breisgau 1968.
  7. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941–1945), Bd.8, Hüthig Verlagsgemeinschaft, S. 300
  8. Albert Merglen: Geschichte und Zukunft der Luftlandetruppen, Freiburg/Breisgau 1970, S. 40
  9. Rafael A. Zagovec: Gespräche mit der 'Volksgemeinschaft' in: Bernhard Chiari [u.a.]: Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939 bis 1945 - Ausbeutung, Deutungen, Ausgrenzung, im Auftrag des MGFA hrsg. von Jörg Echternkamp, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2005,Bd. 9/2 ISBN 978-3-421-06528-5, S. 360–364

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