Fall Mehmet

Fall Mehmet

Der „Fall Mehmet“ war ein Rechtsstreit um den jugendlichen Serienstraftäter Muhlis Ari (* 1984 in München; bekannt geworden unter dem Pseudonym Mehmet), der Anlass für eine lang anhaltende öffentliche Debatte um Jugend- und Ausländerkriminalität in Deutschland war. „Mehmet“ erlangte Bekanntheit, nachdem er bis 1998 mehr als 60 Straftaten begangen hatte und in die Türkei, deren Staatsbürger er ist, abgeschoben wurde. Sein Pseudonym bekam er als jugendlicher Straftäter aus Datenschutzgründen.

Bereits vor seinem 14. Geburtstag hatte „Mehmet“ mehr als 60 Diebstähle und Einbrüche, Körperverletzungen, Erpressungen, Nötigungen und Raubüberfälle begangen. Als er 1998 mit 14 Jahren – und damit strafmündig – einen Mitschüler krankenhausreif schlug und das bewusstlose Opfer ausraubte, wurde er am 9. Oktober desselben Jahres vom Amtsgericht München zu einer Haftstrafe von 12 Monaten verurteilt. Diese Strafe trat er nie an, weil er stattdessen auf Veranlassung der Stadt München, die seine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängerte, in die Türkei abgeschoben wurde. Der Fall sorgte international für Aufsehen, weil erstmals ein Kind von rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländern allein zurück in deren angestammte Heimat abgeschoben wurde.

Nach seiner Abschiebung setzten sich Medien in der Türkei stark für Mehmet ein[1], der Jugendliche durfte zum Beispiel kurzzeitig Musikvideos auf dem Musiksender Kral TV präsentieren. Danach arbeitete er in einer Schildermacherei und einer Bar in Istanbul, wurde aber nach eigenen Angaben mit dem Land nie wirklich warm.

In Deutschland folgte ein jahrelanger Rechtsstreit. Im November 2001 entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, „Mehmet“ dürfe nach Deutschland zurückkehren. Da seine Eltern seit über 30 Jahren in München lebten, musste die Stadt München eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen.[2] Diese richterliche Entscheidung wurde acht Monate später auch vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Die Abschiebung wurde für rechtswidrig erklärt.[3] Knapp vier Jahre, nachdem er Deutschland zwangsweise verlassen hatte, durfte er per Gerichtsbeschluss 2002 wieder zurückkehren. Er holte den Hauptschulabschluss mit der Endnote 1,5 nach und galt als resozialisiert.[4]

Anfang Juni 2005 wurde „Mehmet“ zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, weil er seine Eltern um Geld erpresst, verprügelt und bedroht hatte.[5] Daraufhin flüchtete er in die Türkei. Es folgte eine Ausweisungsverfügung. Da er dagegen keine Rechtsmittel einlegte, wurde diese unanfechtbar.

Einzelnachweise

  1. Thomas Seibert: „Das Beste zum Schluss“, Der Tagesspiegel, 19. Juli 2002.
  2. Pressemitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 2001
  3. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2002, Az. 1 C 8.02
  4. Michael Mielke: „Nicht bewährt: Mehmet setzt seine Gerichtsserie fort“, Die Welt, 3. März 2005.
  5. Michael Mielke: „Eine unendliche Geschichte“, Die Welt, 4. März 2005.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mehmet — ist ein männlicher Vorname, der insbesondere bei türkischsprachigen Muslimen verbreitet ist und eine Variation des arabischen Namens Muhammad ist. Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 1.1 Varianten 2 Bekannte Namensträger …   Deutsch Wikipedia

  • Mehmet Shehu — 2nd Chairman of the Council of Ministers of the Socialist People s Republic of Albania In office July 20, 1954 – December 17, 1981 Preceded by …   Wikipedia

  • Mehmet Osman — EastEnders character Portrayed by Haluk Bilginer Created by Tony Holland and Julia Smith Duration 1 …   Wikipedia

  • Mehmet Topal — Personal information Full name Mehmet Topal …   Wikipedia

  • Mehmet Günsür — Born May 8, 1975 (1975 05 08) (age 36) Istanbul, Turkey Occupation Actor, Model Years active 1989–present Spouse Tulin ozen(a …   Wikipedia

  • Mehmet Gunsur — Mehmet Günsur Mehmet Günsur est un acteur turc né le 8 mai 1975 à Istanbul. Sommaire 1 Films dans lesquels il a joué 1.1 Émissions de télévision 1.2 Filmographie …   Wikipédia en Français

  • Mehmet Günsür — Mehmet Günsur Mehmet Günsur est un acteur turc né le 8 mai 1975 à Istanbul. Sommaire 1 Films dans lesquels il a joué 1.1 Émissions de télévision 1.2 Filmographie …   Wikipédia en Français

  • Mehmet Ali Ağca — (* 9. Januar 1958 in Hekimhan, Malatya) ist ein türkischer Ultranationalist. Er verübte am 13. Mai 1981 in Rom ein Attentat auf den damaligen Papst Johannes Paul II. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Wirken in der Türkei …   Deutsch Wikipedia

  • Mehmet Günsur — (* 8. Mai 1975 in Istanbul) ist ein türkischer Filmschauspieler. Günsur ist in der Türkei und in Italien bekannter als im deutschsprachigen Raum. Er stand seit 1997 in mehr als 15 Filmen als Schauspieler vor der Kamera. 1998 erhielt er für die… …   Deutsch Wikipedia

  • Mehmet Günsur — est un acteur turc né le 8 mai 1975 à Istanbul. Sommaire 1 Films dans lesquels il a joué 1.1 Émissions de télévision 1.2 Filmographie …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”