Aktion Bernhard

Aktion Bernhard

Aktion Bernhard (auch Unternehmen oder Operation Bernhard) wurde eine Geldfälschungsaktion des Sicherheitsdienstes (SD) im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) im nationalsozialistischen Deutschen Reich genannt. Sie ist die bislang größte bekannte Geldfälscheraktion der Geschichte.

Inhaltsverzeichnis

Ablauf

Walter Schellenberg, der Chef des SD, benannte die Aktion nach ihrem Leiter, dem Sturmbannführer Bernhard Krüger. Zuständig für die Operation Bernhard im RSHA war vermutlich das „Amt VI (SD Ausland) F (Technische Hilfsmittel)“. Ursprünglich hieß sie Aktion Andreas, nach dem Kreuz in der britischen Flagge.

Das Papier für die Geldfälschungsaktion stammte aus der Papierfabrik Spechthausen im Landkreis Oberbarnim in der Provinz Brandenburg. Die Papierfabrik stellte von 1874 bis 1945 das Papier für die Reichskassenscheine und fast alle Banknoten sowie Wert- und Kreditbriefe, Aktien, Schecks und andere Wertpapiere für das Deutsche Reich her. Drucktechnisch wurde dieser Staatsauftrag im KZ Sachsenhausen nördlich von Berlin realisiert.[1][2]

Im KZ Sachsenhausen, in den KZ-Baracken 18 und 19, fälschten 144 jüdische Häftlinge ausländische Währungen, vor allem englische Pfundnoten mit Nennwert in Milliardenhöhe, um die Volkswirtschaften der Alliierten zu destabilisieren. Einen Höhepunkt erreichte die Produktion im Sommer 1943 mit monatlich etwa 650.000 Banknoten.

Es wurden Banknoten zu £ 5, £ 10, £ 20 und £ 50 hergestellt. Zwischen 1942 und 1945 wurden schätzungsweise 100 Millionen gefälschter Pfundnoten hergestellt und teilweise in Umlauf gebracht. Später wurde der Plan aber aufgegeben, die falschen Pfundnoten in größerem Umfang in Umlauf zu bringen. Stattdessen wurden damit Devisen gekauft und verschiedene Aktionen der SS mit den gefälschten Pfundnoten unterstützt. So wurde z. B. der Spion Cicero (Elyesa Bazna) mit gefälschten Pfundnoten bezahlt.

Gegen Ende des Krieges wurden Druckplatten und verbliebenes Falschgeld im österreichischen Toplitzsee versenkt. Dort wurden sie zum Teil 1959 von Tauchern wieder geborgen.

Die Fälschungen waren so perfekt, dass sie fast nicht vom Originalgeld unterschieden werden konnten. Einer der ehemaligen Häftlinge konnte jedoch zur Überraschung seiner britischen Befrager mit erstaunlicher Schnelligkeit gefälschte Noten erkennen. Als Erklärung gab er an, dass die druckfrischen Noten noch nachbearbeitet wurden, um diesen das Aussehen gebrauchter Scheine zu verleihen. Dazu gehörte auch das Zusammenheften von Scheinen mittels Sicherheitsnadeln, ein damals übliches Vorgehen, das kleine Einstichlöcher im Papier hinterließ. Im Bestreben, die Pläne ihrer Auftraggeber zu hintertreiben, stachen die Häftlinge dabei durch das Wappen, was kein patriotischer Brite tun würde.

Die Blüten wurden nach A-, B- C- und D-Noten sortiert. Dabei waren Blüten der A-Klasse Geldscheine, „die auch Banken akzeptiert haben.“[3] Mit den B-Noten wurden die Spione im Ausland bezahlt. C-Noten wurden für den Afrikafeldzug vorgesehen, während die D-Noten für einen Abwurf über Großbritannien vorgesehen waren.[4]

Die Bank of England rief nach dem Krieg alle 50-Pfund-Noten zurück und ersetzte diese durch eine neue Serie.

Am 5. Mai 1945 wurde das Sonderkommando in Ebensee an das Rote Kreuz übergeben. Krüger konnte verhaftet werden. Von den ehemals 144 jüdischen Häftlingen sind heute noch drei am Leben. Einer ist Adolf Burger, der in Auschwitz-Birkenau als Nr. 64.401 gekennzeichnet wurde. Er hat über seine Erlebnisse während dieser Zeit ein Buch verfasst und hält bis heute vor Schülern Vorträge zu diesem Thema (siehe auch zum Film Die Fälscher). Ein anderer ist Abraham Sonnenfeld, dessen Vater in Transsilvanien ein Druckhaus besaß.[3]

Bewertung

Ziel der Aktion war es ursprünglich, die britische Wirtschaft mit Falschgeld zu überschwemmen. Die Aktion hätte bei konsequenter Umsetzung dieselben negativen Auswirkungen gehabt wie eine extrem expansive Geldpolitik der Bank of England – durch die Überschwemmung der Volkswirtschaft mit Geld wäre es im Erfolgsfall zu einer enormen Inflation gekommen. Es war weiterhin davon auszugehen, dass die Aktion bei Bekanntwerden in der britischen Öffentlichkeit zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit des Pfund Sterling geführt hätte. Dadurch hätte es in großem Umfang zu einem Verlust der Zahlungsmittelfunktion des britischen Geldes kommen können (d. h. britische Konsumenten und Läden hätten die eigene Währung nicht mehr akzeptiert), wodurch der Wirtschaftskreislauf der Volkswirtschaft erheblich gestört worden wäre. Die Operation erbrachte dem NS-Regime erhebliche Einnahmen aus Seigniorage (Geldschöpfung), da sie die gefälschten Banknoten auf dem internationalen Finanzmarkt verkaufen konnte.

Literatur

  • Adolf Burger: Des Teufels Werkstatt. Die Geldfälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen. Hentrich & Hentrich, Teetz 2004, ISBN 3-933471-80-X. und Elisabeth Sandmann Verlag, Muenchen 2007, ISBN 3-938045-23-X
  • Peter Edel: Wenn es ans Leben geht, Autobiografie, 1. Aufl., Teil 2, S. 54 ff., Verlag der Nation, Berlin 1979, ISBN 3-87682-714-0
  • Shraga Elam: Hitlers Fälscher – Wie jüdische, amerikanische und Schweizer Agenten der SS beim Falschgeldwaschen halfen. Überreuter Verlag, Wien 2000, ISBN 3-8000-3757-2
  • Werner Kopacka: Enthülltes Geheimnis Toplitzsee. Steirische Verlagsgesellschaft, Graz 2001, ISBN 3-85489-041-9.
  • Julius Mader: Der Banditenschatz. Ein Dokumentarbericht über den geheimen Goldschatz Hitlerdeutschlands, Kapitel III: Die Waffe aus Papier, S. 56-86, Verlag der Nation, überarbeitete und ergänzte Ausgabe, Berlin 1973
  • Lawrence Malkin: Hitlers Geldfälscher – Wie die Nazis planten, das internationale Währungssystem auszuhebeln Gustav Lübbe Verlag 2006 ISBN 978-3-7857-2249-7
  • Gerald Steinacher: Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen, S. 180 ff. Studienverlag, Innsbruck 2008, ISBN 978-3-7065-4026-1
  • Franz Wegener: Der Alchemist Franz Tausend. Alchemie und Nationalsozialismus, Kapitel 5.3: Vom Gold- zum Geldmachen: Himmlers Fälscherwerkstatt, KFVR, Gladbeck 2006, ISBN 3-931300-18-8.

Filme

Weblinks

Fußnoten

  1. Landeshauptarchiv Brandenburg: Brandenburgische Archive
  2. British Association of Paper Historians: The Exeter Papers, Studies in British Paper History
  3. a b Thorsten Schmitz: Das richtige Leben des Fälschers. Süddeutsche Zeitung vom 3. März 2008, Nr. 53, Seite 3
  4. Aussagen von Adolf Burger im ORF-Bericht vom 18. Dezember 2008

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