Fabian (Roman)

Fabian (Roman)

Fabian. Die Geschichte eines Moralisten ist ein sogenannter Großstadtroman von Erich Kästner mit autobiografischen Zügen, der noch der Neuen Sachlichkeit zugerechnet werden kann. Der 1931 bei der Deutschen Verlags-Anstalt erschienene Roman entwirft ein Gesellschaftsbild Berlins am „Vorabend“ der „MachtergreifungAdolf Hitlers.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Held des Romans ist der Germanist Dr. phil. Jakob Fabian, der als Werbetexter bzw. Propagandist tätig ist. Hauptmotiv des Handlungsstranges ist die Konfrontation Fabians mit Unmoralischem im Berliner Nachtleben. So findet man ihn in Bordellen, Unterweltkneipen und Künstlerateliers, wobei er dort ein einigermaßen distanzierter Beobachter bleibt, der die Geschehnisse ironisierend zur Kenntnis nimmt. Er gerät ferner ungewollt in einen Strudel politischer Polarisierung der Nationalsozialisten contra Kommunisten, und hemmungsloser Genusssucht von Sexualität, die den liebenden Kontakt diskreditiert.

Fabian entwickelt sich im Laufe des Romans zum Realisten. Anfangs ist er ein „zarter Ironiker“, der auf den „Sieg der Anständigkeit“ wartet. Er wird jedoch immer wieder von den Menschen enttäuscht und glaubt schließlich, höchstens sich selbst verbessern zu können. Im Gegensatz zu seinem Studienfreund Labude, der der Illusion anhängt, man könne die Menschheit ethisch vorantreiben, ist er zunächst durch seinen gewonnenen Realismus gegen größere Enttäuschungen resistent, während sich sein Freund, von seiner Verlobten betrogen, bei verschiedenen Frauen zu trösten versucht und dabei nur punktuell glücklich wird. In einem Künstleratelier begegnet Fabian Cornelia Battenberg, die aufgrund enttäuschender Beziehungen mit Männern keine neue Beziehung eingehen will. Fabian zeigt für sie Empathie und sie machen sich auf den Weg zu ihr nach Hause, worauf sich zwischen ihnen eine Liebesbeziehung entwickelt. Fabian beginnt nun doch, Ehrgeiz zu entwickeln und scheint seine pessimistische und passive Grundhaltung aufzugeben. Am nächsten Tag wird er jedoch von seiner Firma entlassen – was ihm, wie er einige Tage zuvor gesagt hat, damals gar nichts ausgemacht hätte –, während sein Kollege für Fabians Ideen später eine Gehaltserhöhung bekommt. Cornelia will eine Karriere als Filmschauspielerin beginnen. Ohne mit Fabian zuvor darüber zu reden, entschließt sich Cornelia, um ihrer Existenzsicherung und ihrer Karriere willen mit einem Filmdirektor ein Verhältnis einzugehen. Sie versucht, Fabian davon zu überzeugen, dass sie dies in ihrem beidseitigen Interesse tut. Fabian kann dieses Arrangement letztendlich nicht akzeptieren und löst sich von der Beziehung.

Ein weiterer Schicksalsschlag für den Protagonisten ist der Suizid seines Freundes Labude. Dessen Motiv ist die angebliche Ablehnung seiner Habilitationsschrift, was sich jedoch als übler Scherz des Assistenten des Geheimrats herausstellt, der in Wirklichkeit von Labudes Arbeit begeistert ist. Obwohl ihn Cornelia an diesem Nachmittag besuchen will, verlässt Fabian Berlin und kehrt in seine Heimatstadt zurück, wo ihn sein Stolz und vor allem seine Moral davon abhalten, eine angebotene Arbeit bei einer politisch rechts orientierten Zeitung zu ergreifen. Er ertrinkt schließlich bei dem Versuch, einen in den Fluss gefallenen Jungen zu retten. Der Junge kann sich an das Ufer retten, doch Fabian selbst ist Nichtschwimmer.

Unveröffentlichtes Kapitel

Der Verlag nahm ein Kapitel, in dem Fabian und sein Kollege Fischer die Blinddarmnarbe ihres Chefs betrachten, nicht in die Ausgabe von 1931 auf. Fabian wirft in diesem seinem Chef vor: „Es besitzt nicht ein jeder die Geschmacklosigkeit, die Tippfräuleins über den Schreibtisch zu legen.“

Interpretationen

Als Fabian auf dem Höhepunkt seines Glücks steht und er seinen Pessimismus fast aufgegeben hat, verliert er seine Arbeit, und einige Zeit später folgen Liebe und Freundschaft nach. Durch ein Buch Schopenhauers, das Kästner zitiert, indem er es Fabian kurz nach dem Verlust seiner Arbeit lesen lässt, wird die These aufgestellt, dass der Optimist mehr Unglück als der Pessimist erleiden müsse.

Der Autor und seine Hauptfigur sind Moralisten, das heißt, sie gehen davon aus, dass die Handlungen der Menschen auf ethischen Prinzipien beruhen sollen, die ihrerseits auf bürgerlichen Freiheitsrechten und zwischenmenschlicher Solidarität gegründet sind, von der Gesellschaft ihrer Zeit jedoch nicht beachtet werden (Totalitarismus, Nationalsozialismus, Kommunismus). Die Moralisierung erfolgt aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern vor allem mit dem Mittel der Ironie. Deutlich kann man Kästners Philosophie, die Welt sei nicht gänzlich zu bessern, erkennen.

Die Handlung des Romans spielt Ende der 1920er Jahre, erschienen ist das Werk 1931, Kästner deutete diese Zeit nicht nur als eine des politischen, sondern auch des moralischen Verfalls. Das Buch zeigt, dass der Untergang der Weimarer Republik zumindest für Kästner durchaus nicht unerwartet kam.

Der Roman soll wohl vor allem zeigen, dass es Fabian als Moralisten unmöglich war, im Strom der Unmoral mitzuschwimmen. Der ursprüngliche Titel dieser Satire lautete: Der Gang vor die Hunde. Er wurde jedoch von den Verlegern abgelehnt. Damit sollte nach Kästners eigener Aussage „schon auf dem Buchumschlag deutlich werden, dass der Roman ein bestimmtes Ziel verfolgte: Er wollte warnen“. Kästner entwirft ein pessimistisches Bild der Gesellschaft – im Großen wie im Kleinen. Denn, so begründet der Autor seine Geschichte eines Moralisten selbst, „der Moralist pflegt seiner Epoche keinen Spiegel, sondern einen Zerrspiegel vorzuhalten“.

Wirkung

Das Buch galt den Nationalsozialisten als entartet; aufgrund dieses Romans wurden die Werke Erich Kästners anlässlich der Bücherverbrennung 1933 in Deutschland unter dem Vorwurf der Pornografie verbrannt. Zwar wird die sexuelle Freizügigkeit der 1920er und frühen 1930er Jahre behandelt, der Vorwurf der Pornografie ist jedoch nicht zu begründen. In dem am 27. Oktober 1931 in der Weltbühne veröffentlichten Artikel Fabian und die Sittenrichter nimmt Kästner dazu Stellung. So schreibt er darin etwa: „Durch Erfahrungen am eignen Leib und durch sonstige Beobachtungen unterrichtet, sah er [der Autor] ein, dass die Erotik in seinem Buch beträchtlichen Raum beanspruchen musste. Nicht, weil er das Leben fotografieren wollte, denn das wollte und tat er nicht. Aber ihm lag außerordentlich daran, die Proportionen des Lebens zu wahren, das er darstellte.“ Der Beitrag in der Weltbühne mit dem Titel Fabian und die Sittenrichter war zusammen mit einem weiteren Artikel, unter dem Titel Fabian und die Kunstrichter, der erstmals 1998 veröffentlicht wurde, als Nachwort zum eigentlichen Roman gedacht.

Verfilmung

Der Roman wurde 1979 unter dem Titel Fabian verfilmt. Regie: Wolf Gremm; Produzentin: Regina Ziegler; Studio: Ufa; Darsteller: Hans-Peter Hallwachs (Fabian), Hermann Lause (Labude), Ivan Desny (Labude sen.), Silvia Janisch (Cornelia), Brigitte Mira, Charles Regnier, Ruth Niehaus. Die Filmlänge wird mit 117 Minuten angegeben, die DVD mit 110 oder 115 Minuten. Deutscher Filmpreis 1980. DVD-Erscheinungsdatum: 8. November 2004.

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