FS ALn 668

FS ALn 668
FS ALn 668
Diesel-Triebwagen der Baureihe Aln 668 bei Santhià
Anzahl: 787 in 12 Serien
Hersteller: FIAT Ferroviaria bzw. Breda
Baujahr(e): 1954–1981
Achsformel: (1A)(A1) / Unterserie= 2'B'
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Dienstmasse: 116 t
Höchstgeschwindigkeit: 110/130 km/h
Treibraddurchmesser: 920 mm
Laufraddurchmesser: 920 mm
Antrieb: diesel-hydraulisch
Sitzplätze: 68

Die Diesel-Triebwagen FS ALn 668 sind eine Gruppe von leichten Eisenbahnfahrzeugen, welche zwischen den 1950er und den 1980er Jahren für die italienischen Staatsbahnen gebaut wurden und bis heute in Dienst stehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zu Beginn der 1950er Jahren war der Dieseltriebwagen-Park der italienischen Staatsbahnen für jene Dienste, für den er eigentlich ausgelegt war, praktisch unbrauchbar geworden. Zudem verursachte die große Zahl der verschieden Typen einige Schwierigkeiten beim Unterhalt und beim Bereitstellen von Ersatzteilen.

Zur Modernisierung des Passagierverkehrs auf dem sizilianischen Schmalspurnetzes der FS wurden ab Januar 1950 Triebwagen des Types FS RALn 60 eingesetzt. Bei der Konstruktion dieser Serie konnten technische Erfahrungen gesammelt werden, die in der Folge auch für die Normalspur-Diesel-Triebwagen der FIAT verwendet werden konnten.

Im Jahre 1954 wurde dann das Projekt eines standardisierten Diesel-Triebwagens aufgenommen, welche - gestützt auf die Erfahrungen mit den beiden bereits sich im Betrieb befindlichen Triebwagen-Serien - die Probleme im Diesel-Fahrzeugpark der FS lösen sollten. Der neue Triebwagen wurde auf 68 Sitzplätze ausgelegt, wovon acht erster und 60 zweiter Klasse. Gemäß dem Klassifikationssystem der FS wurde er als "Automotrice Leggera a Nafta 668" (Leichter, naphtha-betriebener Triebwagen 668), kurz ALn 668 bezeichnet.

Dank des breiten Fächers der möglichen Verwendungen dieses Fahrzeuges und der mehr als 700 Exemplaren, welche die italienischen Staatsbahnen in 30 Jahren anschafften, wurde diese Triebwagen-Serie vor allem ab den 1960er Jahren eigentliches Rückgrat des italienischen Regionalverkehrs und wurde erst in neuerer Zeit - durch den Minuetto - fast ganz auf Nebenlinien verdrängt.

Projektierung und Anforderungen an das Fahrzeug

Im Jahre 1954 bestellten die FS bei der FIAT Ferroviaria die ersten drei Prototypen der Serie: Sie erhielten die Nummern 1401, 1402 und 1403.

Nach den gemischten Erfahrungen mit den großen einmotorigen Triebwagen FS ALn 990 und FS ALn 880 orientierte man sich bei der Projektierung der neuen Fahrzeuge an die Erfolge mit den Vorkriegs-Triebwagen, den sog. "Littorine" (FS ALn 40, FS ALn 56, FS ALn 80 usw.), welche mit zwei Motoren ausgestattet waren. Natürlich wurde aber auch der seit der Vorkriegszeit eingetretene technische Fortschritt mitberücksichtigt und die Technik gegenüber den Littorine wesentlich verbessert.

Die Entscheidung, die neuen Triebwagen mit zwei Motoren auszustatten, bot verschiedene Vorteile: Durch die beiden unabhängigen Traktionsgruppen mit Dieselmotoren von breiter Produktion erlaubten es, die Kosten für den Antrieb relativ tief zu halten, das Vorhandensein zweier motorisierter Achsen verbesserte die Adhäsion und die Ersatzteile sind günstiger und einfacher zu bevorraten. Alle mechanischen Teile sind einfach, leicht und wartungsarm ausgeführt.

Gegenüber den Vorkriegstriebwagen neu entworfen wurde die Steuerung und die Kupplung, welche nunmehr durch elektrische Signale erfolgt. Damit konnte das von Straßenfahrzeugen her bekannte Pedal-System aufgegeben werden. Ebenfalls eine Neuerung stellte die Verwendung von Lastwagen-Motoren für Triebwagen dar. Die wichtigste Neuerung betraf jedoch die Position der Motoren: Diese wurden nicht mehr im Kasten eingebaut, sondern befinden sich nunmehr unterhalb desselben. Damit konnten die Probleme der Instabilität bei hoher Geschwindigkeit und der Übertragung von Vibrationen des Zuges während der Fahrt auf heikle mechanische Teile, welche bei den Vorgängermodellen Quelle von Beschädigungen und häufigen Reparaturen war, gelöst werden.

Die Serien

Ein ALn 668 der Serie 1000 (links) und einer der Serie 1700 (rechts). Der linke Triebwagen wurde von FIAT Ferroviaria produziert, der rechte Triebwagen stammt von Breda

Die Serie 1400

Die zuerst produzierte Serie der Aln 668 war die Serie 1400, welche aus 80 Einheiten (inklusive den drei Prototypen) besteht. Der einzige Unterschied zwischen den Prototypen und den weiteren Fahrzeugen dieser Serie besteht im Anfügen des "intercomunicante a soffietto" und in der Verschiebung der Luftansaugstelle für die Motoren vom Dach auf die Seite. In diese erste Serie wurden Motoren des Typs 203S (110kW), eine Weiterentwicklung des Lastwagenmotores FIAT 682, eingebaut. Aufgrund einiger Unterschiede in der Verkabelung waren die Prototypen nicht in Vielfachsteuerung mit den übrigen Fahrzeugen der Serie verwendbar. Nachdem der Prototyp 1401 aus touristischen Gründen erneuert wurde, wurde dieser Unterschied eliminiert und die elektrische Ausrüstung derjenigen der übrigen Fahrzeuge der Serie angeglichen.

Die Serie 2400

Fast gleichzeitig mit der Produktion der Serie 1400 bei der FIAT, wurde die Serie 2400 im Werk Sesto San Giovanni (MI) der Breda produziert. Die interessanteste Abweichung bestand in den beiden Diesel-Motoren; in diese Serie wurden solche des Typs Brif D140S6h (100kW) eingebaut. Die beiden Dieselmotoren befinden sich auf der dem Gepäckabteil gegenüberliegenden Seite, so dass sich ein abweichender Achsstand (2'B') ergab. Auch diese Serie war mit Vielfachsteuerung ausgerüstet. Zudem wären sie theoretisch in der Lage gewesen, zusammen mit den Steuerwagen FS Ln 664 aus der FIAT-Produktion zu verkehren; allerdings scheint es, dass diese Möglichkeit im regulären Betrieb nie ausgenützt wurde.

Verglichen mit den von der FIAT produzierten Serien waren die Fahrzeuge dieser Serie delikater, speziell die Motoren, was zu vielen Problemen im Betrieb führte.

Die Serie 1500

Der Triebwagen ALn 668 1502 mit Original-Anstrich

Diese zweite Serie der FIAT entsprach fast der ersten; allerdings wurde nunmehr ein stärkerer Motor (Typ 221H, 115kW) eingebaut und die originale Gangschaltung wurde durch eine 4-Gang-Schaltung "Wilson" ersetzt, welche von der Breda auf Lizenz der SGC gebaut wurde.

Die Serie 1600

Die Serie 1600 in fast identisch mit der Serie 1500, einzig die Gangschaltung wurde durch eine 5-Gangschaltung der FIAT ersetzt.

Die Serie 1999

Bei diese "Serie" - eigentlich handelt es sich nur um zwei Fahrzeuge - handelte es sich um Versuchstriebwagen um die ALn 668 weiterzuentwickeln. Im Betrieb der ersten Serien zeigte sich nämlich gegen Ende der 1960er Jahre, dass einige technische Details zu überdenken waren. Aufmerksamkeit wurde dabei vor allem den Drehgestellen und dem Chassis geschenkt - aus dem für diese Fahrzeuge entwickelten Drehgestellen wurde schließlich die sog. dritte Generation der FIAT-Drehgestelle weiterentwickelt. Motorisiert wurden diese Fahrzeuge mit Motoren des Typs 221HS (158kW), einer Weiterentwicklung des Motors 221H.

Der ALn 668 1999 war nie offiziell bei der FS immatrikuliert, sondern wurde nach Abschluss der Versuche - zusammen mit dem zweiten Fahrzeug dieser Serie, an die Ferrovia Suzzara-Ferrara verkauft. Dort wurden sie als ALn 668 11 bzw. ALn 668 12 bezeichnet.

Die Serie 1700

ALn 668 1706 in der Nähe von Santhià

Die aus zwanzig Fahrzeugen bestehende Serie 1700 wurde im Werk Pistoia der Breda gebaut. Zum ersten Mal wurden die neuen FIAT-Dieselmotoren 8217/12 (166 kW) eingebaut, welche alsdann bis in die 1990er Jahre bei allen folgenden Varianten von FIAT-Dieseltriebwagen verwendet wurden.

ALn 668 1846 am 2. Mai 2008 auf der Reise von Parma nach Brescia

Serie 1800

In der Serie 1800 wurden direkt die Erfahrungen mit dem Versuchsfahrzeug 1999 verwertet: So wurden sowohl die neuen Drehgestelle verwendet, als auch ein neuartiger, einfacher zu wartender Fussboden eingebaut.

Die Serie 1900 und 1000

ALn 668 1086 am 11. April 2006 in Santhià

Die augenfälligste Eigenart der Serien 1900 und 1000 ist die Abkehr vom Zentraleinstieg. Da zudem die Gesamtlänge der Fahrzeuge verlängert wurde, konnte auch der Fahrgastkomfort gesteigert werden. Die verbesserten Motoren erlauben ein Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h.

Die Serien 1200, 3000, 3100 und 3300

Ein ALn 668 der Serie 1200 in Bassano del Grappa

Mit der Serie 1200 kehrten die FS wieder zum Zentraleinstieg zurück, behielten jedoch den längeren Kasten der Serie 1900 bei. Durch einen vergrößerten Einstiegsbereich konnte die Ein- und Ausstiegszeit insgesamt verkürzt werden.

Die Serie 3100 - sie wurde in über 100 Exemplaren gebaut - kann in Dreifachsteuerung verwendet werden. Die Motoren weisen eine Leistung von 170 kW auf. In der Anfangszeit wurden diese Fahrzeuge häufig auf der Tendalinie Turin - Ventimiglia bzw. Nizza eingesetzt.

Die letzte Serie der ALn 668, die Serie 3300, wurde bis 1981 gebaut. Sie weist eine "Bergübersetzung" auf, so dass die Höchstgeschwindigkeit auf 120 km/h beschränkt ist. Sie werden vor allem auf der Linie Terni-L'Aquila und auf den Linien um Sulmona eingesetzt, da diese Linien teilweise starke Steigungen aufweisen.

Steuerwagen

Ein Steuerwagen der Rehie Ln 664.1400

Passend zu den Aln 668 wurden auch zwei Typen von Steuerwagen gebaut: Zunächst die Ln 664 für die ALn der ersten Serie, und anschließend die Ln 882.

Da die Steuerwagen nur für eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h zugelassen sind, werden sie zunehmen seltener eingesetzt. Heute sind sie vor allem im Regionalverkehr um Mailand anzutreffen, in erster Linie auf der Strecke Mailand–Monza–Molteno–Lecco.

Weiterentwicklungen

FS ALn 663

Ein ALn 663 und ein ALn 668 in Aulla. Deutlich erkennbar ist die eckigere Form des Kastens beim linken Fahrzeug (ALn 663).

Technisch gesehen die letzte Serie der ALn 668 sind die Triebwagen der Reihe ALn 663. Da diese jedoch fünf Sitzplätze weniger aufweisen, musste aufgrund des Nummerierungsschema der italienischen Staatsbahnen die Bezeichnung geändert werden. Für Einzelheiten zu diesen Fahrzeuge vgl. den Hauptartikel FS ALn 663.

FCU ALn 776

Für die Ferrovia Centrale Umbra wurde aus dem ALn 668 bzw. dem ALn 663 der Triebwagen FCU ALn 776 entwickelt. Fünf Fahrzeuge dieser Weiterentwicklung sind nunmehr auch bei der Ferrovia Sangritana im Einsatz.

SJ Y1

SJ Y1, die schwedische Version des ALn 668, im Juli 2005 auf der Inlandsbanan.

Ende der 1970er Jahre wurde aus dem ALn 668 ein den schwedischen Verhältnissen angepasstes Fahrzeug weiterentwickelt, die Reihe SJ Y1.

Historische Fahrzeuge und Versuchsfahrzeuge

Historische ALn 668

Die ALn 668 1401 und 1452 wurden durch die Werkstätte Fabriano der FS wieder in den Originalzustand mit Originalanstrich versetzt. Sie gehören nunmehr zum Park der historischen Triebfahrzeuge der FS.

Mit dem ALn 668 1999 wurden Ende der 1960er Jahre auch Versuche mit der Kastenneigung, wie sie alsdann bei den Pendolini eingesetzt wurden, unternommen.

Der Kasten des ALn 668 1207 besteht aus rostfreiem Stahl - dabei handelt es sich um einen Versuch, der alsdann nicht in Serie umgesetzt wurde.

Weblinks

 Commons: FS ALn 668 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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