Extremophil

Extremophil

Als extremophil bezeichnet werden Organismen (zumeist handelt es sich um einzellige Mikroorganismen), die sich Umweltbedingungen angepasst haben, die im allgemeinen als lebensfeindlich betrachtet werden. Die Definition "extrem" ist allerdings anthropozentrisch, vertritt sie doch die Sichtweise des Menschen in seiner ihm gewohnten Umwelt. Für den "extremophilen" Organismus ist seine Umwelt dagegen vollkommen normal und seinen Bedürfnissen entsprechend. Nicht-extremophile Organismen bezeichnet man als Mesophile.

Viele Extremophile sind Mitglieder der Familie der Archaeen und tatsächlich werden gelegentlich die beiden Begriffe synonym verwendet, obwohl es viele mesophile Archaea gibt, so wie auch zahlreiche extremophile Bakterien und sogar Eukaryoten existieren. Obgleich der bei weitem größte Anteil an Extremophilen bei den Einzellern zu finden ist, gibt es auch Beispiele für Vielzeller (Metazoa) unter diesen Spezialisten. Beispiele für extremophile Vielzeller sind die psychrophilen Grylloblattodea (Insekten) und der antarktische Krill (Crustacea).

Eine wichtige Bedeutung in der Biotechnologie haben Enzyme, die aus extremophilen Organismen stammen. Beispielsweise stammt die in der PCR verwendete Polymerase ursprünglich aus dem thermophilen Bakterium Thermus aquaticus.

Kategorien von Extremophilen

Es gibt viele verschiedene Kategorien von extremophilen Organismen. Die Klassifizierung entspricht der Art und Weise wie die Umweltbedingungen des jeweiligen Organismus von dem abweicht, was aus menschlicher Sicht als "normal" betrachtet wird. Diese Klassifizierung ist nicht exklusiv, das heißt auf manche Extremophile treffen mehrere Kategorien zu. Organismen, die beispielsweise im Inneren von heißen Gesteinen weit unter der Erdoberfläche leben, sind sowohl thermophil, als auch barophil.

Folgende Kategorien werden gemeinhin unterschieden:

  • Thermophile: Organismen, die optimal an hohe Temperaturen (80 °C und mehr) angepasst sind
  • Psychrophile: Organismen, die optimal an niedrige Temperaturen (15 °C und niedriger) angepasst sind
  • Halophile: Organismen, die optimal an hohe Salzkonzentrationen (mindestens 0,2 M Salz) angepasst sind
  • Alkaliphile: Organismen, die optimal an einen hohen pH-Wert (pH 9 und höher) angepasst sind
  • Acidophile: Organismen, die optimal an einen niedrigen pH-Wert (pH 3 und niedriger) angepasst sind
  • Barophile: Organismen, die optimal an hohen hydrostatischen Druck angepasst sind

Ferner gibt es noch:

  • Endolithe: Organismen, die im Inneren von Gesteinen leben
  • Oligotrophe: Organismen, die optimal an eine nährstoffarme Umgebung angepasst sind
  • Toxitolerante: Organismen, die großen Konzentrationen an zerstörerischen Agenzien, wie Giftstoffe oder Strahlung, widerstehen können. So können manche sogar in Benzen-gesättigtem Wasser überleben, andere gedeihen im Kühlwasserbehälter eines Kernreaktors (siehe Deinococcus radiodurans, ein radiophiler Organismus)
  • Xerotolerante: Organismen, die an eine wasserarme Umgebung angepasst sind. Beispiele sind extrem halophile oder endolithische Organismen.
  • Radiophile: Organismen, die radioaktive Strahlung mithilfe des Pigments Melanin in Energie umzuwandeln vermögen und diese für ihr Wachstum nutzen können. Es handelt sich hierbei um bestimmte melaninreiche Pilzarten, die im zerstörten Atomreaktor von Tschernobyl als schwarzer Belag an den Reaktorwänden auffällig wurden (siehe auch: Pilz frisst Radioaktivität).

Literatur

  • Kashefi and Lovley, Extending the Upper Temperature Limit for Life, Science 2003 301: 934
  • Walter Kleesattel: Überleben in Eis, Wüste und Tiefsee. Wissenschaftliche Buchgesellschaft., Darmstadt 1999. ISBN 3-534-14090-7.
  • Klaus Hausmann: Extremophile - Mikroorganismen in ausgefallenen Lebensräumen, VCH-Verlag, Weinheim 1995, ISBN 3-527-30068-6.
  • Garabed Antranikian: Biotechnology of extremophiles. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63817-2.
  • K. Horikoshi: Extremophiles in deep-sea environments. Springer, Tokyo 1999, ISBN 4-431-70263-6.
  • Charles Gerday, Nicolas Glansdorff: Physiology and biochemistry of extremophiles. ASM Press, Washington, DC 2007, ISBN 978-1-55581-422-9.
  • Birgit Sattler, Hans Puxbaum, Roland Psenner: Bakterien der Lüfte -Vom Winde verweht. In: Biologie in unserer Zeit. Bd. 32, Nr. 1, 2002, S. 42-49, ISSN 0045-205X.
  • Michael Groß: Exzentriker des Lebens - Zellen zwischen Hitzeschock und Kältestreß. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, Oxford 1997, ISBN 3-8274-0139-9.

Weblinks


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