Exotisches Atom

Exotisches Atom

Als exotische Atome werden atomähnliche gebundene Teilchensysteme bezeichnet, bei denen wenigstens eines der beteiligten Teilchen kein gewöhnlicher Atom-Bestandteil ist, also kein Proton, Neutron oder Elektron.

Die wichtigsten exotischen Atome sind

  1. Myonische Atome, in denen ein Hüllen-Elektron durch ein negatives Myon ersetzt ist. Das Myon befindet sich wegen seiner hohen Masse sehr nahe am Atomkern. Spektroskopie von myonischen Atomen ermöglicht daher Untersuchungen der Kernstruktur.
  2. Pionische und kaonische Atome, in denen ein Hüllen-Elektron durch ein negatives Pion oder Kaon ersetzt ist. Das Pion oder Kaon befindet sich noch näher am Atomkern als das Myon bei den myonischen Atomen. Das simpelste Beispiel ist mesonischer Wasserstoff, bestehend aus einem Proton und einem negativen Meson, z. B. Pion oder Kaon. Da Mesonen der starken Wechselwirkung unterliegen, wechselwirken die negativen Pionen mit den positiven Nukleonen des Atomkerns nicht nur über die elektromagnetische, sondern zusätzlich über die Starke Kraft. So lassen sich an diesen exotischen Atomen besonders Parameter der Starken Wechselwirkung messen. Diese Wechselwirkung kann anziehend oder abstoßend sein.
  3. Positronium, bestehend aus einem Elektron und einem Positron, sowie Myonium, bestehend aus einem positiv geladenen Antimyon und einem Elektron. Positronium und Myonium bestehen ausschließlich aus Leptonen. Weil Leptonen nach heutigem Kenntnisstand strukturlos, also gewissermaßen "punktförmig" sind, eignen sich Positronium und Myonium besonders zur hochgenauen Untersuchung der elektromagnetischen Wechselwirkung und Messung von fundamentalen Naturkonstanten.
  4. Protonium ist ein gebundener Zustand aus Proton und Antiproton mit extrem kleinem Radius. Es wurde bereits experimentell nachgewiesen.
  5. Antimaterie, wie zum Beispiel Antiwasserstoff, bestehend aus Antiprotonen im Kern und Positronen in der Hülle.
  6. Myonische, pionische, kaonische und protonische Antiatome, deren Kerne aus Antiprotonen aufgebaut sind und deren Hülle sich aus Positronen sowie einem positiv geladenen Myon, Pion, Kaon oder Proton zusammensetzt.

Bis auf die Antiatome wie beispielsweise das Antiwasserstoff-Atom sind alle genannten exotischen Atome instabil und kurzlebig. Auch Antiatome sind nur stabil, solange sie nicht in Kontakt mit gewöhnlicher Materie kommen, da sie sonst zerstrahlen (Annihilation).

Myonische Atome, Myonium und Positronium kommen in der Natur als Folgeprodukte der Höhenstrahlung in sehr geringen Mengen vor, ebenso wie pionische oder kaonische Atome, die jedoch noch viel kürzer leben. Auf der Erde können die exotischen Atome, auch Antiwasserstoff-Atome, mittels Teilchenbeschleunigern genügend hoher Strahlenergie erzeugt werden.

Die Untersuchung von Antiwasserstoff-Atomen im europäischen Forschungszentrum CERN soll einen präzisen Test der Symmetrie von Materie und Antimaterie vorbereiten. Geplant sind solche Experimente mit höherer Genauigkeit beim GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Es wird allerdings erwartet, dass diese Experimente nicht an die derzeit besten bereits bekannten Ergebnisse im Bereich von Tests der sogenannten CPT-Symmetrie heranragen werden.

Es wurden sogar erste Moleküle mit exotischen Atomen experimentell nachgewiesen.

Quellen

Rudolf Gross: Physik IV, Vorlesungsskript SS 2003. März 2003, abgerufen am 13. Dezember 2009 (PDF 1,52 MB).

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