Ewiger Landfriede

Ewiger Landfriede

Mit dem Ewigen Landfrieden von 1495 wurde unter dem deutschen König und späteren Kaiser Maximilian I. im Heiligen Römischen Reich das definitive und unbefristete Verbot des mittelalterlichen Fehderechts verkündet. Tatsächlich wurden im Reichsgebiet noch bis weit ins 16. Jahrhundert hinein ungeachtet des formalen Verbotes weiterhin Fehden geführt.

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Inhalt

Der ewige Landfriede schloss die Entwicklung der Landfriedensbewegung ab, die nach ersten Ansätzen im 12. Jahrhundert ihren ersten bedeutsamen Niederschlag im Mainzer Landfrieden von 1235 fand. Er zielte vorrangig auf die kleineren Adligen ab, die im Prozess der Bildung von herrschaftlichen Territorien nicht mitgehalten hatten. Deren „Fehdefreudigkeit“ widersprach zunehmend der Absicht der Reichsfürsten und Reichsstädte, ihre Territorien zu befrieden und zu konsolidieren.

Ansprüche sollten fortan nicht mehr im Kampf, sondern auf dem Rechtsweg geltend gemacht werden. Beschlossen wurde das Reichsgesetz am 7. August 1495 auf dem Reichstag zu Worms. Damit war theoretisch an die Stelle der Gewalt der Rechtsweg vor den Instanzen des Reiches und der Territorien getreten, auch wenn die Durchsetzung dieses Prinzips noch mehrere Generationen brauchte. Im modernen Sinne formulierte der Ewige Landfriede das Gewaltmonopol des Staates bzw. der öffentlichen Hand.

Die Formulierung des Ewigen Landfriedens passte sich in die Entwicklungen zu dieser Zeit in anderen europäischen Ländern ein, in denen ebenfalls das Gewaltmonopol der öffentlichen Hand durchgesetzt wurde, denn Konflikte sollten verrechtlicht werden. In diesen Ländern war der Prozess der Staatsbildung insoweit abgeschlossen, dass man diesen Ländern eindeutige äußere Grenzen bescheinigen kann.

Die privatrechtliche Fehde wurde im Inneren verboten und kriminalisiert, nach außen hin führten die werdenden Nationalstaaten Krieg.

Neben der Monopolisierung der Gewalt durch die öffentliche Hand ist der Ewige Landfriede noch in anderer Hinsicht bedeutsam. Er war allgemein und überall gültig und Verstöße sollten unbedingt und überall geahndet werden. Punktuelle oder zeitliche begrenzte Beschränkungen des Fehderechtes gab es auch bereits im Mittelalter, so wurden beispielsweise während einiger Kreuzzüge Auseinandersetzungen für die Zeit der Abwesenheit des Kaisers aus dem Reich ausgesetzt oder verboten. Nun aber trat an die Stelle der fürstlichen Konfliktschlichtung und -entscheidung im Einzelfall die für jedermann verbindliche Rechtsnorm, das Gesetz für alle.

Zur Durchsetzung des Landfriedens bedurfte es einer funktionierenden Justiz im Reich. Zur Wahrung des Ewigen Landfriedens wurde deshalb als oberste Rechtsinstanz das Reichskammergericht in Frankfurt am Main geschaffen, das später nach Speyer und nach Wetzlar verlegt wurde. Mit der Durchsetzung des ewigen Landfriedens in den einzelnen Regionen waren ab 1500 die neu geschaffenen Reichskreise betraut. Der Schutz des Friedens im Reich war, da das Kammergericht und die Reichskreise ständisch besetzt bzw. von den Reichsständen gebildet wurden, nun nicht mehr ein Monopol des Königs.

Gegenwart

Der Schutz des Landfriedens ist auch heute noch ein hohes Gut der Rechtsordnung. Landfriedensbruch ist nach dem Strafgesetzbuch (§ 125 StGB bzw. § 274 Ö-StGB, Art. 260 CH-StGB) strafbar. Der Staat erkennt ein Recht der Durchsetzung eigener Rechte unter Gewaltanwendung nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen (z.B. Notwehr) an. Das Gewaltmonopol des Staates hat eine Wurzel in der Landfriedensbewegung, die sich im 15. Jahrhundert durchsetzte.

Literatur

  • Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsche Reichstagsakten. Mittlere Reihe: Deutsche Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 5: Heinz Angermeier (Bearb.): Reichstag von Worms 1495. 3 Teilbände. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1981, ISBN 3-525-35406-1.
  • Mattias G. Fischer: Reichsreform und „Ewiger Landfrieden“. Über die Entwicklung des Fehderechts im 15. Jahrhundert bis zum absoluten Fehdeverbot von 1495. Scientia, Aalen 2007, ISBN 978-3-511-02854-1 (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. NF 34), (Zugleich: Göttingen, Univ., Diss., 2002).
  • Axel Gotthard: Das Alte Reich. 1495–1806. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-15118-6 (Geschichte kompakt – Neuzeit).
  • Hanns Hubert Hofmann (Hrsg.): Quellen zum Verfassungsorganismus des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1495–1815. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1976, ISBN 3-534-01959-8 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit 13).
  • Elmar Wadle: Der Ewige Landfriede von 1495 und das Ende der mittelalterlichen Friedensbewegung. In: Claudia Helm, Jost Hausmann (Red.): 1495 – Kaiser, Reich, Reformen. Der Reichstag zu Worms. (Ausstellung des Landeshauptarchivs Koblenz in Verbindung mit der Stadt Worms zum 500jährigen Jubiläum des Wormser Reichstags von 1495). Landeshauptarchiv, Koblenz 1995, ISBN 3-931014-20-7 S. 71–80 (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz).

Weblinks

 Wikisource: Ewiger Landfrieden – Quellen und Volltexte

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